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Mittüwch, den 2. Juli 1010 ballen Jahre» der Schicksalsnot und Kriegswetter. st soll fortan iin gleichen Wort ausktingen Vaterlandsliebe und hoffende deutsche Treue, sich weiter künden und fortzünden bis in die Zukunft, die im neuen Strahlen Schmach und Trauer dieser GegenXvart vergessen machen wird. Das deutsche Bürgertum grüßt aus dieser Gesinnung und Hoff nung Euer Exzellenz in niemals wankender Treue und Dank barkeit. Das Präsidium des Reichsbürgerrates. Dr. Wessel, Präsident, Dr. M e y e r - A b s b e r g , München, Vizepräsident. Tr. S ch m i d t-E l b e r f e l d , Beisitzer. Dank Hiudenbnrg« Äolber,, 1. Juli. Generalfeldmarschall v. Hinden- bürg erläßt folgende Dankerkundgebung: „Anläßlich meines Rücktritte» vom Kommando sind mir von allen Teilen Deutschlands BbschiedSgrütze und Wünsche in überreicher Zahl zugegongen. Die freundliche Gesinnung, die darin zum Ausdruck gebracht ist, hat mich tief bewegt und wird mich als ein L'chtblick in die Zukunft geleiten. Ich kann leider nicht jedem einzelnen persönlich antworten, danke aber hiermit allen von ganzemHerzen. gcz v. Hindenburg." Die Lndendorff-Spende Berlin, 1. Juli. Nach den Abendblättern hat die Ludendorfs - Spenoe bis Mai d. I. rund 155 Millionen Mark singebracht. Die Beträge werden von der Kriegs' beschtidigtenfürsorge zur ergänzenden Fürsorge sür die Kriegsbeschädigten verwandt werden. Neue- an» Gotha Berlin, 2. Juli. Der Lokalanz. meldet aus Gotha: Die aus drei Unabhängigen bestehende Regierung legte der LmdeSversammlung den Entwurf einer Verfassung vor, durch die das reine Rätesystem sestgelegt werden soll. Unter den wichtigsten Bestimmungen sind folgende: Die vollziehende Staatsgewalt wird von Arbeiter- uud Bauern« rälen auSgetbt. Die Kirche wird vom Staat, die Schule von der Kirche getrennt, Religionsunterricht wird nicht erteilt. Privatschul n find verboten. Da im Landtag die Unabhängigen mit 10 gegen 8 Stimmen die Mehrheit haben, dürfte dieser Entwurf angenommen werden. Kommunistische Versammlung > Wien, 1. Juki. Aus Anlaß der N e i ch s ko n fe r e n z der Arbeiter räte hatte die kommunistische Partei für den Abend eine Versammlung vor dem Rat hanse einberufcn, welche vollkommen ruhig verlief. Nach dem mehrere Redner gesprochen hatten, wurde eine Ent- icbiießung beantragt, welche verlangt, daß unberücksichtigt um die Regierung die Neichskonferenz der Arbeiterräte dir Räterepublik Proklamieren sollten. Tie Entschließung wurde aiigenommen. Ein großer Teil der Versammelten enthielt sich der Abstimmung, Ein Teil der Versammlungsbesucher bcgab sich zur Hinterseite des Parlaments, wurde jedoch pon Ordnerketten und Volkswehr abgedrängt. Die Kärntner und Vorarlberger Delegierten wiesen in ihren Berichten auf das Auftreten ihrer Arbeiterräte gegen die partikularisti- scheu Bestrebungen in ihren Ländern hin. Die Delegierten betonten die Notwendigkeit einer Einigung des Proletariats, um zum Kampf gegen die Reaktion gerüstet zu sein. Fried- rich Adler erklärte, nach dem vorgelegten Orgvnisations- siatut sollten die Arbeiterräte eine Massenorganisation des Proletariats sein. Dadurch sei es unmöglich geworden, daß ähnlich wie in Deutschland Vertreter der bürgerlichen Schichten in den Arbeiterrat hineinkommen. Fried- iänder vertrat die kommunistischen Anträge. Die meisten traten gegen die Anträge ein. Polen Paris, l..Juli. (Agence Haväs.) Zwischen d^» Ver