Volltext Seite (XML)
Mt? - Pe..' 3 »'/, 3'/, 3 3 3 :: 3' > «'/-! 3'/! 4 3- . ^ :n 'ich vor Ariden halten. Wir hatten vor einiger Zeit Ge legenheit, mit Bergleuten hierüber zu sprechen, man denke ja nicht, daß die Vorkommnisse bei der Hibernia-Verstaat- lichung unbeachtet von den Arbeitermassen geblieben sind. Zu diesem vollen Maße berechtigter Klagen kommeil dann noch eine Anzahl, die speziell aus der Art des Zechen- betriebes sich ergeben. Es ist dies einmal die sehr rigorose Art der Behandlung seitens der Beamten, selbst Blätter, die sonst auf seiten der Zechen stehen, müff'bn zugeben, daß die Bergleute Anlaß zn solchen Beschwerden haben. Ferner ist es das sogenannte Wagennullen, das gerade auf der „Bruchstraße" besonders im Schwünge ist. Für nicht voll geladene Wagen und für Wageil, die relativ viel Steine enthalten, wird nicht etwa eine Minderver- gütiing gezahlt, für solche Wagen wird nichts gezahlt, sie werden genullt. Für die maßgebenden Mängel kann man aber oft die Bergleute nickt verantworlich »lachen. Wird zum Beispiel ein Wagen, der mit Stückkohlen geladen ist, aus dem Transporte viel hin und hergestoßen, rütteln die Kolilen zusammen: kommt der Wagen zutage, ist er nicht mehr gestrichen voll und wird genullt. Ist die Kohle stark "iit Gestein durchsetzt, dann ist es dem Bergmann oft gar >ckü möglich, reine Kohle zu liefern, trotzdem wird der .'u öageil genullt. Tie Erbitterung über die Nullerei wird noch gesteigert mangels Kontrolle darüber, ob nach den üb lichen Bestimmungen zu Recht oder Unrecht genullt wird. Ob ein Wagen gestrichen wird, darüber bestimmt souverän ein Unlerbenmler. und so hört man die Klage: Es wird nach Gunst und Gabe genullt! Auch wird der Vorwurf erhoben, die Brückenlontrolleure hätten den Auftrag, eine bestimmte Anzabl von Wagen zu nullen, ganz »nbesclzadet der geliefer- teu O.ualität und des Maßes. Ta »»» hier die Arbeiter sich L- selbn nicht Helsen können, halten wir es für eine Aufgabe der Gesehgebung. einzmchreiteu. Das Nullen muß einfach verboten werden: auch für den genullten Wagen ist eine Entschädigung zu geben. Gewiß hat die Grubenverwaltung ein Recht, ans gute und saubere Arbeit zu sehen. Aber oft steht der Bergmann vor der Tatsache, daß er solche nicht lie- Bar tern kann. Er selbst macht nicht die Kohlen und bei der Hot niangelbauen Beleuchtung in der Grube geht manches Ge- ' stein mit unter. Aber für Nachläsigkeit ist er ja schon da durch gegrast, daß er nickt vollen Verdienst erhält. Ihm de» gesamten Wagen gar nicht in Anrechnung zu bringen, das ist nur eine versteckte Form des Wuchers. Wir halten es sür möglich, diesem durch geselzliche Vorschriften den Gar aus zu machen. Eine Beschuldigung, die wie ans anderen in der lebten Zeit stark gewachsenen Zeche» auch ans „Bruchstraße" von der Belegschaft gegen die Verwaltung erhoben wird, betrisst die steigende Zahl der II n g l ü ck S s ä l l e. Tie Beleg schaft begründete dies damit, daß der Bergmann, wenn er bei den ielngeu Löhne» das Nötige verdienen will, bei der Arbeit zu großer Hast gezwungen sei und deshalb die vor geschriebene» Sicherheitsmaßregeln nicht in wünschenswer ter Weise beachten könne. Tiefen hauptsächlichen Klagen der Bergleute wird inan die Berechtigung gar nicht absprechen können. Tie Zen- trumSabgeordneten Tr. Spahn und Stößel haben noch vor de» Neicbstaasserien dieselben auch im Reichstage in wir kungsvoller Weise vertreten bei der Beratung des Antrages lauf Schaffung eines R e i ch S b e r g g e s e b e S-., Gewiß würden durch rin solches viele Beschwerden beseitigt, der Reichstag wunde ein solches Gesetz sehr sozial gestalten, das wissen auch die Grubenbesitzer und deshalb wehren sie sich so entschieden gegen dasselbe. Aber es muß kommen! Je eher e-> kommt, dcslo beüer: Teutschland würde hierdurch vor einer Neuauflage