Suche löschen...
Sächsische Volkszeitung : 15.07.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190307157
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19030715
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19030715
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-07
- Tag 1903-07-15
-
Monat
1903-07
-
Jahr
1903
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.07.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
'V komnien sie nicht zu spät zur Einsicht, daß sie gegen eine falsche Front gekämpft haben, während ihnen das Ver- derben von anderer Seite immeö näher und näher rückt. Die Katholiken, welche ihnen helfen könnten, den gemein samen Feind zn besiegen, stoßen sie von sich, statt mit ihnen den Religionsfrieden zn schlichen, einen heiligen Pakt — nicht nur für Gott, König und Vaterland, sondern um sich selbst vor dem Ertrinken zu retten. Die Erkrankung des Hl. Bakers. Am gestrigen Tage trat im Befinden des Hl. Vaters eine Verschlimmerung ein. Er blieb während des ganzen Tages in einem Zustande beunruhigender Depression. Der Umstand, welcher den Aerzten besonders zu Besorgnis Ver anlassung gibt, ist der fast vollständige Harnmangel. Es besteht indes kein Anzeichen einer Blutvergiftung. Der Gehalt des Harns an Harnstoff ist weit unter dem nor malen. während man ihn in der sehr geringen ansge schiedenen Menge vermehrt finden sollte. Dieser Umstand zeigt an. das; die Nierentätigkeit fast vollständig versagt. Die Lage ist daher ernst geworden. Der Krankheitsbericht von 8 Uhr abends lautet: Der .Kräfteverfall hält an; die Atmung ist etwas häufiger ge worden, sie beträgt 86, Temperatur 87, Puls schwach, 02 Schläge in der Minute. Der Zustand des erhabenen Kranken ist immer noch ernst; eine unmittelbare Gefahr besteht nicht. Nossoni, Mazzoni, Lapponi. Fm Laufe des Tages traten beim Papst von Zeit zn Zeit Anfälle von Schwäche und Unruhe ans. Das Befinden hat sich sichtbar verschlimmert. Lapponi verweilte stunden lang am Krankenbett. Fm Vatikan ist man wegen der Schwäche des Papstes lebhaft beunruhigt. Sobald die Nachricht von der Verschlimmerung bekannt geworden war. konnte man einen lebhafteren Verkehr von Kardinülen, Prälaten und Neugierigen nach dem Vatikan beobachten. Den Wachen nsw. wurde das Verlassen des Vatikans wieder verboten. Tie „Tribnna" meldet, im Vatikan habe gestern grohe Unruhe geherrscht. Als Lapponi ans dem Zimmer des Papstes in das Vorzimmer getreten sei, habe er mit dem dort anwesenden Oberstkämmerer Msgr. Bisleti eine erregte Unterhaltung gehabt. Bisleti habe sich darauf zum Sub stitut des Staatssekretärs Msgr. della Ehiese und zum Staatssekretär Kardinal Rampolla begeben, und im Kabinett Namvollas habe eine Besprechung stattgefnnden. Gerücht weise verlautet, die von Rampolla mitgeteilten Nachrichten über das Befinden des Papstes seien derart, das; sie Anlas; geben, schleunigst die nötigen Maßregeln zn ergreifen. Wie die ..Tribnna" weiter meldet, hat sich der Ehefkommissar der Polizei von Rom nach dem Polizeikonnnissariat begeben, in dessen Bezirk der Vatikan liegt, um die für den Fall des Eintritts der Katastrophe, die unmittelbar bevorznstehen scheint, nötigen OrdnnngSmas;regeln zn treffen. Am Sonntag abends >'» Uhr fand eine imposante ge meinsame Andacht