einigten Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich, Italien und Japan einerseits und Polen andererseits wurde als Bestätigung der Anerkennung Polens als unabhängigen Park und fließendes Wasser. Die Herrschaft fiel mit der Herzogin Dorothea, die einen Neffen des Ministers Talleyrand zn unglücklicher Ehe heiratete, an dieses Geschlecht im Jahre 1845. Ter letzte Herzog Bo hon starb vor einigen Jahren. Seitdem wurde' die Herrschaft von, Oberlandesgericht Breslau verwaltet. Nunmehr werden alle Lehen und Fideikommisse aufgehoben. Kie trunsit Floriu munckil Herrlich ist der große Park. Uralte Bäume spenden Schatten. -Besonders wirkt eine einzelstehende, gewaltige Blutbuche. Walten stein mag sie noch gekannt haben, ber auch einige selten schöne Edeltannen fielen uns ans. eriihmt ist die Rosenzucht wor dem Schlosse. Alle Arten der Blumenkönigin findet man hier, grade jetzt zu vollster Blüte entfaltet. Die weiten Rasenflächen zeigten hie und da schon gelbe Stellen vom Sonnenbrand der letzten Wochen. Ihnen wird der starke Regen sehr Wohl getan haben. Das Schloß hat etwa 150 Räume, von denen 30 Wohn- und Prunkzimmer gezeigt werden. Der alte.Haus verwalter, seit 1885 im Dienste der herzoglichen Familie, führt mich herum. Seine Erklärungen beweisen, daß er die vielen Knnstschätze recht zu würdigen weiß, die in Jahr hunderten hier zusiammengetragen worden sind. Ans der Fülle des Sehensiverten kann ich nur das Wesentlichste Her nusgreifen. Der Erbauer des Schlosses ist wiederholt figürlich und bildlich dargestellt. Ta hängt das lebensgroße Oelbild Wallen st eins inmitten seiner Generale Terzky, Piccolomini, Tiefenbach. 'Streng und finster blickt der Friedländer gerade ans: zur Wand gegenüber, wo seine Gegner sind: Herzog Bernhard von Sachsen-Wei mar, König Gustav Adolf, der Kanzler Oxen- stiera. Der 30jährige Krieg, der vor 300 Jahren Deutsch, land verwüstete, steht damit vor ineinem geistigen Auge. Ein Schachbrett, chinesische Arbeit aus derselben Zeit, fesselt mich dann. Die wunderbar fein geschnitzten Elfenbein- figüren stellen mittelalterliche Kämpfer dar, die weißen dentschen Ritter, die roten Chinesen. Eine erlesene Kostbar keit ist «in Mokkaservice in Goldbronze, türkische Arbeit des 16. Jahrhunderts, von Johann Sobieski bei der Be - ^ Staates unter Zuteilung von Gebieten des ehemalige» Deutschen Reiches ein Vertrag unterzeichnet, der Polen dieses Gebiet zujpricht. Polen verpflichtet sich, alle» Bewohnern Polens Schutz von Leben und Freiheit zu ge währen. Alle Bewohner Polens werden das Recht habe», jedes Bekenntnis ansznüben, das mit der öffentlichen Ord nung nnd mit den guten Sitten nicht in Widerspruch steht. Polen erkennt als polnische Staatsangehörige die bisherigen deutschen nnd österreichisch - ungarischen Staatsangehörigen in Polen an unter dem Vorbehalt der Bestimmungen des FriedenSvertmges mit Deutschland und Oesterreich über die Staotsangehörigen. die noch einem bestimmten Tage ans den in Frage kommenden Gebieten ihren Wohnsitz genom men haben. Diese Bestimmungen werden unter Garantie des Völkerbundes gestellt. Polen wird den Alliierten Trcw- sitfreiheit nnd Meistbegünstigung gewähren. Es wird den dem Völkerbünden angehörenden Staaten gleiche Rechte und Privilegien gewähren und übernimmt die Verantwortung für die russische öffentliche Schuld und für die anderen finanziellen Verpflichtungen des russischen Staates. Zum Erdbeben in I allen Berlin. 