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Sächsische Volkszeitung : 12.09.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190809120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19080912
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19080912
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-09
- Tag 1908-09-12
-
Monat
1908-09
-
Jahr
1908
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 12.09.1908
- Autor
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hatte, wurde er von einem schweren krampfartigen Anfalle heinigesucht: ärztliche Hilfe war bald zur Stelle. Die Für stin befand sich während des Anfalles bei dem Gatten. Nach dem „B. T." befindet sich der Fürst seit der Verbindung eines seiner Söhne mit einer Sängerin in steter Aufregung, durch die sein ohnehin bedenklicher Zustand immer von neuem Erschütterungen ausgesetzt wird. — Aus dem Sachscn-Altenburgischen Städtchen Roda kam vor einiger Zeit die aufsehenerregende Nachricht, daß der dortige Bürgermeister Tietrrici durch Selbstmord aus dem Leben geschieden sei. Tieterici war Hauptmann a. D.; er unterstand als solcher dem militärischen Ehrengerichte und dem militärischen Ehrenkodex. Ein Spruch des Ehren gerichtes hatte ihn wegen eines „Verstoßes gegen die Ka meradschaft", den man nur als Lappalie bezeichnen kann, aus dem Offizicrkorps ausgestoßen. Dieser Demütigung folgte eine zweite: eS wurde ihm amtlich nahegelegt, bei den« bevorstehenden Besuche des Landesherrn in Roda auf die ihm als Stadtoberhaupt zustehende Repräsentation zu verzichten und aus verletztem Ehrgefühle greift er zur Waffe. Dies der Tatbestand, den wir bereits ausführlich mitgetcilt haben. Der traurige Vorfall hat das Interesse der Oeffentlichkeit erneut auf die Institution der Offiziers- ehrengcrichte hingewieseu. Vor allem in der liberalen Presse macht sich eine lebhafte Agitation geltend, die auf die völlige Beseitigung der militärischen Ehrengerichte ab zielt, zum mindesten jedoch die Beschränkung des militäri schen Ehrenkodexes auf die aktiven Militärpcrsonen ver langt. Diese Forderung ist von liberaler Seite vor einiger Zeit bekanntlich bereits im Anschluß an die Fälle Gaedke und Paasche erhoben worden. Ein Vorgehen nach dieser Richtung hin erscheint uns nicht zweckmäßig. Ein direkter Einfluß des Reichstages auf die Bestimmungen und die Praxis der Offiziersgerichtsbarkeit ist zur Zeit wenigstens nicht möglich. Die Einführung der Disziplinarordnung im Heere ist ausdrücklich auf eine reichsgesetzliche Bevoll mächtigung des Kaisers zurückzuführen, indem im Artikel 8 des ReichSinilitärgesetzes von 1874 dem Kaiser diese Be fugnis verliehen worden ist. Weiter ist im Artikel 63 der Reichsverfassung ausdrücklich dem Kaiser als dem obersten Kriegsherrn das Recht Vorbehalten worden, auch nach Ein richtung der ReichSverfassung noch Anordnungen für die Administration zu erlassen. Die Materie der Offiziers ehrengerichtsbarkeit nnterliegt demnach gar nicht der Kom petenz des Reichstages. Aber nicht die Institution als solche ist zu bekämpfen, sondern der Geist, der sie beherrscht, die Idee von dem besonderen Rechte, von der besonderen Moral, der mit christlicher Sitte und dem Strafgesetzbuchc in Widerspruch stehende militärische Ehrbegriff. Dieser wirkt für das aktive Lffizierkorps nicht minder verderblich als für die inaktiven Offiziere. Der falsche Ehrbegriff, der für den Offiziersstand eine besondere Moral und ein besonderes Recht behauptet, muß ausgerottet werden. Dieses Ziel wird nicht erreicht durch Gesetze und Verordnungen, sondern nur durch eine gründliche Bekehrung der Anschauungen in den höheren Kreisen. Vor allem hat ein neuer Kampf ein- zusetzen gegen den sinnlosen, unsittlichen und gesetzwidri gen Duellzwang. Die ganze Anschauung, daß das Duell notwendig, erlaubt und nicht unehrenhaft sei, muß schwin den. Wie das erreicht werden kann, zeigt die Tätigkeit der Deutschen Antidnelliga. Der französische