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7. Durchsichtiger Schmelz auf Reliefgrund. 103 nahmen. In der Silber - Kleinplastik des italienischen Mittelalters äufsert sich zuerst, verbunden mit einem aufmerksamen Studium der Natur, jenes Zurückgreifen auf die Kunstformen der antiken Welt, welche das Merkmal der Renaissancekunst werden. Dass dieser freieren Kunstauffassung die starren, hart konturierten Formen, wie sie der nordischen Emailarbeit zum Gesetz geworden waren, nicht ge nügen konnten, erklärt sich von selbst. Und von diesem Gesichts punkt aus werden wir geneigt sein, das Aufkommen des Relief schmelzes als eine notwendige Folge der Sinnes- und Kunstrichtung der italienischen "Vorrenaissance anzusehen, ohne uns über den Namen des Goldschmieds, der ihn zuerst angewendet hat, in mühsame Unter suchungen einzulassen. Bezeichnend für die Auffassung, welche die Italiener der Hoch renaissance von dem Reliefschmelz hatten, ist, dass sie den führenden Meister des 13. Jahrhunderts, in dessen Werken die ersten Spuren der neuen Zeit zu finden sind, auch zum Erfinder des Reliefschmelzes machen. Vasari, der in seiner „Introduzione alle tre arti del disegno die neue Schmelzarbeit eine „Art Malerei vermischt mit der Skulptur nennt, berichtet, dass Giovanni Pisano (1250—13 2 8) im Jahre 1286 nach Arezzo berufen worden sei, um daselbst einen Hochaltar in Marmor auszuführen, den er mit Figuren, Blattwerk und Ornamenten überdeckte, indem er „über das ganze Werk allerhand Dinge von feinem Mosaik und Schmelzarbeiten, die auf silbernen Scheiben ange bracht waren, verteilte.“ Mag nun der Pisaner Meister diese Silberplatten mit Relief schmelz selbst angefertigt oder nur ihre Anwendung angeordnet haben, jedenfalls verbreitete sich die neue Dekorationsweise aufserordentlich rasch, wozu die grofsen Altarwerke, welche die mächtigen toskanischen Städte im 14. Jahrhundert wetteifernd zur Ausführung brachten, die beste Gelegenheit gaben. So führt Andrea Ognabene um 1316 den berühmten silbernen Paliotto des St. Jakob-Altars im Dom von Pistoja aus; Berto Geri begann den Altaraufsatz in emailliertem Silber für das florentiner Baptisterium, an welchem aufser ihm Lionardo di Ser Giovanni beschäftigt war. Der Sienese Ugolino arbeitete 1388 für das heil. Corporale von Bolsena mit mehreren ändern Künstlern das berühmte Reliquiar im Dom von Orvieto. Weiter berichtet Vasari von Paolo und Pietro Aretino, die das Reliquiar für das Haupt des heil. Donatus, heute noch in Arezzo, arbeiteten; von Goro di Neroccio