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Montag, 4. Augnst 1918 ». IV« L8. Jahr«. SttMsche 213H« Dolfszelmng »I «,»«„»« L m« w,»r. «»Nag« ««»MW»» ».»V »I »«»« «b »W »Eftnnd ft« HmiS » F. — »»Hch«»« » dtrrt-ItührNch ».«8 Al DooSt,«, u»,t> «<M, D-M-HU>nd f«i Ha»s s.«x» — Die Süchfilch« «, »H«, «ochANa,«» nachmittag. - SprechstunLe dar Mtaktkm: »1 0« 1« «hr —rmMag«. »ch,«««., «madm. von «ekh->ftSn".<-^. I« ,0 N'm V-n F«,.,^na>.z-I^n »tri 1 V»tt»av««»c«t« «» z. tzn «»-Nameleil 1 a». Famlkku-Aineiae« 8» ^ — F«r ,mde>Mch -efthrleb««. i-»te dirch Mm»- ftMcher »fseeebt« «nzcigrn Ntimen Mir dr« »«ra,itL>on»chkc» ftlr die «ichliAlM ^ «tch> »buimhiyn. Das neue Deutschland Von unseren! Berliner Vertreter Zwischen den ersten Ailgustkagen- des Jahres 1911 und denen des Jahres 1919 liegt ein fünfjähriges furcht bares Erleben. Das alte stolze Deutsche Reich ist in den gähnenden Abgrund der fünfjährigen Kriogsepoche ver sunken, ein neues Deut s chlan d erhob sich just an dem selben Tage, an dem vor fünf Jahren die Mobilmachungs- fanfaren zum Weltkrieg in den friedlichen deutschen Städten und Dörfern widerhallten. Mit dem 1. August 1919 wurde in der Vollendung der neudeutschen Verfassung das neue Deutschland geboren. Ein Riesenwerk ist damit vollbracht. Mit einer alten, ruhmreickxm Vergangenheit ist gebrochen. Glorreiche Ueberlieferungen militärischer und politischer Natur sind zu Grabe getragen. Kein Wunder, daß im Gedenken an die Vergangenheit und das Große und Schöne, daß sie trotz allem den Aufstieg unseres Landes, den Wohlstand und das Wohlergehen unseres Volkes brachte, eine tiefe Ergriffen heit alle diejenigen erfassen muß, die ihr Lebenswerk darin sahen, durch ihre politische und sonstige öffentliche Arbeit für die wachsende Größe des Reiches sich einzusetzen. Nun muß mit alledem gebrochen werden. Als nüchterne, mit Tat sachen rechnende Politiker müssen wir alle Stimmung--- Momente und alle Gefühle beiseite lassen, wenn es uns auch noch so hart artkommen mag. Nur die reale Abschätzung der gegebenen Realitäten ermöglicht uns ein ersprießliches Schaffen und Wirken. Wir sprechen nicht davon, daß wir „ns „auf den Boden der gegebenen Tatsachen stellen." Diese Formel hat-durch die Erfahrungen der nachrevolutio nären Epoche geradezu das Stigma einer Rechtfertigung des Gesinnungswechsels erhalten. Wir müssen vielmehr danach trachten, die politischen Machtverhältnisse in Ein klang mit den als Leitstern unserer Arbeit unveränderlichen Zielen zu bringen. Das Wohl des Vaterlandes, die Wohlfahrt des Volkes, das allein darf das treibende Element unseres gesamten öffentlichen Schaffens bilden. Die neue Reichsverfassung setzt den Schlußstein unter eine an großen und erhebenden, aber auch an ach so schmerz lichen Erinnerungen so reiche Entwicklungsepoche. Sie legt -aber auch den Grundstein zu einem neuen Gebäude, in welchem wir alle uns, so das Geschick es will, wohnlicher fühlen sollen. Darum müssen wir abstehen von unfrucht baren Rückblicken. Vorwärts das Auge, aufwärts das Her,, und gerade der Sinn! Das muß das Losungswort unserer neuen Arbeit werden. Der Bau des neuen Deutschen Reiches erhebt sich noch lange nicht auf festem Grunde. Dieser muß erst noch ae schaffen werden. "Wohin wir blicken, Trümmer ringsum! Aber auch Trümmer können eine TraAra-ft besitzen, darum auch konnte man es wagen, den neuen Neichsbau in solch weiten Ilmfassungsmauern zu erstellen und ihn solch hoch gerichtete Grenzlinien zu weisen. Politisch, und