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Sächsische Volkszeitung : 12.12.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190212125
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19021212
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19021212
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-12
- Tag 1902-12-12
-
Monat
1902-12
-
Jahr
1902
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 12.12.1902
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SWsche Wlkszeitmig Erscheint Dienstag, Donnerstag und Sonnabend abend» mü dem Damm de» folgenden Tage», veptgsprets r Vierteljährlich 1Mk. 2S Pfg. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 6595». bei außerdeutschen Postanstalten laut ZeitungS-PreiSliste. Kinzetnurnrner 10 I>fg. «r. 57. Einschränkung der Rededimer. Im Reichstage brachte am Dienstag die Beratung des Antrags Gröber, welcher Bemerkungen zur Geschäfts ordnung, wozu der Präsident nach freiem Ermessen das Wort soll erteilen können, auf die Dauer von fünf Minuten be schränkt, nicht den erwarteten erregten Widerstand der Linken. Die Sozialdemokraten waren auffallend ruhig, ein Umstand, der allgemein auf die letzte Fraktionssitzung der Sozialdemo kraten vom vorigen Samstag zurückgeführt wird. Diese Sitzung ist nämlich überaus stürmisch verlaufen. Die Genossen gerieten sich derartig in die Haare und beschimpften sich gegen seitig in einer Weise, daß die Einsichtigeren unter ihnen die diensttuenden RcichStagsdiener aus dem Korridor ent fernten. damit diese nicht Ohrenzeugen des wüsten Bruder krieges seien. Besonders soll der Abg. v. Vollmar wegen der Ungezogenheiten in den letzten Plenarsitzungen energisch vom Leder gezogen und die radaulustigen Elemente zur Ord nung gerufen haben. Offenbar haben die ruhigeren Köpfe gesiegt und zwar, wie aus einer Andeutung des Abg. Bebel in der Dienstagssitzung zu entnehmen ist, deshalb, weil die Sozialdemokraten fürchteten, durch Fortsetzung der Radau szenen nicht nur immer weitere Verschärfungen der Geschäfts ordnung zu provozieren, ohne dadurch die schließliche Annahme des Zolltarifs hindern zu können und auch Wasser auf die Mühle der Scharfmacher zu leiten, welche das unsinnige Ge baren der Sozialdemokraten dazu ausnutzen, um für Auf hebung des Reichstagswahlrechts Stimmung zu machen. Herr Bebel hat den Antrag Gröber am Dienstag zwar mit großer Lebhaftigkeit, wie das seinem Temperamente entspricht, be kämpft, aber es klang doch ein resignierter Zug durch seine Rede. „Sie haben die Gewalt," rief er der Mehrheit zu. „wir können Sie nicht hindern!" Er tröstete sich lediglich damit, daß der Sozialdemokratie auf die Dauer der Sieg doch bleiben müsse. Diese Hoffnung des Herrn Bebel, der so oft mit seiner Prophezeiung des großen „Kladderadatsch" hereingefallen ist, hat schon mehr Ähnlichkeit mit einer Fata Morgana. In Sachen des Zolltarifs jedenfalls zweifelt offen bar auch Herr Bebel nicht mehr an dem schließlichen Siege der Reichslagsmehrheit. Gegen den Antrag Gröber sprachen sich selbstverständlich auch die Abgg. Richter und Barth aus. während Vonseiten der Mehrheit nur der Abg. Gröber den Antrag empfahl. Er konnte zur Begründung desselben nicht bloß auf den Unfug verweisen, der in der letzten Zeit mit sog. Geschäftsordnungs debatten im Reichstage verübt wurde, sondern auch auf die Maßnahmen, welche man anderwärts, namentlich auch auf dem sozialdemokratischen Parteitage, für notwendig erachte, um das Überwuchern dieser nebensächlichen Debatten zu ver hindern. Sogar zur Sache darf in der Diskussion auf dem sozialdemokratischen Parteitage kein Redner länger als 10 Minuten