Abgeordnete Gervais richtete an den Abgeordneten Erzberger sieben Fragen, die sich auf die Verständigung zwischen Frankreich und Deutschland bezüg lich Marokkos beziehen. Die französische Presse bringt nun mehr die Antwort Erzbergers. Sie ist deshalb beachtens- wert, weil Herr Gervais erklärte, er habe seine Fragen erst nach eingehender Rücksprache mit den maßgebenden Staatsmännern Frankreichs gestellt, während Erzberger so fort und mit überraschender Sicherheit seine Antworten gab. Abgeordneter Erzberger bedauert zunächst, daß Herr Gervais seine Fragen nur auf die Marokko-Ange legenheil beschränkt habe, während eS doch noch viele andere wichtige Fragen gebe, in denen sich eine Verständigungs aktion zwischen Deutschland und Frankreich lohne. Wenn nun in der ersten Frage Herr Gervais erkläre, daß für Frankreich die Marokkosache ausschließlich eine Kulturfrage sei, und daß eS in Nordafrika überhaupt die Zivilisations arbeit für ganz Europa verrichte, so sei darauf zu ant worten: Sobald Frankreich diese Grundsätze in Marokko dadurch dokumentiere, daß es die offene Tür für ganz Eu ropa schaffe, so werde ganz Deutschland der französischen Kulturarbeit in Marokko die größte Sympathie entgegen- bringen. Zur zweiten Frage erklärt Erzberger, daß es un gerecht sei, in der letzten Note Deutschlands eine Brüökie- rnng Frankreichs zu erblicken. ES sei selbstverständlich, daß Deutschland dem Sultan Muley Hafid nicht nur die staatliche Unabhängigkeit gesichert wissen wolle, sondern daß es auch von demselben die strikte Erfüllung aller Verpflich tungen verlange, die ihm die Algecirasakte und die übrigen Verträge auserlegt haben. Eine Frage bezog sich auf die Entente mit England. Es sei eine irrtümliche Auffassung, antwortete Erzberger, wenn man in Frankreich glaube. Deutschland würde sich nur unter der Bedingung mit Frank reich verständigen, wenn dieses seine Entente mit England anfgebe. Fürst Bismarck habe stets den auch heute noch für Deutschland maßgebenden Grundsatz vertreten, daß Rußland trotz seines Bündnisses mit Frankreich in einem bestimmten Einvernehmen mit Deutschland bleiben könne. Bündnisse und Ententen zwischen zwei Mächten hinderten niemals nebenherlaufende Verständigungen mit dritten Mächten. — Bezüglich der von Frankreich beanspruchte» Entschädigung für die Kosten der Casablanca-Expedition werde man deutscherseits sicherlich einen solchen Anspruch als gerechtfertigt anerkennen. Aber nach dem allgemeinen völkerrechtlichen Brauche müsse eine solche Frage mit Be rücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse behandelt wer den. Es sei die finanzielle Leistungsfähigkeit Marokkos in Rechnung zu ziehen, und ähnlich wie bei der Beschießung Alexandrias ein Mittelweg in der Festsetzung der Unkosten zu suche». Auf alle Fälle kann versichert werden, daß diese entgegenkommende und doch sehr ernsthafte Art deS Abgeordneten Erzberger, das schwierige Problem zu behan deln. auch die politischen Kreise Frankreichs genötigt hat, die Marokkofrage ruhiger und vorurteilsfreier zu erörtern. — Der Gemeludrrat vo« B»rbeck hat einem elnheimi- schen katholischen Bewerber den Posten emeS Feldmesser» verliehen, wobei der fremde protestantische Bewerber ab- gelehnt wurde. Darob veranstalteten die Protestanten eine Protestversammlung. Darin wurde au-gesprechen, dag den Protestanten der Aufenthalt in Borbcck oerlndet werde Und da- alles, weil ein Katholik al» Feldmesser gewählt wurde Die zu */, katholische Gemeinde hat aber kein Wort de» Widerspruche» gehabt, daß sie 25 Jahre hindurch einen protestantischen Bürgermeister hatte. Der Vorgang in Borbeck ist typisch. Wo der protestantische Bolk-teil auch nur etngebtldetermaßen sich zurückgesetzt glaubt, schreit er auf. tut der katholische VolkStetl dort, wo eine Wüste von Imparität festgestellt worden ist, dasselbe, so heißt e» in der gegnerischen Presse, nicht die Konfession, sondern die Tüchtigkeit müsse entscheidend sein. — Als „einfältig" bezeichnen die „M. N. N." eine Be hauptung, die sie selbst aufgestellt hatten. Die „M. N. N." veröffentlichten vor einigen Tagen eine Auslassung, in der gesagt war, der Bayerische Verkehrsbeamtenverein sei „in das Zentrumsfahrwasser" geraten. Nun veröffentlichen die ,.M. N. N." eine Zuschrift aus Verkehrsbeamtenkreisen, in der es heißt: „Die Behauptung, der Bayerische Verkehrs- beamtcnverein sei in das Zentrumsfahrwasser geraten, ist daher so einfältig, daß eS wirklich nicht der Mühe wert ist, sich weiter damit zu befassen." Komischer Weife geben die „M. N. N." diese Auslassung sogar in gesperrtem Drucke. Offenbar rechnen sie darauf, daß ihre Leser von heute nicht mehr wissen, daß die „M. N. N." selbst diese einfältige Behauptung aufgestellt haben. — Ueber dir Tiamantenfunde in Sädwestafriku äußert sich ein Fachmann im „Berl. Lokalanz." folgender maßen: „Tie Brillanten sind, wie Sie wissen, im Flugsande gefunden worden. Weitere tiefere Grabungen haben nichts weiter ergeben. Es ist also anzunehmen, daß die Steine nicht wie üblich, durch einen vulkanartigen Ausbruch an die Erdobcrfäche gelangten, sondern entweder früher ein mal durch Gewässer dorthin geschwemmt wurden, wo sie jetzt gefunden worden sind, oder, da die Steine doch nur recht klein sind, durch einen sehr starken Südwind hinge weht wurden. Ist dem so, dann dürften viele Steine über haupt nicht inehr gefunden werden. Man wird also gut tun, sich möglichst pessimistisch zu verhalten und abzuwarten. Im übrigen ist auch der Fund, wie er momentan steht, nicht der Rede wert. In Brillanten bedeuten 22 600 Mark der Wert der bisher hierher gelangten Steine — gar nichts. Ein ordentlicher Ring mit drei Steinen kostet so viel. Und wenn das Karat auf 26 Mark eingeschäht wurde, so beweist das nur, daß die Qualität eine recht mangelhafte sein niuß. Zudem sind die Steine auch klein. Wir haben noch von keinen: Falle gehört, wo ein einkarätiger Stein gefunden wurde. Unter diesen Umständen ist von einer Beeinflussung des Marktes auch nicht zu sprechen. Sollten die neuen Felder es auf 100 Millionen Mark jährlich bringen, dann müßten Kimberley, de Beer und Premier schon damit rech nen. Aber wir fürchten, dazu wird eS nie kommen. Wie gesagt — abwarten und pessimistisch bleiben!" Dieses Ur teil ist sehr beachtenswerl und wird der üppigen Phantasie Ternburgs etwas Zügel anlegen, denn selbst die kolonial- freundliche „Tägl. Rundschau" muß schreiben: „Einen fis kalischen Abbaubetrieb hält man in gut unterrichteten Ber liner Kreisen sowohl in Rücksicht auf die Entfernung von der Heimat als aus technischen Gründen nicht für durch führbar. Schon die Herstellung irgendwie geordneter Zu stände im Diamantengebietc ist ein Problem, dessen Lösung mit großen Schwierigkeiten verbunden ist: cs ist zum Bei spiel kein Wasser da. auch ist die polizeiliche Ueberwachung mit den größten Schwierigkeiten verbunden. Wie man in hiesigen interessierten Kreisen zu wissen glaubt, ist der Staatssekretär der Gründung einer privaten Gesellschaft zur Erschließung des fiskalischen Anteiles am Diamanten gebiete nicht abgeneigt. Verhandlungen darüber würden indessen nur unter der Voraussetzung einer Abgabe von mindestens 50 vom Hundert deS Bruttoertrages der Minen an den Staat möglich sein." — Gegen die öffentliche Uafittlichkeit. DcrVolksbund zur Bekämpfung de» Schmutzes in Wort n >d Bild (begründet von Otto Lelxner) sammelt gegenwärtig Untei» schriften zu einer „Eingabe an die deutschen Re i'rungen und Parlamente" in folgendem Wortlaut: Die Gefährdung unserer Jugend und damit de» ganzen deutschen Volkes durch den Schmutz in Wort und Bild wird nach den Ereignissen der letzten Zeit auch von denen anerkannt, die der Gefahr früher gespottet baden. Manches ist ,war erreicht. Mit dankenswerter Unterstützung der Behörden und der Presse ist eS gelungen, gewisse Witzblätter von den schmutzigsten Anzeigen zu säubern. Aber viel mehr bleibt noch zu tunl Im Interesse der