zwar innen- wie außenpolitisch sind wir jetzt wenigstens aus der Zeit der Notbehelfe und Kompromisse heraus. Tie alte Notverfassung und die Notverordnungen sind erledigt. Das Provisorium ist beendet. Tie Politik des Reiches hat eine feste Marschroute erhalten. In unserer Zeit der Schwan kungen, der Unsicher gelten ist dieses Moment von ganz be sonderer Wichtigkeit. Es wird im deutschen Lande keine einzige Partei geben, die restlos von dem Verfassungswerke befriedigt wäre. Sie ist auf dem Wege des Kompromisses zustande gekommen und trägt die Spuren all der Mängel solcher Schöpfungen an sich. Im Grunde ist das aber auch ein Vorzug, denn dir neue Verfassung dokumentiert sich nicht als das.Werk einer einzigen, für die Bestinimnng des politischen Schicksals be deut schon Volkes ausschlaggebenden Partei, als welche die Sozialdemokratie aus -den revolutionären Wahlen hervor- zngehen hoffte. Scheidemanns Ausrufung der „sozialisti schen" Republik hat sich als sehr voreilig erwiesen. Das deutsche Volk hat durch die Nationalwahlen anders entschie den. Tie Sozialdemokratie ist auf die Mitarbeit einer breiten Schicht des Bürgertums angewiesen, wenn sie über haupt ein positives Schaffen ermöglichen will. Dhge die Mitarbeit und die Stütze des Bürgertums wäre es mit der Regierim,gsherrlickffeit der Sozialdemokratie schon längst dahin. So präsentiert sich die neue Neichsverfassung heilte denn auch nicht als das Gesetzbuch der neuen deutschen sozia listischen, sondern der sozialen Republik. Es hat jetzt keinen Sinn, aber auch gar keinen Wert, über die Entwicklung bis zu diesem Ende nachzugrübeln oder zu Wettern. Innerhalb des Rahmens, der nunmehr für die weitere Arbeit gezogen -.st. muß jeder an seinem Platze und jeder nach seinen Kräf ten wirken und streiten, das neue Reich erneut zu schöpfe- lischem Wirken zu befähigen. Tie Verfassung verleiht dein Volke Rechte, um die es lange schwer gekämpft hat. Die gesaiute Regierungsbildung ist nunmehr in die Hand des Volkes gelegt. Das Volk wählt den Reichstag und dieser bestimmt die Führer der Politik und diese selbst. Das Volk wählt auch den Präsidenten des Reiches, der die Spitze des neuen republikanischen Deutschland bildet. Tie Rechtsidee bildet weiterhin eine.Hauptstütze des neuen Staatsgebäudes. Das stärkste Band jedoch liegt in der Verankerung des Neichseinheitsgedankens. Das ursprüngliche und hauptsäch lichste Ziel unserer Gegner, welches auf eine Zersplitterung der deurschen Stämme lossteuerte, ist damit endgültig vereitelt. Wir wissen es wohl zu würdigen, daß es viele Schich ten im deutschen Bürgertum — und es sind wahrlich nicht die schlechtesten — gibt, welche mit ernster Sorge und mit tiefer Trauer im Herzen an der Schwelle der neuen Zeit stehen. Wir müßten ja auch kein Herz in fühlender Brust haben, wenn uns das Erleben zwi'cheu 191 l und 1919 nicht völlig zerwühlt und erschüttert hätte. Aber wir dürfen bei all diesen begreiflichen und verständlichen Regungen nich: das Nächstliegende vergessen. Und die Frage des Tages, das Gebot der Stunde ist dieses: den inneren Frieden zu sichern, um fähig zu sein zu s chöpserische r Arbeit! In diesem Belang bleibt noch vieles zu tun übrig, aber wir dürfen niemals vergessen, daß geradezu alles davon abhängt, ob und wie nur im Innern wieder zn ersprießlicher, einträchtige», ge m e infamer Fried e n s- arbeit kommen. Wie man in der Schwerz über uns dentt Von einer volkswirtschaftlichen Seite wird uns ge schrieben : Ausländische