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Seite -I. Nr. LSI Jahr« Mittwoch, den 28. Mai ISIS tivruvs vernalvrei», S»*«ad» 4 mit tlluslr. Vellage vierteljährlich 8.88 4». In Dresden und ganz Deutsch land sre> hau« 8.8« tt» m veslerreich ».«0 IL. A«S,ab» 8 vierteljährlich 8.88 a». In Dresden und ganz Deutschland frei Haus a» tn Oesterreich 8.8« K. Mnzel-»lummer 1« 8 Dt« «LchMche Vollszelluna erscheint an allen Vachenlug«» nachmittag«. lll Geschästastrlte »nd RednLtio» Dresden-A. 16, Holbeinstrahe 45 Fernsprecher 21366 Postscheckkonto Leipzig Nr. 147*1 o —— , Anzeigen, Annahme vonVeschiislSanzeiae» dir lvr.ht van Famiitenanzeige» bis it iidr dvl» Prets sür die Pclil Spallzeile 4« z.lm All, mcieii i >c. Familien-Anzeige» 8« e Für undeuiiich geschriebene, sowie durch gen iprechcr ausgegebenc Anzeigen lünne» wir du Verainwvriiichlell silr die Nichugkeu des!ke, u. nicht übernehmen. Sprechstunde der Redaktion! 11—ISl'iibr vormittags. o c» Einzige LachMsch« »geszeiÄMg in GM«L Nrga« der ZentrNMSpurtcb. Ausgabe ^ mit LkustrierLex UMMMrmgsbeilage mrd Nettg. WocheabM-M A«sgrOe N mrr «it -er Woch«chM«KL Die deutsche Antwort. Zurzeit Berlin, den 27. Mai 1919. 'Ei,lerer Tiahtbericht der „Sächsischen Volkszeitung.) Es ist keine Kleinigkeit, in unseren Tagen von Dresden nach Berlin zu konunen. Man sitzt bereits fahr- plonmäßig sunf Stunden iin Personenzuge und die Stim mung wird r icht rosiger, wenn in Elsterwerda der Schaffner eillmt, linier zwei Stunden Verspätung tue es dieser Zug niast, es könnten aber auch fünf werden. Zwei sind es denn auch geworden. An Nachtquartier nicht mehr zu den ken. Ein Trojchkenkutscher erbarmt sich meiner und bringt mich in etwas, was man mit knapper Not noch als Nacht- tsi.uriier bezeichnen k.-nn. Immerhin ist so etwas wie ein 'Pett vorhanden, das zudem nirbt einmal — o, welch ein Glück — mit oem verlausten Reichstag eine Aehnlichkeit har. Trotzdem zog ich es vor, von dem Waschinventar keinen Erdrauch zu machen und gegen Morgen in das inzwischen srri gewordene Zimmer meines Stammhotels zu flüchten, sin das ich notabene 2 M. weniger bezahlen mutz als wie in gem zimmerähnlichen S.uartier. Das ist so ein kleines ,7i nimungsbild von Berlin von heute, das in etwas die Berliner Eindrücke ergänzen soll, die neulich bereits in so tietieuder Weise unser Mitarbeiter aus Abgeordnetenkreisen in Schlesien geschildert hatte. Es kam mir schon in dielen Nachtstunden erneut zum Bewusstsein, was mir im Laufe des Vormittags ein Abge- erdli!'t"r bestätigte: So wie es war wnd es auf Jahrzehnte lm auS nicht mehr werden. Damit müssen wir uns ab- s'nden, wie mit so verschiedenem andeien Ein Tag Harrer Arbeit liegt hinter uns. In diesem Augenblick, wo diese stein',i meine Le'er erreichen, sind die deutschen E e g e n v o r s ch l ä g e in Versailles bereits l, beirei ch t. Die offizielle Vel'össet'iiichiing wird voraus sichtlich erst am Donnerstag erfolgen. Was werden sie brin gen! Die Regierung hat den Entwn.s nustrer Gegner für llnr.stiillogr und unannehmbar erklärt. Sie hat daran fe>t- gehalten. Sie konnte und durfte sich nicht zu der Au'- fgssiing der Unabhängigen und des Freundes der Haase- inänner, des Herrn Maximilian Haiden bekennen, wonach einfach unterschrieben werden müßte, ganz gleich, ob wir die Forderungen erfüllen könnten oder i ici-r. Was wir bis lisutc in Versailles erlebt haben, war Vorpostengeplänkbl nur man kann darüber im Zweitel w".i. op der Notenwechsel stets den Inbegriff aller Stantsweisheit dargestcllt hat. Jetzt gibt es keine Noten mehr, s-tzt kommen die Gegen- vo ' .biä