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Mittwoch den 29. Dezember 1V1K Sächsische VoHSzeitung Nr. 288 — Leite 6 gendeS Bild. Es wurden geerntet auf 1 Hektar der be treffenden Kulturart im Jahre 1912: in Deutschland in Frankreich in Rußland ÜL ckr <1r Weizen . . 22.6 13,6 9.1 Roggen . . 18,5 10,3 9.0 Gerste . . 21.9 14,1 8.7 Hafer . . 19.4 12,9 8.6 Kartoffeln . 150,3 81,9 81,7 Sprechendere Zahlen für die gewaltige Ueberlegenheit unserer Landwirtschaft über jene der beiden Vergleichsländer lassen sich kaum erbringen. Dabei ist zu berücksichtigen, das die natürlichen Produttionsbedingungen in Rußland weit günstiger sind als bei uns. In Deutschland sind auch minder geeignete Böden in Kultur genommen, während das in Rußland wegen der dünnen Besiedlung nicht nötig ist. Auch in Frankreich sind die klimatischen Verhältnisse und die Be- schaffenheit der Böden im Durchschnitt erheblich günstiger gestellt, als in Deutschland. Und trotzdem diese weit- gehende Ueberlegenheit der deutschen Produttion. Auch hier ein Sieg des Fleißes, des fortschrittlichen Bildungs- Wesens, der gesteigerten Naturbeherrschung und Technik. Durch die intensive Betriebsweise erschließt unsere Land wirtschaft jährlich neue Milliardenwerte und wird so zu einer Duelle deutscher Kraft. Kunst, Wissenschaft und Vorträge — Dresden, 27. Dezember. Im Residenztheater gab man zu Weihnachten eine neue Posse von der „Wie einst im Mai"-Firma, der ein riesiger Erfolg zuteil wurde. Das Stück nennt sich „Wenn zwei Hochzeit machen" und setzt mit eineni wirklich netten, gemütlich-humvorvollen 1. Akt ein, dem ein papierner, ganz und gar unmöglicher zweiter folgt. Hier wird mit dem schon oft getadelten Szenenballett gearbeitet, das als faustdicke Poesie-Zugabe — ähnlich wie im „Juxbaron" — gedacht ist, sich aber ge radezu hilflos ausnimmt. Im 3. Akt geht's wieder einiger- maßen lustig zu und die Soldatenaufzüge am Schluß (historische Grenadiere, Gardes-du-korps, österreichische und deutsche Feldgraue, Türken und Bulgaren zuletzt gar Feld- marschall Hindenburg) bilden einen günstigen Abschluß. Daß daS Publikum sich dabei begeisterte, ist begreiflich, daß es aber auch den Lutsch des 2. Aktes nett fand, ist mir nicht faßlich. Von den zahlreichen Musiknummern mußten einige wiederholt werden, so die hübsche Czardüs - Szene, das Spielenseiuble von der „l<-Nacht" in Berlin und das ichlagerähnliche „Am schönsten ist's bei Muttern zu Hane'". Viel ist freilich nicht an dieser nur auf äußerliche Wirkung gestellten Musik und so starke Anlehnungen wie die an das bekannte Fredtz-Lied aus „Farmermädchen" ist man sonst von dem tüchtige» Walter Kollo nicht gewöhnt. Tie Regie KarlWitt' S tat das denkbar Möglichste, um eine Glanz aufführung zustande zu bringen, sie scheute keine Kosten für die feinsten Dekorationen, die schönsten Kostüme und eine große Anzahl Statisten. Und dadurch sorgte sie auch für diesen starken Erfolg, den im übrigen Wini Grabitz mit dem aus dem Heeresdienste beurlaubten Karl Suk- füll, Grete Brill und außer ihnen noch ganz be sonders Gähd und die Kattner hervorbrachten. In einer kleineren Rolle tat der junge Adolf Witt mit schönem Erfolg den ersten Schritt auf die Bretter. -Klr. Gemeinde- und Vereinsnachrichten 8 Schirgiswnldc, 27. Dezember. Kinderauf- f ü h r u n g. Wenn die hiesigen Schulkinder mit einer Auf sübrung