eines großen Bergarbeiterstrriks bewahrt werden. P o 1 i t I s che Rundschau. Dresden, den Jmiuoe IVO.',, die „Kob. Ztg." von glaubwürdiger Seite t die Herzogin Alr^andrinc der Stadt Koburg zu Wohltätigkeilszwccken etwa eine halbe Million Maik vermacht, darnntcr Ml. zur Errichtung eines Volksbades. leidet habe». Ans jeden Fall hat die Strenge seines Vaters dem allen Fiilz viel genäht. Er wäre ohne dieselbe wohl nie das geworden, was er wirtlich gewesen ist. Sicherlich wird er aber seinem Vater nie gezürnt haben, der den Gründsah „Wer seine Kinder lieb bat, der züchtigt sie mit der Rute" eifrig ins Praktische übersetzte. Luther erzählt ebenfalls, daß er sehr streng behandelt wurde. Sein Vater mag darin allerdings zu weit gegangen sei», indem er ihn des öfleren blutig gestäupt bat. Mag man über die häufige Anwendung der Nute in früheren Zeiten denken wie inan will, aus jeden Fall hat sie manches Gute im Gefolge gehabt und piel Böses verhindert. Die französische Revolution bat zunächst die schöne Sitte der allgemeinen Rntenstrgfe abgeschasst, wie sie ja auch manches andere Gute abgeschasst bat. In den Zeiten der Restauration wollte man sie wieder einsühren und bewies so, daß man sie immer noch als ein Erziehungsmittel ersten Ranges betrachtete. Doch eS wait ein vergebliches Be mühen. Tie Rute war ja etwas Altes, das sich die mo dernen Franzosen trotz seiner Vortresslicbkeit nicht mehr ge fallen lassen wollten. Von Frankreich aus verbreitete sich die Beseitigung der Ruteiistrafe allmählich über alle Länder Europas. Henzutage straft man nicht mehr mit der Rute, tz-eil sich die Kinder ja auch „so schicken". Wenn mau aber einmal eingeseben bat, daß sie sich doch ohne Rute nicht schicken, ist eS gewöhnlich zu spät. Man läßt dem „Herz cheu" im große» ganze» seinen Willen. Wenn es sein Kleid chen einmal beschmutzt, gibt ibm die Mutter einen KlapS, doch so, daß es ilm nickt spürt. Wen» der Vater ihm eine Ohrfeige verabreicht, tut er das doch so vorsichtig, daß die Frisur nicht in Unordnung gebracht wird. Ost genug kommen Vater und Mutter in Konflikt, wenn das eine den Liebling straft, ohne daß das andere seine Schuld eiuseben kann. Sonst aber darf sicher niemand an die Kleinen tip pen, wen» er sich nicht vor Gericht verantworte» oder sonst unangenehmen Weiterungen anssetzen will. Das war in — Wie vernimmt, h .K-" j > ^>er „guten alten Zeit" doch andersI — Der Regierungspräsident von Kiku, v. Bake«, ist am 4. d. M. zu Potsdam am Herzschlag gestorben. — Tie Härte der jüngsten Äriegsgeriichtsurteile sucht Professor Mayer-Straßburg auf eine falsche Anwendung des Militärstrafgesehbnchs zurückzuführen. Er wendet sich besonders dagegen, daß auf den in Betracht kommenden Tatbestand überkxmpt der Begriff des Aufruhrs in An- Wendung gebracht worden ist. Der Aufruhr bedingt nach 8 106 des Militärstrafgefejzbuchs eine „Zusammenrottung" mehrerer Personen. Professor Mayer betont nun entschie den, daß von einer Zusammenrottung im Tessauer Fall keine Rede sein kann: „Tenn sicherlich waren an dem Erzeß gegen den Unteroffizier nur zwei Soldaten beteiligt, und zwei Menschen können eine Zusammenrottung nicht bilden. Allerdings find nach einer auch vom Reichsgericht und vom Reichsmilitärgericht angenommenen Ansicht zwei Personen genug: leider hat sich daS Kriegsgericht in Dessau dieser oft angegriffenen Interpretation angeschlossen. Ihr stehen zwingende Argumente entgegen. Es gibt keinen speziellen juristischen Begriff der Zusammenrottung: jeder stellt sich aber unter Zusammenrottung einen Hänfen Menschen vor. Wenn das Gesetz von der Vorstellung, daß zwei Personen einen Aufruhr veranstalten können, ansgegangen wäre, so hätte es eine Zusammenrottung nicht gefordert und sich be gnügt. den Tatbestand durch die Worte „wenn mehrere mit vereinte» Kräften es