aller i.i Rom anwesenden Deutschen für den Hl. Vater in der Peterskirche statt. Nachdem sich die Teilnehmer im Atrium des PeterSdomcs versammelt hatten, begaben sie sich prozessionsweise unter Führung der Prä laten de Waal und Lohninger zn den sieben privilegierten Altären, um hier Bittgebete für den Hl. Vater zmn Himmel einporznsenden. An der Prozession nahmen n. n. teil: die Bruderschaft vom deutschen rminpo imnto, Deputationen verschiedener Franenorden, Franziskaner und Kapuziner, die deutschen Kongregationen, Dominikaner und Benediktiner, die deutschen Fesniten und eine gros;e Anzahl von Ange hörigen der deutschen Kolonie, darunter viele Damen. Am Grabe der Apostelfiirsten hielt Prälat Lohnniger eine er greifende Ansprache. Die großartige Veranstaltung, welche ohne jede Störung verlief, machte einen tiefen Eindruck ans die Teilnehmer und die zahlreichen Zuschauer. Das letzte Gedicht des Hl. Vaters hat in deutscher Uebenetznng folgenden Wortlaut: Ach. min sinket der Abend des Lebens, znm Richter rnst dich, Leo. der Tod; er mied lang dein irdisches.Hans. Da so Großes dir ward von Gott, dein Spender des Guten, Türmet sich auch die Schuld, schreiend entsetzlich nach Straf'. Gütig vertrant'dir der Heiland der Welt die Schlüssel des Himmels; Nun will richten der Herr, wie du verwaltet das Amt. Denn wer wandelt, den Völkern ein Stern, die Bahnen der Sonne, ffahlen soll er die Schuld, täuscht er die irrende Heerd'. Wohl mir, es lächelt der Seel' das Bild des gütigen Heilands. Milde schauet sein Ang', Hoffnung wecket sein Ruf: „Welcher Gram verzehrt dir die bangende Seel'? Was rufst du Schmer,;gebengt und in Angst Geister entwichener Zeit? Siehe, icli war ja stetig der Retter reuiger Seelen: Gläubig vertrau' auf de» Herrn, heut'noch tilgt er die Schuld!" Politische Nrurdschan. Deutschland. —- Der ..Neichsanzoiger" veröffentlicht die amtlichen Wahlziffern. Darnach haben an Stimmen erhalten: die Sozialdemokraten 8 027 108. das Zentrum 18-78 707, die Nationalliberalen 1248 808, die Konservativen 000 714, die freisinnige Volkspartei 728 707, die Polen 840 480, die Neichspartei 282 4-7 l, die A itisemiten 244 787, die freisinnige Vereinigung 24t 116, der Bauernbund (bayerisch und wnrttembergisch» l 17 827, der Bund der Landwirte 114 870, die Wildliberalen 102 074, die Welfen 04 214, die Wildkonservativen in Lothringen 04 170, die deutsche Volkspartei 08 801. die elsässische Landespartci 81 727, die Nationalsozialen 27 884. die Mittelstandskandidaten 20 800, die Ehristlichsozialen 28 117, die Dänen 14 848, die Littaner 0012, endlich die mecklenburgische Rechtspartei 702. — 1 878 707 ZentrmnSstimmen sind also nach den amtlichen Wahlzisfern bei den letzten Reichstags oahlen abgegeben worden. Dieses Ergebnis ist noch beträchtlich höher, als nich den vorläufigen Angaben bisher angenommen wurde. Bis her wurde die Gesamtzahl der diesmal abgegebenen Zen trmnSstimmen nämlich ans 1700 641 berechnet, gegen 1 477 180 im Fahre 1808. Die Zunahme der ZentrmnS stimmen beträgt also seit 1808 nicht 847 000, wie bisher angenommen wurde, sondern rund 4M000. Dieses Ergeb nis ist in Anbetracht aller Umstände ein glänzendes zn nennen. — Die Zngeknöpfthcit der offiziösen Presse über die anftanchenden Gerüchte von einer zu erwartenden