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Sächsische Volkszeitung : 25.01.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-01-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192201255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220125
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220125
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-01
- Tag 1922-01-25
-
Monat
1922-01
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 25.01.1922
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Mittwoch den LS. Januar ISA Sächsische Volk»»«i»un« Sir. L0. Seite » Die Ausbahrunq deS loten PapsteS Rom, Ls. Januar Da» Nestern mittag in dl« Peter». kirche zugelastene Volk zog sckiweigcnt an der Sakramentskapeile vorbei, hinter deren Gitter die Leiche des PapsteS aufgebahrt ist, ein eiiisacher. würdiger Sarg, in der päpstlichen Trauer» sarbc rot gehallen, von vier Nobelgardisten flankiert, von hohen Kerzen beleuchtet und ohne jeglichen Blumenschmuck. Die Leiche des Papstes liegt unter der goldenen Mitra im Pontifikalgewand da. Darüber ist eine violett »nd goldgestreifte Doppelpelerine geworfen. Nach anfänglich gefährlichem Gedränge der fett drei Einirden harrenden Menge vollzog sich der Zugang geregelt unter starkem Aufgebot von italienischem Militär, das auf der Freitreppe und innerhalb der Peterskirche die Ordnung versah. Inzwischen haben weitere Trauerkundgebringen des offiziellen Italien staitgefunden. Heute früh wird zum ersten Male seit 1870 der Tod des PavsteS durch zwei Prälaten der Apostolischen Kammer der Staatsbehörde öffentlich im Kapitol mitgeteilt. Der Gemcinderat hob die gestrige Sitzung nach der Trauerrede des Bürgermeisters aus. Auch der Italienische Staatsanzeiger veröffentlicht o» der Stühe deS Blattes die Todesanzeige mit Trauerrand. DaS Konklave beginnt am 2. Februar. Die vor bereitenden KaLdinalssihnngen haben bereits begonnen. « Enylislfies BeNeld zum Tode des PapsteS London, 2-t. Januar. Der Staatssekretär de» Aeußern rich tete an de» britischen Minister beim Vatikan das folgende Tele gramm: „Ich bin vom König beauftragt, dem Kardinalstaats sekretär das tiefste Bedauern Seiner Majestät ausz,«sprechen anlählsch des Todes seiner Helligkeit des PapsteS". In einem Nachruf, den die Times dein Papste widmen, werden besonders die Dienste gewürdigt, die der Pavst während der ganzen Kriegs zeit für die Gelange»?» aller Nationen tat, um deren Los zu mildern. Diese Werke hätten in England nur Bewunderung und, Anerkennung gesunden. « Papst Benedikts letzter Plan München. 28. Januar. Papst Benedikts letzter Plan war, wie „Popo'o Romano" berichtet, der Konferenz von Genna geweiht. Er war ini Begriff, eine Epistel an den Erzbischof von Genna zu erlassen, um die Grundsätze des Heiligen Stuhles über die zu lölendcn wichligen europäischen Probleme darzichegen. Der Brief sollte nm Vorabend der Konferenz veröffentlicht werden. Der Papst ist über die ersten einleitendeil Sätze nicht hinwegaelommen. Dann spricht er seine Freude darüber ans, das; seiner Vaterstadt die Ehre erwiesen sei, einen Völker Nreopag zu beherbergen, dem die Aufgabe zu teil werde, die Welt aus den inoralilchen und materiellen Nöten des furchtbarsten aller Kriege zu