unternehmen . . zu beschreiben. Man behandelt also das Merkmal Zusammenrottung als einen überflüssigen, nicht bedeutenden Zusatz, wen» man zwei Menschen, die mit vereinten Kräften einen Vorgesetzten angegrissen haben, als Ausrührer bestraft. Es ist aber nicht jede Menschenmenge eine Zusammenrottung: eine Menschen menge kann als eine passive Schar ldie Zuschauer bei einem Festzngl gedacht werden: für die Zusammenrottung ist Aktivität wese'ntlich. Erst dieses Moment schafft die Be- teilignngSmöglichkeit, auf die es beim Verbrechen des Auf ruhrs ankommt. Fest steht, daß die Vereinigung der bei den Verurteilten auch nicht im entferntesten eine Zusammen rottung gewesen ist." Tiefe Tarlegnngen sind zweifellos richtig, aber damit ist nicht viel gewonnen. Tie Sache ist ganz in das Ermessen des Gerichts gestellt, ob es eine Zu sammenrottung annehmen will oder nicht. Ta Reichsge richt und Reichsinilitärgericht sich nach der strengsten Praxis bereits entschieden haben, so werden die ersten Instanzen immer geneigt sein, dieser zn folgen. Auch hat die Ver waltung kein Mittel, um auf die Gerichte im Sinne der AuSsührnnge» des Professor Mayer einznwirken. Ta bleibt nur eins übrig: Aendernng des Gesetzes selbst, wie es ein Antrag des Abgeordneten Gröber wünscht. Tie Mindest- stra'en sollen nach diesem herabgesetzt werden und das kann geschehen, ohne daß die Disziplin irgendwie erschüttert wird. Wo schwere Verfehlungen vorliegen, kann dann immer noch das Höchstmaß angewendet werden: aber für leichte Ver gehen ist fünf Jahre Zuchthaus eine zu hohe Strafe. Ge rade das Interesse unserer Armee erheischt dringend, daß baldigst diese Gesetzesbestimmungen beseitigt werden. Die Staffelung der Braufteuer gefällt den Groß- brnnereien nicht; sie schießen bereits nach der in Aussicht gestellten Vorlage, ehe diese erschienen ist Die „Tages zeitung für Brauereien" hat nämlich bereits statistische Er- hebnnge!, angestellt, die allerdings keinen Praknschen Wert haben, da für sie die zn Grunde gelegte Staffelung nicht zntrifst: nur allgemein geben sie über die Wirkung der Staffelung einen Aufschluß. Ein Teil der Stener- entlastung würde rund !»000 Zweigbetrieben zn gute kommen, welche in der Hauptsache nicht zum eigentlichen, als Hauptberuf betriebenen Branereigewerbe zählen. Für die das Gros desselben aiisrnachende Brauereibetriebe so wie die kleineren Mittelbranereien — zusammen 22"»0 Betriebe — isi nur auf eine geringe Verminderung der Ttenerleistnng zu rechnen. Die größeren Brauereien werden mit einer Braustenererhohnng zn rechnen haben. Tie „Tageszeitung für Brauereien" rechnet im ganzen mit einer Erböhimg ^des Gesamtstenerbctragcs um etwa Millionen Mark. Milderung von Strafbestimmungen gegen die ttu- sittlichkeit. Eine Anzahl von Blättern bringen die Notiz, daß man im Zentrum des Reichstages daran arbeite, ge wisse Bestimmungen des Strafgesetzbuches <8 17."») gegen die Unsittlichkeit abznmildern. Wir sind in der Lage, diese Mitteilungen nach jeder Richtung hin als für erfunden zn bezeichnen. Kein Mensch im Zentrum denkt daran, die jetzt schon sehr gelinden Strafen gegen diein obigem Paragraph einschlageiiden Laster zn mildern. Schon ans der neuen Tatsache, daß eine dahingehende Petition in der Kommission des Reichstages namentlich von dem Zentrinnsabgeord- neten Tr. Thal er, der auch einen vorzüglichen Bericht hierüber erstattet, sehr scharf bekämpft worden ist, geht zur Genüge hervor, daß das Zentrum eher für eine Ver schärfung als für eine Milderung zn haben ist. — Wie v„s Zentrum verdächtigt wird. Für diese Rubrik haben wir heute ein geradezu klassisches Beispiel. In einer Reihe namentlich sozialdemokratischer Blätter liest man unter dem Geleitswort „Ein Zentriimshcinzel- mann" folgendes: „Beschlagnahmter Knlvortageroman. Der Erste Staatsanwalt zn Breslau veröffentlicht folgende Be kanntmachung: „Durch Beschluß des Königl. Amtsgerichts Breslau vom 14. Dezember 1004 ist die im „Dresdner Roman-Verlag" erschienene Druckschrift: „Graf Franz von Lade, der Frauenränber" wegen seines unzüchtigen In halts gemäß 8 184 Nr. 1 St.