Militär vorlage ist verdächtig. Es scheint säst sicher zu sein, daß wir eine neue Militärvorlage zu erwarten haben. Und es steht auch fest, daß, wenn sie kommt, das Zentrum sie mit aller Gewissenhaftigkeit unter die Lupe nehmen wird. Vor läufig bestehen über den Umfang der Forderungen nur Vermutungen, die von den verschiedensten Seiten angestellt werden und unter einander differieren. Sollte der Umfang ein solcher sein, daß die Neichsfinanzen dadurch in erheb liche Schwankung geraten, sodas; etwa die „Neichsfinanz- reform" als Helfer in der Not auftauchen würde oder aber zu dem so beliebten Mittel der Steuererhöhung durch Ein führung von Tabak- oder Bierstener gegriffen würde, so weih jedermann, das; das Zentrum für solche Neuerungen unter keinen Umständen zu haben sein würde. Und das Zentrum wird doch auch im neuen Reichstage zu diesen Fragen ein Wörtchen mitznsprechen haben, und zwar ein sehr gewichtiges. — Das Radi kalp ölen tum hat im Reichstage eine weitere Verstärkung erfahren durch die Wahl des Graudenzer Zeitnngsverlegers Knlerski bei der Nachwahl, die am Freitag für den doppelt gewühlten Herrn v. Ezarlinski im Wahlkreise Konitz-Tuchel stattfand. Knlerski erhielt <1024 Stimmen, der ihm vom Polnischen Zentralwahlkomitee ent- gegengesteklte Herr v. Sikorski 2070, der Konservative Aly 2670 Stimmen; weitere 267 Stimmen zersplitterten sich. Es Hütte also nicht viel gefehlt, so wäre eine Stichwahl zwischen zwei polnischen Bewerbern notwendig geworden. Man darf gespannt darauf sein, ob die polnische Reichs- tagsfraktion Herrn Knlerski als Mitglied aufnehmen, oder ob dieser mit dem radikalen Oberschlesier Korfanth zusammen eine neue „Fraktion" bilden wird. — Vom Berliner Presse-Panama. In dem Prozeß gegen die Direktoren der Pommerischen Hypothekenbank war unter den Journalisten, die von der Bank für irgend welche geheime Leistungen besoldet wurden, auch ein „vr. Oestreich" genannt worden. Es gibt unter den Berliner Fonrnalisten einen jüngeren Herrn dieses Namens, aber gegen ihn richtet sich nirgends ein Verdacht, schon ans äußeren Gründen, die es ganz unwahrscheinlich machen, das; er über andere Einnahmegnellen verfügte, als über die knappen Honorare, die ihm ans seiner Tätigkeit auf der Parlamentstribüne znflossen. Die Angabe des einen An geklagten, „I)r. Oesterreich" sei nur ein Deckname, hat daher, soviel wir sehen, allgemein Glauben gefunden. Nun hat der „Vorwärts" auf der Suche nach den: wirklichen Träger dieses Decknamens den Namen des Direktors der „National-Zeitnng", des Herrn Viktor Hahn fallen lassen, wohl deshalb, weil dieser Herr früher Redakteur des ebenfalls im Pommernbankprozeß genannten „Kleinen Fonrnals" und dann Herausgeber eines später von dem Herrn Mar Wittenberg, der von der Pommernbank ein beträchtliches Einkommen bezog, übernommenen und, dem „Vorwärts" zufolge, zn Ehren der Hypothekenbanken gegründeten Montagszeitnng war. Herr Hahn hat sich daher von den angeklagten Direktoren Schulz und Nomeick bezeugen lassen, daß er nicht der „I)r. Oestreich" sei, ja das; sie Herrn Hahn nicht einmal kennten. Dazu bemerkt der „Vorwärts": „Danach scheinen die Herren Schulz und Romeick die einzigen Finanzlente in Berlin zu sein, die Herrn Viktor Hahn nicht kennen! . . . Schulz und Nomeick sind