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Sächsische Volkszeitung : 23.09.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192109239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210923
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210923
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-09
- Tag 1921-09-23
-
Monat
1921-09
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.09.1921
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Freitag d«r» 23. September 1821 Sächsische VolkSzettung Nr. LA). Seite 2 Partei sogar als eine republikanische M'ttelpartel bezeichnet. Man mutzte nach alledem mit großer Svannnng den Vorgänge., in Görlitz entgegensetze». In der Entschließung des Parteivor- siandcs, der Kontrollkommission und des Parteiausschusses wur de» sür eine Verständigung über ein Arbeitsvrogramm mit an deren Koalilionsparteien als Grundlagen scslgelegt: »Anerkrn- nuug der Verteidigung der Republik, Sicherung des demokra tischen Selbstbcsiimmiingsrechics des Volkes in Reich, Staat und Gemeinde, Demokratisierung der Verwaltung, Nepublikani- sicrung der Reichswehr und der Polizeiorgone, Sicherung und Au-Kmu der Sozialgesetzgebung, Politik der Völkerverständigung, loyale Erfüllung des FriedensdlktatcS in du, Grenzen unserer Leistniigssähiglcit, Ausbringung der dadurch bedingten Lasten in erster Linie durch weitesigehende Heranziehung des Besitzes." Diese „Grundlagen" sagen alles und sagen nichts und sind so gefaßt, das; bei gutem Dillen tatsächlich die Möglich keit einer breiten Koalition gegeben ist. Auf alle Falle ist auf jode Festlegung, ähnlich wie in Kassel, völlig Ver zicht geleistet worden. Tenn der Schluß der Entschließung lautet bemcrkenswei terweise: „Im übrige» soll der Partcivorstnnd unter Berücksichtigung der allgemeinen politischen Lage im Be nehmen mii den in Frage kommenden Fraktionen über de» Erntritt von Parteigenossen in die Negierung entscheiden." Für die Entschließung babe» sich die hervorragendsten Persönlich keiten der Mehrheiissozialdemolratie eingesetzt. Sie wurde auch „nt einer geradezu überwältigenden Mehrheit, nämlich mit 260 gegen 07 Stimme», angenommen. Wie nicht anders zu erwarte» war, hat ein Teil der sächsischen De legierten gegen die Entschließung gestimmt. Gegenüber anderen Meldungen teilt jedoch das mehrheitssozialdcmokra- tische Organ Dresdens mit, daß von den Vertretern des Dres dener Bezirkes außer zwei Vertretern sämtliche sür die Resolu tion des Parteivorstandes, und von den aus dem Dresdener Bezirk anwesenden NcichstagSabgeordneicn einer mit ja und der andere mit nein gestimmt haben. Wenn wir auf Grund der Abstimmung in Görlitz zu einer Beurteilung der sächsischen Verhältnisse kom men wollen, so kann das erst daun endgültig geschehen, wenn das vollständige Nejullac über die Abstimmung der säch sischen Vertreter vorliogt. Nach Lage der Dinge kann aber heute schon kein Zweifel darüber bestehe», daß ei» nicht unbe- liächtlicher Teil der sächsischen Vertreter der Mehrhcitssozial- demokiatie i» Görlitz gegen die Enlschlichung des sozialdemo kratischen Partcivorstandes gesummt hat. Ans diese Vertreter scbeint cs keinen Eindruck gemacht zu habe», daß der Sozialst Krüger osscu die Kom n» nisten als wenig wün schenswerte Bundesgenossen der Sozialdemo kraten bezeichnet hat. Der Partcivorsitzende Hermann Müller ha! in Görlitz gesagtt „Politik ist keine Wissenschaft, sic ist eine Kunst.. Radikale Reden zu Hallen aber ist keine K » n st" Was sagen die Herren Fellisch und Ge nossen zu dieser