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Erscheint täglich nachm, mit Ausnahme der Soun- u. Festtage. Bezugspreis: Vierteljährl. 1 Mk. 5V Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 0858. Bei außerdeutschen Postanstalten laut Zeitungs-Preisliste. Einzelnummer 10 Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit. Recht und Freiheit. vucbtlruclrerel. lkHalttioii una LrscdäNrrteller Dresden, Pillnitzer Straße 43. Inserate werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 15 Pf. berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Ilhr. Fernsprecher: Amt l. Nr. 1.306. Np. 1V8. Katholiken: Cyriakus. SoNNNlieNd, dtN 190!6. Protestanten: Cyriakus. 8. AtlhVgMIg. An Aönig Georg von Sachsen! Du bist mein Fürst! Zn Deinen: Blick soll ich -ie Arme regen. Der Kraft mich freu'n und brauchen Mort und Hand, Zn inehren Deines weisen Szepters Segen. Mas ich auch tat, was immer ich empfand, Verehrend will ich Dir's zu Füßen legen, Dir, weiser Fürst, Dir schönes Vaterland! Euch sei's als schlichtes Opfer dargebracht Zu Eures Bauteils Ehr' zu Buhn: und Fracht. Du bist mein Fürst! Rein Schmeichelwort, das keck und kühn erlogen, Sich buhlend sucht den Meg zu Deiner Glinst, Rein trob, das schnell vergessen lind verflogen, Dem bleichen Bebel gleich, dem flücht'gen Dunst. Ein Treugelöbnis, warm empfunden, lies erwogen, Das sei mein Gruß aus heißer Riefte Brunst. Binnn's hin! So ernst und redlich bring ichs dar, Mie in der Seele es empfunden rein und wahr. Dll bist mein Fürst! Die Zahl der Treuen will ich singend mehren, Mit ihrem Alis verbindet sich mein trieb! Aus allen Galien wollst Du unser juchzen hören, Sieh, wie ein Feuer unsrer Brust entspricht! Rein Miud, kein Sturm soll seine Flammen stören, Dll bist's, Dll bist's für den es leuchtet, glübt; Ein Glückwunsch aus vieltauseudstimmgem Thor Schall' es zu des geliebten Fürsten Ohr! Dll bist mein Fürst! Boch sind niebt alle Deines Szepters Feinde, Dir jubeln Millionen Herzeil zu. Mir sind die ersten in den Reih'n der Freunde, Und suchst Dll Trost und triebe wo und Buh. Sieh' her, auf diese stattliche Gemeinde, Zhr Salomon, ihr Eberhard bist Du. Mohlau, so reicht ihn: Herz und Hände Inn! Ueil Dir, o Fürst! Heil Sachsen! Beil Mettin! Zur Wahl Pius X. bringen die bekanntlich außerordentlich wohl unterrichteteil liberalen Blätter allerhand Betrachtungen, Mitteilungen und Anekdoten, von denen immer die eine die andere anf- hebt. Müßte mau aus diesem Material sich das Charakter bild des neuen Papstes zusammenstellen, so würde es etwa folgendermaßen ausfallen: Pius X. ist gutmütig und ver söhnlich und wird daher die intransigente Politik gegen Italien in schroffer Weise mit lächelnder Miene sortsetzen. Er ist sehr religiös und voll asketischer Lebensführung, liebt eine fröhliche Geselligkeit bei einem guten Glase Wein und einem Karteuspielchen, billigt liberale Grundsätze, die er aufs schärfste verdammt, war ein Gegner Rampollas, der ans ihn den größten Einfluß ansüben wird usw. usw. Es ließe sich ein langer Leitartikel auf diese Weise aus lauter Aeußerungen der liberalen Presse znsammeusetzen. In Wahrheit ist unser heiliger Vater ein frommer, kluger und eifriger Seelenhirt, der bisher seine ganze Aufgabe in der Leitung der ihm anvertrauten Seelen erblickte und in politischer Hinsicht kaum eine bestimmte Parteifarbe -gezeigt hat. Daher fallen denn auch die Ansichten und Erwartungen so bunt und widerspruchsvoll ans, weil die voreiligen Be urteiler mir allerhand kleine Züge und verhältliismäßig nicht sehr bedeutende Vorkommnisse nach ihren Wünschen oder Befürchtungen allslegen und dabei sehr wenig kritisch zu Werke gehen. Auch sollst verwickeln sich die liberalen Zeitungslente und andere nichtkatholische bez. „antiklerikale" Politiker in mancherlei Widersprüche. So haben z. B. in den letzten Tagen liberale italienische Politiker wiederholt sich dahin ausgesprochen, daß eine formelle Aussöhnung mit Italien im beiderseitigen Interesse gar nicht wünschenswert sei. Ein Papst, der zu der italienischen Regierung offizielle Be ziehungen unterhalte, komme gar zu leicht bei den anderen Negierungen und Völkern in den Verdacht, zu lehr Italiener zu sein und daher sein erhabenes Amt nicht mit der ge botenen Unparteilichkeit