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ersten einfachen Bürgerschule in Meißen Franz Wilhelm Mehner das Verdienstkreuz verliehen. * Se. Majestät der König hat dem Vorstande des Amtsgerichts Löbau Oberamtsrichter Georg Hermann Bauer den Titel und Rang eines Oberjustizrates verliehen. ' Das Katholische Kasino hatte am 15. Febr. die Freude, Herrn 8up. Vikariatsrat Fischer über das hoch interessante Thema sprechen zu hören: „Welche Ursachen bedingen den so oft erhobenen Vorwurf der Rückständigkeit der romanischen (katholischen) gegen die germanischen, spez. evangelischen Länder?" Vor allem legte der Vortrag dar, -nß die Ursachen nicht in der Religion der betreffenden Völker zu suchen, sondern hauptsächlich von den vom Lande selbst gegebenen Grundbedingungen für die Entwickelung eines Volkes abhängig seien, daß die Religion nur insoweit in Frage komme, als sie ein Volk vor Abwegen in der Ausnutzung der gegebenen Verhältnisse gegenüber anderen Völkern bewahre. — An den Vortrag schloß sich die Haupt versammlung. Der Kassenbericht brachte nur günstiges. Durch Statutenänderung wurde die Zusammensetzung des Gesamtvorstandes neu geregelt. Geistlicher Leiter des Ver eins ist fortan Herr 8up. Fischer. Den Gesamtvorstand bilden 6 Herren mit Herrn Hofrat Dr. mmi. Honecker als l. Vorsitzenden. Die Hauptversammlung ernannte auch durch einstimmigen Beschluß auf Vorschlag des Vorstandes Herrn Prälat und Provikar Maaz zum Ehrenpräses, die Herren Fischer und Kummer zu Ehrenmitgliedern. Die Versammlungen werden auch fernerhin an jedem Sonntage abends 8 Uhr im großen Saale des Gesellenhauses gehalten iGäste stets willkommen) und bringen allmonatlich einen größeren Unterhaltungs - (Theater-) Abend, sowie mehrere Vortrags-, resp. musikalische Abende. Am 22. März wird zum Besten des Nenovationsfonds für den großen Ge^ellen- hanssaal eine außerordentliche Theatervorstellung unter Mit wirkung nur bewährter Kräfte stattfinden. * Zn dem Schreckensschrei des Zentralvorstaudes des Evangelischen Bundes anläßlich der bevorstehenden Aushebung des 8 2 des Jesuitengesetzes vom 4. Juli 1872, in welcher der Evangelische Bund eilte schwere Gefahr für das Deutsche Volk, für seinen inneren Frieden, für die Wahrung seines geistigen und religiösen Besitzes sieht, sagt der „Berliner Börsenkurier" in Nr. 74 sehr sarkastisch: „Nim, die Zeiten und Anschauungen, der Bildungsgrad des Volkes und die Interessen der Fürstenhäuser haben sich seit dem 80 jährigen Kriege merklich geändert. Tie Strömung der Zeit ist stärker als das System der Jesuiten. Nicht für die evangelische Kirche, für das Vaterland zagt der Zentralvorstand des Evangelischen Bundes — er kann die Sorge um des Vaterlandes Wohl getrost den berufenen Politikern überlassen und braucht in keiner Frage, sei sie religiös oder politisch. Kaiserlicher als der Kaiser zu sein. Diese Meinung dürfte, angesichts der Erklärung des Vor standes, die maßgebende in Deutschland sein." * lieber das Staatssorstwesen und die vorhandene Waldstäche in Sachsen werden jetzt folgende Angaben veröffentlicht. Bei einer Landesfläche von 1 48'.) 867 Hektar ist im Königreich Sächselt eine Waldfläche von 887 720 Hektar <26,08 Prozent der Gesamtfläche) vorhanden. Im Deutschen Reiche beträgt dieser Prozentsatz 25,82. Die Forsten und Holzungen des sächsischen Staates betrugen bei der letzten Feststellung im Jahre 1000 175 450 Hektar. Tie Kreishanptinanllschaft Zwickau, zu deren Bezirk auch das Vogtland gehört, hat den meisten Waldbestand, nämlich 160 824 Hektar. Von der sächsischen Waldfläche kommen >5 182 Hektar oder 11,6 Prozent auf das Laubholz lind 812 507 Hektar oder 84,4 Prozent auf das