erlösen. « Die Reife dev deutschen Kardlniile zur Papstwahl München, 23. Januar. Der Kaidinalenbilchok Schulte In Köln und Ka dirallü stbischo' Bei tram in BreSlau reisen tiefer Lage von München aus in t d m Kcnd na cribii.tzoi von Faul» Haber zur P'pslwabl nach Nom D r Niinliu« Voce lli ist wegen lnr Veikiandln» >c» über ta« n-iie bayri che Konkordat niiubkömmlich und veibüibl in München. Eine besondere Aufforderung, znr Papiiwahl nach Nom zu kominrn, erha'ten d'e Kaitinäle nicht. Die blcerapbiiche Nnzciee des Kardi,>alstaat«s-lre'n>8 vom Ableben de« Papstes ist zug'rich die Weisung an die Kardinale zur Papst» Wahl »ach Nom zu kommen. Ein Hirtenbrief des Kölner Erzbischofs Köln, 23 Januar. Kardinal D r. Schuiie eilicsz aiiläfz- lich des "in-Hodens d» PivsteS einen Hirtenbrief, in dem es ri a. beißt: Tiü ergriff n vermin nt in allen Erbteilen die ge'amie We>1 die TraiierboOchait Tie W.ltgeichichle wi d für immer den H Imaeaangenen mitrr die größten Wohltäter der in tiefster Not und Bedrängnis lens,enden Menichhe t einnireihen haben. Seine den Gecht Ehüi'ti atme,wen A> beiten und Anstrenait» en um de» Boltersrleden der Veisöbnuai und Gerechtigkeit, scme aus >mmec neue .Hilfewegr si ncn^e erfiuderiiche Lieb: ,U den deklagenswrrtcn Opfern des Kriege«, zu den wehrlosen Gelannen n und Vermißten, zu de» w'inenden Wstwen »nd Wiiten ie>ne in unablässiger Vairr» sorge io tieietzle Ilnterstütznnq der Kriensbeichäd g en vor allem der hungernden »nd nailemeunen Kinder, lassen den Papst in bnchstäo» lichem Sinne als Sczcnbringer erscheinen. » Die Trauerfclerl ich keilen in Nom Rom, 23 Januar. Die Leiche des Papste« ivttibe */,1l> Nbr vom Ttzionaale des Vatikan» nach der LakiamentSlamlle der Pelc,s» Kaiheerale zur ö> se ntlickien Auibabruiig üoerg iührt. D>e Karkiiiäle und Ptälabii, da« d^p omaliiche Ko>v«, dle päpstlichen Hoichargen »nd die päpstliche Leibwa.tic tzilete» das Gesoige. Große Vollsmasseu strömen nach der Pete, «-Kathedrale. VerbleWe« Dr. Schobers an der Spitze des Kabineus Wir», 23. Januar. In parlamentarischen Kreisen macht sich das Bestreben geltend, den bisherigen Bui-deSkanzler Scho ber zu bewegen, auch in Zukunft an der Spitze de» Kabinett» zu bleiben. Jedenfalls wird Schober kommenden Donnerstag nach der Annabme des Vertrage« von Prag seine Demission geben, worauf Verhandluiigeer bezüglich Neuwahl eines Kabi netts cingcleitet werden. Sollte Schober nicht an der Spitze des Kabinetts bleiben wollen, so würde, wie bereit» mitgetcilt, der christlichsoziale frühere Bundeskanzler Mayer da- Bunde»» kanzleramt übernehmen. » En ivaffmmg in Busstarke»» Sofia, 23. Januar. Die Botschafterkonferenz verlangte, dah am lb. Februar alle regulären Soldaten sowie die Gen- garinerie und die Grenzwächter, welche bisher provisorisch unter den Fahnen stehen, entlassen wenden, weil dies eine Bedingung des Friedens-Vertrages sei. Die Armee dürfe nur durch Söld ner ersetzt werden. Die bulgarische Negierung antwortete, daß sie den JricdcnSverirag streng ourchführen wolle, dah sie aber, um den ruhigen Verlaus der im Zuge befindlichen Gemeinde wahlen zu garantieren und Zwischenfalle hniianzuhalten, darum biiie, dasz die Entlastung erst mit dem 20. Februar und mit dem 81. Mai enden