86 II. Geschichtliches. der Seitenflächen in Elfenbein geschnitten sind. An einem sehr schönen Reliquiar des heil. Maurus zu St. Marien in der Schnur gasse zu Köln haben die Engelsgestalten noch emaillierte Köpfe, während zwei als „Prior Herlius“ und „Fridericus" bezeichnete Fi guren graviert sind. Ein anderes Reliquiar (St. Albin) derselben Kirche ist urkundlich in das Jahr 1186 zu datieren. Eines der Hauptstücke dieser Art ist das Reliquiar Heinrichs des Heiligen, jetzt im Louvre; es besteht aus einer zweiseitig emaillierten Vierpassscheibe mit dem Bild des sitzenden Kaisers mit Scepter und Reichsapfel; links das Brustbild einer Frau, als „Cunigundis“, rechts die knieende Gestalt eines Benediktinermönches, als „Welandus mo (nachus)“ (Fig. 16) bezeichnet. Die Rückseite der Scheibe zeigt den sitzen den Christus mit der rechten Hand segnend, in der linken ein Evan geliar haltend; zu seiner rechten eine, zur linken zwei gekrönte Figuren. Auf dem ebenfalls emaillierten, halbkugelförmig gestalteten Fufs sind vier Medaillons mit Heiligen. Bemerkenswert ist hierbei, dass der blaue Emailgrund, von welchem sich die Gestalten der Hauptbilder im Metall abheben, mit kleinen ausgesparten Metallpunkten durch setzt ist, die vermutlich nur den Zweck hatten, dem Schmelz beim Brennen Halt zu geben. Die Sammlung Spitzer besitzt ein dem be schriebenen sehr ähnliches Reliquiar mit der gleichen technischen Eigentümlichkeit. In der gleichen Sammlung befindet sich ein eben falls dem 12. Jahrhundert angehöriger Tragaltar, dessen zweimal sechs Seitenfelder Apostelfiguren auf abwechselnd hell- und dunkelblauem Schmelzgrund ausgespart zeigen, während auf dem Deckel um den geweihten Stein in zehn beinahe quadratischen Emailbildem Parallel- Darstellungen aus dem alten und neuen Testament angebracht sind. Von Köln aus verpflanzte sich die Schmelzkunst durch das an Klöstern reiche Maasthal nach Verdun, wo wir zu Anfang des 12. Jahr hunderts ebenfalls eine nicht unbedeutende Schule von Emailleuren antreffen. Als Hauptwerk dieser Schule wird mit Recht der „Ver duner Altar“ im Stift Klosterneuburg bei Wien bewundert, ein Ante- pendium von 5 m Länge bei 1,10 m Höhe, welches in drei Reihen je 17 Emailtafeln von 23 cm Höhe und 68 cm Breite enthält und oben durch einen Dreipassaufsatz bekrönt wird. Zur Anfertigung des selben wurde von den österreichischen Mönchen ein Meister Nicolas von Verdun berufen, welcher laut Inschrift das grofse Werk 1181 beendete. Im Jahr 1329 wurde auch dies Antependium erweitert