sprechen. Ein etwas naiver Genosse sagte auf dem letzten Parteitage in München, es würde im Reichstage „zu viel geschwätzt". — Dem Zentrum steht jedenfalls, so schloß Gröber seine wirkungsvollen Ausführungen, die Existenz des Reichstages höher als seine jeweilige Geschäftsordnung. Es wird jede Änderung der Geschäftsordnung annehmen, welche notwendig und geeignet scheint, die Verhandlungen des Reichs tags vor Verschleppung und unwürdigen Szenen zu bewahren. Mit großer Mehrheit schloß sich der Reichstag dieser Auf fassung au: nach einer Geschäftsordnungsdebatte, die wohl durch ein Mißverständnis des Vizepräsidenten Grafen Stol- berg herbeigeführt wurde, wurde zunächst ein Antrag Singer aus Übergang zur Tagesordnung über den Antrag Gröber abgelehnt, dann desgleichen ein Abänderungsantrag des Abg. von Scheele-Wunstorf und darauf der Antrag Gröber in namentlicher Abstimmung mit 176 gegen 125 Stimmen, bei 6 Stimmenthaltungen, angenommen. Schon zu Beginn der Sitzung war übrigens ein Antrag Singer, den Gegen stand von der Tagesordnung abzusetzen, abgelehnt worden. Der Antrag Gröber ist also Gesetz, und er zeigte seine praktische Bedeutung auch alsbald bei der nachfolgenden Fort setzung derZolltarifberatung. Die Genossen Baudert. Reißhaus, Singer, Grünberg, sie alle mußten erfahren, daß die „Bemerkungen" zur Geschäftsordnung jetzt wirklich ihren Namen verdiene», Reden über alles Mögliche aber unzulässig sind. Herr Singer ward darüber, daß Vizepräsident Büsing ihn fragte, worüber er zu sprechen wünsche, so zornig, daß er rief: „Wir verzichten darauf, wie Schulbuben be handelt zu werden!" Dafür erhielt er einen Ordnungs ruf. Vizepräsident Büsing bemerkte übrigens, er habe ge glaubt, Herrn Singer ein Entgegenkommen zu beweisen, wenn er ihn vorher frage, worüber er sprechen wolle; sonst werde er sich gezwungen sehen, einfach nach Lage der Sache seine Entscheidung zu treffen. Im übrigen wiederholte sich immer wieder das beliebte Spiel mit den Anträgen aus Rückver weisung an die Kommission und auf Übergang zur Tages ordnung darüber. Immerhin sorgten die „Genossen" dabei für einige Abwechselung, indem sie z. B., in Nachahmung der Stockmannschen Taktik der Rechten, scheinbar gegen einander Anträge stellten. Der Unfug fand aber wirksame Schranken in der Begrenzung der Redezeit bei solchen Anträgen zur Geschäftsordnung auf 5 Minuten. Allem Anscheine nach bildet der Beschluß des Hauses ein wirksames Mittel, um die zweite Lesung des Zolltarifes Unabhängiges Organ für Wahrheit, Ireihett und Htecht. Heasittio« E«a SrrALfirrtelle r vrertlrn. PMnitrrr Zttarse »A. Fernsprecher: Amt I., Mr. <SK6. Freitag, den 12. Dezember 1902. bis anfang nächster Woche zu Ende zu führen. Ob die dritte Lesung noch vor Weihnachten vorgenommen wird, steht noch nicht fest. Die Vapstjubelfeier am 7. Dezember 1902 zu Dresden. Die Unüberwindlichkeit des Papsttums. Schluß der Rede des Herrn Pfarrer Aruch. Die Kämpfe der Kirche sind ja auch die Kämpfe des Papsttums. Schauen wir zurück in die Wiegezeit des Christentums, als die Kirche als zweite Eva, als die Mutter aller Lebendigen ans der Seite des zweiten Adam, am Kreuze und am Fuße des Kreuzes hervorging, da erhob sich schon ein gewaltiger Sturm. Da sehen wir es, wie die Juden lästern, die Heiden spotten. Jesus stirbt, und nun hat es den Anschein, daß die Welt dieses Heilandes sür immer untergegangen ist. Aber bald schon muß es die staunende Welt erfahren, daß der Fels da ist. Der Felsenmann rust ein Wort in die verkommene Welt hinein, da» Jahihunderte und Jahrtausende erklingt: „Es ist in keinem andern Heil als in dem, welcher die Kirche gegründet hat." Nun