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Sächsische Volkszeitung : 24.06.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-06-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-191006243
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19100624
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19100624
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-06
- Tag 1910-06-24
-
Monat
1910-06
-
Jahr
1910
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 24.06.1910
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Helgoland befestigt. Wenn diese Ausgaben auch 60 Millio nen Mark betragen, so ist gerade diese Summe Geldes doch sehr gut angelegt: denn das befestigte deutsche Helgoland sichert uns ein sicheres Auslaufen unserer Kriegsflotte, schafft für diese eine günstige Operationsbasis und zwingt jeden Gegner, uns einige Kilometer weiter vom Leibe zu bleiben, als es sonst der Fall wäre. — Ter Termin der nächsten Reichstagswahlen soll Ende November 1011 sein, so behaupten Berliner Blätter. Diese Mitteilung ist vollständig unzutreffend. Eine be stimmte Stellungnahme ist hierzu noch gar nicht genommen. Man kann auch den Termin jetzt noch nicht feststellen, da man nicht weiß. wie lange der Reichstag im Jahre 1911 versammelt sein wird. Bei dem langsamen Gange der Kominissionsberatungen ist es gar nicht ausgeschlossen, daß der Reichstag im Herbst 1011 nochmals zusammentreten muh. Tann wäre ein solch früher Termin ausgeschlossen. Soweit man heute über einen solchen Termin reden kann, steht fest, daß der Anfang November der früheste Zeitpunkt sein wird, an welchem Neuwahlen stattfinden. — Die neue Militärvorlage, die von der „Nordd. Allg. Zeitung" letzthin in Aussicht gestellt worden ist, wird, wie ein Berliner Mitarbeiter der „Königsb. Hart. Zeitung" „an wohlunterrichteter Stelle" gehört haben will, etwa 40 bis 50 Millionen Mark jährlicher Mehr forderungen enthalten. — »L A 7" trat gestern früh 8 Uhr in Friedrichs hasen die Fahrt an und landete um 11 Uhr 50 Min. in Düsseldorf. Er legte die Strecke von 470 Kilometer in 8^ Stunden, in der Stunde also 54 Kilometer zurück. Diese Fahrt des Luftschiffes „L Z 7" ist über Erwarten gut gelungen. Nachdem eine aus verschiedenen Gründen überhastet angetretene Fernfahrt im vorigen August zu einer Havcrie geführt hatte, nachdem ferner das Militärlustschiff „L Z 2" im Sturm zugrunde gegangen war und die Fahrt des „L Z 0" nach Wien hatte abgesagt werden müssen, war es wünschenswert, daß ein Zeppelinluftschiff, das alle Probefahrten richtig erledigt hat und somit als vollkommen lufttüchtig gelten mußte, einmal wieder zeigte, was es leisten kann, um das hie und da lauer werdende Zutrauen zu dem Zeppelinschen System wieder zu festigen. Und das hat freilich der „L Z 7" in geradezu glänzender Weise getan, indem er die Fahrt nicht nur früher und ohne Unfall vollendet hat. als anzunehmen war, sondern auch eine Geschwindigkeit erreichte, welche die Erwartungen zeit weise erheblich übertroffen hat. 18 Personen beteiligten sich an der Fahrt. Graf Zeppelin wurde bei seiner Ankunft von den nach Tausenden zählenden Anwesenden stürmisch begrüßt. Strafversetzung für verdiente Beamte? Aus Süd- wcstafrika kommt die Meldung, daß Vezirkshanptmann B ö h m e r von Lüderitzbucht in ein anderes Schutzgebiet versetzt werden soll. Auch das Lüderitzbuchter Bezirks gericht soll neu besetzt werden. Es wird hinzugefügt, daß diese auffallenden Versetzungen auf Betreiben der Deutschen Kolonialgeselljchaft beruhten. Wir können nicht annehmen, daß diese Behauptung zutreffend ist: den» Bezirkshaupt- mann B ö h in e r ist es gewesen, der auf Grund eingehenden Studiums aller Akten zu der Ueberzeugnug gekommen ist, daß die von Ternburg geplanten Verträge eine ungeheuere Benachteiligung des Reiches in sich schließen. Er hat daher auch gegen den Antrag der Kolonialgesellschaft