möge. « Die Bovognae km fernen Osten Riga, 23. Januar. Wie über Moskau gemeldet wird, sind in Wladiwostok 800 Offiziere und Beamte der Akmee Wrangel eing-troffc». Meliere Milit'irtranSporte werden noch erwartet Was die militärischen Aktionen im fernen Osten anbetrisft, so werden sie mit wechselndem Erfolge geführt. Nach einer Meldung ans Tschiia soll die Nationalarniee der Republik des fernen Ostens über die Truppe» der Aufständischen einen großen Sieg errungen haben. Dabei geriet ein Teil des Sta be? der Merknlewschen Truppen in Gefangenschaft. Unter den Gefangenen wird anch der weißgardisttsckie General Bakitsch genanni. Die Aufständischen haben sich in letzter Zeit fast aus schließlich darauf beschränkt, die Eisenlxibnlmien zu zerstören und an entlegenen Punkten schwache Abteilungen der National» armee zu überrumpeln. Der Eisenbahnverkehr zwischen Wladi wostok und Ohabarowsk ist unterbunden. Der tschechisch-polnische Verl ast Wa»schau, 23. Januar. Wie die hiesigen Bläiier m-Hen, wird der Po rzssch.tichi-ch schs Nrälimincnveriraq dem Se>m ruck» so bad zur Beratung »nierdreitet werden. E'n Bevollmächtigter dee pol- vtzcknn Nea'eriiiig w» de »nm Außenminister nach Prag entgalt, »m doit gllmste n chl nnw.scntl che AeiOeiuncen de« Versio cS knnchzn- setzen- Nnr im Falle eine« Erko'ge« dieser Msision wird stch d r polnisch- Ministerint mit der Frage der Genehmigung des polnijch- sichechischen Abkommens befassen. Das Urteil km Mordprozoh Siefert jkarlaruhe, 23. Januar. I» dem Mordprozetz SikKrt - Ziegel- hanie» wurde beule abend das Urieil gefällt. Stiert wurde in zwei Fällen deS Mordes a» den Bürgermeister» Buße und Werner zweimal zum Tode verurteilt und wegen Meineids zu einem Jahr« Znchlha.iS. I» dem Falle Link wurde der Angeklagte jrelgeiprochen, weil die Äe- schworen«» di« Schuldsrage verneinlen. Aus dem Reichstage Vom Reichstage wehen am Montag die Farben der Re publik auf Halsmast, sie künden das Zeichen der Teilnahme für den verstorbenen Papst. Driniic» aber gehl die gewohnte Arbeit ihre» klang. Die Tagesordnung ist nur kurz. Sie enthält zwei Punkte, deren erster bei nur mäßig besetztem Hause eine schnelle Erledigung findet. TaS Gesetz über den Verkehr mit ausländische» Zahlungsmitteln steht zur zweiten Beratung. Aber selbst diese von der Negierung vor» gesehene Maßnahme zur Verbinder »iz der wilden Spekula tion führt zu einem kleinen Intermezzo. Denn der Präsident teilt mit, daß gegen die sofortige Vornahme der dritten Lesung von zwei Seiten Einspruch erhoben worden ist. Bon wem? Diese Frage wivd mit dem üblichen Temperament vo» seilen der Unabhängigen gestellt. Der Protest geht vom Demokraten Gothein und dem Deuischnationalen Schulz-Bromberg ans. Sie ziehen sich den Vorwurf zu. daß sie dieses notwendige Gesetz verschleppen wollten. Ein kurzes Hin und Wider; auch der Zeniriimsabgeordneie und Verichlerstalier deS Ausschusses Schlack greift ein und drückt In gleicher Weise sein Bedauern und seine Verwunderung über diese vnnöiige Verzögerung aus. Erst Schulz und dann auch schließlich Gothein geben ihren Sächsische VolkSzeiimig — Nr. 20 — 26. Januar 1922 Das Rosenhaus Originalroman von Felix Nabor <30. Fortsetzung.) Feierliche Sülle umgab sic; nur der Wind strich