-G.-B. 8H 04 ff. St.-P.-O. beschlagnahmt". — Unsere Leser erinnern sich, daß dieser Roman zur Zeit der Stadtverordnetenwahl eine gewisse Rolle gespielt hat. Den Vertrieb des Romans hatte näm lich ein notorischer Zentrumsmann in die Hand genommen und sich dadurch natürlich in den prächtigsten Gegensatz zur lax Heinze gesetzt." Die „Schief. Volksztg." bemerkt aber hierzu: „Der betreffende Kolportagebnchhändler hat niemals dein Zentrum ungestört, sondern ist Protestant. Das staben wir vor den Breslauer Stadtverordnetenwahlen wiederholt den unwahren Ausstreuungen der sozialdemo kratischen Presse gegenüber richtig gestellt". Aber daö bindert die sozialdemokratische Presse nicht, jetzt wieder die alte Lüge anfznwärmen. — Die „Arenzzeitunß" enthält in ihrer ersten Nummer dieses Jahres eine wertvolle Auseinandersetzung mit dem Evangelische« Bunde, insofern wertvoll, weil hier der Standpunkt des positiven Protestantismus im Gegensatz zum liberalen Kirchentum klargelegt wird. Der Artilel bespricht zunächst die Gründe, welche die „Kreuzzeitung" bewogen haben, für die Aufhebung des 8 2 des Jesuiten- gesetzes zu sein, und sagt: „In einer Zeit, in der die offenen Feinde unserer heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung uneingeschränkt die Vorteile dieser Ordnung genießen dürfen, können nicht gut die Angehörigen eines kirchlichen Ordens nur wegen dieser Zugehörigkeit einer polizeilichen Willkür unterworfen weiden, wie man sie nur gegen über Dirnen und bestraften Verbrechern sür zulässig hält. Hierin lag der innere Grund, der für die Aufhebung des 8 2 geltend zu machen war. Nun wurde zwar gegen die Aufhebung angeführt, datz sie die evangelischen Interessen und den konfessionellen Frieden schwer gefährden werde. Wir haben das bestritten, und der Erfolg hat uns Recht gegeben. Seit beinahe ein«n Jahre besteht der 8 2 nicht mehr, aber keines der befürchteten Ereignisse ist eingetreten." Sodann geht der Artikel gegen die unnoble Kainpfes- weise des Evangelischen Bundes über, der sich kein Ge wissen daraus macht, jeden Protestanten, der mit seiner Kampfesmethode nicht einverstanden ist. zu „verketzern". „Die Agitation," fährt das Blatt fort, „erweckte den An schein. daß mit der Bekundung des Gegensatzes zu Nom die Betätigung der Treue zum evangelischen Bekenntnisse erschöpft sei. Gewiß ist zwischen der katholischen und der evangelischen Kirche, zwischen Rom und Wittenberg, kein Friede denkbar. Der durchaus notwendige Kampf soll aber mit geistigen Waffen, nicht mit Polizeimaßregeln ge führt werden. Die Bekenntnisse unserer Kirche geben uns die wirksamste Waffe gegen Nom. nur das treue Festhalten an der lauteren Lehre des Wortes Gottes wird uns vor dem Unterliegerl in jenem Kampfe schützen. Wenn der Evangelische Bund, der ja im Kampfe gegen die Auf hebung des Paragraphen 2 des Jesnitengesetzes die Führung übernommen hatte, in der Pflege der Bekenntnis treue als der Grundlage, ans der allein unsere Kirche ruht, seine vornehmste Aufgabe erblickt, so kann er wirklich Gutes für unsere Kirche tun. Wie steht es aber damit? Ein bedeutsames Ereignis des abgelanfenen Jahres gibt uns die Antwort. Der Pfarrer einer Berliner evange- lischen Gemeinde hat über die Persönlichkeit unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi öffentlich Anschauungen be- kündet, die mit den Grundlagen der christlichen Lehren unverträglich sind, die. wenn sie verträglich mit der Aus übung des geistlichen Amtes gehalten würden, unserer Kirche die zur Führung des Kampfes gegen Nom nötige Kraft rauben