auf Ver leihung dauernder Abbaurechte namens des Fiskus Wider spruch erhoben. Dieser Einspruch ist vom Bezirksgerichte als berechtigt anerkannt worden. Wenn nun dieser ver diente Beamte versetzt werden sollte, so müßte man das als eine Kapitulation der Negierung vor dein Großkapital anf- fassen. Wir können nicht annehmen, daß die Meldung rich tig ist. Wenn Ternburg »och Staatssekretär wäre, wür den wir allerdings eine solche Maßregelung nicht für aus geschlossen halten. Sein Nachfolger wird jedoch einen solcl^'n Schritt nicht unternehme». Gerade der Wechsel im Kolonialamt hat in Südwestafrika schon viel zur Be ruhigung beigetragen. Eine solche Strafversetzung würde die Entrüstung wieder emporlodern lassen. Wie man über Ternburg dort unten denkt, das sieht man am besten aus der Rede des Landesratsmitgliedes Veugts, die dieser zur Begründung des MißtraueuSautrages gegen Ternburg im Landesrate gehalten hat, darunter findet sich folgende Stelle: „Seit Jahr und Tag lwt Ternburg nicht anfgehört, in se.inen Vorträgen und in der Presse uns vor der Oeffent- lichkeit zu diskreditieren: wir seien Trinker, Schwindler, hätten kein Familienleben, seien prozeßsüchtig nsw. All das sind Behauptungen, die der Wahrheit nicht entsprechen. Wes- halb haben wir von unserem streng christlichen Gouverneur. Truppeiikoiumandenr und Oberrichter solche Vorwürfe nicht gehört und diese kennen die hiesigen Verhältnisse doch besser als der Herr Staatssekretär in Berlin, dem es scheinbar in erster Linie nur darauf ankam, »ns Kolonisten im ganzen Vaterlande in Mißkredit zu bringe», damit er für seine Politik zugunsten der großen Konzessionsgesellschafteu freie des großen Mayavolkes, das einst zu den ältesten Kultur völkern Amerikas zählte und das auch am längsten und leidenschaftlichste» seine Eigenart gegen das Vordringen der Spanier verteidigte. Tie Mayahaudschriften mit ihrer aus gebildeten Hieroglyphensprache zeugen von der großen Ver gangenheit dieses Volkes. In alten Zeiten war ihre Bau kunst viel weiter entwickelt, wie die der Mexikaner, und ganz wundervoll sind die alten Dekorationen, mit denen die Mayas ihre Paläste und Pyramiden schmückten. Noch heute findet man in allen Teilen Rucatans die Ruinen jener alten Maynbauten, die in der Größe ihrer Anlage und in den vrackstvoll entwickelten Schmuckformen von der einstigen Größe und der hohen Kulturstufe dieses Volkes ergreifende Märck)en erzählen. Valladolid, das jetzt von den Aufrüh rern verwüstet worden ist, war die wichtigste Grenzstadt an der Scheidelinie, die die unterworfenen Indianer von dem Gebiete der wenigen Tausend Mayas trennt, die noch heute ihre Unabhängigkeit gegen die mexikanischen Truppen auf) rechterhalte». Die Stadt besteht eigentlich nur aus einer einzigen, langen, schmutzigen Straße, die von ärmlichen Häusern flankiert ist: sie mündet auf einen großen Platz, auf dessen einer Seite eine Kirche steht, von halbzcrbröckel- len Mauerresten umfangen. Bahn hatte. Er ging sogar soweit, zu sagen, -aß ihm bei Verleihung des Sperrgebietes nur die Kolonialgesellschaft übrig geblieben sei, denn man könne von ihm nicht erwarten, solche Millionenobjekte Leuten anzuvertrauen, von denen man nicht wisse, ob sie nicht 50 Prozent der Diamanten in der eigenen Tasche verschwinden ließen. (Hört, hört, Ge meinheit! Glocke des Vorsitzenden.) Wenn sie dem Staate dann selbst 105 Prozent geben, wäre dieser doch betrogen." Zu diesen scharfen Worten bemerkt die „Deutsche Tageszeitung" mit Recht, man könne wohl sagen, daß noch niemals von einem Kreise angesehener, anständiger und national gesinnter Männer, noch niemals inmitten einer öffentlichen Korporation, wie es der Landesrat sei, emc derartige Erbittcrking gegen einen Minister zutage getreten sei, und „wir wollen hoffen, daß wir ein derartiges Schau spiel auch nie wieder erleben, daß aber Herr Ternburg allein die Schuld daran