eilt er fort. Palästina bittet ihn zu bleiben. Doch der erste Papst eilt fort nach Antiochia und dann nach Rom, um diesen Mittel- Punkt des Heidentums zum Mittelpunkte des Christentums zu machen, um dort, wo Cäsaren herrschen, seinen Sitz auszuschlagen und ihn zu gründen für alle Zeiten. Aber was findet er dort? Aus der Oberfläche der menschlichen Gesellschaft nichts als kalte Selbstsucht, nichts als daß der Mensch zum Rechenexempel geworden der Lust und des Boi teils! Bald tobt die Verfolgung gegen die Anhänger des ersten Papste». In dem unterirdischen Rom, da hatten heidnische Völker schon vorher, ohne es zu wissen, dem unbekannten Gott Tempel, Kapellen und Kirchen gebaut; da zogen die Christen hin. nicht wie lichtscheues Gesindel der Empörung, das mit Gott und sich selbst zerfallen >st, sondern als treue Kinder des heiligen Glaubens, als treue Diener der heiligen Liebe, um dort geistig« Schätze zu sammeln, mit denen sie einst die Welt be- schenken wollten. Freilich auch dort wühlte ein furchtbarer Kampf. Man verfolgte sie auch unten, und man schleppte ein Paar nach dem anderen zum Martyrium, und Millionen Kinder deS Gekreuzigten verbluteten zu den Füßen der schändlichsten Götzen. So ging eS durch Jahrzehnte. Manch mal auch ließ man sie ein wenig ausalmen, aber nur damit sie Kraft gewännen, um neue Kämpfe zu bestehen, neue Qualen zu erdulden. Endlich, endlich meinte der Fürst der Finsternis und meinte mit ihm das Heidentum, die Ausgabe sei gelöst, das Christentum fei verschwunden, die Christen und die Kirche erstickt in ihrem eigenen Blute, und da jubelte die Hölle- und da frcuir sich alles, was feindlich gegen steht, besonders das Heidentum und der blutige Wüterich, der da» Blut seiner Märtyrer getrunken, der ein Denkmal sich setzen ließ mit der stolzen Inschrift: „Dem göttlichen Diokletian, der den christlichen Aber glauben auf dem ganzen Erdreich auSgeroitet hat." Wie lange währte eS aber, daß die Feinde sich freuten k O bald schon zeigte eS sich, daß der Fels mächtiger war als die, die gegen ihn anstürmten. Welch großes Wunder! Ein Fischer aus Galiläa gerät in Streit mit dem römischen Kaiser, dem Herrn der Welt, und der Mann aus Galiläa bleibt Sieger! An der Stelle, wo Petrus gekreuzigt wurde, erhebt sich jetzt der schönste Tempel der Welt, die PeterSkirch», und am Grabe Petri da stehen die Fürsten und alle Völker, da betet man in allen Sprachen, da fließen die Tränen aller Rationen. DaS Christentum hat gesiegt, der Fels sticht da unüberwunden im Prangen der Verheißung: Aon prwvalobunt, die Pforten der Hölle werden ihn nicht überwältigen! (Stürmischer Beifall.) Aber cs kamen andere Feinde. Diese suchten den Fels selber zu unterminieren. Was haben sie erreicht? Der Fels ist fest geblieben. Tie Lehren, die sie bekämpften, wurden klarer ausgesprochen, und die sich von ihm lossagten, sie sind verschwunden, ihr Andenken ist nicht ein ehrenvolles.gewesen. Und nun Weiler, verehrte Festgenossen l Es kamen auch noch andere Zeiten, die sür die Kirche noch verhängnisvoller wurden — denn nicht das waren die gefährlichsten Zeiten, als die Kirche in den Katakomben war, als man die Päpste unaufhörlich zum Tode schleppte, die frei gewordenen Stellen aber immer wieder frei und würdig besetzt wurden — nein, das waren die gefährlichsten Zeiten, als die Wahl der Bischöfe und des Papstes nicht frei war, als diese Stellen zum Gegenstand des Kaufs und Verkaufs gemacht wurden, als weltliche Gewalten in das Heiligtum eindrangen und dort ihren Einfluß geltend machen wollten zu ihren Parteizwecken und vielleicht auch oft zn ihrem Vorteil. Wäre die Kirche, wäre das Papsttum