deutschen Jugend fordern wir. daß die Regierungen gegen die öffentliche Auslegung von Bildcrn und Schriften einschreiten. die weit entfernt, der Kunst oder Wissenschaft zu dienen, lediglich darauf berechnet sind, in schamloser Weste die Sinnlichkeit zu reizen, sowie gegen Kinematographen und Mutoskope, die demselben Z nrcke dienen. — ES wäre zu wünschen, daß die Eingabe möglichst viele Unterschriften erhält, damit daS lobenswerte Vorgehen des Bundes um so größeren Nachdruck erhält. — Trr Kampf im roten Lager tobt immer stärker: die einen nehmen Stellung für die Süddeutschen, die meisten aber gegen dieselben. Der Kreis Sorau-Forst hat sich ge zwungen gesehen, einen neuen Delegierten zu wählen, da der gewählte Delegierte Genosse Maurenbrecher auf der Seite der Süddeutschen steht. Die Revisionisten versuchen im Trüben zu fischen. Sie möchten gern ihres Herzens Sehnsucht, die Anlehnung an den Liberalismus, bei dieser Gelegenheit zur Wahrheit machen. So meint Genosse Gradnauer-Drcsden, nachdem er dem Liberalismus ein Loblied gesungen hat. die Politik sei kein Handwerk, sie sei eine Kunst. Mit Kraftworten und tönenden Artikeln sei nichts getan, sondern man müsse taktisch klug sein. Genosse Kolb urteilt ganz ähnlich. Er schreibt unter anderem: „Und cs muß ein Weg gefunden werden, auf dem Sozialdemo kratie und Liberalismus sich zusammenfinden, um dem heutigen politischen Zustand Preußens und damit im Reiche ein Ende zu bereiten." Genosse Kolb plädiert im weiteren Verlaufe seines Artikels nicht für ein Zusammengehen der Sozialdemokratie mit dem Linksliberalismus, sondern er hält auch die Nationalliberalen für bündnisfähig. Der „Vorwärts" ist natürlich infolge der Ausführungen der beiden Genossen wieder einmal in heiligen Zorn geraten. Er schreibt unter anderem: „Diese Ausführungen beweisen, wohin der Kurs geht, wozu man die sozialdemokratische Partei verleiten will! Und da gilt es, dem Anfänge mit geharnischter Hand zu wehren, jedem Versuch, die Partei von den in Dresden abermals festgelegten prinzipiellen und taktischen Grundsätzen abzulenkeu, mit äußerster Ener gie entgegcnzutretenl ... Es ist also kein Literatenge- zänk, kein Journalistenstreit, der gegenwärtig verhandelt wird, wie schon gewisse Leute entdeckt haben, sondern die ernsteste, die Aufmerksamkeit, das vollste Interesse eines jeden wirklich denkenden Genossen in Anspruch nehmende Auseinandersetzung über die wichtigsten Grundfragen des sozialistischen Befreiungskampfes selbst." Die Sozialdemo kratie will sich eben einrichten, falls der Block zu Ende geht, dann will sie mit den Liberalen die Wahlen und die Politik machen. Wir sehen daraus, wie klug das Zentrum jetzt Vorgehen muß. In den Reihen der Liberalen zeigt sich ja vorerst wenig Lust zu einem Bündnis, aber der Zerfall des Blocks würde die Situation mit einem Schlage ändern. — Der kleinste Flottenverein, der zu Rudolstadt, macht den größten Spektakel: er bleibt außerhalb des Verbandes und fordert den Rücktritt der bayrischen Führer. Der ganze Verein zählt gewiß keine 1000 Mitglieder. Oefterreiey'U«z«r». — Der vom Re.chSverbande der nichtpolitischen chrstt- lichen Arbeitervereine Oesterreichs im Einvernehmen mit der Parteivertretung der christlich-sozialen Arbeiterschaft veranstaltete Dritte praktisch-ssziale Kar», der einen Monat hindurch die sozial-politische Schulung der in der Arbeiter- bewegung tätigen Männer durchwführen die Aufgabe hat. beginnt am 15 September 1908 in Wien. Der Unter- ricbtSkurS behandelt vornehmlich die Arbeiterbewegung be- treffende Fragen. Der Kurs findet in der Form statt, daß 4—5 Stunden täglich Vorträge gehalten werden, während 2 Stunden für die Diskussion verwendet werden. — Unter dem Vorsitze des Ministers des Aeußern, Freiherrn von Aehrenthal, fand Donnerstag in Budapest eine gemeinsame Ministerkvnferenz statt, in der die den Delegationen zu unterbreitenden Vorlagen endgültig fest- gestellt wurden. Die Einberufung der Delegationen