trug, wird heute nur noch von Unkundigen bezweifelt. Ternburg ging ganz gewiß nicht, weil ihm die allgemeine politische Entwickelung nicht paßte, sondern er ging, weil er fühlte, daß der Boden unter ihm zu wanken begann". Diese Worte treffen den Nagel auf den Kopf, man muß sich nur wundern, daß es heute noch Zeitungen gibt, welche anders zu behaupten wagen. — Interessantes ans der Protestbewegung. Dio „Tägl. Nundsch." ist in der Lage, jeden Tag eine Menge von Orten namhaft zu machen, in welchen Protestversammlungen gegen die Enzyklika abgehalten werden, Labei wird sorg fältig registriert, um wieviel der evangelisä)« Bund zuge- nommcn habe. In sieben Versammlungen erhielt er rund 1000 neue Mitglieder, davon in Düsseldorf allein 1525. In Nürnberg wurde die Errichtung eines Luther-Denkmals beschlossen. Tie „Franks. Ztg." macht den Vorschlag, jetzt große Sammlungen für den Ausbau der Lutherkirche in Nom zu veranstalten. In Bremen wurde beschlossen, einen großen evangelischen Protestfonds zu errichten zur Er haltung und Förderung deutscher Bildungsanstalten in evangelischen Ländern und Provinzen. Diese Idee ging von den bekannten liberalen Pastoren in Bremen aus. Diese haben bekanntlich vom Evangelium nicht mehr viel übrig als den Einband. Wir brauchen an ganze Predigten, die durch die ganze Presse gegangen sind, nicht mehr erinnern. Wenn nun tatsächlich ein Protestfonds angesammelt wird, um damit in katholischen Gegenden — unseres eigenes Vaterland soll nicht ausgeschlossen sein — evangelische An stalten zu unterstützen, so haben wir gar nichts dagegen, so lauge es sich nur um die eigene Unterstützung der Glaubens genossen handelt. Wir wollen aber diesen Anlaß benutzen, um unsererseits auf den Bonifatiusverein aufmerksam zu machen, der den zerstreut lebenden Katholiken Kirchen und Schulen errichten soll. Wenn man heute die ganze Protest bewegung überblickt, so kann man konstatieren, daß der Träger derselben ganz allein der Evangelische Bund noch ist: er hat jetzt eine günstige Gelegenheit zur Aussaat. Vor den Früchten aber, die aus dieser Saat aufgehen werden, kann allen weitschauenden Männern nur bange sein. — Aus FeiudeS Mund. Der frühere freisinnige Reichstagsabgeordnete v. Gerlach schreibt in seiner neuesten Nummer der „Welt am Montag" (Nr. 25 vom 20. Juni 1910) über das Zentrum folgendes: „Der Zentrumsturin steht unerschtttlert da. Etwas Mörtel ist nbgebröckelt, aber Fundamente wie Mauern sind unbeschädigt. Die Stimmenziffern gehen meist — nicht einmal überall — etwas zurück, aber daS GroS seiner Wähler bleibt dem Zentrum treu. Vielleicht hätten Finanz- und Wahlreform eS möglich gemacht, ein paar Steine aus seinem Bau zu brechen. Da kam die un glückselige Enzyklika. Sie, die dem oberflächlichen Be urteiler wie eine Unbequemlichkeit für das Zentrum aussieht, ist sein bester Wahlhelfer. Eine Partei, die den« Kulturkämpfe ihre Stärke verdankt, kann sich nur behaupten, wenn über alle wirtschaftlichen und politischen Gegensätze hinweg die Kulturkampfstimmung immer wieder erneuert wird. Jede neue Versammlung, die der evangelische Bund einberuft, ist ein Wahlatout mehr für das Zentrum. Sorgsam wird eS alle Redeblüten gegen den Papst und gegen die Kirche sammeln, um dann den Wahlkampf damit zu schmücken. Und alle Kritik der Gegner an den politisch-reaktionären Taten dcS Zentrums vergeht zu nichts gegenüber dem einen Argument der Kapläne: Unser Glauben ist in Gefahr! Wer das be streitet, kennt die Stimmung in der katholischen Wählerschaft nicht. Niemand erweist dem Zentrum einen größeren Gefallen, als wer aus der Enzyklika eine Haupt- und Staatsaktion macht. Gewiß, eS werden nicht viele Pro- testanten, selbst in der Stichwahl, für das Zentrum an die Urne zu bringen sein, aber das ist auch bisher nicht geschehen. Das Zentrum ist die bestfundierte aller Parteien. Es siegt in aller Wahlkreise auS eigener Kraft