ihr über» blonde Haar, und die rotglühenden Ranken deS wilden Weine» zitierten um ihr Gesicht. Trauinverlorc» blickte sie in die Rosen glut des scheidende» Tages hinein, sah den silbernen Läininer- wülkchen nach, die ans der großen, blauen Himmelswiese wei deten. Plötzlich dröhnte ein Schuß durch die Sülle. Hella zuckte erschrocken zusammen, warf den Kops znr Seite und fühlte einen Schlag, der ihren ganzen Leib erzittern machte. Ihre Knie Nmnktc», und blaß wie eine geknickte Lilie sank sie zu Boden. Ein roicS Brüiinlcin yuoll ans ihren, linken Arm uild rollte über ihr Helles Kleid hinab wie eine purpurne Schärpe. So fand Dr. Thyssen, der Hellas LieblingSplätzchen kannie und von einem Gang zu einem Kranken kam, die Bewußtlose. Er richtete sie empor, bettele ihr Haupt an seine Brust und ries mit weicher Stimme ihren Namen: «Hella! . . . Hella!" Cie schlug die Augen auf, sä-aute ihn verwirrt an und löste sich errötend aus seinen Armen. «Mein Gott!" stammelte sie mit blassen Lippen, «mein Goltl . . ." «Was ist geschehen. Fräulein Hellmers?" fragte Thyssen besorgt und geleitete sie zur Bank. „Ich hörte Schüße — eS waren also wohl Jäger in der Nähe. Eie sind getroffen —" .Getroffen?" ries sic. «Ich weiß wirklich nicht, wie es ge schah. Ich Hörle einen Knall und prallte von dem Türpfosten oert, an den ich mich gelehnt hatte, zurück. Gleich darauf warf mich ein Schlag zu Boden —" Thvssen schnitt den Armei auf und untersuchte die Wunde. «ES ist nicht gefährlich," sagte er. «Nirr ein Streifschuß. Ein Glück, daß Sie nicht an dem Pfosten lehnen blieben. Hätte die Kugel nur eine Spanne weiter links eingeschlage», dann wären Sie ins Herz getroffen worden." «Allmächtiger! . . Thyssen kegle eine» Notvcrbanld an und untersuchte dann den Türpfosten. Plötzlich stieß er einen Ruf der lleberraschung ans, zog das Messer aus der Tasche und bohrte in dem braunen Holz. . . Nach einiger Zeit löste er eine Kugel au» der tiefen Kerbe und betrachtete sie voll Entsetzen. «Fräulein Hellmers." rief er. «mit diesem Kaliber schießt man leine Hasen I Das ist «ine Kugel, die nicht der Zufall, sondern die Absicht, ein Men- kchcnleben zu vernichten, gelenkt hat. E» war offenbar ein Mordanschkag. Kommen Sie rasch fort von hier, denn eS könnte Wohl sein, daß der Mörder hier in der Nähe auf Sie lauert." Auf Thyssens Arm gestützt, trat sie den Heimweg an. Wohl sie zitterte sie noch ein wenig, aber unter TyssenS Schutz beruhigte sie sich bald und fand ihre Sicherheit wieder. Ein schmerzlicher Gedanke wühlte in ihr: wer hatte ihr, die doch allen nur Gutes tat, nach dem Leben getrachtet? . .. Ein furchtbarer Verdacht stieg in ihr auf. . . Ein Name drängte sich ibr a»f die Lippen, aber sie wagte ihn nicht auszu- sprechen, da sie ja keine Beweise für ihre Vermutung hatte. Im Nosciihaus wusch Thnssen die Wunde, legte einen regel rechten VerlninL a» und gab ihr den Rat, sich znr Ruhe zu be geben, »in ihre erregteil Nerve» z» beschwichtigen. Sie verab schiedete sich mit danklmrem Händedruck von dem Arzte und be gab sich in ihre Tiiriiiziinmer. Aber Ruhe sand sie nicht. Immer wieder quälte sie der G-dankc: wer ist der Feind? . . . wer wollte mir ans Leben? - Ain anderen Tage ging d.iö Gerücht von dem Mcrsaiifchlag