8. Einige Nebenzweige der Schmelzkunst. 109 streifen, der Drahtcloisons gebildet. Labarte, der diesen Becher für orientalische Arbeit erklärt, beschreibt auch ein Reliquienkästchen in der Kapelle des Hospitals Sta. Maria della Scala zu Siena, an welchem ein rautenförmiges Fenster mit durchsichtigem Email in einer eben falls orientalischen Ursprung verratenden Zeichnung geschmückt ist. Bücher erwähnt chinesische Fächer, an welchen ä jour-Email vorkommt, dieses sei jedoch nach genauen Untersuchungen dadurch entstanden, dass ein als Rezipient verwendetes äufserst dünnes Silberplättchen, beiderseitig emailliert, beim Einbrennen des Schmelzes durch den Schmelzprozess teilweise zerstört sei. Ebenso wie bei dieser im ganzen etwas mythischen Gruppe der Schmelzkunst die Drahtarbeit bei der Bildung der Zellen eine ge wisse Rolle spielt, so finden wir auch anderwärts aus der so nahe liegenden Ausfüllung aufgelötheter Drahtzellen mit Schmelzfarben eine Emailkunst entwickelt, die man deshalb noch nicht als einen ver späteten Wurzeltrieb des byzantinischen Zellenschmelzes aufzufassen braucht. Anlass zu dieser Auffassung bietet vielleicht der Umstand, dass die Heimat dieser Erscheinungen in dem Gebiet der griechisch- orthodoxen Kirche liegt; Moskau war im 17. Jahrhundert die Heimat dieses Drahtemails, für dessen Einführung in Russland man Etappen in den Athos-Klöstern zu finden versucht hat. Rein*) schreibt ge legentlich über diese russischen Schmelzarbeiten: „Die erste Neu belebung dieser Kunst fand im 17. Jahrhundert zur Zeit der Patriarchen und Czaren in Moskau durch griechische Meister statt. Bischofs mützen, Kruzifixe, Scepter, Reichsäpfel, Schilde, Schwerter, Köcher und andere Dinge mehr wurden mit Steinen und Email dekoriert. Aber dies Email zeigt, wie der europäische moderne Zellenschmelz überhaupt, viel glänzendere Farben. Sie werden in Moskau noch heute beson ders von den Firmen Hlebnikow, Ovtschinnekow und Sazikow, aber auch in Petersburg dargestellt.“ Von alten Arbeiten dieser Art, welche meist zur Einrahmung der bekannten in Holz geschnitzten russischen Kreuze dienten, finden sich in russischen Sammlungen sowie im Nationalmuseum zu Budapest u. a. noch grofse Mengen. Die russische Bezeichnung dieser Technik, bei der häufig gekerbter (granulierter) Draht angewandt wurde, ist „Phinisst“. Sie charakterisiert sich als ein stellenweise durch Schmelzfarben koloriertes Filigran, welchem beson- *) Japan von J. J. Rein. II. p. 5^5-