würden. Man bätte also an- nehmen müssen, daß der Evangelische Bund, wenn er wirklich für das Evangelium kämpft, gegen die Kundgebung jenes Geistlichen einschreiten würde. Aber nichts ist geschehen, von keiner einzigen Bundesversamm lung haben wir gehört, in der jener Angriff gegen die Grnndleyren unserer Kirche znrückgewiesen worden wäre. Der Evangelische Bund hat sich ebenso still verhallen wie vor 12 Jahren, als Harnack den Streit um das Apostoli kum entfesselte und als die Zentralleitnng des Bundes die Zweigvereinc ausfordcrte, zn diesem Streite nicht Stellring zn nehmen. — Diese Ausführungen der „Krenzzeitnng" enthalten Tatsachen und Gedanken, die sür den Evange lischen Bund ein ernstes Mahnwort, zugleich aber auch eine vernichtende Kritik enthalten. — Wer ist Kent? Vor einiger Zeit erschien im „Tag" ein aussehenerregender Artikel, gezeichnet Kent, gegen den Grafen Posadowsky, weil dieser den Handelsvertrag mit Oesterreich nicht nach Hause brachte! Man hätte diesem Aufsatz keine weitere Bedeutung beigelegt, wenn nicht in einem Leipziger Blatte die Meldung erschienen wäre, daß der Artikel aus dem Az»swärtigen Amte stamme. Sofort erklärte die „Allg. Ztg." dies aber für unrichtig. Darauf hin blieb das Leipziger Blatt bei seiner Behauptung und nannte den Geh. Legationsrat Hammann als intellektuellen Urheber. Nnmnehr teilte die Redaktion des „Tag" dem Reichskanzler mit, daß Kent dem Auswärtigen Amte nicht angehöre und von ihm in keiner Weise beeinflußt werde. Der öffiziöse Charakter des Artikels ist also weg und da mit hat derselbe auch alle Wichtigkeit verlor?». Kent soll ein „sozialliberaler" Nationalökonom sein, der sich durch seine gegen den Großgrundbesitz gerichteten Studien bekannt gemacht hat. Jetzt weis; man so viel wie vorher. Das kann Brentano. Lotz oder irgend ein anderer sein. — Die Katzbalgereien innerhalb der Sozialdemo kratie dauern auch im neuen Jahre fort. Mehring ge stattet sich den Spaß, daß er mitteilte, er würde eine öffentliche Zensur annehmen, wenn Bebel neben ihm an den Pranger gestellt werde. Köstlich! Inzwischen hat inan auch erfahren, wer der Verfasser des Artikels „Entweder — oder" in der „Münch. Post" ist: es ist Genosse Stampfer, der ans Brotneid gegen Mehring so scharf vor- geht; wie nämlich der halbverrückte Redakteur Jäckh mit teilte. suchte Stampfer Chefredakteur der „Leipziger Volks- zeitnng" zn werden, nachdem er schon versucht habe, den todkranken Schönlank mit einem Fußtritt zn beseitigen!" Stampfer protestiert dagegen. Welche duftende Sprache in der vollständig verrohten „Leipziger Volkszeitung" herrscht, sieht man auch daraus, daß der Abg. v. Gcrlach, der sich oft sogar als halber Sozialdemokrat gerierte, be ständig als „Lumpazins Gerlach" angeredet wird. — Ein Landtagssitz zu verkaufen. In norddeutschen Blättern findet sich eine Anzeige, in der ein mecklenburgi sches Gut „mit erblichem Sitz und Stimme im Landtage" zum Verkauf ansgcboten wird. Der „Vonvärts" bemerkt dazu ironisch: „Also eine vortreffliche Gelegenheit, Gesetz geber zum Heile des mecklenburgischen Landes zn werden. Wie wir übrigens hören,-hat der Parteivorstand der Sozial demokratie beschlossen, einem unserer Genossen die feudale Besitzung zu erwerben und ans diese Weise unter die meck lenburgischen Adelshcrrschaften und Bürgermeister sozial demokratischen Schrecken zn tragen." Wir wünschen drin gend, daß die sozialdemokratische Parteikasse sich dieses leiste, an Geld fehlt es nicht. Sollten aber ans dem Gute doch noch einige Schulden ruhen, so werden diese gewiß sofort getilgt werden, wenn die Sozialdemokratie das Gut an den Abgeordneten Stadthagcn abtritt mit der Verpflichtung, nicht mebr im Reichstage zu erscheinen. Der Reichstag würde gewiß gerne die fehlenden Moneten durch eine Teller- sammlnng aufbringen. Also mal zu!