gc. Das Wichtigste ist. wir holten am BiN- k e - b ii n d> g e d a n k e n fest und zwa> im Nahmen dcr traurigen, aber nun einmal nicht mehr zu ändernden Tät ig,le daß wir ein besiegtes Vo.k sind. Das, was wir heute i» Versailles überreichen, ist das Maximum aZse», was wir ans freien Stücken leisten können. Es stellt ein embeitliches Ganzes dar »nd darf -- ich tage das ans ge nauer 6.nntnis dec Dinge hr-cne — und sage es im Be, Würstlein der Verantwortung, die heute sowohl ans der Re gierung lastet und auch in der ganzen Presse vorhanden lei» muß — also der deutsche Gegenvorschlag darf nicht nach einzelnen Bruchstücken beurteilt werden. Er ist, wie gesagt, ein einheitliches Gan'ze, der nicht nur ans den i4 Punkten Wilsons fußt, sondern auch, und zwar vor allem auf der Note Lansings vom 6. November 1918. Der Kern punkt ist die sofortige Aufnahme des Deutschen Reiches in den Völkerbund als gleichberech tigte Macht. Bei Annahme dieses Kernpunktes durch die Entente würden bereits nnbrere 100 Artikel des geg nerischen Vertragsentwurfes hinstillig. Wir verlangen auch l.iastchtlich der wirtschaftlichen Garantien Gleichheit. Im RegierungSentwnrf wird die Abrüstung und die Aufgabe der Wcbrvflicht akzeptiert, aber bezüglich des Mindestsätze.' von 100 006 Mann eine Uebergangszeit gewidert. Auch die Knegsflotre wird bis >uf einen Bruchteil zur Vor- fügnng gesi llt. Doranssetznng für all da? ist die Aufnahme in den Völkerbund. Ungeheure -Opfer sind es, die wirbringen müssen, aber sie müssen gebraßt veNen nenn wir nur die aleickeerechtigte Stelle im D'i^erbund wirklich garantiert In Tc r r i? o r iw l f, r a g e n tu-'Ritt unsere Regie rung den Standpunkt, daß kein Land- ohne den Willen leiner Bevölkerung < bgetrennt werden darr. Die Abstim mung in den betreffenden Gebieten muß gelieim und frei 'ein und durch neutrale KoinnHsionen gewährleistet wer den. Für heute nur einige Piinkst'. Die Abstimmi'N! in Elsaß-Lotwingen soll sich 1. bestehen auf den Anschluß an Frankreich. 2. cu f die Autonomie. Nach Ansicht der Regie- rnng darf -Oberschlesien nicht zu Polen geschlagen werden: eventuell Abstimmung. Posen wird innerhalb der Temar- kationslinie als verloren oestacht.'t. Ueber Ostv'enße» lehnen wir oie Verhandlung-"., ab. In Danzig darf keine Abstimmung erfolgen. Es soll Freihafen werden, lieber das Saargebiet ist das Nähere bereits bekannt. Das Bestreben der deutschen Gegenvorschläge geht da hin, daß d i e b e! e tz t e n G e b i e t e s o b a l d alsmög - lich geräumt werden sollen. Das wird viele Opfer kosten, und zwar finanzieller Art. Den Verzicht ans die Kolonien lehnen wir ab, ebenw die A uslieferung des Kai-ers. Und NM' die finanzielle n Beding u n , e >:! Sie tverden, das gebe ich offen zu, Entsetzen erregen. Sie sollen aber, um das vorweg zu nehmen, nur dann geleistet werden, wenn z. B. Westpreußen bei uns bleibt und der LinkSrhein geräumt wird und wenn uns die wirtschaftliche Gleichberechtigung im Völkerbund gewährt wird. Die deutsche Regierung ist bereit, die erste Schuldner- pflichtung von 20 Milliarden Mjark in Gold bis 1926 anzunehmen, ebenso die weitere Verpflichtung, in noch festzusetzenden Jahresraten 80 Milliarden Gold zu zahlen, aber natürlich unverzinslich. Eine geg nerische Kontrolle unserer Finauzwirtschaft darf nur dann eintreten, wenn diese Verpflichtungen nicht eingehalten werden sollten. Man ist im ersten Augenblick wirklich sprachlcs, wenn man von der Annahme dte>vr Veopsolchiungen hört und man mutz die Frage aufwerfen, ob die Regierung denn wirklich glaubt, daß das deutsche Volk d«s