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WM M ölM-WNll I« MMll Vor längerer Zeit haben wir bereits auf die beiderseitigen Bemühungen Englands und Sowjet-Rußlands. in Persien und Afghanistan Einsluk zu gewinnen, hingewiesen. England hat natürlich ein außerordentlich großes Interesse daran, in jenen halbzivilisierten Staaten seinen Einfluk so zu sichern und zu stärken, dah jene Staaten ein Indisches Reich als Bollwerk gegen bolschewistische Bestrebungen sichern. Man hat lange Zeit nichts über die weitere Entwicklung der gegenseitigen Be mühungen gehört. Jetzt liegen Meldungen, zum Teil aus eng lischer Quelle, vor, die deutlich erkennen lassen, dah das Be mühen Englands, in Afghanistan und Persien seinen Einfluk zu sichern und zu stärken, völlig mißlungen ist. Afghanistan bat eine» Gesandten der Sowjet-Regierung feierlich empfangen. Dagegen hat der Vertreter der englischen Regierung die afgha- nistanische Hauptstadt Kabul verlassen müssen. Englische Blät ter melde» überdies, daß über die Verhandlungen zwischen Eng- laiid und Afghanistan über einen gegenseitigen Vertrag abge brochen sind. Das alles deutet darauf hin, das; Sowjet-Nuß- Ia»d es verstanden hat, Afghanistan für sich zu gewinnen. Dem gleichen Hindernisse, das England in Afghanistan gefunden hat, scheint es auch in Persien zu begegnen. Zwischen Persien und Afghanistan ist ein Vertrag zum Abschluß gekommen, der de» englischen Interessen cntgcgcnsteht. Ein bisher bestehender Vertrag zwischen England und Persien ist nach Meldungen glei cher Blätter von der persischen Regierung für nichtig erklärt werden. Danach scheint bisher die englische Politik in Mittelasien völlig gescheitert zu sein. Für England bedeutet dieses Schei tern seiner Politik zweifellos nicht geringe Gefahr. Wir haben erst in diesen Tagen darauf hingewiesen, daß sich in Indien osfensichtlich Zeichen bolschewistischer Propaganda bemerkbar machen. Jetzt liegen Nachrichten aus London vor, wonach die Gouverneure mehrerer indischer Provinzen erklärt haben sollen, das; die Bewegung, welche politische Umwälzungen in Indien be zwecke, äußerst ernst sei. Der Aufstand sei nicht mehr lokaler Natur, sondern durch eine gefährliche Propaganda geleitet, die nicht obne Wirkung geblieben wäre. Die englische Negierung jedenfalls siebt auaenscheinlich die Lage in Indien als bedroh- jich au, denn nach Londoner Meldungen hat sie sehr weit gehende Beschlüsse gefaßt. die, wie es heisch zur Unterdrückung der Revolution führen sollen. ^nglischs; alkenisches Finanzabkommen lEigeu r Drahtbericht der „Sächs. V o l k S z e i t g.'s Paris, 8. Sevtember. Der „I n t r a n s i g e a n t" glaubt Mitteilen zu können, das; Finanzministcr Doumer am Frei tag in London nicht nur den englischen Schahsekretär, sondern auch zu seiner lleberraschnng den italienischen Finanzminister vorfinden wird. In gut unterrichteten Kreisen spricht mau da von. dah zwischen England und Italien ein Finanzabkommen bestehe. Ein Beschluß der österreichischen Sozialdemokratie Wien, 7. Sept. Die Arbeiterzeitung veröffentlicht einen Beschluß de« so zi a l den> okr at i sch e» Pa rteiv orstan d e 8 zur wesuii'garischen Frlwe, in dem daraus biiwewiese» wird, das; der Kampf um das Bnrgenlank auch de» Kampf nur die F>cihett der Republik Oest-rrttcki g-aen die Wiederherstellung der .HabSburailchen Monarchie bedeuten köm-e. Die Arbeiterschaft wird daher aufac- lordert die östcrreichische Wch i macht dadurch in unter stützen, das; sie den Verkehr nud alle für die Verpflegung und LnSrHstm'g der Wehrmacht wichtigen Betriebe ungestört im Gange erhält und allen denen, die die Arbciterschalt zu Unbesonnenheiten hcransforderu, kräftig cntgcutritt. Das Enkcnke-Uliimatnm an Ungarn