auf Fräulein Hellmers wie ein Lauffeuer durchs Dcrf. Ein Sturm der Entrüstung erhob sich, und man verwünschte den E-n- brecher, da Hella von allen geliebt wurde. Die Bürger legten die verruchte Tat de» Arbeitern zur Last und bezeichneten sie als einen Racheakt, der aber nicht Fräulein Hellmers, solcher» Imina gegolten habe, die ebenso verhaßt war wie il-r Vater. lieber diese Auslegung entstand ein heftiger Streit, »nd viele behaupteten geradezu, Koller sei der Täter. Er war in der Nab- der Heide gesehen worden, und 'cüort lenkte sich der Brr» dacht der Behörden auf ihn. Ec ivrde nerha'tet, eine Unter suchung setzte ein, aber sie verlief resultatioS. Koller erklärte bei der Pern'ehinnng unter Tränen, daß er stch lieber die Hand nb- hauen ließe, als daß er Fräulein Hellmers, die stch seiner Kinder wie ein Engel angenommen hatte, ein Leid zufügen würde. Sein Schmerz war so wahr und aufrichtig und die Nnichn'.digung gegen ihn so haltlos, dah er bald'wieder in Freiheit gesetzt wurde. Die Kugel, welche Thyssen im Winzerhäuschen gcüniden hatte, war der einzige Beweis für die Tat. doch niemand ver mochte festzustelle», aus welchem Gewehr sie gekommen war. — Sie blieb als totes Ding bei den GcrichtSakten liegen. — Die verruchte Tat aber blied in geheimnisvolle» Dunkel gehüllt. . . . Allmählich legte sich die Aufregung >m Dorfe, wie die .Wellen eine« SeeS nach heftigem Sturme sich wieder glätten, so trat auch unter der Bevölkerung wieder Ruhe ein. Neue Er eignisse verdrängten die alten und die Sache schlief langsam ein. Nur eine wachte und konnte sie nicht vergessen: Hella, das mah nende Gewissen der alten Burgl 11. Kapitel. Nun war der Winter da. Mit Sturmgebrau» und Schnee gestöber fubr er übern Rhein, setzte sich im Tale fest und fchUig auf den Höhen seinen silbernen Thron auf. Widerstand auf; sie ziehen ihren Einspruch endlich zurück. Ohne nähere Aussprache wird das Gesetz also endgültig ange nommen; bei der Abstimmung bleibt Herr Goibein sitzen. DaS Hauptinteresse wandte sich dem 2. Punkt der Tage«, ordnung zu. Das N e i ch s s ch » I g c s e tz in Ausführung de» Artikel» ISO Absatz 2 der N.'ichsberiais >„z stebt endlich zur Be ratung in erster Lesung. D>e Negierung selbst begründet den Entwurf. Für sie ist Sprecher der sozio'demoklaüsche Staats sekretär Schulz. Er beginnt mit einem geschichtlichen Ilebcr- blick über d>e EntwickinngSphasen der ganze» Frage vom Wei- innrer Schnlkompronnß an. Und eS ist nicht uninteressant, wie sich Herr Scholz seiner a!» Sozialdemokrat gewiß nicht leichic» Aufgabe entledigt. Er stellt fest, daß das Ergebnis des ReichS- schnlgesetzeS eioentlich niemanden befriedigt habe und er sieht darin keinen Nachteil, sondern eher einen Vorteil. Herr Schulz hat also mich »nS das Urteil schon vorweg genommen — er erwartet sicher von mancher Seite manche Widerstände —, den» auch in unseren Kreisen wird eS keinen gebe», der eine rest lose Befriedig»«» über solche Lösung fühlte. Aber die Dinge lieaen so: Die Weimarer Verfass»»» hat die Mrnndlätze »nsercS Sclmlwesenk sestgekegt »nd anch das Reichsschnigesetz Hai sich im Nahmen dies-r prinzipiellen Festsetzungen zu batte». Daran kan» letzt nichts geändert werde». S« viel aber wird selbstver ständlich auch