Blätter haben sich in diesen Tagen viel mit der wirtschaftlichen Notlage Deutschlands beschäftigt. Besonders in der Schweiz nimmt man Anteil an der unge heuren Not, die über uns hereingebrochen ist, und die wir zum größten Teile mit verschuldet haben. Auch wir haben wiederholt aus das Sinnlose der Arbeitseinstellungen und wilden Streiks hingewiescn, aber alles Mahnen und War nen verhallt meist ungehört. Tie deutschen Arbeiter lassen sich ins Verderben Hineintreiben, leisten fanatischen Hetzern willig Folge obwohl das Elend von Tag zu Tag größer wird. Wenn cs bei uns so weitergeht, wie bisher,' dann müssen wir an unseren eigenen Volksgenossen irre werden. War es nicht geradezu lächerlich, daß die deutschen Arbeiter sich in den Proteststreik am 21. Juli Hetzen ließet Wir haben wirtlich keinen Grund, den Bolschewismus, ans dessen Schuidkonto die blutigsten Wochen der deutschen Volksge- schichke zu buchen sind, unsere Sympathien auszudrücken. Tie übergroße Mebrhe-t der Arbeiterschaft hat sich zum Glück im letzten Moment noch anders bewnneu, der Streik- Parole haben nur die Nachläufer der Kommunisten und Spartakisten Folge geleistet. Aber trotzdem hat die Zahl der Streikenden >n Deutschland die höchste Zahl erreicht, die- Arbeiter in den alliierten und neutralen Ländern, die doch eigentlich dazu ansgesordert hatten, traten in letzter Stunde zurück. Interessant ist, »sie das Ausland sich z>, diesem Streikunsinn in Deutschland äußert. Die Züricher „Post" erkennt daran das Werk der Unabhängigen, die lei der die deut'chcn Arbeiter im Banne halten. Sic schreibt: „Ter Terror von links liegt wie ein Fluch über der Ar beiterschaft. Jeder intelligente Arbeiter weiß, daß oln.e Arbeit, bei weiterer Fortdauer dieses sinnlosen wilden Streiksiebers. die Wirtschaft Deutschlands zugrunde gerich tet werden muß. Aber auch in Deutschland hat diese Streik parole, was zu beachten ist, nicht zu jener einmütigen Massenkundgebung geführt, ans die die Unabhängigen sich einstellten. In vielen Städten ist ganz oder zum min desten teilweise gearbeitet worden, und bei den Demonstran ten selbst war der „Wille zur revolutionären Tat", den die Spartakisten und Unabhängigen unaufhörlich predigten, nicht vorhanden. Ter „Wille zur revolutionären Tat" weicht allmählich dem vernünftigen Willen, das, was die Revolution an politischer und wirtschaftlicher Freiheit ge bracht hat, zu sichern und auf gesunder demokratischer Grundlage auszubauen. Wenn aber in Deutschland dieser Wille in der Arbeiter» schast wieder allgemeiner wird (und dafür sind viele An--. Zeichen da), dann wird die letzte große Chance des Bo!s'ck>e- witzmuS verloren sein. Der Bolscheswismus kann sich in Rußland und Ungarn allein nicht halten. Er braucht ein großes Volk im Herzen Europas und nur auf -dieser Brücke könnte er seinen Siegeslauf nach Westen antrcten. Diese Brücke soll Deutschland werden. Daher die verzweifelten Anstrengungen, bei der hochentwickelten, agitatorisch be fähigten Arbeiterschaft dicies Landes Boden zn sahen, sin für die Weltziele des Bolschewismus zu gewinnen. Fleier Kamps um de» Besitz der deutschen Arbeiterschaft isi noch nickst beendet, »nd er wird von den Bolschewisten russischer und deutscher Art mit verzweifelter Energie geführt, die wohl zu dem Versuch ausrcicben kan», noch einmal na der siaatlichen Macht zu grenen. Aber der Kamps ist - w.