recht vernüniiigen Aenßernng ihres ReichS- parieim »sitzenden Henna»» Müller? Das „Berliner Tageblatt" bemerkt im Anschluß au die Annahme der Resolution des Par, teivoijtaiides, welche die Möal.chkeit e neS Zusammengehens mit der Deutschen Volksparte! offen läßt, in a. folgendes: „Na türlich »nrden niininehr die Verhandlungen von Partei zu Par tei ausgenommen werden müssen. Im Reiche und >» Preuße». Eins ist ohne das andere nicht denlkir. Es muß gleich ganze Arbeit gemacht werden. ES muß möglichst auch die Homoge nität der Regierungen in den führenden Län dern in i t d c ni Reich hergestellt werden." Demgegenüber w.nlt die rnehrheitssazialdcmokralische „Dresdner Volkszcitung" in Nr. 221 vom 2t. September sofort ab 'und schreibt: „Uns scheint, daß wir ncch lange nicht so weit sind." Tatsächlich müsse» wir uns vor allein in Sachsen vor jeder Ueber'chätznng hüten. Die Vorgänge, die sich im Son derausschuß des sächsischen Landtages am D.enstag abgcspielr haben, beweisen das ausS neue. Bekannt lich standen wir an: 26. Juli iin Landtage Var einer Auflösung, well die Kommunisten de» sozialistischen Parteien die Gefolg schaft ansgesagt haben. Die Konimniiisten wollten gegen die Crnnd- und Gewerbcsienervorlagcn stimmen, weil sie ihnen nicht weit genug gingen, die nichtsozialistische» Parteien, weil sie ibnen zu weit gingen. Die Ncgicrnngsknaliiion in Sachse» w« aufgefahren. LandlagSanslcsung stand am 28. Jult bevor. Di« Taktiker Sühn von der Mehrheitssozialdcmotratie und BlLher von der Deutschen Volkepartei traten für Vertagung ei«, um ein«» Ausweg zu finden. Nun hatsch das Blatt wie der gewendet, die Kommunisten haben sich einer anderen beson nen und im Sonderausschuß sür die Vorlage gestimmt, um in Sachsen nach w!e vor ihren Einfluß geltend machen zu können. Allerdings hat nach der Abstimmung im Sonderausschuß des Landtages ein Komunist eine Erklärung abgegeben, daß die Abstimmung nicht bindend sei. Die Möglichkeit eines neuen Nmfallcs der Komunisten am nächsten Dienstag im Plenum des Landtage» ist daher sehr wohl gegeben. Die Kommunisten lassen die gegenwärtige Regierung ln Sach, sen bis dahin zwischen zwei Stühlen sitzen. Sicherlich werden tue Görlitzer Vorgänge nicht ohne Wirkung auch auf die Hal tung der Kommunisten bleiben. An sich ist eS natürlich ein nnhallb'arer Zustand, wenn in Sachsen fortwährend Solotänze ansgeführt werden. An sich hat daher die Aenßernng des „Berliner Tageblattes", daß mög lichst auch die Homogenität der Regierungen in den führenden Ländern mit dem Reiche hergestellt werden müsse, Anspruch, als berechtigt anerkannt zu werden. Aber die Extratouren, die Sachsen seit dein 14. November 1820 vor allem tanzt, haben es leider zuwege gebracht, daß es kann» mehr als führendes Land im Reiche angesehen wird und nach Lage der Dinge auch nicht angesehen werden kann. Daß die Mehrheitssozialdemokratie in Gör. l' tz eine Revision ihrer Stellungnahme Vorgenom- men hat, ist klar und an sich erfreulich. Ob aber in absehbarer Zeit diese Revision auf den Freistaat Sachsen bedeutsame Rückwirkungen ausüben wird, erscheint außerordentlich zweifel haft. Wir meinen, daß das alle nichtsozialistischen Parteien bei etwa zu treffenden Maßnahmen doch noch in Rechnung stellen möchten. Das Regime, mit dem wir in Sachsen gegenwärtig beglückt sind, wirli für Volk und Land in gleichem Maße schädi gend. Diese Tatsache muß auch in der nächsten Zeit, so lange eine Aenderni.g nicht eintritt, im Auge behalten werden — trotz der Revision von Görlitz. hgs. » M » Görlitz, 