unser Brltrrken fein, innerhalb diele« Nahmen» das Gesetz zu Hestern. Wir halten mit Entschiedenheit lind voll stem Rechte fest an der Achtung de? Elternrechte« und auch de» EltcrnrechleS in den Ländern, wo die Simultanschiile Gewohn heit ist. Dielen Standpunkt brachte der Redner des Zentrums, der Abaeordnetc R h e-i n l ä n d e r. lehr deutlich »nd energisch zum Ausdruck. Ek entspricht dem Wunsche der glnnhiaen Be völkerung, daß die Ellern auch in den Ländern der Siinnllan- schnle die Bekenntnisschule sobald wie möglicki einfiibrcn kön nen. ES aebt kiichr an. diekc Eltern in ihrem Recht unter Aus nahme zu stellen. ES wind weiter bemängelt, daß in diesem Gesetze der Neligionsli»tcrricht leibst nicht geregelt wird, son dern daß man dieses wieder einem besonderen Gesetz überlasten will Die Wünsche des Zentrums bezüalich deö Religionsunter richtes geben dahin, daß die Zahl der NeligionSstunden nur im Einvernehmen mit den kirchlichen Behörden festgesetzt wird, daß die Ncligioiiösinnden zur rechten Zeit geleat werden, und daß daS VisitatimiSrecht der Kirche gesetzlich gesichert wird. Diese Fardcming ist um so gerechtfertigter, als wir uns davor schützen müssen, daß sich solche Fälle wiederholen, wie sie seinerzeit dem Bischof vo» Sachsen bei seiner Schuivisilation zugcstoßen sind. Die Schulbücher und NcligiouSbüchcr müsse,, im Einvernehmen mit den kirchlichen Behörden bestimmt werden. Allen diesen Wünschen, die vom Abgeordneten Rheinländer vorgeiragen wurden, wird "Geltung zu verschaffen sein. Noch ein kurzes Wort über den Sprecher der Sozialdemokratie, den Abgeordne ten H e ll in a n n. Wenn der Redner feststem, daß seine Freunde dem Gesetzentwurf innerlich ablehnend gegenüber- stehen, so dürfen wir ihm mit den Worten entgegnen, mit denen der Abgeordnete Rheinländer unsere Anfsasinng kennzeichnele, daß wir die Frage, ob der Gesetzentwurf halte, was in der Verfassung versprochen werde, nicht restlos beiaben möchlen, sondern zu einem Teile verneinen müßten. Denn aus der alte» Simnltanschnle. die man zur Grundschule machen wollte, ist die weltliche Schule geworden. Wenn aber Herr Hellmann in dieser ganzen Frage vo» einem Entgegenkommen des Staa tes spricht — er meint zweifellos die Beibehaltung der konsestio» nellen Schule —. so möchten wir ihm doch in dieser Beziehung auf einen verhägnisvollen Irrtum aufmerksam machen. Denn noch besteht der Staat nicht bloß aus Sozialdemokraten, die nnS etwa- zu verschenken hätten, sondern auS einem sehr großen „nd überwieoenden Teil von christlich gesinnten Bürgern, auf deren Wünsche der Staat in gleicher Weise Rücksicht zu nehmen Hai. Wir verfechten wohl die SiaatSoutoriiät, aber in keinem Folle die Stoatsomnipoienz. sind schließlich hat ja auch Herr Hellmonn einaesehen, daß. wie er selber sagt, „weite Eltern« kreise noch hinter dem heutigen Religionsunterricht stehen". Freiheit für alle in ihrer kulturellen Ent wicklung »nd strengste Wahrung der Eltern rechte. ans dieser Basis können wir über dies» Dinge weitersprechen. Nachri^en aus Sachsen Anträge der hommuniftskchen Landtogssrakiion Die Abo. Ebert und Genosten haben im Landtcwe so'oende Anfrage eingebracht: Achtjän-ige Kinder in Ketten! Ein Beitrag zum Kapitel „Kinder-Nol". Ein