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Sächsische Volkszeitung : 31.07.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-07-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190807319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19080731
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19080731
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-07
- Tag 1908-07-31
-
Monat
1908-07
-
Jahr
1908
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 31.07.1908
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worden sein, das; er mehrere Tage die Schule nicht habe be suchen können. Tie Züchtigung sei deshalb erfolgt, weil der Schüler den sonntäglichen Gottesdienst versäumt habe. Ties sei aber aus dem Grunde geschehen, weil ihm seine Mutter, eine Witwe, angeblich zu Hausarbeiten dringend brauchte. Eine Anzeige sei trotz des Versprechens des Pfarrers, gegen den Lehrer vorzugehen, nicht erfolgt. Zn Wirklichkeit aber in. wie die E.-A. jetzt erfährt, der Sach verhalt folgender: Ter Kirchenbesilch des angeblich so stark geprügelten Schülers, dessen Mutter eine Gastwirtschaft betreibt, ist ein sehr unregelmäßiger. Belehrung und Er mahnung seitens seines Lehrers hatten bisher wenig oder gar keinen Erfolg. Unter anderem war er auch am Sonn tag den 21. Zuni d. Z. dem ganzen sonntäglichen Gottes dienste ferngeblieben. Aus Befragen suchte er sich damit zu entschuldigen, das; er vormittags habe Gläser spülen, nachmittags die Gäste bedienen müssen. Tiefe Entschuldi gung hielt sein Lehrer für nicht begründet und das mit Recht, denn wenn der Knabe etwa guten Willen gehabt, dann hätte er die kurze Zeit von einer halben bis Trei- viertelstnnde zur Anhörung einer Messe wohl übrig ge habt, zumal ihm hier viermal, um 6G., 7'?., 8>/z und 9>Z, Uhr vormittags Gelegenheit geboten ivar. Ferner darf nach dem Reichsgesetze betreffend Kinderarbeit in gewerb lichen Betrieben die Mutter ihren II G Zahre alten Sohn im Gastwirtichaftsbeti'iebe gar nicht beschäftigen. Ter Lehrer hat dem Schüler vier bis fünf Schläge auf das Ge säß verabfolgt, jedoch halte diese Züchtigung keine nachteili gen Folgen für die Gesnndheil des Knaben gehabt. Er hat zwar an demselben Tage nachmittags und den folgen den Tag in, ganzen sechs Stunden den Unterricht nicht be sucht, aber nach Aussage des Schülers selbst nicht infolge der Züchtigung, sonder» infolge Kopfschmerzen. Zur An wendung körperlicher Strafen ivar in diesem Halle, nach dem Belehrung, Ermahnung, Tadel sich nicht wirksam er wiesen hatte, der betreffende Lehrer ans grund der Schul ordnung vom l. Januar 185!» berechtigt. Was obige Zei tungsnotiz von dem Versprechen des Pfarrers, gegen den Lehrer vorzngeben, betrifft, so ist es gänzlich unwahr, das; er dem Beschwerdeführer gegenüber anerkannt habe, das; der Lehrer unrecht gehandelt hätte. Ueberhanpt scheiden bei diesem Vorfälle die kirchlichen Trgane vollständig ans. Tie .Kirche kann nur insofern in Betracht kommen, als eS sich nni die Erfüllung eines verpflichtenden Kircheiigebotes handelt. Bislang hat es die Schule noch für ihre Ausgabe gehalten, die ihr anvertranten minder zur treuen Beobach tung der Staats und Kirchengesetze zu erziehe». — Tcr niitionallibcrale Abgeordnete Seniler wird im Monat September