leisten kann. Wir möchten daS vorläufig noch bezweifeln, während die Regierung anzunehmen scheint, daß dies mög lich sein wird, denn sonst könnte sie sich doch für die An nahme nicht einsetzen. Jedenfalls sind die Opfer, die von uns verlangt werden, ungeheuer groß, und Arbeit und nochmals Arbeit ist die Voraussetzung für die Erfüllung. ES ist tatsächlich das Maximum dessen, was wir vielleicht leisten können. Wir betonen nochmals, daß die Voraus setzung dafür u. a. auch die Räumung der von unseren Feinden besetzten, so wertvollen deutschen Gebiete ist. Alles in allem: das letzte Wort ist in der ganzen Sache noch nicht gesprochen, aber ich kann nicht umhin, nochmals zu warne» vor dem HerauSreißen einzelner Bruchstücke aus unseren Gegenvorschlägen. Die große Frage ist ja dann die: Werden unsere Gegner selbst diese hiS zum äußersten gehenden Gegenvorschläge annehme»? . . . Und noch eines: Mehr denn je muß sich daS deutsche Volk in diesen entscheidungsschweren Tagen geschlossen hinter die Negierung stellen. Ich richle an alle meine Partei freunde im Lande, die aus der liesstcn Not de» Vaterlandes herausgebvrene Bitte, vor allem Vertrauen zu haben zu unseren Freunden in der ReichSregierung und in der Nationalversammlung. Und wahrhastig, wenn man heute Gelegenheit gehabt hat. Männer zu sehen und mit ihnen zu sprechen, wie mit Gräber, Spahn, Bell, Maus- bach, Hitze, Brauns und mit dem tüchtigen Fräulein Abgeordneten Teutsch, dann ist das Vertrauen noch ver stärkt worden, wenn es möglich war. Aber nicht nur zu diesen, auch zu Erzberger können wir uneingeschränkt dieses Vertrauen haben. Ich habe heute Gelegenheit ge habt, mit ihm zu sprechen und habe den Eindruck milge- nommen, daß er eS nicht verdient, mit scheelen Augen an gesehen zu werden, von den Beschimpfungen eines Harden gnrnlcht zu reden. Und abgesehen davon: Er meistert die Dinge wie kaum ein anderer und erfreut sich des vollsten Vertrauens aller seiner Parteifreunde und in Sonderheit uilsercS alten Parteiführers Exzellenz Gröber. Erwähnt sei noch, daß tn den nächsten Tagen ein neuer Gesandter für den päpstlichen Stuhl ernannt wird und zwar Herr von Bergen, zu dem wir nach meinen Informationen auch Vertrauen haben können. Er wird nicht nur Preußen, solider» auch das Reich vertreten. - Nun nochmals: Seid einig! Dieser Nus gilt heute für daS ganze deutsche Volk und gilt vor allem für alle Anhänger der Deutschen Zentrumspartei. Paul .Heßlein. Auszug aus den deutschen Gesamt vorschlägen. Berlin, 27. Mai. Der allgemeine Teil der deutschen Gegenvolschlägt, an die olliirrten und assoziierten Mächte behandelt im ersten Abschnitt die Rechtsgrundlagen d e r F r i e d e n s v e r h a n d I u n g e n. Die deutsche De legation ist an die Aufgabe des Friedensabschlnsses in der Rechtsuberzeugung l,eräuget uen, daß der wesentliche Inhalt des künftigen Friedensvertroges schon durch seine Vorge schichte in seinen Crnndzngen bestimmt und damit für die Verhandlungen von Veria'klcs eine sichere Plattform ge geben ist. Die Tat'ackjen, ans die diese Rechtsüberzeugunj, sich gründet, werden rekapituliert: Aus dem Notenwechsel, der zum Waffenstillstand Irin 11. November 1918 ge'ährt hak. g»ht hervor: 1. Deutschland bat ausdrücklich als Grundlage für den Frieden ausschließlich die 14 Punkte Wilsons und seine 'päteren Kundgebungen angenommen. Andere Grnnd- iagen hat weder Wilson, noch irgend eine andere der alliierten Negierungen nachdrücklich gefordert. 