2. Juli. Das Berl. Tagbl. meldet aus Mai land: Nach einer Meldung der Europa Preß wird die Gesamtzahl der Opfer in Toskana auf 250 Tote an gegeben. Es herrscht großer Mangel an Verbandsstoffen und Lebensmitteln Die Nationalversammlung 43. Sitzung. Tienstrig den 1. Juli. Auf d-n Tages ordnung sichen zunächst Anfragen. Abg. M n m »i (Tentschnat. Volksp.) fragt nach der Verwendung non Neichsgeldern für Parteizwecke, wie üe dnrch Versendung von Broschüren und sonstigen Triicl'achen durch den Werbedienst der Deutschen Republik und die Zen- rral' für Heimatdienst durch portofreie Sendung erfolgt sei. Geh. L berrcgierungsrat im Reichsministerinm des In nern F:hr. v. Welser: Seit Anordnung der Liquidation des Weibeoienstes sind nach Angaben des Leiters neue Truck- austräge nicht mehr erteilt worden: eine Reihe von Truck- aufträgen konnte aber nicht mehr rückgängig gemacht wer den. Soweit dieses Propagandamaterial unbedenklich er schien. wurde es vom Werbedienst noch verbraucht. Seit mehreren Wochen ist aber jeder Versand endgültig eingestellt worden. Tie Liquidation des Werbedienstes ist nahezu ab geschlossen. Tie Abrechnung wird einer genauen Prüfung durch einen Sachverständigen unterzogen werden. Die von der Zentrale sür Heimatdicnst verbreitete Denkschrift „Der Geist der neuen Volksgemeinschaft" ist lediglich eine private Schrift, die den Entwurf eines Organisationsplanes ent hält nnd zum Meinungsaustausch anregen soll. Auch ans Kreisen der politischen Richtung des Herrn Abg. Mumm sind dafür der Zentrale für Heimatdienst zahlreiche Anerken nungsschreiben zugegangen. Eine Durchführung des Orga nisationsplanes ist selbstverständlich nach keiner Richtung erfolgt. Irgendwelche Geldmittel sind für seine Verwirk lichung nicht aufgewendet worden. Abg. M u m m stellt die Ergänzungsfrage, ob der Ne gierung bekannt sei, daß diese Antwort in schroffstem Wider- spräche stehe mit der Antwort des früheren Ministerpräsi denten Scheidemann, wonach der Werbedienst der Deutschen Republik bereits seit Februar sich jeder Propaganda ent- halten halbe, und ob die Regierung die heute nicht beant wortete Frage, wieviel Geldmittel verwendet seien, später in der Oeffentlichkeit beantworten wolle. — Eine Antwort erfolgt nicht. Es folgt der Bericht des Reichshanshaltansschilsses über die Verordnung zur Schaffung von landwirt schaftlichen Siedlnngsland. freiung Wiens erbeutet und einer Herzogin geschenkt. Die Chinesen sind noch mit Truhen in eingelegter Arbeit, vor allem aber mit pretslosen alten Vasen aus dem 17. Jahrhundert vertreten. Auch anderes köstliche Porzellan. Sdvres und Alt - M e i ße n , ist in reicher Fülle da. Zwei rissige massiv-silberne Tafelleuchter stellen ' Bäume mit Blättergerank dar. Immer wieder, wenn man die lange Zimmerflucht durchschreitet, fesseln die Bilder. Der Stolz des Schlosses ist der „Lautenspieler" von Velasquez. Ein schöner Jüngling mit dunklen schwärmischen Augen scheint die Lippen zu öffnen, um ein kleines Schelmenlied zur Laute zu singen. So frisch sind die Farben, daß man glauben möchte, erst gestern lind nickst vor 300 Jahren iei das Bild gemalt. König Ferdinand von Spanien hat den alten Meister dem Staatsmann Talleyrand ge schenkt. Der selbst blickt verschlossen und überlegen aus großem Oelbild von der Wand, als denke er eben: „Die Sprache ist da, um die Gedanken zu verbergen." Das Bild habe ich doch schon irgendwo gesehen. Richtig, 1913 auf der Ausstellung in Breslau zur Jahrhundertfeier der Freiheits