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II. Ostasiatische Schmelzarbeiten. Indien. 185 Geschichte von China ein Dokument anführt, wonach die Kunst, Glas in verschiedenen Farben zu bereiten, durch einen Kaufmann aus Youet-chi oder Skythenland unter der Regierung Thaiwontis (4 22 — 45 1 unserer Zeitrechnung) in China eingeführt worden sei. Da man nun wohl berechtigt ist, die Schmelzarbeit als einen Zweig der farbigen Glasbereitung anzusehen, so würde aus der obigen Notiz hervorgehen, dass für Ostasien das Land der Skythen, nämlich die Turanische Tiefebene, als die Heimat dieser Kunst anzusehen sei. Das älteste Beispiel indischer Emailarbeit ist wahrscheinlich der Krückstock des Maharajah Man Singh von Jeypore, eines der gröfsten Anführer, welche den Hof des Akbar (1 556—1605) am Ende des 16. Jahrhunderts schmückten. Dieser Stab, auf welchen der Maha rajah sich stützte, wenn er vor dem Throne des Kaisers stand, ist 52 Zoll lang und besteht aus 33 Cylindern von Gold, welche um einen inneren Kern von Kupfer angebracht sind; das Ganze bekrönt von einer Krücke aus hellgrünem, mit Edelsteinen besetztem Nephrit. Jeder der 33 Cylinder ist in Email bemalt mit Tieren, Landschaften und Blumen. Die Figuren sind frisch und sorgfältig von einem Künstler gemalt, der augenscheinlich seine Studien in der Schule der Natur gemacht hat; die Farben sind wunderbar rein und glänzend, und das Stück ist mit mehr Geschick und Genauigkeit gearbeitet, als man bei modernen Arbeiten zu finden pflegt. Sowohl alte wie neue persische Emaillen sind gedämpfter in den Tönen und mühsamer in der ornamentalen Zeichnung als dies Bei spiel alter Kunst, welches entschieden turanisch ist in der Frische seiner Zeichnung, in der Naturwahrheit mancher seiner Darstellungen, wie z. B. der Lotosblume, und in der kecken Art, in welcher die Grundfarben angewendet sind, um ein harmonisches Ganzes zu er zeugen. Wir müssen uns also erinnern, dass der Eigentümer dieses beachtenswerten Kunstwerkes eine der Stützen des Thrones eines echt turanischen Herrschers gewesen ist — ein sehr freigebiger Beschützer der Künste sowohl in seiner neuen Heimat Indien, wie auch in seiner Stammesherrschaft in Centralasien; dass er selbst das Königreich Kabul verwaltet hat, und dass andere Kunstwerke, beispielsweise eine An zahl von Teppichen, die noch jetzt in Jeypore existieren, durch ihn vom Norden her mitgebracht worden und entschieden turanisch in der Zeichnung sind. In mehreren dieser Teppiche bilden die tarta- rischen Wolken und Lotus die hervorstechenden Motive. Ebenso