Angeklagte, nicht Zeugen, ihre Versicherungen haben daher nicht unbedingten Wert. Viel einfacher und zwin gender wäre, wenn Herr Viktor Hahn selber das Gericht bitten würde, als Zeuge vernommen zu werden." Es fragt sich doch, ob das Gericht einen Zeugen, der nur sich selbst reinigen will, aber sonst kaum etwas neues zur Sache Vor bringen könnte, annehmen würde. Einfacher wäre es, wenn Herr Hahn den „Vorwärts" verklagte, sodas; dieser die Herren Schulz und Nomeick als Zeugen laden könnte. Die „National-Zeitmig" sagt einstweilen nichts zu den Bemer- knngen des „Vorwärts"; das; dieses linksnationallibcrale Knltnrkampfs-Organ von Großbanken über Wasser gehalten wird, ist übrigens eine längstbekannte Tatsache, die unseres Wissens noch niemals bestritten wurde. Das „Kleine Journal", spottweise auch die „jüdische Krenzzeitmig" genannt, weil es sich mit Vorliebe als Organ der Hofgesellschaft auf spielte und daher auch gouvernementale Politik macht, hat am Montag den Gerichtshof im Pommernbank-Prozeß beschäftigt. Herr 1)r. Leo Leipziger, der „Geschäftsführer" lehedem Besitzer und Ehefredaktenr) dieses Blattes, hatte sich als Zeuge über ein Wechselakzept von 27 000 Mk. zu äußern, das von ihm herrührte und sich im Besitze des Angeklagten Schulz befand, der es im Jahre 1800 an die Fmmobilien-Verkehrsbank in Zahlung gab. Er stellte die Angelegenheit so dar, als sei der Wechsel nur einstweilig als Sicherheit gegeben bis zur Ausstellung der Anteilscheine, welche die Pommernbank vom „Kleinen Journal" zu über nehmen bereit gewesen sei. Wie dem auch sei, diese Ver- bindung der Presse mit der Hochfinanz ist auf alle Fälle recht wenig geeignet, das Vertrauen des Publikums zu gewissen liberalen Blättern, bezw. zn dem Handelsteil derselben, zn stärken. — Im Falle Hüssener ist, wie der Magdeburger- Zeitung aus Kiel gemeldet wird, von dem „Kriegsherrn" Admiral v. Köster nunmehr die Revision eingelegt worden, wie das auch kaum anders zn erwarten war, wenn nicht die Marineverwaltung einen Sturm der Entrüstung Hervor rufen wollte. — Pastor Naumann über das Zentrum. Der Führer der Nationalsozialen. Pastor Naumann, spricht sich in seinem Organ „Die Zeit" folgendermaßen über das Zentrum aus: „Das Zentrum ist aus dem Wahlkampf stärker an Wählern hervorgegangen, als irgend jemand geglaubt hätte. Es hat um rund 800 000 Wähler zu genommen. das heißt: es hat nicht nur den Bevölkerungs zuwachs der katholischen Gebiete in sich anfgcnommen, sondern darüber hinaus neuen Zuwachs gewonnen. Nie stand es stolzer und sicherer da als jetzt. ES wird bleiben und herrschen, bis einmal die Linke regierungsfähig wird. Die Linke ist aber heute in höherem Grade als je voll der Sozialdemokratie abhängig. Das Zentrum herrscht, bis die Sozialdemokratie national wird." — Die letztere Erwartung ist der national-soziale Zukunfts- träum, der eben nur ein Traum ist. Oesterreich - Ungar«. — Reichsfuianzminister Benj. v. Kallay ist gesto-e-sir. Kcillays Wirken war nicht ohne Fehler, aber doch im großen und ganzen äußerst segensreich. Obwohl Ungar, war er kein einseitiger magl-arischer Chauvinist, sondern ließ das deutsche Wesen, so namentlich in Bosnien, gebührend zur Geltung kommen. Die Verwaltung Bosniens, die eine der geordnetsten und stetigsten der österreichischen