kriege. Da war auch der Empiretisch, der unter dem Bilde steht. Daran ist der Schlußakt des Wiener Kongres - s e s unterzeichnet worden. Ich denke an die Unterzeichnung des Gotvaltfriedens in V e r s a il l e s. Gerade heute findet sie statt. Man hat Deutschland nicht so gesck)vnt wie 1815 Frankreich. An einer Wand hängt die Madonna della Sedia. Ich will sehen, ob es eine gute Kopie Raffaels ist, da entdecke ich erst, daß es sich um kein Bild, sondern um einen meisterhaften Gobelin handelt. Achnliche.Kunst werke sind die von der Herzogin Dorothea gestickten Möbelbezüge. In einer Galerie fesselt die Mormorfignr der „Fischerin" von einem römischen Meister, ebenbürtig stellt sich ihr deutsche Bildhauerkunst in der „Wasscrträge- rin" von Wichmann im großen Tanzsaak zur Seite. Prachtvoll sind in echter Bronze die Figuren bedeutender Franzosen des 18. Jahrhunderts behandelt: Voltaire und Rousseau, Bossuet und Pascal, Cor neille und Moliere, endlich Mirabeau der große Redner, aber charakterlose Mann. Aus einer Ecke lächelt ein bekanntes Gesicht mit großen blauen Augen im Bilde. Nr. 118. Seite 3 Ausickmßberichteistattcr Abg. Allekottc (Zeiitr.i: Der Ausschuß hat die Verordnung zu einem Geietzeiilwurs nmgearbeitet, der in seinem 8 1 bestimmt, daß die Bundes staaten verpflichtet sind, gemeinnützige Siedliingsniilerne'.i- iiuingen zur SckMsnng neuer Siedlungen und zur Hebung bestehender Kleinbetriebe zn bilden. Abg. B l n in (Zentr.): Tie Frage, vb der Großbciiv ober der Kleinbcütz vorzuziehen iei, ist dahin zu beantworten, daß für unsere Volkswirtschaft eine gesunde Mischung der beiden das richtigste und zweckmäßigste ist. Auch i» den Städten bestellt großer Eifer für die Errichtung von Sied- liingsbaiitätigkeit, aber inan klagt lehr, daß die staatlichen Zuschüsse nicht an-rreichen. Aber unter biireankiatischer Ver waltung darf das Siedlungsweien nicht ersticken. Abg. Schmidthals (Deinotr.): Es müssen in der Landwirtschaft weniger große und mehr kleine Betriebe ge schussen werden. Abg. Lobe (Soz.): Wir begrüßen diese» Gc>ev- entwnn, weil er endlich ein Beisprechen crsüllt, das dcn .Kriegsteilnehmern gegeben worden ist. Abg. Dr. Roes icke lTeiilschnat. Bolksp.): Wir baten uns sür das Siedlnngswesen immer lebhaft iutereinert, Herr von Wangenheim und andere unserer Freunde haben bahi brechend 'n ihm gewirkt. Bon den tatsächlich erretten Erfolgen geht uns im Osten so gut wie alles vei.oren. lim so notwendiger ist die Vermehrung des Siediiingst'.ude?, be»>! seht innß Deutschland wieder Agrarstaat weinen. Abg. Wurm (llnabh.): Meine Fraktion wird nicht sür das Gesetz stimmen, weil es nicht praktische Arbeit leistet, sondern trügerische Hofsnnngen erweckt, die nickst erfüllt werden können. Kein Augenblick ist für neue Siedlungen ungünstiger als der gegenwärtige. Wer bei den hohen Bau kosten und hohen GrilndstürkSpreiien eine solche Siedlung übernimmt, ist vom ersten Tage an bankrott. Die eigene Stelle ans dem Lande ist durchaus nicht die Sehnsucht des Arbeiters. Unsere landwirtschaftlichen Verhältnisse können nur dadurch gesunden, daß an die Stelle der Privatbetriebe die Geineinwirtschaft tritt. Regieruugskoiumissar Prof. Serin g: Tic Ansichten des Vorredners sind wissenschaftlich längst widerlegt worden, sonst würde dieses Gesetz ein Feblichlag sein. Abg. Dr. Heim (Zentr.): Tie Sozialisten waren nicht immer so konsequent wie der Abgeordnete Wurm heute. Heute freilich bilden die Sostalisten zwei