Wien, 7. Sept Das Ultimatum der Entente, das gestern in Budapest überreicht wurde, ist in sehr scharfem Tone ge halten. Eine müdere Fassung war von Italien abgelehnt worden. In der Einleitung des Ullirnatrim« wird darauf verwiesen, das; der ungarische Vorschlag der vorherigen Erfüllung finanzieller Bedingungen durch Dcnlsch-Oestwreich abgelcbnt sei, nno das; Ungarn für de Uebergrilfe und blutigen Zwischenfälle vollauf ver antwortlich gemacht werde, da trotz aller Warnungen der Entente Stephan Friedrich rwd andere Elemente in das Oesterreich gebörioc Gcvict des Virrgen'and'S Ein'ah gewährt wurde. Schließ lich fordert die Entente nnicr besonderem Hinweis aus den Ernst der Lage Ungarn ans, seine vertragt mäßigen Verpflichtungen sofort durch- znlühren, da die genaue Erfüllung der Verlragsbcst »rmungen die Frac.c der politischen Existenz des ungarischen Staates bedeme. Die ungarischen Freischärler Wien» 7. September. Wie das Tel.-Korr.-Vnreau meldet, haben heute nach 12 Uhr etwa 70 mit Handgranaten und Ge wehren bewaffnete ungarische Freischärler die Gendarmerie uns Grenzposten von Zagersdorf südlich von Eisenstadt ange griffen. Es entspann sich ein Gefecht, bei dem auf öster reichischer Seite ein Mann getötet, einer schwer und drei leicht verletzt wurde». 26 Gendnrme wurden gefangen genommen und mit verbundenen Augen in Richtung Oedenburg abgeführt, sodann ihrer Monturen. Waffen und Ansrüstungsgegenstände und ihres Geldes beraubt und dann wieder nach Zagersdorf zu rückgeführt. Massenverhastung russischer Studenten Paria, 7. Sept. Nach einer Mclcmng der Agcnce russe aus Moskau haben die Studenten gegen den Boistoß der Bolschewist,n. die auf dem letzten Kongicß unter alle» Umständen eine Mehrheit bilden wollten, Kuvdg-hin gen veranstaltet und eine Enlschließun, angenommen, in der die Sowwlregieniiig actadelt w rd. Au« d eicin Grunde sollen 9ü2 Studenten verhaftet und weh cee Tausend, die vernicht Hallen, ihre Kamera: en »u befrei,», von der Rotci, Armee zerstreut woidcn lei». Die Hochichulcn i» Moskau wurden gcschioss.ii und die Mehrzahl der Studenten vcrlchickt. - Die Einnahme Angoras Paris, 7. September. Griechische Telegramme bestätigen die gestern an die griechische Völkcrbnudsdclegalion in Gens ge langte Meldung von der Einna h m e Angoras durch die griechische Armee. Wie Havas meldet, hat der Kamps zehn Tage mit äußerster Heftigkeit gelobt und ans beiden Seiten grotze Verluste verursacht. Die Türken, die an Zabl weit unter legen waren, hätten bis zum letzten Augenblick Widerstand ge leistet. Paris, 7. September. Nach einer HavaSmeldnng ans Kon- stantinopel leiste» die Kemalisten im Tal des Sakaria weiteren Widerstand. Der kalhol. Iuqev-Kongreß in Rom Bluliae Zusammenstöße Rom, 7. Sept. A»S allen Testen de« Landes sind zu Ehr n des Papstes Benedilt XV. zum sechsten JahreStaae seines Ponlisilat s über 40000 kalhol. Iiinalinge in Rom zusammciigekoinim'n. Sic baden deni Papst eebnldigt und gleichzeitig am Äiktor- Emanuel'Den kmal Kränze mit drc,faibigen Bändern nieder- aclegt. Die römilchc Benölkciung bat diese lalhotzsch-patrwlisclie Kundgebung mit fiendigcr Herzlichkeit begrüßt. Im St. DamasuShofe scnlten sich bunderie von Trikolo.cn vor dem segnenden Papste. Tie Presse unterläßt nicht, ans die liefe Wandlung anfmetliam z» machen die sich in de» höchsten kirchlichen Kuben in Hinsicht des italienischen Einheitsstaates vollzogen hat und darüber ihr Wohlgefallen anr- zudrücken. Nach dem römischen Korrespondenten des „Berliner Tageblattes" kam cs gelegentlich des Kongresses zu „ernst.,atten Zwilchensällen", über die er folgendermaßen belichtet: Der Kongreß der katbo.sichen Jugend in Rom hatte crnsthasle ZwischeniäUe zur Folge. Gruppe» von Koiigleßleiliiehmern drangen in Hera, Ssoroerader (!) Wege in öfstntt che G,bände ein und b.