in den Anfsichtsrat der Siidk imernn- aesellschakl ernteten; er hat sein Referat über diese Gesellschaft für die Budgetkommission bereits niedergelegt. Eine Reihe von Blättern rechnen damit, daß er nun auch das Referat über den Koloirialctat überhaupt »iederlegen werde. Seniler ist eilt im Block-.eichstag Referent geworden. — Dein „Wiesbadener Tageblatt" wild angeblich ans Starnberg folgendes gemeldet: „Der frühere Beichtvater des Zeugen Ernst läßt nach der Entbindung vom Beicht geheimnis seitens des Zeugen Ernst erklären, daß dieser ibiii seine Versehlungen mit dem Zimten Enlenburg schon vor zehn Zähren in der jBeichte gestanden hat " Diese '-Rachricht ist, wie die Zentral-Ansknnftsstelle der katholischen Presse mitteitt, direkt ans Wr Last gegriffen. — Hcercödirnst in Südwestafrika. Zur Südwestasrika steht der Erlas; einer Weheordnung bevor; »vir können daraus folgende Einzelheiten mitteilen: Das Wchrges tz bestimmt grundlegend, das; im Schutzgebiet ansässige Weh:pflichtige nur mit ihrer Zustimmung für die sndwett- c.s ikaniswe Sckntztü'.ppe ansgelwben werden dürfen, alio auch in Driiischland. wenn sie dies wünschen, dienen können. Eine Zreilosnilg gibt es jcdrch bei der Aushebung für die Schntztliippo nicht. Die Bezirksämter führen inner Kontrolle der E-satzbehörden Staininrolle» über alle MitnäiPflichtigen des Bezirks. Wehrpflichtige Reichsangehörige können ihren aktiven D'ensU-fbchten als Ein- ooer Mchrjährig-Freiw.llige iil der Schatztinpve g-'nügen. Tie Dienstpflicht dauert w e in der Heimat bis zum vollendeten 45 Zahre. Z»m Berulaubteiistai-.de der Truppe traten im Zolle dauernden Aufenthalts in den Schutzgebieten die Mannschaften, die in der Schntztri.Ppe ganz oder teilweise gedient haben, sowie die Mannschaften des Be'inlaiibtsiistandes ^es deutschen RAchsheeres und der kaiserlichen Marine. Tffiziere und Sanirälsosfizirre des Heeres und der Marine, die im Schutzgebiete' dauernden Aufenthalt nelmvii. können auf Grund kaiserlicher Verordmiig zum Lssizierskorps des Benrlanbteiista'.ideS der Schichtrnppe überiührt werden. Tos gleiche gilt für Militärbeamte des Beurlaubten- stavdes. Die Person-n des Benriaubtenstandes der Schutzti iippe sowie des Landstiniiies nntertiegen der militärischen Kontrolle nach näherer An ordnung des Goiivernemeiits dinch die vo» ihm zu bezeichnenden Dienststellen. Tie Einberufung des Beurlaiiblenstaiides der Schntztrnppe zu dieser aus Anlaß von notwendigen Veislärkungeu oder Mobilmachung erfolgt durch den Gouveriieur; Befreiung von der Einbenifniig aus Grund häuslicher, gewerblicher, oder amtlicher Verhältnisse ist zulässig. Der Landsturm kau» nur in Fällen dringeilder Gefahr durch de» Gouverneur ausgeboten werden. Sonst geschieht dies durch kaiserliche Verordnung. Geistliche und Missionare können nicht zum Dienst in der Schutztrupve heraugezogeii werden. Wird in der Heimat mobil gemacht, so brauchen Personen des Beurlaubteustandes der Schutz- 1> uppe, sowie die im Schutzgebiete sich aufhaltenden Personell des Benilalibtenstandes des Heeres und der Marine und des Lmidsiurms nicht nach Deutschland zinückzukehrcii. Die aktive Dienstzeit dauert für die Reichs- augehöngeu, sowcwl Z.eiiviliige wie Auögehobene. abgesehen vail den Einjährig-Freiwilligen, unbeschadet einer freiwilligen längeren Dienstzeit auf Antrag. 