-nr beute schon entschieden. Und weil Deutschland nia: c-oi- icliewisrisch ist, ist der Niedergang des Bol'chcwisn s i Rußland und Ungarn unabwendbar. Wenn die Brü ' nicht geschaffen werde» kan», die sich von- östlichen Böttchern!-. ns nach dein Westen spannt, daun »ms; der östliche Bola .. s- i'.ms an sich selbskTziigrnnde gehen. „ V,, W,U ' VE, Le^ Umschwung in Ungarn Berlin, 2. August. Zu dem Sturz Bela Khuus n lrd dem „Berl. Tagebl." nach in Wien e'mgetrosfcaea Bima- posier Meldungen berichtet: Am Don-nerstag fand eine Bell- Versammlung des ungarischen Gowertschastsrates nn!-' -cm Vorsitz seines Präsidenten Jaszi statt, in der mit,c!eilt wurde, daß der Verband die Milderung cer Block a d r b- gelehnt, sa sogar eine V e r s ch ä r s n a g besohle.! d we. Jaszi legte die verzweifelte m il -1 är i s cl e r g e dar und stellte den Antrag, daß die Räleregiernng iwo -f- gnordert werde, zu, »'ckzutrrst-, und die Macht -me.:'. demokratischen Ministerinin zn übergeben. De- An.rag wurde vom G-w.e-tschaftsrtt mit 92 gegen 3 Sstmw . n-- aevcinmen. Um 7 Uhr a b - >i d s war d i e R e a , e: u a g B '! a K h » n s g c st ürzt Bela Kinin wurde von dem Beschlüsse sofort verstärk.it; er berief nach am Abend eine Sitzung des regierenden .. ws der Volksbcanstraglen ein, die die ganze Nacht zum ,. M tag währte. Schließlich unterwarfen 'ich die Mitglieder der Negierung dein Beschlüsse des theiverk'clastsrates, w es wurde beschlossen, Freitag, vormittags 11 Uhr, im Scwset- hanse eine Sitzung des regierende» Rates der Volks'cm:- niissare abzuhalten, iu der der Rücktrist der Regstrnn.' for mell vollzogen werden stillte. Drop dieses Besthlnssts be kämpften die am lintstn Flügel stellenden iomwnni'U.chen- Negierungsmitglieder, darunter der Dbertommandierende der Roten Armee, noch in der Vormiltaassitziing »ast drück- lich den Rücktritt-:beichlnß. Sie wurden jedoch mit großer Mehrheit überstimmt. In der Nackmittagssitz!!iig der .'.stO Budapester Arbeiter-- und Zoidatenräte begründete der Dtellvertre'.er des Volks-- kowiiiissars des Innern Ronai den Rücktritt der Rätereaie- rnng. Die Regierung habe sich am 22. März die Errubtimg der Diktatur des Vroietariats mit Hilfe dreier Faktoren zun. Ziele gesetzt: Ter Weltrevolution, der inilitärisrbcn Hilfe Rußlands und der Dvserbereitsckast des Proletariats. D » alle drei Faktoren ve r s a g t Härten, habe sich die Negierung genötigt geieben, die Macht in die Hände der Gewerkschaften zn legen. Vela Klmu gab der Versammlung den Beschluß der Regierung bekannt und teilte mit, die Räteregiernng müsse die Maat dun Gewerkschaften über geben, um zu verhindern, daß der Feind Ungarn seiner Pro duktionsmittel beraube. Maßnahme» des Verbandes Budapest, !). August. Ter Ehei der iu Budapest weilen den italienischen Militärmission, Lberstleutnant Romanelli, ermahnt in einem Ausritt die Bewobner Budapests und des ganzen Landes zur Ruhe und Didnnng und foidert sie auf, alle Verfügungen der gegenwärtigen Negierung strengstens eiwzuhalten. Er werde bestrebt sein, zu erreichen, -daß der Vcrband binnen kürzester Zeit durch teilweise oder vollstän dige Aushebung der Blockade und durch Herstellung des not wendigen Friedens die derzeitige Lage Ungarns erleichtere. Romanelli bat seiner einen Fnnispruch an Elemencea» gerichtet, in dem es heißt: Die v-ne ungarische Regierung erklärt, die Vorschläge der verbündeten und assoziierten Mächte, wie sie in Wien am 2st. Juli >.win Cbes der dortigen englischen Militärmission fcstgelegt wurden, anzunehmcn. Tie neue Regierung hat Anstrag gegeben, den Armeeführern «Roll. l Illsrinolllmns