Nadelholz. Der sächsische Stnatswald, der durch Zukauf und regel rechte Aufforstung fortwährend im Wachsen begriffen ist, umfaßt 45 Prozent der gesäurten Waldfläche Sachsens. Auf die Privatforsten entfallen etwa 48 Prozent, auf die Gemeindeforsten zirka 5 Prozent und auf die Genossen- schaftsforsten 2 Prozent der Waldfläche. * Eine für Geschäfts- und Warenhäuser sehr ein schneidende Polizeiverordnung haben die städtischen Kollegien von Hannover beschlossen. Darnach dürfen Verkaufsräume nur im Parterre und ersten Stock oder Zwischenstück angelegt werden. Wahrscheinlich will man mit dieser Maßregel die weitere Ausdehnung der Warenhäuser bekämpfen. * Töchterhort, Stiftung für verwaiste Töchter von Reichs-Post- und Telegraphenbeamten. Ter Bezirksailsschuß Dresden der Stiftung „Töchterhort" ver sendet soeben seinen Geschäftsbericht für das Jahr 1002. Touach steht dein Kassenbestande von 9701 Mk. 08 Pfg. am Ende des Jahres 1901 ein solcher von 11080 Mk. ln Pfg. am Schlüsse des Berichtsjahres gegenüber. Ins gesamt silld an Spenden anfgekommen 6208 Mk. 89 Pfg.; darunter einmalige Spendeil in Gesamthöhe voll 298 Mk. 15 Pfg. Spenden haben gezahlt 1418 Beamte (20 davon einmalige», 1892 Unterbeamte <2 davon einmalige) und 2 Privatpersonen. Als sonstige Einnahme lZinsen von Wert papieren und von Bankguthaben) weist der Bericht die Summe von 884 Mk. 80 Pfg. auf. Satzungsgemäß ist die Hälfte der fortlaufenden Beiträge dem Hauptansschnß zu Berlin zu überweisen. Unterstützungen wurden gewährt in 52 Fällen. Hieran waren beteiligt 17 Töchter von Be amten mit einer Gesamtsumme von 980 Mk. und 35 Töchter von Unterbeamten mit einer Gesamtsumme von 1471 Mk. 50 Pfg. Außerdem wurden Beihilfen zur Unterbringung von Waisen in Ferienkolonien gewährt in Höhe von 500 Mk. Im Bereiche des Bezirksausschusses sind über haupt bis Ende 1902 außer den eben erwähnten fortlaufenden Unterstützungen von jährlich 850 Mk. einmalige Unter stützungen im Gesamtbeträge von 23 829 Mk. 15 Pfg. be willigt worden, und zwar: für 159 Töchter von Beamten 780!» Mk. 50 Pfg., für 425 Unterbeamtentöchter 16 519 Mk. 65 Pfg. — Gewiß ein erfreuliches Bild der Liebestätigkeit unter den Postbeamten des Bezirkes Dresden. * Im Frauen-Nechtsschutzverein sprach am Sonn abend abend Fräulein Pa pp ritz über die herrschenden Ursachen der Prostitution. Sie führte hierbei aus, daß, wenn die Frau in eilt derartiges moralisches Elend versinke, dies leider infolge der schlechten wirtschaftlichen Lage geschehe. Schlechte Bezahlung der körperlich arbeitenden Stände, die damit verbundene Wohnungsnot mit ihren Gefahren für Leib und Seele, der Alkoholismus und andere Uebelstände seien als Ursachen der Prostitution anzusehen. Wenn die Vortragende dann meinte, es sei sehr wenig angebracht, wenn andere Frauen über die gefallenen Mitschwestern richten, vielmehr sollten sie an das Wort Charlottens von Schwerin denken: „Wir sind nicht besser, wir haben es nur besser!", so geht sie von der Voraussetzung ans, daß die Frau nur in sorgloser Lage ehrbar sei. Das ist aber eine Beleidigung der deutschen Frauen, die wir in dem Munde einer Frau nicht erwartet hätten. Sind denn Sittsamkeit und Tugend, religiöse Grundsätze und Gottes Beistand aus demKräfteparallelogramm verschwunden? Wir haben noch keine Bebelschen Frauen vor uns, sondern zählen die christlich deutschen Frauen nach Millionen, welche diese verleumdende Voraussetzung ihres Charakters mit Entrüstung von sich weisen werden. In den ärmsten Familien, unter Kummer und Not glänzt der Stern der Keuschheit und in Palästen wohnt oft die ekelerregendste, wenn auch glänzende — Prostitution. * Das hiesige Gewerkschaftskartell trägt