- nahmen sich deimt ans der Straße, baß Re Behörden Zusammen stöße mit der Bivöllcruiig besiirchlelen und daher wlvoh! die gionc, im KoUosiiiiil vorgesehene Messe, wie auch den Umzug lcr 10 000 Teilnehmer verboten. Es kam zn Zusammenstößen mit Kavallerie, wodurch die Erregung der Katho.iken bis zum Fanatismus st) gesteigert wurde. Man verlangte unter fort gesetzten Hochrufen auf du, Papst die Demilsio,. der Regie rung >l,d der Parteiführer der Popolnri, von reuen man einen größeren Einfluß in Nom zugunsten der Kon- greßisle» erwartet hatte. Eine Demonstrat'on vor dem Qui- rinal wurde angeregt und >m Pantheon vor den KünigS- gräbern kam es zu dem den gegenwärtigen Stand der römi schen Frage ;chl,.glichlartig beleuchtende» Ruf: ..Hoch der Papstkönig!" Tie Audienz beim Pavstc und das Tedeum, bas von ihm in der Pcierskirche zelebriert wurde, brachte die Gemüter noch mehr in Wallung, so daß es geboten schien, im letzten Augenblick den Umzug in beschränktem Umfange do» ter Peterökirche bis halbwegs zum Stadtzentrum zn gestat- ten. während die Einwohnerschasl der Umaeonnz des Vatikans, dw sich schoit als Angehörige des ersehnten neue n Kirchenstaates fühlen ^!>). die gegenwärtige „Hin zu-Rom-Bewegung anstrebt, de» Zng bejubelte und Hoch rufe auf den Papst ausbrach, lan-en jeusens des Tibers di" Demonstranten in Konflik: mit Sicherheitspoli zei und einen; starken M r I i, ä r a n s g e b o t. Dabei ging die Kavallerie mit blanker Waffe vor und die Po- Mi.» Nochmals Kurt S riegler als „Ring"-Dirigent Die Leistung unseres jüngsten Opernkapellmeisters Kurt Striegler ist von uns verdientermaßen lobend hervorge- hoben worden, während zwei andere Dresdner Zeitungen sehr scharf gegen Striegler Stellung nehmen. Diese Tatsache ist der Grund zu einigen Zuschriften aus dem Leserkreise gewesen, in denen öffentliche Stellungnahme der Redaktion verlangt wird. In der einen Zuschrift lesen wir: „Fast alle Dresdner Zeit,;,;- gen, u. a. die Ihrige, kritisierten die Ausführung im allge meinen günstig, ja teilweise sogar hervorragend, lediglich die „Tr. N. N." ergingen sich wieder in einer Polemik, die mir an der Hand der anderen Kritiken direkt gesucht erschien. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dah der Herr Kritikus der „Tr. N. N." die allein richtige künstlerische Auffassung über die Takt- sührung des in Rede stehenden Kapellmeisters haben soll. S>e würden sich sicher den Dank vieler verdienen, wenn Sie uns ge legentlich in Ihrem geschätzten Blatte darüber Aufschluß geben würden, ob und wie diese Wahrnehmung zu erklären ist." In dem anderen Schreiben heißt es: „Wer wie ich unter Striegler gesungen hak, der muß sich an den Kopf greifen, wenn er solch vernichtende, den; Dirigenten beinahe alles absprechende Rezen sionen liest. So ehrt Dresden feine lebenden Meister, so dürfen auswärtige Rezensenten unserem Publikum gebürtige Dresdner Künstler, deren Bedeutung voi; musikalischen Größen anerkannt ist, abmalen! Dabei haben gerade die „Neuesten Nachrichten" früher Striegler stets nach Gebühr gewürdigt. Die lahmen Entschuldigungen hinterher verurteilen geradezu diese Art von Kritik. Hoffentlich liest Herr Striegler auch, was unsere „Säch sische Volkszeitung" über seinen „Ring" sagt und sieht dann, daß nicht alle Leute in das Horn der „Neuesten" tuten." Die Herren Einsender, die unsere»; Zck.