Provinzen ist, ist in der Hauptsache Kallay zn danken. Literarisch war der Verstorbene tätig durch das größere Werk „Geschichte der Serben" und die Studie „Die Orientpolitik Rußlands". Rußland. — Der Petersburger Korrespondent der „Kölnischen Zeitung" erklärt: Die englischen Nachrichten, wonach der Allsbruch von Feindseligkeiten in Ostasien unvermeidlich sei, zeigen den Ausdruck der Verstimmung darüber, daß es England nicht gelungen sei, Rußland zn einer aktiven Politik ans dem Balkan, zu einem förmlicheren Einschreiten zu ver leiten. Nunmehr sei es nach Ansicht der russischen Poli tischen Kreise durchaus bemüht, Rußland dafür in China Erschwerungen zu bereiten, zu welchem Zwecke Japan Vor- spanndienste leiste. An der gesundeil, ruhigen und ziel- bewußten Politik Lambsdorffs seien alle Versuche zerschell!. Deshalb versuche eS England nunmehr, mit Hilfe Amerikas in Rußland und China Schwierigkeiten bei der Liquidierung der Mandschurei-Frage zn schaffen. Auch die englischen Meldungen, die Beratungen der russischen Staatsmänner in Port Arthur mit Kuropatkin hätten als kriegerische Vor bereitungen Rußlands gedient, s»ien unwahr. Alls Stadt und Land. Dresden, den 13. Juli 1003. * Se. Majestät der König wird sich morgen früh zu Truppenübungen nach dem Uebnngsplatz Zeithain begeben. * Bei Ihrer Majestät der Königin Witwe in Sybillen ort waren gestern zur Tafel geladen: Se. Durchlaucht Fürst Hatzfeld, Herzog zu Trachenberg, Landrat von Scheliha- Trebnitz und Landrat Graf Kosnoth-Oels. * Zur Frage der Aendernng des Wahlrechts im Königreich Sachsen wird der Köln. Ztg. aus Dresden berichtet: „Die Behauptung, daß das Ministerium einer Aendernng des Wahlrechts abgeneigt sei, ist unrichtig. Die Regierung wird vielmehr bereits im nächsten Landtage eine entsprechende Vorlage einbringen." — Die „Sachs. Arbeiter zeitung" erläßt einen Ausruf an „Sachsens Volk", in dem znm rücksichtslosen Kampf gegen die Wahlentrechtung auf gefordert und als Parole die Forderung aufgestellt wird: allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht unter Anwendung des Proportionalwahlsystems. * Die liberale „Dresdener Zeitung" fängt nun auch an, in katholischen Dingen zu arbeiten. In eineni Artikel,, Institutionen und Menschen" handelt sie nach ihren Begriffen über die katholische K'rche ab und schreibt u. a.: Wie die Bewohnerschaft eines großen Hauses, in dem die ver schiedenen Stockwerke alle gesellschaftlichen Schichten in sich ver einen. stellt sich der Aufbau der katholischen Kirche dar. Die unterste Schicht hat nur zu gehorchen und ist von der Teilnahme an der Lehre und Verwaltung völlig ausgeschlossen. Raffiniert sind alle Einrichtungen darauf zuge schnitten, diese Schicht durch die nächsthöhere vollkommen zu be herrschen und sie bei allen Geistesregungen in der Hand zu be halten. Den unteren Priesterstand, die nächste Schicht, nimmt die erfahrene Kirche mit Vorliebe aus den unteren Schichten des Volkes, damit er auch sozial dem Volke uahestcht; daher will sie für ihn nicht viel Bildung und vor allen Dingen nicht viel gelehrtes Wissen. Es ist für die Katholiken, wie für den „unteren Priesterstand" völlig gleichgültig, was die „Dresdner- Zeitung" über die katholische Kirche, deren Priester nsw. denkt und ihrem Leserpublikum auftischt. Also