S. Einige Nebenzweige der Schmelzkuiist. 119 Besitz, ist das „goldene Rössel“ in der Kapelle von Alt-Oettmg in Bayern. Es ist ein zweigeschossiger Aufbau von 58 cm Höhe. Der untere, aus vergoldetem Silber gebildete Teil stellt einen viersäuligen Portikus dar, zu dessen Plattform eine zweiläufige Treppe führt. Unter dem Portikus hält ein Page ein gesatteltes und reich aufgezäumtes Pferd, welches dem Stück den Namen gegeben hat. Der obere Teil, aus massivem Golde, erhebt sich über der Plattform und besteht aus einer Estrade, von einer Laube überragt. Diese ist mit Blättern und Laubwerk bedeckt, dem kostbare Edelsteine eingefügt sind. Unter der Laube sitzt die Jungfrau mit dem Jesuskind auf dem Schofse, das der vor ihm knieenden heil. Katharina einen Ring darreicht. Der jugendliche Johannes der Täufer mit einem Lamme ist neben der Heiligen angebracht. Auf der ändern Seite sieht man Johannes den Evangelisten dargestellt mit einem Kelch in der Hand. Am Fufs der Estrade zur Rechten der Jungfrau kniet der König Karl VI. in voller Rüstung mit dem blauen, mit Lilien verzierten Ueberwurf. Dem König gegenüber zur Linken der Jungfrau, knieet ein Ritter mit dem Helm des Königs. Alle . , Fig. 29. Schmuckstück aus Ltold, diese Figuren, volle Freiskulptur, sind emailliert. Museum zu Kassel. mit Schmelzfarben koloriert. Das kostbare Stück, welches durch den Bruder der Königin Isabeau, den Herzog Ludwig, im Jahre 1413 nach Bayern kam, findet sich in dem 1405 aufgestellten Inventar des Königs von Frankreich genau beschrieben und scheint somit ein Werk eines Pariser Goldschmiedes zu sein. Ein verwandtes, wenn auch nicht so bedeutendes Werk, eben falls eine Säulenstellung mit zwischengeordneten, emaillierten Figuren, besitzt das Louvre-Museum in einem kleinen Reliquiar, welches Heinrich III. für die Kapelle des von ihm gestifteten Heil. Geist- Ordens anfertigen liefs. Auch die italienischen Künstler der Renaissance müssen neben dem Reliefschmelz das Goldschmiede- Email mit aufserordentlicher Meisterschaft geübt haben, wenn, wie kaum zu bezweifeln, der herrliche Kalvarienberg im Domschatz zu Gran in Ungarn in seinem ganzen Aufbau als italienische Arbeit be-