-Mitarbeiter nicht bekannt sind, wünschen, »wir möchten Stellung dazu nehmen. Das ist im vorliegenden Falle gar nicht so leicht. Die unseres Erachtens unnötige Schärfe der „Dr. N. N." finden auch wir nicht svmpathisch, aber die Einsender müssen sich dennoch ver gegenwärtigen, daß erstens die Kritik nur die Grenzen haben darf, die Anstand und guter Geschmack ziehen (und die sind doch nicht überschritten!) und daß zweitens jede Kunstkritik in ge wisser Beziehung subjektiv sein muß, insoweit nämlich, als der künstlerische Standpunkt des Kritikers für sein Urteil maß gebend ist. Wir haben Kurt Striegler stets freudig hervorge hoben, nicht etwa, weil er unseren Kreisen näher steht oder weil er ein Landsmann ist. sondern weil er sehr, sehr viel kann. Und Knust kommt von „Können". Daß gegen Striegler stark intri giert wird, dürfte dem Herrn Einsender, der unter ihm gesungen hat und ihn daher wohl auch persönlich kennt, nicht neu fein. Es wäre aber bestimmt falsch, zu glauben, daß ein Teil der Dresdner Presse mit solchen Intriganten gemeinsame Sache macht. Schauspielhaus. Die letzte Neueinstudierung vor den Ferien, die wirklich grotzanige Aufführung des „Sommer nacht s t r a n n;", hatte auch bei ihrer erste,; Wiederholung in der neuen Spielzeit ein völlig auSverlänfteS Haus. Tie nicht übertriebene Stilisierung der Szene, die genügend gewürdigten Lichteffckte Meister Linnebachs können ihre Wirkung nicht ver sagen. Dazu die pocsievollen Clfcnreigen, ans denen der Ab glanz der Wigman erstrahlt. Verthold Viertel hat das alles wundervoll zu gevcn verstanden. In der Hauptsache sind sie Rollen wie früher besetzt und Metzer als Führer des Hand- Werkersextetts ist von hinreißender Wirkung. Neu war Hedwig Herder als Hippolhta. Wie man ans de»; „Käthchci; von Heilbronn" ahnen konnte, war sie in der kleinen Rolle vortreff lich und man wünscht, sie nun bald in große,;, ihr liegenden Aufgaben zu sehen. Die musikalische Leitung hat jetzt Franz Jung, der eii; temperamentvoller Mendelssohn-Interpret ist. Zck. --- Viktoria-Theater. ^.Präsident Meck-Meck.") Wen,; Beckers, der urwüchsige Dresdner Komiker, in der Waisenhansstraße zu Gaste weilt, dann zieht er seine Getreuen — und ihre Zahl ist groß und in allen Kreisen der Bevölkerung zu suchen I — in den einzigen Tempel der zehnten Muse, den Dresden noch hat. VcckerS oder vielmehr sei,; Leibdichter Max Neumannn darf dann ohne Besorgnis die Intelligenz deS Publikums auf eine noch so harte Probe stellen. Man besteht sie mit Grandezza. Dei; Unsinn, den Reumann hier auf die Bühne stellt, würde man gewiß nicht ganz so hinnehmen, wäre nicht BcckerS der Held des Abends. Er ist einmal das Original, das unnachahmliche, der Kavalier des „TopplappcnvicrtelS", loie er früher ai; dieser Stelle genannt worden ist. Als kleiner Schneidermeister wird er Präsident eines Staatswesens und macht nn» allerhand aktuelle Allotria — im Traun;. Da eS nach Hamlet aber mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt und überdies Träume oft keine Schäume sein sollen, wird der Held an; näch ste,; Tage wirklich Präsident. Nämlich von einem Spießerklub. Beckers, Stzlvarö. Kretz schmar und wie sie alle hei ße», spielten den Ulk frisch und lustig. mr. — Jubiläum F. A. Geißler. Der bekannte Dresdner Schriftsteller, Journalist und Vortragslünstler, neuerdings als Mitglied der „Fröhlichen Spötter" besonders bekannt geworden, feierte an; Sonntag im Kiiiistlerlmus im Kreise seiner zahl reichen Freunde und Verehrer das 8E Jubiläum seiner Dresdner Tätigkeit durch einen sehr beifällig ausgenommenen Rezitations abend. Geißlers launige Art zu sprechen, seine prächtige Heiter keit, aber auch manche innigere und herzliche Töne, die er auf seinen; umfangreichen Register zn ziehen vermag, werde«; ihm stets die Gunst dcS Publikums sichern. Ans seinen; Programm, das wohl in der Hauptsache aus den Spötter-Abenden bekannt war, gefielen uns außer einigen hübschen Gedichten am besten die kleinen heiteren Novellen „Die Löwen des Marcolim" und »Dle beiden Hans Sachse". Der Jubilar erntete großen, freu digen Beifall. " —mr.