an die Oeffentlichkeit treten, so weiß man schon seit einer Reihe von Jahren, daß man recht gute Leistungen er warten darf. Auch diesmal zeigten die Kinder, daß sie gut geschult waren. In dem „Heinzelniünnchen zu Köln" kamen Zwergenreigen und Deklamationen zu bester Wirkung. Ganz reizend war der Schneeflockenreigen. Im bunten Glanz der großen Scheinwerfer strahlten die herrlichsten danken in der Dunkelheit zu entrinnen. Run saßen sie mit übernächtigten Gesichtern uni den Frühstückstisch, fröstelnd, weil die Oese» noch nicht genügend Wärme gaben und sie auch innerlich dnrchkältet waren. Dazu war über Nacht ein plötzlicher Frost cingetreten, und jetzt gegen Morgen fegte dichtes Schneeflockentreiben über Wie». Der Dezember setzte mir dem ersten winterlichen Weiß ein. Zonst hätten sie sich als echte Wiener wohl darüber ge freut und jetzt im Anfang des Dezember vorweihnacht liche Freude empfunden. Denn Schnee und Christbäume ergaben zusammen das weihnachtliche Bild. Hedwig hatte sogar schon mit einer Weihnachtsarbeit für Stephan begonnen. Eine selbstgebäkeltc, dickwollene lknterziehjacke: dazu eine Kopfhaube. Ter Korb stand am Fenster, und ihre Angen streiften die Arbeit, als sie in den sablgrauen, werdenden Morgen durch das Fenster sah. Und diese Arbeit war es, die ihre nur mit äußerster Kraft aufrecht gehaltene mutvollen Stimmung mit frischer Hoffnung belegte. , Sie mußte plötzlich auf eine geheimnisvolle Stimme lauschen, die in ihrem Innern zu ihr sprach und sagte: Unsinnig! Hänge nicht trüben Gedanken nach. Die Arbeit dort hast du nicht umsonst angefangen, und dein Stephan wird sich darüber sehr freuen. Wenn ich dir einen guten Rat geben kann, so setze dich nachher, wie d» es alle Tage bis jetzt getan, an deinen Fensterplatz — nimm die Weihnachsarbeit vor, denke an deinen Stephan, freue dich aus die Festtage und schau dann »nd wann durch das lustige Schneetreiben ans die Gasse hinunter, ob nicht vielleicht der, an den dn denkst, dein Herzallerliebster, mit schnellen Schritten zu dir kommt. Kennst ja seine Schritte, fest und elastisch. Horch — sind sie nicht schon auf der Gasse zu hören? Farben. Nicht leicht zu spielen war -aS Stück „Die Könige aus dem Lllgenlande". Die Kinder bewältigten alle Schwie rigkeiten in Spiel und Rede. Den Höhepunkt bildete ent schieden der Schluß, in dem der deutsche Michel, Bruder Oesterreicher, der Türke und der Bulgare auf den Eng länder. Franzosen, Italiener und Serben einstürmen und sie mächtig „verhauen". War das ein Leben, als der schaden frohe Engländer, der sich listig im Hintergründe hielt, vom Michel gepackt und von seinen Bundesgenossen gezüchtigt ward! — Die Vorstellung war völlig ausverkaust. Aus der Umgebung waren viele Gäste gekommen. Nächste Auf führung: Am 1. Januar 6 Uhr. Vorverkauf im Erbgericht und bei Mannheim. 8 Seitendorf. Am 1. Weihnachtsfeiertage, den 25. De zember, veranstaltete der hiesige Kathol. Jünglings- verein einen Theaterabend. Zur Aufführung gelangten 1. „Meister Martin" oder „Gott segne das ehrbare Hand- werk", Schauspiel in 4 Aufzügen, 2. „Die Ostwacht", Episode aus dem Kriege von 1914 in 1 Aufzug. Am Neujahrstage, den 1. Januar 1916, wird die Aufführung noch mal wieder holt. Möge es dem jungen Verein noch einmal vergönnt sein, wieder vor einem vollbesetzten Hause seine Auf führungen zu geben, da der Reinertrag