21. September. Abgeordneter Keil erstattete in der heutigen Sitzung Be richt über die S t c n e r f r a g e n »nd führte u. a. a»S daß der Gcsaintbedarf deö Reiches nach dem letzten Valulasturz die Höhe von 158 Milliarden erreiche. Dem stünden nur 55 Mil liarden als Einnahmen entgegen. Das sei nicht die Schuld der Revolution, sondern des fluchwürdigen Krieges und der ge wissenlosen Kriegsfinanzpolitik eines Helsferich. Wäre in die sem Manne noch ein Funken von ManneSehre, er würde sich hüten, de» Boden der deutschen Volksvertretung wieder zu be treten. Hunderte von Milliarden ließen sich aus dem Besitze nicht hcransbole», die »ngchcuren Ausfuhrgewinne müßten ent sprechend besteuert werden. Jeder neuen Erhöhung der Verbrauchssteuer müsse eine Erfassung der sogenannten Goldwerte voran sgehen. Das Angebot der Banken und Großindustrie sei ein Beweis dafür, daß diese viel mehr leisten könnten, als sie bisher getan. Bei Eröffnung der Debatte erklär,« Professor Rad- bruch, daß er in einer nnisasscuden Resolution die unter leb haftem Tadel der letzige» Rechtspflege eine umfassende Iustiz- rcsorm fordert, nicht fordere, daß die Richter GesinnungSrepilb- likaner, wohl aber, daß sie Perstandsrcpiiblikancr seien. Die Todesstrafe müsse abgeschafft werde», sowie alle Rechte der Polizeiaufsicht. Hierauf gibt der Vorsitzende die Explo sion skata st rap he in Ludwigshafen bekannt und spricht allen Opfern der Katastrophe das tiefste Mitgefühl aus. Er eröffnet ferner, daß der Partcivorstand zu einer Sammlung für die Verunglückten 5000 Mark gezeichnet babe. Es wird hierauf die Debatte über die Wirtschaft- licken, die Steuer- und Rechtsfragen eröffnet. Die Redner wenden sich gegen die Crböhung der indirekten Steuern. Itzt der Nachmittagssihung überbringt de Bern »quer« unter lebbaftcin Beifall die Grüße der belgischen Parteigenos sin. Treu iNürnberg) fübrte a»S, daß am heutigen Tage die Wahl des bäuerischen Ministerpräsidenten ktittsinden werde. W n man aih niste, daß Kahr erledigt sei, so sei es doch nicht Ocker, daß auch das System veseitigt w.'e>°. Körner ,Lnd- N-igsbafcii) w,-ndct sich ebenfalls gegen das St,item Kahr, das den französische,, Imperialist.-» direkt in die Hände spiele. Vorsitzender Wels führte unter lebhaftem B-fiall anS, daß die deutsche Sozialdemokratie n ch t bluffe, daß e 8 ihr Ernst sei. Ihre Vorkehrungen für den Kampf seien getroffen, z n s a m m c n m i t de» Kampfesgenossen in den Gewerkschaften u„. ter Mitwirkung der Unabhängigen. L:e Sozial» dewtkralen seien Fanatiker d>r Gewaltlosizieit. wüßte» aler euch, daß der Gewalt der erschlossene W l; der Arbeitcrschnst er izcg'Ngeleht w rden könne. Hierauf wurden die Verhandlungen ans Dnnerslag rer lagt. S^eidemann über die Lage Berlin, 21. September. Der Retchstagsabgeordnete Schel- bemann sprach henke in einer öffentliche» Versammlung in der Stadthalle zu Görlitz über die politische Lage. Er sagte unter anderem: Das Versailler Diktat war aufgebaut a»f der alleinigen Schuld Deutschlands am Kriege. Diese Al lein schuld ist eine Lüge. Schuld waren alle Gros» machte, die eine vielleicht mehr als die andere. Friedeiienwz. lichtesten, die sich im Laufe der Kriegsjahre geboten haben, sind sabotiert worden. Diese Sabotage hat natürlich den gegnerischen Mächten die Schuldpropaganda erleichtert und das Versailler Diktat ermöglicht. Dieses Diktat war ei» Werk blinden Hasses. Es ist eine Schmach und Schande, daß man Tausende von schwarzen Analphabeten im Lande hält, sür die wir Milliarden Unterhaltungskosten bezahlen