— l; zei ließ sich verleiten, eine religiöse Fahne zu er. beuten. E» gab Verwundete und über 100 Ver. Haftungen. Die Popolaris Hab::; eine Protestvec» sammlung einberufe», die eine Interpellation in der Kammer namens der ganzen Partei cinznbnngen beschloß. lieber die Vorgänge ist ein objektiver Bericht abzuwarlen. „Großkapital und Reichsintereffen" Zwischen de»; Reichskanzler Dr. Wirth und den; Vor sitzenden des Vorstandes des Zentralverbandes des deutschen Bank- und Bankicrgewerbes, den; Reichstagsabgcordnete, Dr. Ni eher, hat sich ein interessanter Briefwechsel vollzogen. Dr. Rießer stellte den Reichskanzler wegen einer Aeuherung zur Rede, die er in einer Zentrumsversammlung in Berlin über das Großkapital gemacht hatte, von de»; gesagt wurde, daß es die Zahlung der Goldmilliarde durch Verzögerung der Abliefe rung der Devisen sehr erschwerte. Der Kanzler erwiderte dar aus, das; er vom Großkapital überhaupt nicht so gesprochen, da gegen die Epoche des Hochkapitalismns gegeißelt habe. Ai; der SpeknlationLwnt zeige es sich, wie weit die Spekulation von dem Gedanken der Gemeinschaft und des Vaterlandes sich fern hält. Rießer erwiderte, daß gerade die führende,; Bank- und Bankierkreise auf eine Entspannung der von, Kauz'-:: geschil derten Entwicklung hindrüngten und er fügte hinzu, daß eS „unter diesen Umständen" ihm „zun; mindestens mißverständ lich" erscheine, „aus Anlaß solcher Zeiterscheinungen von einer Epoche des Hochkapitalismus zn sprechen". Die entscheidende Frage ist aber die: Sind Maßnah men der Neichsrcgierung zur Ableistung der ersten Goldmilliarde durch Börsen- und Spetulationsmanöver gestört worden'- Und daran knüpft sich die weitere Frage: Hat man der Reicl>sreg,e- rnng bei der Beschaffung der Devisen Hindernisse bereitet? Nack unserer Kenntnis der Dinge müssen wir diese beiden Fragen bejahen. Selbst ein der Börse und der Großbank- weit so nabe stehendes Blatt wie die „Vossische Zeitung" stellt fest, das; der Reichskanzler bei seiner Kritik durchaus recht ge. habt babe. Auch das „Berliner Tageblatt" hatte schon vor "irii» ger Zeit auf den „ungeheuren Egoismus der Devisenbesitzcr" hingewiesen. Die Spekulationswut in den weitesten Kreis-n des Volkes ist eine gerade ungeheuerliche. Die Gewinne, die sich für einzelne aus dem Hinaustreiben der Devisenkurse er geben, muß letzten Endes die Gesamtheit bezahlen. Dieser Tage ist erst festgestellt worden, daß deutsche Bankinstitute A".S« landsdevisen nicht dem Reiche zur Verfügung stellten, sonverw sie im Auslande beließen. Wiederum ist es die „Vossische Zei« tnng", die feststellt. daß an diesen Dingen gerade auch manche Industrielle und Exvortkaufleute schuld seien. Der Reicks» irt- sckaftsrat habe sich schon mehrfach mit diesen Fragen beschäftigt. Wir halten es für dringend notwendig, daß aber auch der Reichstag diese Dinge aufgreift und daß dann klar und deutlich gesagt wird, wo und wie die Schwierigkeiten sich entwickelt haben. Eine zeitgemäße Warnung richtet nun auch der General von Löbcl im deutschnationalen „Tag" an die ihn, nahestehenden politischen Kreise. Die Tat sache an sich, daß der General von Löbel eine solche War» ng für notwendig hält, beweist, wie richtig der von uns stets be tonte Standvnnkt ist, daß die gewissenlose Hetze gewisser Kreise der äußersten Rechten alles andere als deutschnalional ist. Di- Richtigkeit dieser Behauptung ist zweifellos auch vom General von Löbel empfunden morden und b-tt ihn zu einer Warnung veranlaßt, der wir folgendes entnehmen: „Es war daher auch politisch unklug, daß von bekann ten und angesehenen Landwirten in den Zeitungen die