2 Zahre. Die Wehr- orduiing schasst Ersatzbehördeu I.. 2. und 3. ob wster Znstaiiz. — Gin „Bund fortschrittlicher Katholiken" soll sich nach der „Berliner Volkszeitimg" in München gebildet haben. Der Bund will durch „Wort und Schrift, in Volks versammlungen nsm. mit aller Energie dahin wirken, daß die absolut immoralische Ehelosigkeit der katholischen Geistlichen mit allen gesetzlichen Mitteln beseitigt werde." Dazu erfahren wir nun. daß in München von einem solchen „Bund fortschrittlicher Katholiken" überhaupt nichts bekannt und nichls zu erfahren ist. Nach dem vorgenannten Berliner Blatte soll sich das Aktionskomitee in Utting am Ammersee best den. Ars provisorischer Vorsitzender diese- Komitees ist laut einer von dein Bunde herauSgegedensi: Kund machung. Redakteur a. D Lutz in Utting am Ammers-.e berufen worden. Dieser Herr Lutz nun mar 14 Jahre Anno! cenegiiisiteur der liberalen „Augsburger Abendzeitung" und ist auch sonst im Dienste der liberalen Partei tätig. Man wird also in der Annahme, daß die ganze Jache, vo» der man in München ja noch gar nichts gehört hat, vom Evangelischen Bunde und vom Deutschen Monistenbund in Szene gesetzt wurde, nicht fehlgehen. Es soll dadurch Uneinigkeit im katholischen Volke hervorgerufen werden, woraus daun die „Fortschrittler" V-rteile ziehen wollen. Das katholische Voll weiß aber, was es von seinein in jeder Beziehung einwandfreien Klerus zu halten hat und läßt sich auch durch Ausschtachtung geringer Ausnahmen nicht irre machen. — Ein kvliipctciitcs Urteil über dir Los von Rom-Be- ivcgiing in Oesterreich. Für die Los von Rom-Bewegung in Testerreich werden in verschiedenen deutschen Bniides- slaaten aus 'Mitteln der protestantischen Landeskirche Unter stützungen gegeben. Bei Beratung des protestantischen Kir- chensteuergesetzes im !>. Ausschuß der bayr. Abgeordneten kammer kam der Abgeordnete Tr. Pichler sZeutr.) aus die sen Unfug zu sprechen und billigte es, daß dies in Bayern nicht zugelasse» werden soll; denn es iei eine schwere Ver letzung der Rücksichten gegen den uns so eng verbündeten Staat Testei reich; wir hätten in Teutschlaud alle» Anlaß, eine solche Brüskierung von Test ec re ich zu vermeiden. Ter liberale Abgeordnete Tr. Günther billigte diese Anssührnn- gen Tr. Pichlers durchaus, es sei nach seiner Auffassung ein bedauerlicher Mißbrauch, wenn öffentlich ansgebrachte Mit tet für solche Zwecke verwendet würden, denn es handle sich bei der Los von Rom-Bewegung in Testerreich gar nicht nni kirchliche, sondern nni rein politische Zwecke, nni eine politische Agitation. Tr. Günther ist bekanntlich gläubi ger Protestant. Um so schwerer fällt seine M'einniigsällße- rnng ins Gewicht. — Bravo! Koloniale Sclinapshändler batten sich über die inilitärische Zivilverwaltnng in Südwestafrika be schwert; nnninehr antwortet ihnen Therstlentnant von Estori' mit der Feststellung, „das; ini ersten Viertel dieses Jahres drei Weiße ans dein Bezirke Rehoboth ansgewie- sen wurden wegen verbotenen Schnapshandels an die Ein geborenen. Zeder Unbeteiligte wird dies energische Ein greifen des inilitärische» Tistriktschefs und des Goiiverne- inents gntheißen, welche ihre Schutzbefohlenen gegen Ueber- vorteilnng und Verführung