4. Der byzantinische Zellenschmelz. 67 fuhr hiermit auch die Schmelzkunst einen neuen Aufschwung, der sie bald auf den Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit brachte. Diesen haben wir zu datieren unter die Regierungszeit des Enkels von Basilius dem Mazedonier, des Constantinus VII. Porphyrogenetus (918—953). Aus einer von diesem Kaiser selbst verfassten Schrift „Ueber die Ceremonien am byzantinischen Hofe“ können wir einen ziemlich sicheren Schluss auf die Menge von Emailarbeiten ziehen, welche unter seiner Regierung am kaiserlichen Hofe und in der ganzen Residenz verbreitet waren. Wir erfahren da u. a. von einer erstaun lichen Prachtentfaltung gelegentlich eines Besuchs des Emirs von Tarsus, wobei die Kostbarkeiten des kaiserlichen Schatzes und der Hauptkirchen, darunter viele Schmelzarbeiten, ausgestellt waren; der Stadtpräfekt schmückt einen Saal mit purpurnen Seidengeweben und mit goldenen und emaillierten und in Silber getriebenen Arbeiten, „welche natürlich von den Geldwechslern hergegeben waren“. Diesen letzteren Zusatz nimmt Schulz (a. a. O. p. 18) zum Ausgang für den scharfsinnigen Beweis, dass von der verschiedenerseits behaupteten Monopolisierung der Schmelzarbeit durch den kaiserlichen Hof keine Rede sein kann, dass vielmehr aafser den von dem letzteren als Hofkünstler, vielleicht im Palast selbst beschäftigten Emailarbeitern eine grofse Zahl selbständiger Betriebe dieser Kunst in der Stadt verbreitet gewesen sind, welche von den Bankhäusern abhängig waren und diesen wohl in vielen Fällen ihre fertigen Arbeiten verpfänden mussten. Von weiteren Beweisen für die Häufigkeit der Schmelzarbeiten unter Constantin VII. seien nach Schulz noch folgende angeführt: Bei der kirchlichen Feier am Tage vor der Palmenweihe stellte sich der Kaiser vor einem Bilde der Gottesmutter auf, welches in Email hergestellt war. Als die russische Grofsfiirstin Olga in Konstantinopel weilte, wurden am Schluss des ihr zu Ehren veranstalteten Gastmahls Süfsig- keiten in emaillierten und mit Edelsteinen verzierten Schalen aufgesetzt. Bei feierlichen Gelegenheiten sah man sogar die Prunkwaffen und das Zaumzeug der Pferde in Schmelzarbeit strählen. Unter den Ge schenken, welche Constantin im Jahre 949 dem Kalifen von Cordova schickte, befand sich ein silbernes Kästchen, dessen Seiten mit ge triebenen Goldplatten bedeckt waren, während der Deckel das Bildnis des Kaisers in Zellenschmelz trug. 5*