müssen, statt damit die Reparationen abtragen zu könne». (Sehr richtig!) Seit der Annahme des Versailler Vertrages und des Ulti matums bestand sür alle die Pflicht, auf die Erfüllung hinznar beiten, vis die Revision erreicht worden ist. Die Möglich keit der Ersüllung setzt geordnete Verhältnisse in der Republik voraus. Es ist notwendig, daß sich da« ganze Volk ans den Boden der Verfassung stellt. WaS die kommunistischen Putsche dem deutschen Volke geschadet haben, kann kaum wieder gutgemacht werden. Es steht fest, daß eine kommunistische Bewegung für die Republik nicht mehr in Betracht kommt. Die Gefahren, mit denen die Republik bedroht ist, kommen von der anderen Seite. Der Feind steht rechts. Der Reichskanzler hat nach der Ermor dung Erzbergers ein Gesetz zum Schutze gegen persönliche Verleum dungen und gegen Ehrabschneideret in Aussicht gestellt. Es ist höchste Zeit, daß die Subjekte, die ehrlichen Leuten die Ehre besudeln, hinter Schloß und Riegel gesetzt werden. Wir müssen die Republik mit allen Mitteln, die uns dazu geeignet erscheinen, schützen, weil sonst das Schicksal unseres Landes Abenteurern, die einen Haufen Landsknechte zu sammeln verstehen, überliefert wäre. Die Richter müssen sich loyal auf den Boden der Ver fassung stellen oder ihren Abschied nehme». Die Republik darf die republikanische Reichswehr nicht dauernd monarchischen Offizieren, Freunden der Herren Kapp »nd Ludendorsf, unter stellen. An die Spitze alles dessen, was zur Sicherung der Republik geschehen muß, Ist die Forderung zu stellen, daß die sozialistische und demokratische Arbeiterschaft sich zur geschlossenen Front gegen die Reaktion zusammenschließt. (Beifall.) Alle anderen Maßnah men setzen voraus, daß im Reich und den einzelnen Glied staaten Regierungen gebildet werden, deren Mitglieder nur solchen Parteien angehören dürfen, die diese Verfassung anerlen- nen und bereit sind, zu ihrem Schutze alle Machtmittel deS Staates in Anwendung zu bringen. Immer wieder muß betont werden, daß es sich bei einer jeden Koalitionsregierung nicht um eine Gesinnungs-, sondern um eine Arbeitsgemeinschaft handelt. (Lebhafter Beifall.) Ob die Deutsche Vollspur« tei für eine neue Koalition in Frage kommt, muß durch ihre Stellung zu den Mindestforderungen erwiesen werden. Wir müssen wegen des Versailler Diktates phantasti sche Summen aufbringen. Keinesfalls aber dürfen wir dem Arbeiterstand, den Beamten aller Grade, Kleinrentnern »sw wei tere Steuerlasten aufbürde», wenn nicht zuvor dazu gegangen, wird, wo noch wirkliche Werte unangetastet liegen. Der Stand unserer Valuta ist geradezu trostlos. Nicht das Ans- lcMV» hat den Sturz der Mark herbeigeführt, der Sturz ist vom Inland ausgegangen. Verbrecherische Spekulationen deutscher Profitjäger habe» das verschuldet. Diese haben vor, in und nach dem Kriege verdient. Ihnen muß gründlich ihr Hand werk gelegt werden. Wenn das Reich seine Verpflichtungen aus dem Ultimatum erfüllen will, wird es sich ausländische Zah lungsmittel verschaffen müssen. Das ist aus den oben angeführten Gründen immer schwieriger geworden. Vertreter der Industrie und der Banken erklärte» sich ans eigener Initiative bereit, fremde Devisen zu beschassen. Man soll diese Pläne nicht von vornherein abweisen, aher doch mit großer Vorsicht be handeln. Die Demagogen, die gegen das Versailler Diktat wettcen und so tun, als ob wir uns nur zu sträuben brauchten, Steuer,« zu zahlen, und alles in Ordnung wäre, treiben eine Politik der Gewissenlosigkeit. Zum hundertsten Male muß man die