schützen." Man kann nur wünschen, das; iniwer io scharf vorgegangen wird. Tie „Deutsch südwestasritanische Zeitg." bringt dein Staats sekretär Ternbiirg zu Ehren einen BegrüßnngSartikel. Ta wird zunächst bedauert, daß die Schntztrnvve noch weiter hin verininder! und durch Polizeitrnvpen ersetzt werden soll. Natürlich, wovon sollen die Besitzer der unzähligen .Soleis, Bars, K»einen und die anderen zahlreichen Speku lanten leben, wenn inan ihnen durch Herabsetzung der Sckmtztrnppen die Kundschaft entzieht? Deshalb auch das eifrige Bemühen, woinöglich mit den Tbainbos Konflikte zu entfesseln. Ein neuer .Krieg wäre ein gefundenes Fressen für die Taufende von halbverkrachten Eristenze» iw Lande. V'eilerln» protestier! das Blatt gegen sede etwaige Absicht, das Los der iw traurigsten Hörigkeits-Verhältnisse befind lichen Eingeborenen zu verbessern. Tie Verordnungen seien eine „stramme Zacke, aber eine gute Zacke". Tie Ein geborenen singen an. sich an diese „stramme Zacke" zu ge wöhnen. Wolle inan ihnen da eine neue anpassen, die viel leicht „schmucker und behaglicher kleide", so möchten sie — so fürchtet inan am Ende der Zwangsjacke der hrntalen Arbeitssklaveres zu entschlüpfen suchen! Eine dichtere Be siedelung des Landes durch Kleinkolonisteii erklärt das Blatt ja für ausgeschlossen! Es schreibt: „Nach wie vor stebt für uns im Vordergründe des Zntereises die Verwer tung des Zaringeländes. Eine nennenswerte Erhöhung der Bodenpreise würde den Gruiidi'ätzen einer rationellen Besiedelungs-Politik zuividerlallfeii. Ze billiger das Land vertäust wird, »in so schneller und intensiver wird die Be siedelung des Landes vor sich geben. Ter Versuch, durch Kleiiisiedeluiigeu eine dichte Besiedelung zu fördern, gilt alle» Kennern des- Lundes für fehlgeschlagen . . ." Was wir immer gesagt haben! Flrischteiierniig in England. Zw englischen Unter hanse teilte Handelsniinister Ebnrcbill mit, eine besondere Konunission solle die Frage nntersnchen, inwieweit und in welcher Weise Zufuhr und Preis des Fleisches in Groß britannien durch irgend eine, Koinbiiintion vo» Firmen oder Gesellichgsle» kontrolliert oder berührt werden. Zn der Besprechung dieser Maßnahme schreibt das freisinnige „Bert. Tagebl.": „Mit Rindfleisch dürsten auch die andercil Sorten teurer werden; von Schweinesleisch, das in England schon an und für sich recht teuer, bis zu den Kaninchen, deren sades-, süßliches Fleisch vo» den meisten Engländern geradezu als Delikatesse geschätzt wird, bis zum Hammel fleisch. „Mnttoil", dem echten gastronomischen Wahrzeichen Britanniens". Das freihändlerische Blatt rechnet damit, daß demiiäcbst Rindfleisch nicht unter 1,5i> Mark Pro Pfund werde erhältlich sein. Tiefen Preis wird man aber erst richtig würdigen, wen» inan bedenkt, daß das englische Pfund ein Zehntel leickrter ist als das deutsche. Nun halte man unsere Preise in Deutschland dagegen, diese sind wesentlich niedriger. Wem verdanken wir diese» Zustand? England hat leine Viehzölle und keine oder geringe Sperr- vorschriften; es ist das Land des Freihandels; vor einigen Zähren wies inan vom Freisinn immer darauf hin, daß hier das Fleisch billiger sei. Jetzt ist es umgekehrt. Durch den Schutzzoll einerseits und durch die scharfe Grenzsperre an dererseits konnte sich unsere Viehzucht gut entwickeln, sie ist daher beute in der Lage, den Anforderungen des heimischen Marktes nahezu ganz zu genügen. So haben wir billige Preise und das Geld bleibt im Lande. — Ehescheidungen. Es ist ein recht wenig erfreuliches Zeichen, daß die Zahl der Ehescheidungen von Jahr zu Jahr ziiiiiiiiiiit. Zm Zahre 11X12 waren es 5278, im Zahre 1903 ! 