sich mit der Absicht, hier ein Arbeitersekretariat zu gründen. Die Gründungsfrage ist von der Gewerkschaft der Sattler angeregt worden, und es steht zu erwarten, daß auch die anderen Gewerkschaften von der Wichtigkeit einer derartigen Einrichtung überzeugt sind. * Gestern mittag scheute auf der Zinzendorfstraße ein Pferd. Ein Radfahrer geriet unter die Näder des von dem wilden Tiere hin und her geschlenderten Wagens und blieb besinnungslos und stark blutend liegen. Er wurde auf die Militärwache im König!. Palais gebracht, während das Pferd der Johann Georgen-Allee zuraste. * Gestern nachmittags wurde in der Dürerstraße ein vor einen Lastwagen gespanntes Pferd scheu und ging durch. Der Kutscher wurde von seinem Sitze auf die Erde geschlendert und erlitt verschiedene Verletzungen. Das Ge schirr konnte erst auf der Eanalettostrahe angehalten werden. * Gestern abends platzte Ecke König Johannstraße und Marimiliansallee ein Rohr der Wasserleitung, sodaß in kurzer Zeit die ganze Gegend unter Wasser stand. Das- selbe riß mit elementarer Gewalt ein großes trichterförmiges Loch mit die beschädigte Stelle heraus und trieb die frei gewordenen Steine und den Erdboden die Straße entlang. Dem Nebel wurde dadurch Einhalt geboten, daß mehrere Feuerwehrmänner das Hauptleitungsrohr schlossen und so das Austreten des Wassers aus dem beschädigten Rohr verhinderten. Pirna, 16. Febr. Wegen der Errichtung einer tech nischen Lehranstalt sind hier Verhandlungen angeknüpft worden. — In die Elbe gesprungen ist hier ein Dienst mädchen, weil es sich vor der Strafe gefürchtet hatte, die sie wegen ihrer Unvorsichtigkeit, durch die sie einen Stuben brand herbeigeführt hatte, erwartete. Das Mädchen wurde aber ans sein Hilfegeschrei von Vorübergehenden wieder den Fluten entrissen. Zwickau. Das Königl. Kämmereraint hat den Dank des Königs auf die Ergebenheitsadresse der hiesigen Stadt- vertretnng und die Mitteilung hierher gelangen lassen, daß der König sein „treues Zwickau" besuchen werde, wenn sich die nächste Gelegenheit dazu biete. Annaberg. In der Nacht zum Freitag gegen 1 l Uhr zuckte hier bei heftigen: Schneetreiben ein blendender Blitzstrahl mit darauffolgendem heftigen Donner nieder. Zugleich trat ein bedeutender Temperatursturz ein. — Mittwoch wurde ans der Kleinrückerswalder Straße der 6 jährige Sohn eines hiesigen Eisenbahnbeamten von einem Pferde an den Hinterkopf geschlagen. Das bedauerns werte Kind ist am Donnerstag nachmittag seinen Ver letzungen erlegen. Bautzen, 16. Febr. Der katholische Gesellen- verein veranstaltete Sonntag abend sein diesjähriges Fastnachtsvergnügen. Zur Abführung gelangte das Lust spiel: „Die Unverwüstlichen". Dasselbe rief sowohl wegen seiner bunten Szenen und der feinen in ihm enthaltenen Pointen, als auch wegen der Natürlichkeit und Lebens wahrheit ii: der Darstellung reichen Beifall hervor. Auch der weitere Teil des Vergnügens nahm einen so angenehmen Verlauf, daß man sich erst bei Morgengrauen trennte. Aath. Lehrerr>erban- Lin Aönigr. Sachsen. Zittau, 15. Febr. Die Freie Vereinigung katholischer Lehrer der südlichen Oberlansitz hielt an: Mittwoch, den 11. Februar, im „Hotel zur Weintraube" ii: Zittau, eine Versammlung ab, welche sehr gut besucht war. Nach einem recht zeitgemäßen und durch zahlreiche Beispiele erlänterten Vortrage des hochw. Herrn Kaplan Kneschk «Zittau» über: „Die biblische Geschichte, besonders des alten Testaments, im Dienste der Erziehung", erstattete der Herr Vorsitzende, Kollege Rikl «Ostritz» Bericht über die in Bautzen abgehaltene Vertreter-Versammlung. Unter den zur Verhandlung gekommenen Anträgen ist hervorznheben, daß beschlossen wurde, die Einladungen