reaktionä ren Politiker frage», wie sie daS durch ihre Politik ins Unglück rsührte Volk wieder frei machen wollen, wenn nicht durch ernst- afte Versuche der Ersüllung des Friedensvertrages bis zu seiner Sächsische Volkszeiiung — Nr. 220 — 23. September 1621 Aschenbrödel Or,,n»a.roman von Er.ch Eben st ein Copyr'gbt >018 bv Gretner u. Eomp„ Berlin W. 80. (48. Fortsetzung.) „Rache!?" Brigitte wurde dunkelrot, als schäme sie sich dieses Wortes, das ihrem Empfinde» so völlig fremd war. Frau Percz aber subr eifrig fort, ihr aiiseinanderzusetzeii, welches Glück dieser plötzliche Reichtum für sie bedeute und daß man doch Millionen nicht nur so hinwerfe! Zum erste» Male geriet sie völlig in Eifer, vergaß ihre harmonische Gelassenheit und zeigte in jedem Wort die praktisch- nüchterne Dcnkungsweisc des Landes, das ihr eine zweit« Hei mat geworden war. Brigitte aber stand ganz stumm da und fühlte imm-r deut licher, was sie schon vorgestern instinktiv empfunden hatte: „Daß es zwischen ihrce Seele und Frau Percz' praktischem Verstand Abgründe gab, über die keinerlei Ausciiiandcrsctzungcn je Brücken scblaae» konnten. Alfred Oppach im Gefängnis! Isolde eine Bettlerin! Diese Menschen, denen Geld alles war im Leben! Und das sollte geschehen nni ihretwillen? Dazu sollte sie Velsen? Wes halb denn? Konnte lbr Geld etwa geben oder ersetzen, wonach ihre Seele dürstete? Außerdem: ihre Mutter war in Oppachs Hans gestorben. War glücklich dort gestorben im Vertraue» auf seine Liebe und Rechtlichkeit! Mochte beides auch nur Komödie gewesen sein — ihr hatte es das Sterben leichter gemacht.... Iniiner milder wurden ihre Gedanken. Gewiß, sie hatten sie nicht liebevoll behandelt im Oppachschen Hans. Sie wollten sic los werden und z» einer verhaßten Heirat zwingen — aber handelten sie d-nnit nicht nur ganz im Sinn ihrer DenkungS- wcise? Onkel Alfred, der sie in» ihr Vermögen betragen, suchte Ihr durch diese Heirat mit einem reichen Manne eben Ersatz zu schassen . . . das schien ihnen gewiß »nr natürlich. Liebe? Acki, was wußte denn er oder Isolde von Liebe? Auch zwischen ihnen drückte fick, ja L'ebe nur :m Zahlenbcgriff von Geben und Nehmen ans. Wenn Ovvach Isolde seine Liebe beweisen wollte, dann stellte er ihr immer einen Scheck ans- . . . sie aber sagte Hann stets mit den, Bemnßlscin tiefster Befriedigung: „Wie gut du bist, Pava!" Und diesen Me,,scheu sollte sie nun alles neh men, tva? ihnen „Leben" b!eß? Während ihr selbst schien, daß mir eine? nottat im Leben . . . Liebe! Frau Percz hatte inzwischen die gefundenen Dokumente vor Brigitte ausgebrcilet und suchte sie ihr zu erklären. Da unterbrach sie Brigitte plötzlich mit der Frage: .„Sage mir eines, Tante Anny. Hat sonst noch jemaitd außer mir eine» wie im- mer gearteten Anspruch an diese Papiere oder das Geld, das sie sichern?" „Niemand, mein Herzchen!" „Ich bin also die alleinige, ausschließliche Besitzerin da von?" „Gewiß!" „Dann," Brigitte atmete tief ans und griff rasch nach den Papieren, die sie in Fetzen zerriß, „sollen sie vernichtet sein und alles bleiben wie cs war!" Zwei Schreie folgten ihrem Tn». Ein lauter, voll Ent setzen von Sennora Percz Lippen. Ein leiser wie in halb- untevdrücktei» Jubel vo» seiten des Greises, der sich aufgerichiet hatte und seine Enkelin mit leuchtenden Augen ansah. „Kind, was hast du getanl" stammelte Frau Perez, noch ganz fassungslos. „DaS Geld . . . las viele Geld!" „Ich konnte nicht anders," ,inr»ieltc Brigitte, „es klebt wohl ein Fluch daran, den» blutbefleckte Hände haben cs ge funden! Auch