2. Tie Annahme der alliierten Waffenstillstandsbedingnn- gen sollte nach Wilsons eigener Versicherung der beste Beweis für die unzweidenüge Annahme der obenerN>ähn- ten Griiiidbedinpnngen und Grundsätze für den Frieden seitens Tenstckiands sein. Deutschland hat die alliier ten Aaffenstillstandsbedingungen anae'-ommen und trotz ihrer furchtbaren Härten mit allen Kräften durchgekührt. ES hat damit den vom Präsidenten Wilson geforderten Beweis geführt und dadurch ein vertragsmäßiges An recht auf diesen Frieden des Rechts erworben. 3. Die Alliierten haben ebenfalls die 14 Punkte Wilson« und seine späteren Kundgebungen als Friedensgrundlage angesehen. 4. Es besieht also zwischen beiden Parteien eine feierliche Vereinbarung über die Friedens grundlagen. Deutschland hat ein Recht auf diese Frie- benSgrundlagen. Ihr Verlassen auf seiten der Alliierten wäre der Bruch eines völkerrechtlichen Abkommens. 5. Nach den eigenen Worten Wilsons muß der Friede auf dem Wege der Verhandlungen zustandekommen. Ein Dlktatfrieden wäre ein Bruch einer gegebenen Zusage. Diese Verhandlungen können sich nur auf die Anwen dung der 14 Punkte und die späteren Kundgebungen W'lsonS erstrecken. In der Grundlage für die Gestaltung des Frieden« sind also weder die alliierten und assoziierten Regierun gen. noch die deutsche Regierung mehr frei. Vielmehr erlstiert, wie sich aus den dargekeqten, historischen Tatsachen ergibt, als unzweifelhaft rechtsverbindlich ein pactum ckv contrasioucio. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit dem Wider spruche zwischen dem VerlragSentmnrfe und seinen Rechts grundlagen sowie den früheren Zusicherungen der seind- lichen Staatsmänner und den allgemeinen Ideen des Völ- kerrscktcS. Unsere Gegner haben wiederholt versichert, daß sie den Krieg nicht gegen das deutsche Volk führten, sondern gegen eine imperialistische und unverantwortliche Negierung. Unsre Gegner wiederholten immer wieder, auf diesen Krieg ohne gleichen solle auch eine neue Act des Friedens folgen; ein Frieden des Rechtes und kein Frieden der Gewalt. Deutsch lands Stellung unter den Völkern solle nicht vernichtet werden und es sollte das Selbslbestimmungsrecht für alle Völker anerkannt werden. Die vorgelegten FriedeiiSbedin- gnngen stehen zu allen solchen feierlichen Zusicherungen in offenbarem Widerspruche. Die neue Verfassung des Deut schen Reiches, die Zusammensetzung seiner Volksregierung entsprechen den strengsten Grundsätzen der Demokratie. Die Abkehr von der militaristischen Gesinnung zeigt sich auch darin, daß die von Dentlchland zur Annahme oorgeschla- genen KölkerbmtdSsatznngen ein Abkommen über die Be schränkungen der Rüstungen enthalten, das größere Sicher heiten schafft, als die entsprechenden Bestimmungen des Vvlkerbundstatuts im Friedensentwurf. Auch die von fran zösischen und englischen Staatsmännern wie vom Präsi denten Wilson wiederholt gegebene feierliche Zusicherung, daß der Frieden ein Frieden des Rechts, kein Frieden der Gewalt sein soll, ist nicht eingehakten worden. Zunächst in den territorialen Fragen: Im Westen soll ein rein deutsches Gebiet an der Saar mit wenigstens 600 000 Ein wohnern nur deshalb vom Deutschen Reiche losgelöst wer den, weil Ansprüche ans die dort vorhandenen Kohlen ge macht werden. 15 Jahre lang soll dieses Gebiet von einer Kommission regiert werde», auf deren Ernennung die Be völkerung keinen Einfluß hat. In Schleswig ist oie Grenze für die Abstimmung durch reindeulscheS Gebiet ge- zogen worden und geht weiter, als sogar die dänische Regierung es wünscht. Den Bestimmungen über Oberschlesien, Posen, Westpreußen, Ostpreußen und Danzig liegt gar kein Rechtsgedanke mehr zugrunde. Beliebig soll bald die Idee