im ersten Wahlgange. An fremder Hilfe ist ihm nicht sonderlich viel gelegen. Ihm kommt es nur darauf an. seine eigenen Leute, besonders die christlichen Ge werkschaften. bei der Stange zu halten und für die 1000 Protestversammlungen gegen die Enzyklika zu sorgen. ES gehört keine Pcophetengabe dazu, im voraus zu sagen, daß das Zentrum nach den nächsten Wahleninsast unver minderter Stärke in den Reichstag zurückkehren wird." So der freisinnig-demokratische Abgeordnete v. Gerlach. DaS Zeugnis ehrt gewiß die Zentrumswähler, aber diese werden es sich auch angelegen sein lassen, bei den kommenden Reichstagswahlen wiederum zu zeigen, daß Herr v. Gerlach recht hat und daß er die Stimmung in der katholischen Wählerschaft weit besser kennt, als so viele andere, die darüber schreiben. — Dir Bilanzierung von Wertpapieren. In der letzten Debatte im preußischen Herrenhause über den niedrigen Kursstand unserer Anleihen machte Bankier Delbrück einen neuen Vorschlag, um den Versicherungsgesellschaften und an deren Aktienunternehmern den Erwerb von Reichs- und Staatsanleihen reizvoller erscheinen zu lassen. Delbrück schlug eine Abänderung des 8 261 des Handelsgesetzbuches über die Aufstellung der Bilanz dahin vor, daß „gestattet wird, den Anschaffungspreis der Papiere einzusetzen, wen,» cr den Börsenpreis übersteigt". Aus der Antwort des Mi nisters v. Rheinbaben, der diesen Vorschlag freudig aufgriff und ihn mit dem Justiz- und Handelsministerium erörtern will, ergab sich, daß die von Herrn Delbrück angeregte Bi- lanzierungsänderung nur für deutsche Staats- und Reichs anleihen, nicht aber allgemein gelten soll. Die in Frage kommende Bestimmung des 8 261 des Handelsgesetzbuches lautet gegenwärtig: „Wertpapiere oder Waren, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, dürfen höchstens zu dem Börsen- oder Marktpreise des Zeitpunktes, für welchen die Bilanz aufge stellt wird, sofern dieser Preis jedoch den Anschaffungs- oder Herstellungspreis übersteigt, höchstens zu dem letzteren an gesetzt werden." Hat eine Versicherungsgesellschaft zum Beispiel 100 000 Mark ZlHprozentige Konsols zu 95 Prozent erworben, der Börsenkurs ist aber bei Aufstellung der Bilanz am 31. De zember nur 93 Prozent, so darf sie die 100 000 Mark Kon sols nur mit 93 Prozent, also mit 93000 Mark bewerten. Ist hingegen der Börsenkurs am Bilanztag 97 Prozent, so darf sie die 100 000 Mark Konsols nur zu 95 Prozent, also zum Anschaffungspreise aufnehmen. Durch diese Bestim mung erleidet, genau genominen, der 8 40 des Handelsgesetz buches, der bestimmt, daß sämtliche Vermögensstücke zu ihrem wirklichen Werte anzusetzen sind, eine Modifikation, denn der wirkliche Wert der mit 95 Prozent gekauften 100 OM Mark Konsols, deren Börsenkurs auf 97 Prozent lautet, ist nicht 95 000 Mark, sondern 97 OM Mark. Wenn der Gesetz geber trotzdem die Bewertung mit 95 MO Mark verlangt, so ist das im Interesse einer soliden Bilanzierung durchaus zu begrüßen: der Gesetzgeber wollte verhindern, daß Ge winne, die nur buchmäßig entstanden sind, zur Verteilung gelangen, er wollte die Ausschüttung nur solcher Gewinne zulassen, die bereits durch Realisierung in Sicherheit ge bracht sind. Umgekehrt läßt aber der Gesetzgeber bei Ver lusten die Rücksicht, daß es sich zunächst nur um buchmäßige Verluste handelt, nicht gelten. Er verlangt, daß 100 000 Mark Konsols, gekauft zu 96 Prozent, die einen Börsenkurs von 93 Prozent haben, mit nur 93 000 Mark bewertet wer den. Das hat sich angesichts des ständigen Kursrückganges unserer Anleihen für manche Aktiengesellschaften als recht nachteilig erwiesen. Um nur ein Beispiel herauszugreifen: Tie Meininger Hypothekenbank, eine unserer solidesten und bestgeleiteten Hypothekenbanken, mußte in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung pro 1907 bei einem Bestände von zirka 5s,i> Millionen Mark Reichs- und Staatsanleihen einen buchmäßigen Verlust von zirka 270 000 Mark deklarieren! Das „Berl. Tagebl." macht nun Bedenken gegen diesen Vor schlag Delbrück geltend: „Es würden IM 000 Mark Konsols. die mit 95 Prozent im Laufe des Jahres 1910 gekauft sind, am 31. Dezember 1910 aber einen Kurswert von 93 Prozent haben, folgendermaßen zu bilanzieren sein: Aktive: 100 000 Mark Konsols zu 93 Prozent . 