nicht Unverwüstlich, so hätten sie damals zugrunde gehen müssen! (Sehr richtig!) Aber der Fels hat auch hier wieder seine Macht und seine Stärke gezeigt. Fern in Salerno, an einem wenig besuchten Meerbusen, be- findet sich ein Grab, welches die irdische» Überreste des mächtigsten und gewaltigsten der mittelalterliche» Päpste umschließt, es ist das Grab Gregors VII. Er hat gegen diese Gefahre» angekämpst, er hat seinen ganzen Einfluß daran gesetzt, um die Kirche auü dem Schimpf, den weltliche Gemalt ihm angetan, zu retten. Gregor VII. starb hierfür in der Verbannung. Sterbend hat er »och gesagt: „Ich steibe in der Ver bannung, weil ich in das eitle Spiel der Welt nicht paßte, das Recht lieble und das Unrecht haßte." Die Welt hat es nicht gewagt, seine Gebeine auezugraben, um sie in den Grüften der Päpste in Rom bci- zusrtzen; er ist in Salerno verbliebe», damit die Nachwelt immer er fahre, was die Päpste getan sür die Freiheit unserer heiligen Kirche. Schwere Zeile» waren cö, als daö Schisma ein großes Stück von der Feljeneinheil losriß. Als die Scharen des Islams die schönsten Gegenden des Christentums verwüsteten, da hälte gar mancher verzagt u»o gemeint, Gott habe seine Kirche verlassen. Ja, in der Tat, es haue manchmal den Anschein, als wollte es wahr werden, was der Huancnlönig einst prophezeite, er wollte auf dem Hochaltar der Petri- lirche in Rom seine Rosse mit Haser füttern. Aber was ist erreicht worden? Bis a» den Felsen sind sie vorgedrungc», die Feinde, aber dann hieß es: Bis hierher und nicht weiter! Hier ist Gottes Werk statt, Gottes Schutz, hier ist der Fels, und über ihm prangt die Ver- helßuitg immer wieder von neuem: X'on prwvalobunt. (Beifall.) Und schreite» wir weiter — ich muß mich kürzer fassen — da finden wir, daß auch i» de» folgenden Jahrhunderten die Kämpfe nicht au,höre», daß aber aus all diesen Kämpfen die Kirche veljüngt und mit erneuter Kraft hervorging. Freilich waren es vielfach die Glieder der Kirche, die in relig öser Gleichgiltigkeit versunken waren und die Äesahr nicht erkannten. Sie ließen alles gehen, wie es gehl; und end lich ließ es Gvlt in seinem unersorschlichen Ratschlüsse zu, daß alle Leldenschasle» sich entfaltete», um den Fels der Einheit zu stürzen, da wurden die heiligste» Schwüre gebrochen, da war Rom nichis anderes mehr als ein heidnisches Babylon, und der Papst galt ihnen als leib- hastiger Aullchllst. Nun muß er fallen, jetzt ist er unterwühlt, unter- mutiert, so triumphierten die Gegner. WaS ist aber geichegen? Aus dem Felsen stand Einer, der Wache hielt, treue Wache, vertrauend aus den Schutz, der von oben der Kirche verliehen wird. Die Genier haben freilich viel geschadet, aber die Kirche selbst und das Papsttum, das Inserate werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 10 Pfg. berechnet, bei mindestens 3maliger Wiederholung Rabatt. Bestellungen hierfür nehmen an: Keschäftsstesse Willnkher Straße 4L, sowie dre Buchdrucker« von Awi» Mache, Ziegelstraße 18. 1. Jahrgang. sie stürzen wollten, es besteht alles noch heule. Es war ein stolze» Wort das jemand sprach: Vivus orain pvstis morisns ero mors tu», pap».' Es ist ein falscher Prophet, der das gesagt hat, den» seine Prophezeiung ist nicht eingetroffen. Der Papst ist da, und der Fel» steht da. und über dem Felsen steht die alte Inschrift: sie werden ihm nichts anhaben können. (Lebhafter Beifall.) Wir treten nun in ein neues Jahrhundert. Da begann zu reisen, was frühere Jahrhunderte ausgesät, und cs kamen Früchte, welche voiausaesagt werden konnten, aber von der Gesellschaft nicht erkannt wurden „Ich bin es sait", so spricht einer dieser modernen