5981, ini Jahre 1904 6567, im Jahre 1905 6924 und im Jahre 191X, waren es bereits 7539, also 2261 mehr als vor fünf Jahren. Den höchsten Prozentsatz weisen Berlin und Hamburg auf. In Berlin entfielen l!)06 auf 100 600 Ein wohner 79,5, in Hamburg 76,6 Ehescheidungen. Einen bohen Prozentsatz zeigen auch Bremen mit 59,1, König reich Sachsen mit 32,3. Der Reichsdnrchschnitt beträgt l9,9. lieber diesem stehen noch mit 27,5 Brandenburg ohne Berlin, mit 26,9 Schleswig-Holstein, Altenburg mit 24,0, Lübeck mit 23,3, Rens; j. L. mit 22,0 und Provinz Sachsen mit 2l,7. Unter dem Neichsdurchschnitte blieben mit 19,4 Anhalt, mit 18,6 Vrannschweig, mit 18,4 Neuß ä. L., mit 17.7 Pommern, mit 16,9 Elsaß-Lothringen, mit 16,5 Ost preußen, mit 16,4 Hessen-Nassau und Weimar-Eisenach, mit 16,3 Soiidershansen, mit 15,4 Rheinland, mit 15,2 Schlesien und Kobnrg-Gotha, mit 15,0 Hessen, mit 1-1,7 Meiningen, mit 13,5 Mecklenburg-Strelitz, mit 13.1 Rudolstadt, mit 12.7 Hannover, mit 12,5 Westprenßen, mit 11,5 Westfalen, mit 11,4 Bayern, mit 11,2 Württemberg, mit 9,6 Mecklen burg-Schwerin, mit 8,1 Waldeck, mit 8,3 TIdeiibnrg, mit 6,7 -Posen. Tie geringsten Ziffern weisen die beiden Staaten Lippe lind Schaiimbiirg-Lippe auf. Zn erstcrem fallen auf 100 001» Einwohner nur 6,1. im letzteren sogar nur 2,2 Ehe scheidungen im Jahre 1906. Oefterreich'Unstar«. — Der mährische Landtag wird am 14. September zu einer längeren Tagung znsammentreten. Ihm wird die Reform der Gemeindewahlordnung sowie eine Vorlage über die Errichtung einer mährischen Landesbank und die Reorganisation der KontributionSfonds vorgelegt werden. — Die von dem englischen Schatzkanzler Lloyd George aus dem Friedenskongresse gehaltene Rede enthielt eins scharfe Verurteilung der britischen Zlottenpolitik und ein rückhaltloses Lob Deutschlands. Mr. Lloyd George brachie zum Ausdruck: „Während wir friedlich mit Deutschland Handel treiben und jedes Land aus der Arbeit des anderen Nutzen zieht, baue» wir zu gleicher Zeit Kriegsschiffe und organisieren eine Armee. Es gibt Männer bei uns in bedeutender Stellung und von großer Erfahrung, die völlig unter dem Eindruck stehe», daß Deutschland die Absicht Habs, uns anzugreifen. Und cs gibt Leute in Deutschland, welche in gleicher Weise davon überzeugt sind, daß wir im Begriff seien, sie zu überfallen. Alls dieser Furcht vor einander bewaffnen wir uns und stürzen uns in eben diesen Konflikt, vor dem wir uns beide sülchten. Ehemals hatte es sich genau so mit Frankreich verhalten und ich empfehle den Leuten, die jetzt beständig über das deutsche Gespenst in Erregung geraUn, die Rede Eobdens vom Jahre 1853 zu lesen. Sie werden finden, daß man nicht ein einziges Argument gegen Deutschland anwendet, das nicht früher gegenüber Frankreich gebraucht worden wäre. Tatsache ist, daß beide Länder einander fürchten, daß sie gegeneinander Schiffe bauen und sich Absichten unterschieben, die