Parteien, »nd ich nehme es niemand übel, wenn er sein Programm revidiert. (Heiterkeit.) Das Gesetz ist ein hervorragend konservatives. Gesetz, ansgegangen von der heutigen Regierung. Sie wird noch häufiger solche konservative Politik machen müssen. Die Schaffung kleiner Existenzen ist ein konservativer Ge« danke. Er läßt sich mir genossenschaftlich verwirklichen. (Zuruf des Abg. Haase: Das wollen wir ja!) Sie wollen sozialisieren. Aber zwischen Sozialisierung und Genossen schaft, Herr Haase, ist ein Unterschied wie zwischen einem Löwen und einem Häsen. (Stürmische, minutenlange Hei terkeit.) Die Sozialisierung würde die deutsche Produktion: erMveren. (Sehr richtig!) Tie Landwirtschaft verlang! individuelles Interesse. (Sehr richtig!) Ich kann mir nickst denken, daß man z. B. den Vorgang des Melkens maschinell betreiben wird. (Heiterkeit.) Unsere Agrarkrins wird in erster Linie den mittleren und größeren Grund besitz treffen, soweit er Getreidebau betreibt. Wir stehen vor der Gefahr des Uebergangs der intensiven zur exten siven Wirtschaft und damit vor dein Rückgang der Körner- erzeugung. Das Hans trat darauf in die Abstimmung erster nnd zweiter Lesung ein. Der Entwurf des Ausschusses wurde im allgemeinen angenommen: Schwierigkeiten ergaben sich beim 8 24 über die Frage der Kompetenz zwischen Reich und Einzelstaaten. Nach längerer Debatte beschloß man. dis dritte Lesung einige Tage zn tierschieben. Es ist A nna Ainalia, Herzogin von Sachsen-Weimar, die Freundin Goethes. Die ich in ihrer Heimat so oft gesehen, ich grüße sie znin ersten Male auf schlesischem Boden. Etwa 12 000 Bände füllen die beiden hohen Säle, die die beiden Bibliotheken enthalten, die deutsche wie die französische. Der einstllndige Rnndgang ist beendet. Ter alte Hausmeister verabschiedet sich. Ich will am Bahnhof hören, ob nicht vielleicht nachmittags zufällig ein Zug nach Bres lau geht. Glück muß man haben. Gerade wird einer zu sammengestellt. Ich kann nur noch ins Gasthaus telepho- nieren lassen, daß ich mein Gepäck auf der Rückreise noch' Weimar holen werde. Tann fahren wir nd. Bis Breslau aber kommen wir nicht. Ter Bahnhof ist militärisch besetzt. Noch vor der letzten Station vor der Hauptstadt müssen wir aussteigen. Der letzte Teil der Reise von Weimar muß also zu Fuß gemacht werden. Hnn- derte von Männern, Frauen, Kindern pilgern aus den vo n Regen anfgeweichten Feldwegen der Stadt zu. Am West ende Breslaus erreichen wir die Straßenbahn. Die große Waggonfabrik L in k e-H o ff ma n n ist geschlossen. Ihre 6000 bis 8000 Arbeiter sind in Sympathiestreik für biß Eisenbahner getreten. Schon am Weichbilde hören wir, daß der Belagerungszustand über Breslau verhängt ist. Zum ersten Male lvährend des Krieges. Nach Friedensschluss Welch bittere Ironie. Als wir auf den Ring kommen, hören wir heftiges Maschinengewehrfeuer südwärts. Alls der Gartenstraße ist es zum Zusammenstoß der Menge mit dem Militär gekom men. Zwei Tote, sechs Verwundete. Die Stadt gleicht einem Heerlager. Ueberall Patrouillen mit aufgepflanztem Sei tengewehr. Kraftwagen mit Bewaffneten. Geschütze. Ma schinengewehre. Ten ganzen Abend und die halbe Nächst hält die Schießerei an. Heute Sonntag früh fällt starker Regen. Das hilft mehr als alle Aufrufe und Mahnungen zur Ruhe. Die Straßen sind leerer als gestern. Alles scheint ruhiger. Heute nachmittag soll über die Wiederaufnahme der Ar. beit Beschluß gefaßt werden. Hoffen wir, daß die Ver nunft siegt. Ik.