zu verwalten. Ganz recht; daraus folgen die Katholiken ja gerade, daß es dein Interesse der Kirche angemessen wäre, wenn der Papst frei und unab hängig und allein in Rom residieren würde, wie es im früheren Kirchenstaat der Fall war. Aber diese Folgerung wollen jene Liberalen natürlich nicht ziehen. Diese Politiker sagen aber weiterhin, auch für die italienische Regierung wäre eine offizielle Aussöhunug mit dem Papsttum nicht angenehm. Denn dann würde das Verbot der Beteiligung der Katholiken an den Parlamentswahlen aufgehoben, und es würde dann bald auch im italienischen Parlament eine starke „klerikale" Partei erstehen, die für die regierenden Freimaurer natürlich höchst unbequem wäre. Käme es dann zu Kämpfen gegen die „Klerikalen", so würde sich auch das Verhältnis zwischen Königtum und Papsttum trüben. Also da sei es schon besser so wie jetzt: schiedlich aber hoffentlich doch wenigstens friedlich. Ein ni>»I>m viveixli, eine gegenseitige Duldung unter offizieller Nicht beachtnng wird also vorgezogen. Das Verbot Zanardellis an die Staatsbeamte», an den Papstfestlichkeiten teilzunehmen, findet in dem gemäßigten, aber keineswegs klerikalen „Popolo Romano" eine sehr ab fällige Beurteilung. Das Verbot sei ein Ausfluß der Ner vosität, wenn nicht des Aergers, »veil Kardinal Salto mächtig dazu beigetragen habe, in Venetien überall die Politischen Freunde Zanardellis durch Konservative zu er setzen. Diese Auffassung deckt sich im wesentlichen mit der nnserigen und wird von allen Unparteiischen gebilligt werden. Papst Pins X. hat sicherlich nicht daran gedacht, die Empfindungen der Anhänger des italienischen Königtums zu verletzen. Zwar kann er so wenig wie Leo XIII. Recht nennen, was schreiendes Unrecht war, aber er wird seiner seits gewiß nichts unternehmen, um die Gegensätze zu ver schärfen. Der Berliner Vertreter eines amerikanischen Blattes versichert, voll Kardinal Kopp ans eine Anfrage, wie sich der neue Papst gegen Deutschland und Italien verhalten werde, folgende telegraphische Antwort erhalten zu haben: „Gegen Deutschland freundlich, friedlich. Gegen Italien zurückhaltend, schonend, nicht reizend." Mag das Telegramm so lauten oder nicht, jedenfalls entspricht sein Inhalt der allgemeinen Erwartung aller Rnhigdeiikeuden. Um so weniger hätte Zanardelli Grund gehabt, mit seinem nervösen Verbot dreinznsahren und eine ruhige Entwickelung zu stören. Die Verantwortung trifft mm ihn allein, »venu die Wünsche des italienischen Volkes, das natürlich ein möglichst erträgliches Verhältnis wünschen muß, augenblick lich wieder etwas weniger Aussicht ans Erfüllung zu haben scheinen. Ganz ähnlich wie ihre italienischen Gesinnnngsgenossc'n treiben Cs auch deutsche Blätter. Am der einen Seite nntersnchen sie den Papst daraus, ob er auch denlschsrenndlich gesinnt sei und die guten Beziehungen seines Vorgängers zum Deutschen Reiche aufrecht erhalten werde. Ruf der anderen Seite aber murren sie darüber, daß die Staats lenker des Deutschen Reiches zu gute Beziehungen zum römischen Stuhle unterhalteil, namentlich auch deshalb, »veil sie meinen, dieses Verhältnis beeinflusse die innere deutsche Entwickelung zugunsten des „Klerikalismus". Also recht kann es ihnen der heilige Vater auf keinen Fall machen: beschränkt er sich ans kühle offizielle Beziehungen zu Deutsch- land, so wird er als Teutschenseind verlästert; legt er über aus frenndschastliche Beziehungen znm Deutschen Reiche Wert, so stöhnt und zetert man über de» „römischen Ein fluß". Etwas mehr dürften diese liberalen Geiühlspolitiker übrigens auch an das Zentrum denken und an die Treue des katholischen Volkes, das dem Zentrum seine feste Machtstellung sichert, mit der nun einmal jeder Staats mann rechnen muß. Die große Bedeutung eines angenehmen Verhältnisses zwischen Berlin lind dem heiligen Stuhle braucht man des wegen keineswegs zu verkennen. Wir Katholiken freuen uns natürlich dieses guten Verhältnisses und fühlen uns dadurch in unserem Vertrauen zu dem guten Willen des Kaisers und der Bmidesfürsten gestärkt, was um so nütz licher ist für die Regierungen, als wir im übrige» leider noch immer Grund genug zu ernsten Beschwerden haben. Die Beallftraqteit der Haiidwerker- TrKailisatwir. Eine ähnlich schwierige Stellung, »nie