Ernte» anssichten grau in grau gemalt, ja sogar als katastrophal be zeichnet wurde», währeick doch die Getrcidemenge im ganzen zufriedenstellend ist und die Kartoffelernte sich noch nicht über sehen läßt Durch derartige Uebertreibungen wird die poli tische Erregung nur gesteigert, und die Händler nutzen der artige Schilderungen zu Preistreibereien ans, unter denen, die Allgemeinheit schwer zu leiden hat. Aufreizend wirkt auch die Art der Behandlung der Stenervorlage. Von rechts und links ersolgt der Nus. daß dieser Regierung die Stenern nicht bewilligt werden dürfen, dabei ist es doch unser Vater land, das zusammenbrechcn müßte ohne Bewilligung der Geldmittel. Der Mittelstand, der an; meisten unter den hoben Steuern leidet, versucht, sie zu ertragen, wenn er auch deshalb a;,S seinem Etat das Sonntagsfleisch, die Butter. Zucker, Eier streichen muß. Viele Besitzende bingegen schran ken Wein- und Schnapsgenuß nicht ein, Unsummen gebe» sie für Spiel. Wetten und den Wettkonzcrnen hin, und Unsum men werden vergeudet. Diese Mahnung und Warnung ,st natürlich nur an die gerichtet, denen das Wohl n»d Wehe un seres Vaterlandes am Herzen liegt. Jeder einzelne mnß^zur Beruhigung der erregten Volksseele beitrage;» Jntcrciicn- politik muß schweigen. Der Kampf der politischen Parteien untereinander, so wie er zurzeit aus-geartet ist, verschärft die unerträgliche Lage." Die christlichen Gewerkschaften Berlins zur Laqe In einer Persammlnng der Vertrauensleute der christlichen Gewerkschaften Berlins im katholischen Gesellenhause wurde nach einen; Referate des Sekretärs des Metallarbciterverbandes, Kreil, der in längeren Ausführungen die prinzipielle Stel lung der christlichen Gewerkschasien zn den rein politischen Vor gängen darlegte, dann aber auch unter stürmische»; Meisall die Verfassungstreue der christlichen Gewerk schaften ho. rvorhob, nach lebhafter Aussprache nachfol gende Entschließung einstimmig angenommen: „Die heutige, im großen Saale des katholischen Ge. scllenhanscs ragende Versammlung der Vertrauensmänner der christlichen Gewerkschaften Berlins, nimmt zu den poli tischen Kämpfen der Gegenwart wie folgt Stellung: Die Versammlung verurteilt mit Entschiedenheit den a» dein Abgeordneten Erzbergcr begangenen Meuchelmord. Mit Entrüstung stellt sie die Tatsache fest, daß der politische Kampf hänsig in persönlicher Bekämpruna des Gegners, Auf forderung zn Gewalttaten, sogar in Verherrlichung de? poli tischen Mordes gipfelt und damit Formen anaenommeu bat, die einem christlichen Volke zur Schande gereichen. Die Ver sammlung heißt deshalb die Maßnabinen der Regierung gut, die getan wurden, um e;n Umsichgreifen des gewalttätigen, verfassungswidrigen Geistes ?n Verbindern. Sie fordert rück sichtslose Anwendung nach allen Seireu. Die Persammlnng billigt die Haltung der Gesamter. bandSleitiina. die entsprechend der varieipolilischei; Neutralität der christlichen Gewerkschaften, die Parole auSgab, lick von po litischen Dcmonstratmnen und der Vertretung politischer For derungen fernzuballen. Di: Beteiligung an solchen Kund gebungen n;»s; den Mitgliedern, entsprechend ihrer politischen Ueberzeugung, überlassen sein. Zwang darf nicht anSgenb; werden. In der Erkenntnis, daß die beste Gewähr für eine Ge sundung der politischen Parteiverhältnifse nicht in Gesetzes- oder Strafmaßnabmen liegt, sonder» in ErziehnngS- arbeit, fordert sie die Mitglieder ans, in ihren Parteien mit Entschiedenheit^ dafür einzulretcn, daß die politischen und so- zialen Gegensätze in sittlicher Weise e.nm AnStrag gelangen, jede persönlich« Venmglimpsnnz unterbleibt und jede Gewalt tat bekämpft wird. Insbesondere geht die Mahnung auch a« die durch ihre Stellung in der Gewerkschaftsbewegung im