zu den Vereinsversammlnngen künftighin ii: der „Sächsischen Volkszeitnng" zu veröffent lichen. — An der Versammlung nahm auch das Ehren mitglied der Vereinigung, Herr Pfarrer om. Hornig teil. Arrr ALrche und Staat. f In dein neuen Buche v. Poschingers: „Fürst Bismarck und seine Hamburger Freunde", wird gesagt, an: 20. Oktober 1802 habe Bismarck in Varzin gesagt, er werde an: 25. November in den Reichstag gehen, worauf Herr von Massow bemerkte, dann müsse er sich auch über die von: Zentrum verlangte Aufhebung des Jesnitengesetzes äußer::. Fürst Bismarck antwortete n. a.: „Ich persönlich habe nichts dagegen." — Aber der „Evangelische Bund" erlaubts nicht! Schrecklich! f Viele liberale und sozialdemokratische, aber auch sogenannte farblose Blätter wissen seit einiger Zeit zu be richten, ans den Philippinen seien die sittlichen Zustände im Klerus, namentlich aber unter den Mönchen geradezu grauenhaft. Die „Elberfelder Zeitung" meldete an: 3. Februar, Bischöfe und „hervorragende" Aerzte gäben ihr Urteil über die „klerikale Sittlichkeit" auf den Philip pinen dahin ab, daß „es eine Ausnahme wäre, wenn Priester der sich darbictenden Versuchung nicht unterliegen würden", „es sei eine Ausnahme, wem: ein Mönch keine Geliebte und keine Kinder hätte". — Aehnliche Behaup tungen finden sich in amerikanischen Blättern und Zeit schriften, vgl. No88on>^or montül^ ^In^amn (New-Z)ork) August und November 1902, und mehrere anderen Zeitungen. Es sind diese „Berichte", über die angebliche Jnunora- litätdes Weltklerus, besonders der Mönche auf den Philippinen zur Zeit der spanischen Herrschaft Verleumdungen schänd lichster Art. Wahr ist, daß bis kurz vor Anfang der amerikanischen Herrschaft die Klöster ans den Philippinen einen bedeutenden Einfluß besaßen und daß dieser Ein fluß, wie amerikanische Schriftsteller selbst zngeben, ein für die Bevölkerung in jeder Hinsicht sehr segensreicher war. Erst durch die von Amerika aus begünstigte Minierarbeit der geheimen Gesellschaften wurde diese segensreiche Wirk samkeit der Klöster parallisiert. Tatsache ist ferner, daß der Klerus und vornehmlich gerade der Ordensklerns in sitt licher Beziehung gut ist. Ein sittenreiner Priester bildet auf den Philippinen nicht eine Ausnahme, in: Gegenteil ist gerade ein unmoralischer Welt- und Ordensgeistlicher eine Ausnahme. Daß solche Ausnahmen Vorkommen, sei cs auf den Philippinen, sei es unter den rund 350000 Priestern der ganzen Welt, wird gerne zugegeben: es wäre das größte moralische Wunder, wenn es deren keine gäbe. — Was der Bischof von Jaro über die sittlichen Gefahren fiir Priester sagt, bezieht sich ans diejenigen jungen spanischen Geistlichen, welche vereinzelt und ohne äußeren Halt nach den Philippinen kamen. Vor Jahren waren nämlich einige Geistliche ans Spanien nach Jaro gekommen, um in dieser großen Diözese (über 1 Million Seelen) als Seelsorger zu wirken. Mehrere konnten aber keine Anstellung finden; sie wollten nach Spanien nicht znrückkehren und gerieten in materielles und sittliches Elend. Bemerkt sei noch, daß Jmmoralität und Kriminalität seit Beginn der amerikanischen Herrschaft in: Volk zn- genommen haben. f Gewaltige Kälte in Nordsibirien. Auch die allerältesten Sibirier erinnern sich nicht eines so gewaltig strengen, anhaltenden Winters, wie es der diesjährige ist. Der Schneefall begann bereits Anfang September, stellen weise schon Ende August. Als man das Hen einernten wollte, waren die Flüsse schon zngefroren. Anfang Oktober herrschten 25 Grad, Ende Oktober bereits 40 Grad Celsius Kälte. In: November und Dezember gab es eine ununter brochene Kälte von 50 bis 58 Grad Celsius. Tic Vögel erfroren zu vielen