Volltext Seite (XML)
I. Alte Vorschriften. Theophilus’ Schedulaj Cellinis Trattati. 13 Email in allen bekannten Farben vorkommt. Zuvörderst sind sämt liche Emailfarben gut zu pulvern; es gibt einen Spruch in der Kunst, welcher sagt: „Feines Email und Grober Niello“, und so ist es in Wirklichkeit. Man legt das Email in eine runde, aus gut gehär tetem Stahl verfertigte Schale von der Gröfse der Hand, giefst reines Wasser darüber und zermalmt mit einem eigens dazu angefertigten stählernen Stöfser von passender Stärke. Einige haben wohl auch das Email auf hartem Porphyr- oder Serpentinstein, und zwar trocken, gepulvert; das Stofsen im Stahlmörser ist aber der gröfseren Sauber keit wegen bei weitem vorzuziehen; auf die Gründe kommen wir übrigens noch zurück. Weil wir uns kurz zu fassen, überflüssige O Schwierigkeiten und Auseinandersetzungen ohne praktische Zwecke zu vermeiden wünschen, wollen wir hier nur erwähnen, dass diese Stahl schälchen in Mailand gemacht werden, aus welcher Stadt und ihrem Gebiet viele ausgezeichnete Männer dieses Handwerkes hervorge gangen sind. Einen der besten unter ihnen kannte ich. Er nannte sich Caradosso und wollte nicht anders gerufen werden. Diesen Spitznamen gab ihm aber einst ein Spanier aus Aerger darüber, dass ihn der Meister so lange mit einer Arbeit, welche er am bestimmten Tage zu liefern versprochen hatte, hinhielt. Als er nämlich diese Arbeit nicht erhalten konnte, geriet er in Zorn und zeigte Lust, dem Meister ein "Liebles zuzufügen, worauf dieser sich, so gut er konnte, in seiner ungeschliffenen, mailändischen Sprache entschuldigte. Hier über musste der Edelmann lachen, sah ihm ins Gesicht und rief in seiner stolzen Weise aus: „Hai cara d’osso,“ was so viel heifsen sollte, als: „Du hast ja ein Gesicht wie dein H “. Der Ton fall der Worte gefiel dem Meister so sehr, dass er nie mehr auf einen anderen Namen, als Caradosso hören wollte. Als er endlich erfuhr, was das eigentlich besage, wäre er ihn gern wieder los ge worden; aber es war zu spät. Ich lernte ihn in Rom kennen, wo er, schon an achtzig Jahre alt, noch immer den Namen Caradosso führte. Aufser im erwähnten zeichnete er sich auch in der Goldschmiedekunst, vorzüglich im Emaillieren aus. An seinem Ort werden wir noch auf ihn zu sprechen kommen. Fahren wir in der schönen Kunst des Emaillierens fort: Wie ich oben sagte, wird das Email am besten mit Wasser im Stahl mörser zermalmt. Eigene Erfahrung lehrte mich, sobald das Email gestofsen ist, das Wasser rasch abzugiefsen und das Pulver in einer