mir brückte es kein Glück. Mag es im Besitz derer bleiben, denen eS vielleicht nicht schaden kann, weil . . . sie sonst nichts zu verlieren haben. Mir wäre es jedcnsalls un möglich gewesen, darum zu kämusen!" Sie wandte sich ab und wollte das Gemach verlaßen. Da sck'lng eine unsichere, bittende Stimme an ihr Ohr. „Brigitte, willst du mir nickt erlauben, die tapfere, kleine Hand zu küssen, auf die ich stolz bin!" Sie fuhr herum. Zinn ersten Male, seit sie daS Gemach beirrten, suchte auch ihr Blick den alten Mann, lind plötzlich war es, als sei aller Groll in ibr versunken, alle Bitterkeit ansgelöscht, alles veracssen, was sie von ihm so tief gekränkt halte. Nur das Gefühl der Znsammenachöriakcit war da mit diesem einzigen Menschen ans Erde», dessen Blut »nd Geist ihr verwandt war »nd in dessen Augen sie jetzt endlich las, was er ihr so lanoe versagt hatte . . . Liebe! „Großpapa! Du hast mich lieb? Wirklich lieb?" Anf- schluchzend warf sie sich in seine Arme. „So lieb," anlwortcte er leise, „daß ich es wohl nicht vcr- windezi würde, wenn du von mir ginnst!" „Du bist nicht böse, daß ich die Paniere zerriß?" „Im Gegenteil! Es hat mich mit Glück und Genugtuung erfüllt! Geld ist eine schöne Sache, aber nicht, wenn so viel Jammer daran klebt und man eS der Gemeinheit erst aliringen muß. Außerdem hat eine Nonsperg es nicht nötig, sich Reichtum erst auf diesem Wege zu erkämpfen!" Frau Perez hatte sich leise entfernt, um ihren draußen ungeduldig harrenden Sohn aufznsuchen, dem sie nun ärgerlich die ganze Geschichte von Brigittes „Torheit" erzählte. Sie war außer sich über Brigitte. „Und waö wird nun werden?" meinte ihr Sohn erregt. „Wird sie wenigstens mit uns kommen? Glaubst du, daß >ch noch Hoffnungen hegen darf?" „Ich weiß es nicht, mein lieber Junge. Brigitte ist gewiß sehr liebenswert, aber auch reichlich überspannt und ich muß gestehen, mir fehlt der Schlüssel kür solch ein Wesen!" Es dauerte lange, ehe Brigitte sich aus ihre mexikanischen Freunde besann und in den Park kam. Sennora Percz hatte sich gerade mit den, Gärtner in eni Gespräch über amerilaniscbe Noscnzncht vertieft, so wurde eS ihren: Sohne möglich, mit Brigitte einen Seitenweg einznschlagen und ihr endlich die Frage vorznlegcn, die ihm am Herzen brannte. Ob sie mit ihnen nach Mexiko kommen und das Heim ihrer Eltern als das ihre betrachte» wolle? „Nein," antwortete Brigitte ohne Zögern, „ich bleibe bei Großpava. Ich habe cs ibm soeben versprochen." „Aber" . . . das hübsche offene Antlitz des jungen Me ei- kancrs überzog sich mit dunkler Röte, „wenn ich Sie nun bitte, mein Weib zu werden? Daß ich Sie liebe vom ersten Tage au, da ich Sie kennen lernte, Brigitte, wissen Sie doch längst und . . . ." Sie nnterbrach ihn rai'ch. „Nein, auch dann nicht, Seniior Perez, soviel Dank ich auch Ihnen »nd Ihrer Mutter schulde und so wertvoll mir Ihre Frenndschast imincp sein wird, Ihre Fron kann ich nicht werden!" „Dann lieben Sie einen anderen!" kam es über seine Lippen. „Ich habe es immer geahnt und — gesürcytet!" Brigitte sah ihn ernst an mit hrcn klaren blauen Kinder- a»gc», aus denen gleichwohl schon die Reife des Weibes leuchteic. „Vielleicht." saaie llc leise, „aber wir wollen darüber nicht sprechen, nicht wahr? Nicht jede Liebe ist glücklich." Frau Perez kam, um zur He'imfahrt zu drängen. Da ibre Mission, wie sic eS nannte, nun gescheitert war, wollte sic schon in den nächsten Tagen mit ihrem Sohn nach Mexiko zurück» kehren. (Fortsetzung folgt.)
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