Tausenden. Die kleineren und flacheren Seen sind bis ans den Grund zngefroren. Die Erde weist infolge der Kälte tiefe Nisse auf. Viele 'Bewohner wagen sich überhaupt nicht inehr ins Freie; sie haben ihre Nenn- tierherden den: Schicksale, d. h. den: Tode durch Erfrieren, überlassen. Die Ursache dieser gewaltigen .Kälte wird darauf zurückgeführt, daß bereits mit Beginn des Herbstes gewaltige Eismassen an die Küsten des Karischen Meeres und Sibiriens angetrieben und dort festgefroren sind. f In Besang on (Frankreich» ist der Bürgermeister Buillieard gestorben. Als streitbarer Freimaurer und .Knltnrkämpfer erließ er unter seiner Verwaltung Verbote gegen die Abhaltung der Frohnleichnamsprozession, unter drückte den Geistlichen in Besanpon die städtischen Gehälter, ließ Kreuze beiseite schaffen, vertrieb Ordeusfrauei: ans den Anstalten, und mm kan: es — zun: Sterben. Da ließ er den Priester rufen und versöhnte sich wieder mit der Kirche. Ja, der Tod gibt auch seine Lektionen. Ob sich das die jenigen. die sich gegen die Kirche anflehnen, wohl merken? >' ZeitnngS-Jubilänm. Die „Wiener Zeitung" wird im Angnst d. I. das Jubiläum ihres 200jährigen Bestehens begehe»:. An: 8. Angnst 1708 erschien die erste Nummer des „Wiener Diariums", ans dem die „Wiener Zeitung" hervorgegangen ist. Am Tage des Jubiläums wird eine Festschrift erscheinen, die eine Reihe von Mono graphien zur Geschichte der „Wiener Zeitung" ans der Feder hervorragender Fachschriftsteller enthalten soll. Theater, Aunst und Wissenschaft. — Im Residenztheater waren an: Sonntag beide Vorstellungen, die des „Vogelhändler" sowohl, als auch die des Lustspieles „Im bunten Rock" total ansverkanft. Letzteres Lustspiel bleibt auch für die nächsten Tage mit Fräulein Jenny Groß als Gast ans den: Spielplan. — Für das an: Mittwoch, den 4. März, statt findende „ Somme rfe st in Alt-Heidelberg", zun: Besten der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehvriger, wurde soeben das gesamte Richard Ei lers-Orchester verpflichtet, welches in: Verein mit dem Orchester des Residenztheaters abwechselnd den musikalischen Teil des Abends übernehmen wird. Das Interesse für diese Wohltätigkeits-Vorstellimg ist eii: außerordentlich reges und laufen fortwährend Bestellungen auf Eintrittskarten an die Geschäft sleitnng des Lokalverbandes Residenz- theater ein. — Königliches Schauspielhaus. „Der arme Heinrich". Von Gerhard Hanptmann. Wer erinnert sich nicht des lieblichen Gedichtes des XII. Jahrhunderts, das Hartmann von der Ane unter diesem Titel verfaßt und das der Dramatiker seinen: Drama zu Grunde legte? Es ist eine Perle unserer erzählenden Poesie. DaS Mägdlein Gottegebe zeigt uns die süße Gewalt einer keusch ver borgenen Neigung zu ihrem Herrn und Gebieter Heinrich, aber auch eine damit verbundene echte Gotteömmne und Sehnsucht zmn Himmel. Diese Gründe zusammen sind es, welche das Heldenmädchen bereit machen, ihr Leben unter den: Messer des Arztes zu opfern, um durch ihr Blut Heinrich von den: Aussätze zu befreien. Hanptmann. der bekannte Dichter mehrerer Dramen, in denen ein Gemisch krankhafter Phantasie und schwüler Realistik um die Palme streiten, behandelte diesen zarten Charakter ganz eigen artig. Gottegebe ist nicht die Heldin des ritterlichen Dichters Hartmann. Statt einer innig frommen deutschen Jungfrau tritt uns ein krankhaftes, nervös-überreiztes somnambulistischeö Geschöpf entgegen, das in der modernen Schule der abgeschmackten sezessionistischen Richtung entstanden ist. Sie wird mit einer katholischen Relickionsatinosphäre umgeben, die den Znschaner unwillkürlich die Anschaunng beizubringen geeignet ist, daß der Geist dieses unglücklichen