erlcbliiterrOes Btid sozialen Elend« bot sich am Dienstag, den 3. Januar, nachmittags dcn Reisenden auk dem Bahnl of Lauter lErzgeb.). Drei Zöglinge der Für oige- cmstal» Jobonngeoraenstadt, Knirpse von 0—13 Ja'ren, die sich wahrscheinlich in kindlicher Sebnsucht nach Eltern und Ge chwister» auS der Anstalt entsernt halten, erwartete» ihren Niicklransport dnrch einen Aussetzer a iS der Anstalt. Mit Kelten ziisaminen- gejchwsten, in leichter Kleidung, vor Kälte und Hunger zitternd^ Die alte Bury trug eine mächtige Schncehaube auf dem Scheitel und der dicke Turm stülpte sich eine weiße Zipfelmütze über die Ohren, linier weißen Brauendächiein herpor schauten sie müde und schläfrig in die Welt hinaus und schon um die Zeit der Dämmerung fielen dem alten Paare die Lider zu — sie hielten ihren Winierschlns. Aber drinnen in den durchwärmten Räumen ging das Le ben seinen alten Gang, und die Herzen glühten in Haß und Liebe. ThieboltS Leiden verschlimmerten sich wieder, und er bettelte abermnls. wen» die Dämonen ihn peinigten, um Musik. Und da Othmar Lite», der erst kurz genesen ivar. sich schonen mußle, schlich sich Imina eines Abends lnS Turmstübchen und bat Hella, ihrem Vater zu Heise» in seiner Not. Hella ließ sich nicht lange bitte»; sie ging zu ihrem Onkel, ließ die Geige klingen und bannte die bösen Geister. Dcoistens war anch Büchting da. Er war ausnehmend höf- fich-gegen Hella und auch die andere» zwangen sich zur Freund lichkeit. Aber sie ließ stch nicht täuschen und fühlte es wohl, daß das nur lalle HüsÜchleit war; unter der lächelnden Maske barg sich der Haß. Der Winter und die Krankheit ThieboltS brachten eS mit sich, daß sich der kleine Kreis im Nosenhaus fester zusammen schloß. Hella, welche ihre Gänge in das Dorf einschränkte, war auf ihre Verwandten mehr angewiesen als in der guten Jahres zeit, und wenn die Scheite im Kamin knisterten und angenehme Wärme durch die Räume zog, während draußen der Wintersturm um die alte» Mauern brauste, saß es sich behaglich im Nosen haus; aber ei» Helles und frohes Zusammeiikungen der Herzen war eS doch nicht, weil die besten Gäste, Liebe und Vertrauen, fehlten. Trotz deS flackernden KaminfenerS zog ein eisiger Hauch durch das BurghauS . . . Da versuchte Hella, alle bitteren Gefühle zurückdrängend, die Herzen ihrer Vernwndtcn zu erobern. «Wie denkst du dir eigentliche eure Zukunft?" sagte sie eine» Abends, als sie im Speisezimmer bei Imina saß und der Kranke vor sich hindöste. «Soll Vas Leben im Nosenhaus immer bei» gleichen, traurigen Gang gehen? Wenn dir gar nichts an Wissen und Weiterbildung siegt und wenn du nicht in ein Institut ziehen willst, dann meine ich, solltest du dich wenigstens hier ein bißchen nützlich machen. Rodeln und Schlittschuhlaufen sind ja gewiß an sich ein hübscher Sport, aber sie bringen keine Wärme ins Familienleben und noch weniger verschaffen sie deinem Va ter Linderung. Du bist deines Vater» einziges Kind. Du stehst ibm am nächsten. Meinst du nicht, dah du auch Pflichten gegen ihn hast? Er ist krank und sein Gemüt ist umdüstert, auch sein« Seele leidet. Warum bringst du nicht ein bißchen Sonne i» sein einsame» Dasein hinein O (Fortsetzung folgt.)
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