zugunsten des Heimatdank abgeliefert wird. 8 Zwickau. (Kathol. Jü n g l i n g s v e r ei n.) Am 2. Weihnachtsfeiertage hielt obengenannter Verein seine Weihnachtsfeier im Saale der „Saxonia" ab. Eine große Anzahl Gemeindemitglieder hatte sich hier zusammen gefunden. Nach herzlicher Begrüßung durch den Präses, Herrn Kaplan Dr. Iehne, trug Herr Lehrer Albrecht die Romanze in Edur für Violine von Mazas vor. Dann hielt Herr Pfarrer Rudolph die Festrede, in der er in warmen Worten hinwies auf den Erlöser, der auch in dieser zweiten Kriegsweihnacht wieder den Frieden auf die Erde bringt denen, die guten Willens sind. Wieviele sind heute draußen im Feindeslande, um Deutschlands Gaue zu schützen! Sie werden wiederkommen als ernste Männer. So müßten auch die Jünglinge ernste, rechte Männer wer den, müßte echte Tilgend wieder Einkehr halten in den Familien. Wenn überall dieser „gute Wille" zur Tat würde, dann würde auch der Friede wieder kommen zu den Völkern. — Hierauf trug der Chor des Jünglingsvereins in formvollendeter Weise unter freundlicher Mitwirkung des Herrn Kaplan Dr. Jehne (Klavier) und des Herrn Schuldirektors Dr. Otto (Harmonium) das Melodrama „Das Glöcklein von Jnnisfür" vor, das auf alle Zuhörer einen tiefen Eindruck inachte. Besondere Verdienste er warb sich dabei Herr Karl Roßdeutscher als Rezitator. Nach kurzer Pause und dem Vortrag des Largo von Händel für Klavier und Violine kam das Weihnachtsstiick „Ver- fehmt" von Freimut zur Aufführung. Den Darstellern ge lang es durch ihr prächtiges Zusammenspiel, sämtliche Zu hörer bis zum Schluß zu fesseln. Erwähnt seien besonders die Herren Besuch, Roßdcutscher, Salomon, Steinkohl, Wanka und Schmidt. Zum Schluß fand eine Christbaum und Warenversteigerung statt. Ein jeder ging mit dem Be wußtsein nach Hause, eine echte, schöne Weihnachtsfeier ver lebt zu haben. Besonderer Tank sei auch an dieser Stelle dem Präses des Vereins ausgesprochen, dem es gelungen ist, durch seine liebenswürdige Tatkraft den Jünglings verein wieder zu einem wahren „Jünglingshort" zu machen. —lr— Literatur Zeichen der Zeit. Friedensworte und Bußgedanken. Eine WeihnachtS- und eine Stlvesterpredigt von Andreas Obendorfer Exposttus in Bodenwähr. Verlag von Pustet in Regensburg. 40 Pfg. Gott strafe England. Militär-und andere Humoresken von Guido Haßl. Verlag von Pustet in Regensburg. 1 Mk. Der Verfasser, der den sächsischen Katholiken aus dem neuesten Benno-Kalender her bekannt ist, bietet in Ganz erschrocken blickte sie auf ihre Mutter, die mit rot geweinten Augen nicht einmal Kaffee trinken wollte und sah dann auf ihren Vater, der auch nur wenig Kaffee ge trunken und nichts gegessen hatte, sondern stark rauchte. Dann auf die Mutter Stephans, welche ganz mechanisch, wie ein Mensch, der nicht weiß, was er tut, einen Schluck Kaffee trank und ei» Stückchen Brot nahm und wieder Brot nahm — wie eine Maschine. Ihre Auge» blickten völlig ins Leere. Ihr Gesicht war jo blaß, daß die Adern der Stirn mit bläulichem Schimmer zu sehen waren, und hier und da zuckten ihre Mundwinkel, als müsse sie, auch ohne es zu wissen, einen Schmerz bekämpfen. Tie Uhr auf dem Kamin schlug mit Hellen silbernen Schlägen acht. Ta stand der Tomrendant auf und ging aus dein Zim mer, um seine Kanzlei anfzusuchen. Dann rief Hedwig nach dem Mädchen und ließ den Tisch abräumen. Hierauf stand die