mag sie nur ruhig für einige Mark Tinte während der heißen Zeit in Behandlung dergleichen Dinge verschreiben. Aber wir fragen: was würden unsere»Protestantischen Mitbürger sagen, wenn wir schlankweg behaupteten: das evangelisch- lutherische Landeskonsistorinm wünsche für die evangelisch- lutherischen Pastoren Sachsens „nicht viel Bildung und vor allen Dingen nicht viel gelehrtes Wissen". Sie würden sagen, wir seien leichtsinnige und anmaßende Schwätzer und wir würden ihnen wohl oder übel Recht geben müssen. * Klatsch. Das „Zittaner Amtsblatt" verfehlt nicht, folgenden Klatsch zu bringen: „Christliches" aus Rom. Aus Rom berichtet der dortige Vertreter der „Bert. Volksztg": Als der Brustschnitt bei dein Papste gemacht wurde, spielte sich ciu Stockwerk tiefer eine häßliche Szene ab. Rampolla hatte für den Kardiualkümmercr als Dienst wohnung eine Flucht von Zimmern angewiesen und die Zimmer leute, Tischler und Tavezierer mit der 'sofortigen Instandsetzung betraut, als Kardinal Orcglia, durch den Höllenlärm angelockt, die Entdeckung machte, daß seine Dienstwohnung genau unter des Papstes Zimmer» liege und ihm daher diese Störung von Leos letzte» Augenblicken als besondere Gefühlsroheit ins Schuldbnch geschrieben werde. Voll Zorn ließ der Reichsverweser den Staats sekretär holen und schalt und wetterte vor allen Handwerkslenten so kräftig auf ihn hinein, daß Rampolla in seine Wohnung zurück schlich, sich einschloß und für den Rest des Tages unsichtbar blieb. Warum waren von den 1100 Zimmern des Vatikans gerade jene vier für Leos alten Widersacher ausgesucht worden? — „Schmach und Schande über die Römer!" Also eiferte ein eisgrauer Monsignore. „Wo bleibt der Dank für Leos Wirken? Tausende von Pilgerzügen hat er nach Rom gebracht. Zehn und zwanzig Frank mußten oft für eine Nacht und ein Bett bezahlt werden. Am sizilianischen Wein und au schlechten Nahrungsmitteln verdienten die Herbcrgs- wirte ein Vermögen, lind jetzt? Die Kirchen mit dem auSgesetzten Allerheiligen sind leer, dafür aber sind die Tingeltangels und Konzerte vollbesetzt. Nein, diese Weltstadt ist nicht mehr die fromme Heimstätte des Papsttums!" Klatsch, gehässiger Klatsch!! — Der Zittaner Ruhm hat die „Dresdener Zeitung" offenbar ehrgeizig ge macht; sie beeilt sich, auch aus ihrem Anekdotenschatze „Neuigkeiten" mitznteilen und schreibt: Eine Seherin bei»» Papst. Wie dieser Tage berichtet, äußerte der Papst letztens betrübt, er werde die Novcna der Madonna del Carmine nicht mehr cinwcihen können, da er zu Anfang der Novcna sterben müsse. Nun erfährt das „Berl. Tgbl." aus Rom zur Erklärung dieser Aenßcrung folgendes: Am letzten Montag hatte der Papst eine als Seherin bekannte Karmeliternonne aus dem Kloster der fünf Wundmale aus der Via Salata in Rom zu sich bcschicden. um aus ihren! Munde zu hören, ob er sterben werde oder nicht. Suor Elisabetta. so heißt die Nonne, sott nämlich dereinst auch den Tod Felix FanreS wie den des Königs Umberto prophezeit haben. Die Nonne sagte nun dem Heiligen Vater, er werde während der Novena der genannten Madonna sterben, was der Papst irrig so auffaßte, als sei ihm der Tod schon zu Anfang der Novcna bestimmt, während die fromme Schwester nur die x-t. I...
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)