gleicher maßen grundlos sind. Das einzig Wirkliche bei alledem sind die Kosten. Der Lord führte weiter aus. man möge sich doch erinnern, daß England den Anfang gemacht, indem es die Konkurrenz in Rüstungen begonnen habe. England sei also verantwortlich für den Wettbewerb der Nationen in dieser Beziehung. England sei schon den Deutschen bei weitem zur See überlegen, aber England verlange immer mehr Schiffe, immer mehr Dreadnougths. Betrachtet man dagegen das friedliche Deutschland, so sieht man, daß die deutsche Armee die einzige Verteidigung Deutschlands, ebenso wie die englische Flotte die einzige Ver teidigung Englands sei. Daher müsse angenommen werden, daß Deutschland friedlicher gesinnt sei als England. England habe gute Bezic hangen mit Frankreich und zu anderen Ländern ongebahnt, warum könne das nicht auch mit Deutschland geschehen." Rußland. — Das französische Geschwader ist um Mitternacht in See gegangen. Die Kapellen auf den russischen Schiffen spielten die Marseillaise; die französischen und russischen Schiffe gaben einen Salut von 2l Schuß ab. Eine Ab teilung Torpedoboote begleitete das Geschwader bis zum .Kap Dagerort. Die Kaiserjacht Standart verließ am Morgen mir dem Zarenpanr die R.ede von Reval. Amt lich wird erklärt: Der Besuch des Präsidenten Falliörcs trug de» E-rarakter der Eonrtoisie und Freundschaft. Die Unterredungen zwischen den Staatsoberhäuptern und den Ministern ergaben eine vollständige Ucbereinstimmung der Ansichten über alle Tagesfragen der internationalen Politik. Die Minister Pichon und Jswolski vereinbarten, die russischen Vorschläge betreffend die mazedonischen Reformen in Berücksichtigung der neuen Lage in der Türkei in der Schwebe zu lassen. Türkei. — In den Straßen StamtmlS zeigt sich ein belebtes Bild. Zahlreiche Menschen, meistens Manifcstanten, eilen zur Pforte und zum Bureau des GroßwcsiratS. Die hiesige Presse gründete einen Krub. Es heißt, der neu- ernannnte Polizciminister Hamdi Bey sei wieder abgesetzt > worden, weil die Bevölkerung unzufrieden mit ihm ist. DerGericraliilsPckior derTabakregie HabibMelhame wnrdean der türkischen Grenzennter der Anklagedec Spionage verhaftet. Die Mitglieder des Oomitö ottornan poiir union ot pro- ^rvü waren gestern zum Scheik ül Islam geladen. An gesichts einer greßen Menschenmenge hielt dieser folgende Ansprache: Unser erhabener Souverän berief mich zu sich und sagte: „Ich bin sehr befriedigt von dem Danke des Volkes und beauftrage Sie, in meinem Namen zu er klären, daß ich schwöre, die Verfassung, die ich meinen treuen Untertanen gewähre, voll anzuwenden. Niemand wird dies verhindern können. Mögen alle Gemüter sich beruhigen, und möge ein jeder seinen Geschäften nachgehen!" Wie der Scheik ül Islam bemerkte, habe der Sultan diese Versicherung gegeben, indem er die Hand auf den Koran legte ; er habe versprochen, bald mit Gottes Hilfe alle nütz lichen Maßregeln durchzuführen. Tewfik Bey forderte zur Einstellung der Kundgebungen auf. Ein heute erschienenes Jrade verlegt den gesamten politischen Verkehr aus dem Palais nach der Pforte. Oberst Hamdi Bey. Komman dant von Dibra, ist zum Brigadegeneral und Mutessarif von Dibra ernannt worden. Dem Minister des Innern
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