Frau Domrendant auf, sah ganz entsetzt auf ihre Tochter und rief: „Sag mal, Hedwig, — die darfst du nur eine solch far bige seidene Bluse anziehen. Sofort gehst du auf dein Zimmer und kleidest dich nm. Nachher werde ich mit der Mutter unseres lieben Stephan und mit dir in die Stadt fahren und uns passende Kleidung beschaffen." Sie wollte nicht sagen: Traucrkleidung. Aber Hedwig verstand, was sie mit passender Kleidung meinte. Da trotzte sie auf: „Ich glaube, euch narrt allesamt ein Spuk. Vom Vater angefangen, den ich gar nicht mehr verstehe. Ich denke gar nicht daran, mir eine andere Bluse anznziehen. Bevor ich nicht weiß, vom Kriegsministerium bestätigt, daß Stephan nicht mehr unter den Lebenden weilt und gefallen ist, halte ich es für ein sündhaftes Verbrechen an uns und an ihm, daß wir ihn auf eine Zeitungsnachricht hin als einen Toten anschcn. Stephan ist nicht tot. Was ihr für kleingläubige Seelen seid. Auslachcn wird er euch und mit einem mit Bildern versehenen Büchlein prächtige Humorel- ken, di« den Kriegern und den Daheimgebliebenen manch heilere, genußreiche Stunden bereiten werden. Dal Büch, lein verdient eine weite Verbreitung. Hechl—b. Monatsschrift für alle Gebiete de» wissen», der Literatur und Kunst. Heraulgegeben von Professor Karl Muth. Jos. Köselsche Buchhandlung. Kempten und München, vierteljährlich 4 Mark. Inhalt de» Dezember- hefte»: Friede und Krieg in altktrchlicher Liturgie, von vr. Anton Baumstark. — Judith. Roman von Peter Dörfler. — Pesfimtlmu» und Christentum. Bon Hochschul- Professor vr. Robert Saitschick. — Gebet um Frieden, von Ilse von Stach. — Die beiden Bettler. Bon F.«. Holland. — Die katholische Aufgabe. Bon vr. Frz. Blei. — Strömungen in Flandern. Von Wenzel Frankemölle. — Einst doch, Seele! Gedicht von Fridolin Hofer. — Die Frag« der Schulbildung in rassenpolitischer Hinficht, von Medizinal- rat vr. Joseph Graßl. — Kleine Bausteine: Angelsachsen- trust? Bon vr. Adolf Wicking ten Hompel. Zur Kenntnis der Jrredenta. Von Sptridion Gopcevic. — Kritik: Rein- hard Johannes Sorge. Eine Studie von Johanne» von Guenther. Neue Romane, von Franz Herwig. — Rund schau: Kriegsbetrachtung. Wilhelm Windelband f. StaatS- mintster Paul Eyschen f. Lienhard» Münchhausen. Die Alpenfinfonie von R. Strauß. — Vom WeihnachtSbücher- tisch. — Unsere Kunstbeilagen. „Deutsche Arbeit". Ritten im Weltkrieg legt ein neugegründeter Verlag eine neue Zeitschrift vor. Die „Deutsche Arbeit", Monatsschrift für die Bestrebungen der chrtstlich-nationalen Arbeiterschaft. (Geschäftsstelle Löln, Venloerwall 9; Bezugspreis Mk. 6.— jährlich, Mk. 3.— halbjährlich, Mk. 1,50 vierteljährlich. Für Kreuzbandsen dungen entsprechender Aufschlag. Einzelhefte Mk. 0.80.) Die neue Zeitschrift will die Gedankenwelt und die praktische Arbeit der christlich-nationalen Arbeiterbewegung widerfpiegeln und an der Vertiefung der sozialen Probleme in Gegen wart und Zukunft Mitarbeiten. Die Zeitschrift tritt zu einer Zeit auf den Plan, wo e» auf zielklare Beeinflussung uw eres Volkes im Sinne seiner großen Friedensaufgaben und Vor bereitung auf dieselben besonders ankommt. Man wird darum dem neuen Unternehmen gerne einen großen und treuen Leserkreis wünschen, aber auch die Beachtung aller am sozialen Leben Beteiligten und Interessierten. Stimme« der Zeit. Katholische Monatschrift für das Geistesleben der Gegenwart. Inhalt des Januarheftes 1916: DaS Evangelium vom Kinde (P. Lippert); Franz Lader Wernz, der 25. General der Gesellschaft Jesu (Fr. Ehrle); Der Kampf um Rom, vom Züricher Frieden (10. Nov. 1859) bis zum Tode CavourS (7. Juni 1861). (R. v. Nostitz. Rieneck); Die kirchlische KriegShtlfstelle in Paderborn (C. Noppe!); Charaktertypen neuer deutscher Kunst. 