wurde wegen der Tagung des österreichischen Landtages verschoben. Italien. Die italienischen Katholiken entfalten auf sozialen: Gebiete eine rege Tätigkeit. In Genua wurde vor einigen Tagen der nationale Kongreß abgehalton, in Venedig hat soeben der katholische Lehrerverein, der 20 000 Mitglieder zählt, seinen zweiten Kongreß abgehalten, da treten schon wieder in Brescia die Sozialpolitikcr der katholischen Welt Italiens zusammen. Zur Beratung steht die Agrarfrage, »velche infolge des Landarbeiterausstandes so lebhaft de battiert wurde, und die Schulfrage, die auch in Genua be handelt wurde. Veranstaltet ist der Kongreß vom katho lischen Volksverein, der jetzt 90 000 Mitglieder zählt. Die „Soziale Woche" wurde in der Aula des Kollegiums Cesarc Arici eröffnet. Ter Bischof von Brescia sprach die Be grüßungsworte, gedachte des deutschen Katholikentages in Düsseldorf mit 100 000 Teilnehmern und 60 000 Arbeitern, der 20 000 katholischen Lehrer in Venedig und des Eucha- ristischen Kongresses in London, denen man allen das Motto« voraussetzen könne „Alles erneuern in Christo": Der Präsident des Lokalkomitees, Bresciani, sprach für die Stadt Brescia das WillksEnen aus. Es sei gerade Brescia gewählt worden, weil es eine verschiedenartige und starke christliche Organisation habe, welche alle sozialen Klassen, besonders die Jugend und die Arbeiter, umfasse. „Von Pistoja, wo die erste „Soziale Woche" stattfand, sind wir — sagte der Redner — wieder erstarkt abgezogen: nach ernsten Debatten sind wir zu Männern der Tat geworden. Von Brescia wollen wir scheiden mit der Standarte guter Doktrinen und mit einem Programm edler Wünsche, damit wir imstande sind, bis zum nächsten Jahre einen anderen Riesenschritt zu tun; zu den christlichen Gewerk schaften. Ter Redner verweilt längere Zeit bei diesem Punkte, indem er die Wichtigkeit der Organisationen zeigt, die bei der Krisis in den extremen Parteien und bei dem Erwachen im katholischen Lager uni so nachdrücklicher sich geltend mache. Beide Erscheinungen begünstigten die Er reichung der Fudamentalziele der sozialen Aktion der Ka tholiken. Professor Toniolo, Präsident des Volksver eins, der Urheber der „Sozialen Woche", nahm hierauf das Wort. Tie menschliche Gesellschaft erwarte die Heilung von einem festgegründeten Christentum«:, nicht von einen: vagen und konfuse». Die kirchliche Hierarchie sei kein Hin- dernis für die soziale Betätigung, sondern Norm und Ga rantie für dieselbe. Der Redner führte den Nachweis, daß der Katholizismus „integrales Christentum" sei und daß ihm also die Kraft sozialer Restauration innewohne. Zwi- schen 700 und 800 Kongreßteilnehmer sind erschienen, die Blüte der katholischen Mannschaft, ihre hervorragenden Führer gaben sich ein Stelldichein. Professor Toniola wird über die Agrarfrage drei Vorlesungen halten. Dr. Fontana spricht über „Die letzten Landarbeiterbewegungen Italiens, ihre Ursachen und Gegenmittel", während Pro fessor Caroglio über „Die agrarischen Verbände Piemonts" nnd Dr. Longinotti über „Reform der Bebauungskonlrakte" Referat erstatten. Zu dieser reichlichen Behandlung des Agrargebietes gesellen sich: ein Referat von Bevilacqua „Lchrlingsbildung und Eintritt in die Gewerkschaften", ein Referat von Chiot „Technische Schulung des jungen Arbeiters", ein weiteres von Caldana über „Die Gewerk schaften als Bildungsmittel für die Arbeiter" und Dr. Gal- biati über soialpolitische Beobachtungen im Auslande. Graf Cairotti hat einen Vortrag über „Arbeiterwohnungen vom wirtschaftlichen und moralischen Standpunkte aus" und Don Minoretti einen solchen über „Klerus und soziales Programm" zugesagt. Die Schulfrage wird ihren Haupt redner in Marchese Crispolti haben, der einen Vortrag über „Kindererziehung in der Jetztzeit" bringt. Dr. Piovano behandelt das Problem der „Unterrichtsfreiheit", Professor Arduino das „Volksschulproblem der Gegenwart", Gräfin
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