93 000 Mark, Disagio auf Konsols 2 OM Mark. - Auf diese 2000 Mark wären jährlich 400 Mark abzuschreiben, vorausgesetzt, daß nicht inzwischen eine Kurssteigerung ein- tritt. Hat sich dagegen der Kurs 1911 auf 94 Prozent ge hoben, so würden 1M0 Mark vom Disagio auf die Konsols zu übertragen sein, die Konsols würden mit 94 000 Mark, das Disagio mit 1M0 Mark erscheinen und es würden wie der ein Jahr später, bei gleichem Kursstände, nur 200 Mark vom Disagio abzuschreiben sein. Umgekehrt könnten buch mäßige Gewinne anstatt, daß man sie wie jetzt ganz unter den Tisch fallen läßt, einer besonderen Kursreserve zuge führt werden, aus der dann später in erster Reihe etwaige Kursverluste zu decken wären. — Eine kräftige Antwort hat dem Darmstädter Goethebund der katholische Pfarrer Fink auf eine Ein ladung zur Protestversammlung im Namen eines katho- liscl>en Vereins gegeben: Fink schrieb: „Der Goethebund schreibt die geistige Freiheit auf seine Fahne und praktiziert die geistige Knebelung und Bevormundung. Er gibt vor, dem konfessionellen Frieden zu dienen, und trägt jetzt durch Auspeitschung der konfessio nellen Leidenschaften den Feuerbrand konfessionellen Haders in die deutsche Volksseele. Er markiert den Vorkämpfer für deutsch-evangelische Interessen und steht doch auf dem Boden einer liberal-unchristlichen Weltanschauung. Seit wann ist solches Doppelspiel deutsch, seit wann evangelisch?" — Ein Beitrag zur sozialdemokratischen Moral. Wie cs sozialdemokratische Blätter anstellen, um ihre Gegner — und unter diesen wieder besonders die christlichen — un gestraft beschimpfen und verleumden zu können, ersieht man aus dem von den „Mitteilungen des Bundes deutscher Re dakteure" veröffentlichten Kontrakt, den die Firma Gemoll u. Ko. in Essen, welche die dortige sozialdemokratische „Ar beiterzeitung" herausgibt, mit ihren Redakteuren abschließt: derselbe lautet: „Herr Ostkamp tritt von nun an als Redakteur der „Arbeiterzeitung" ein. Der Dienstvertrag wird auf unbe stimmte Zeit geschlossen, jedoch steht beiden Teilen eine nur an den Viertelsersten zulässige Kündigung zum Schlüsse des Kalendervierteljahrcs zu. Herr Ostkamp hat Anspruch auf einen jährlichen Erholungsurlaub von drei Wochen. An Gehalt erhält Herr Ostkamp 1600 Mark, auszahlbar in monatlichen Raten von je 126 Mark. Solange Herr Ostkamp im Dienst der Firma Gemoll n. Ko. verbleibt, ver pflichtet sich die Firma, -er Ehefrau des Herrn Ostkamp, Josephine gcb. Glunz, jährlich 1200 Mark, vom 1. No vember 1911 ab jährlich 1400 Mark und vom 1. November 1913 ab 1500 Mark, zahlbar in monatlichen Raten, auszu zahlen. Die Zahlungen, die an Frau Ostkamp zu leisten sind, sollen ihr Vorbehaltungsrccht sein." Als Gehalt gelten also nur 1500 Mark, weil zu diesem Betrage ein Gehalt unpfändbar ist: das ander Geld erhält die Frau zu ihrem Vcrfügungsrecht und das Eigentum des roten Redakteurs gehört vertraglich auch der Frau. DaS sozialdemokratische Blatt kann also lustig darauflos- schimpfcn, verdächtigen und verleumden, denn sein Redak teur kann sich ganz ruhig zu einer Geldstrafe verurteilen lassen — zahlen braucht er ja nichts, weil er nichts hat. „Genosse" Ostkamp hat vor Gericht noch dazu folgendes ge standen: „Ein solcher Vertrag wurde mit allen Redakteuren abgeschlossen, uni den Gegnern die Gelegenheit zu nehmen. Beleidigungsklagen anzustrengen." — So schaut die Moral jener Leute aus, welche vorgeben, daß sie die Menschen zur Wahrheit führen wollen.
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