1. Leo Samberger. Mit 1 Bild (I. Kreitmaier); Die Tragweite der Theaterbewegung (I. OvermanS); Die deutsche Reichs- kirche (M. Reichmann); „Plagiator Bergson" — eine Kul- turfrags (Fr. KlinKo); Zwei verschollene Nürnberger Welt- karten. Mit 2 Abbildungen (I. Fischer); „Von England festgehalten" (A. Göckel). Ferner ausführliche Besprechungen aus Philosophie. Englischer Literatur und Musik. Der Snezkaual tritt immer mehr in den Vordergrund des Interesses und man wartet mit Spannung die heran- nahenden Ereignisse ab. Zur Orientierung über den Kanal und daS ganze sonst in Betracht kommende Gebiet eignet sich vortrefflich eine eben neu erschienene Karte Freytags: Unter-Aegypten mit dem Suezkanal. 1:1 Mtll., 55 : 66 Centimeter groß, Preis 70 Pfg., mst Postzusendung 80 Pfg., Verlag G. Freytag und Berndt, Wien, VII., Schottenfeld, gaffe 62 (Robert Friese, Leipzig, Seeburgstraße 96). Heil dir im Siegerkrauz, Deutsche Volkshymne von Richard Möhlau, Kommissionsverlag von H. Bock, Hofmusi kalienhandlung, Dresden. 50 Pfg.. Die neue Vertonung der deutschen Nationalhymne ist zwar sehr nett, aber uns gefällt doch die alte Melodie bester, i 8 Recht auf euch schelten, daß ihr trotz eures Alters wie kleine Kinder seid. Und nun laß mich zufrieden, Mutter. Ich will mir meinen Sinn nicht mehr verwirren, und damit du siehst, wie wenig ich an Stephans Tod glaube, setze ich mich jetzt aus Fenster und mache die Weihnachtsarbeit für ihn fertig." Ohne sich weiter um die alten Damen zu kümmern, ging sie zum Fenster, nahm ihre Arbeit vor und saß dort, als ob sie tatsächlich völlig unbekümmert wäre. Tie beiden Damen waren sprachlos. Die Mutter wagte nichts zu erwidern, da sie ihr Kind in einer so maßlosen Er regung noch nie kennen gelernt hatte. Zum erstenmal trat ihr ihre Tochter als erwachsene Person gegenüber. Zeigte ihr, daß sie den Kinderschuhen entwachsen war und ein kräftiges selbständiges Denken besaß. Die Mutter Stephans aber atmete erleichtert auf. Ihr war zumute, wie einer von: Gewitterregen zu Boden gebeugten Pflanze, die nun ein kräftiger Sonnenstrahl wieder zu neuem Leben empor richtete. Sie schämte sich, daß das junge Mädchen stärker und vernünftiger dachte als sie, die ältere, lebenserfahrenc Frau. Daß die Braut ihres Sohnes in ihrer Liebe einen größeren Glauben und eine bessere Hoffnung besaß, als die eigene Mutter. Fast scheu sah sie zu Hedwig hinüber und stand leise auf, reichte der Frau Domredant die Hand und sagte: „Die Hedwig hat recht. Ich danke euch für eure Liebe und werde jetzt nach Hause gehen. Dort erhalte ich ja eine günstige oder ungünstige Nachricht am schnellsten." „Soll ich dich begleiten?" fragte Hedwig vom Fenster. Sie ging zu ihr und streichelte der Sitzenden schmei chelnd mit gütiger Hand das blonde Haar. „Nein, mein liebes Kind. Ich bin wieder stark genug, und ich danke dir für die guten Worte, die du erst gesprochen hast. Sie haben mich wieder mutig gemacht. Jetzt hege ich auch wieder Hoffnung." (Forts, folgt.)