sie die Fabrik inspektoren im Anfänge ihrer Tätigkeit hatten, besteht heute auch für die Beauftragten im Handwerk. Das Institut der Beauftragten ist bekannt: Nach der Reichsgewerbeordnung und den Kanimerstatuten sind die Handwerkskammer» ver pflichtet. die Durchführung der gesetzlichen und statntariscbe» Vorschriften in den Handwerksbetrieben zu überwachen, und befugt, zu diesem Zwecke besondere Beauftragte zu ernennen. Bei der Unzufriedenheit mancher Haiidwerkerkreise, selbst mit den Neuerungen des Handwerkerschntzgesetzes, ist die Ausübung der Tätigkeit eines Beauftragten sicherlich keine so leichte Aufgabe. Dieses Amt können nur solche Personen ansüben, welche über eine gute Dosis Lebenserfahrung, Umsicht. Takt, über eine gründliche Gesetzeskenntnis ver fügen »ind durch die Einrichtungen des eigenen Betriebes die Gewähr für eine verständige Behandlung der ihnen znstehenden Fragen bieten. Von welch großem Nutzen die Tätigkeit der Beauftragten für die Regelung der Verhält nisse im Handwerk sein kann, wenn sie von den richtigen Männern, gewissenhaft und genau ansgeübt wird, zeigt der Bericht über die Tätigkeit der Beauftragten der Handwerkks kammer Kassel im Rechnungsjahre l'.tOL Tie hier ge machten Erfahrungen und Wahrnehmungen sind außer ordentlich lehrreich. Bemerkenswert ist zunächst die Klage des Berichtes über die große Unkenntnis, welche bedauerlicherweise heute noch in manchen Handwerkerkreisen über die Bestimmungen des -Handwerkersclmtzgesetzes herrscht. In vielen Fällen waren keine schriftlichen Lehrverträge abgeschlossen oder es entsprachen die Lehrverträge nicht den gesetzlichen Bestim mungen. Lift fehlte das Arbeitsbuch ganz oder es war nicht den Vorschriften entsprechend ansgefüllt. Bei einer- großen Zahl von Lehrlingen war die Anmeldung zur Ein tragnng in die Lehrlingsrolle unterblieben. Manche Lehr herren verweigerten die Anmeldung, indem sie die Lehr- linge als „jugendliche Arbeiter" angesehen wissen wollten. Sft konnten hier erst energische Schritte der Beauftragten oder der Kammer Abhilfe schassen. Natürlich felgten auch hier die Unklarheiten und Streitigkeiten nicht über die Frage, ob ein Betrieb als Handwerks oder Fabrikbetrieb anznsehen sei. Der Bericht berührt dann einen Mißsland, der in manchen, besonders ländlichen Handwerkerkreisen wohl gerade nicht zu den Seltenheiten gehört und den die Beauftragten recht im Auge behalten sollte». „Wiederholt halte»," so heißt es in dem Bericht, „die Bema nagte» Veranlassung, gegen solche Lebrherren einznschreiien, welche sich grober Bflichtverlelsiing gegen die ihnen »»vertranten Letzt linge schuldig machten dadurch, daß sie itznen Arbeitsverrichlnngen zuwiesen, welche deren körperlichenBräste» nicht angemessen waren, daß sie dieselben metzr z» tzänslichen oder Feldarbeiten tzeranzogen, wodurch die Ausbildung wesentlich litt, daß sie die Letztlinge wetzt in allen Arbeite» des Handwerts »»terwiesen, sondern ttznen nur gewisse Handgriüe beibrachlen und sie bestimmte einfache Arbeiten lehrte», um ans ihrer Tätigkeit mehr Gewinn zu erzielet, u. a. ni. Tnretz eindringliche Ermahnung der Beauftragten wurde in dieser Hinsicht manche Besserung tzerbeigefntzrl und für die Zukunft atz» liehen Mißständen vorgebeugt." Eine verhältnismäßig große Zahl von Letzrlierren war zur Haltung von Lehrlingen gar nicht befngl. sodaß die Lehrlinge bei anderen Meistern nnlergebracht werden mnßlen. Eine Anzahl Handweiker führten auch den Meistertitel otzne Berechtigung. Vereinzelt kamen auch Fälle von Lehrlings- züchterei vor. Veranlassung zu mancherlei Beanstandungen gaben die Verhältnisse in den Betriebs. sowie Wohn und Schlaf räumen der Lehrlinge. Namentlich war dies auf den kleinen Dörfern der Fall. „So wurde» z. B. — so heißt es weiter in dem 'Bericht Werkstätten vorgefnnden. welche zugleich als Wohn und Schlaf räume diente», hauptsächlich bei Schuhmachern. Schneidern, Sali lern, zum Teil sogar bei Schreinern: einige waren mir durch Leitern zugänglich, in anderen fehlte es an dem vollständigen Handwerlszeug und dergl. lieber»ll wurden die Handwerker in schottender Weise auf die llebelstäude aufmerksam gemacht und ihnen passende Vorschläge zur Beseitigung »nlerbreiteh welche auch stets die erforderliche Beachtung fanden."