Glauben»- apostel, „immer hören zu müssen, daß zwölf arme Fischer die Kirche gegründet haben, ich dagegen will beweisen, daß ich nur eines bedarf, um die Kirche zu stürzen. Nieder mit der Kirche! Nieder mit dem Papsttum!" So wurde hineingcrusen in die Nacht der Leidenschast. „D>e Kirche, sie paßt nicht m< > > in die neue Zeit, die Welt kann nicht glücklich sei», so lange noch Rmn geht, so lange noch Papst und Papst tum existieren, denn alles Elend in der Welt kommt von Rom, alle» Elend der Welt kommt vom Papst und dem Papsttum." Alle Ver irrungen und Schandtaten wurden dem Papste und dem Papsttum« angedichtet. Es wiederholte sich dasselbe Schauspiel, daS einst in Jerusalem sich zutrug. Da waren auch so viele treue und gute Menschen, welche ihre Mitmenschen aufklären wollten, aber überall trat ihnen der verhaßte Nazarener entgegen. Sie wollten, daß die Menschen auch Menschen sein und sich freuen sollten. Da kam der verhaßte Nazarener, er war an allem schuld. Hälte man den gewähren lassen, er hätte noch die Römer herbeigerufen. Und diesen Nazarener, den Verhaßien, habe» die Henkersknechte nach Calvaria geschleppt, und der hätte noch alle Henkersknechte umgcbracht, hätte man ihn nicht endlich selbst ans Kreuz geschlagen. Dieser böse Nazarener! Und die Kirche und das Papsttum setzen ja da« Werk des „Laoo domo" fort. So viele aufgeklärte Pharisäer und Schriftgelehrte gibt eS auch in unserer Zeit, die wollten so gern, daß wir aus der römischen Finsternis befreit würden, aber da trat ihnen immer wieder dieser verhaßte Papst ent gegen (Heiterkeit) und suchte ihre Pläne zu durchkreuzen. Und sie setzten ihre Kraft, ihre Mühen darein, um ihn zum Sturze zu bringen. Rom müsse fallen, sonst müßte die Welt unterliegen. (Heiterkeit.) Die Vandalen schonten einst Rom auf Bitten der Päpste Leo und Gregor, die neuen Vandalen schonten Rom nicht, sie nahmen dem greisen Papste Pius VI. die Freiheit und schleppten ihn fort in schmäh liche Verbannung, und dort starb der hochbelagle Priestergreis im Elend, und die letzten Worte waren ein Gebet für seine Feinde und die Schmerzensworte: „Großer Gott, welches Los bereitet man Deiner Kirche I" Da freuten sich die Gegner und meinten, mit dem letzten PulS- schlage dieses Papstes habe auch die letzte Stunde des Papsttums ge schlagen. Es war nur gut, daß sie sich vorher freuten, nachher blieb ihnen Kip Fr-iik» erspart. Pius VII. besteigt den Stuhl Petri. Er sucht Ruhe und Ordnung wiederherzustellen und der Kirche den Weltfrieden zu geben. Da kam der große Franzosenkaiser, der gewaltige Eroberer: mit eisernem Schritt ging er über die Völker Europas dahin, schrieb von Paris bis Wien und Warschau der Wett Gesetze vor; er kam und forderte den Papst aus, er sollte sich auch vor ihm, auch in geistlichen Dingen beugen. Dieser aber sagte, was so mancher vor ihm gesagt: „Wenn man mir keine Existenz hier aus der Erde läßt, dann ziehe ich mich aus meinen steinernen Sitz in den Katakomben zurück. Lieber will ich sterben, al» mein Amt verletzen." Der Korse ließ ihn daraufhin gefangen nehmen und unwürdig bebandeln, aber unbeugsam wie ein Fels stand er da. Und immer übermütiger wurde jener. Als ihn der päpstliche Bannfluch traf, da sprach er hohnlächelnd: „Dieser Unsinn kommt lausend Jahre zn spät, deshalb werden meinen Soldaten die Muskete» nicht aus den Händen fallen." Doch siehe da, schon nach wenigen Jahren mußte er es erfahren, daß niemand ungestraft am Felsen des Papstes sich ver greist, denn seinen besiegten Soldaten fielen in Rußland buchstäblich die Waffe» aus den erfrorenen Händen. In Fontaineblau wollte er den Papst zur Abtretung seines Landes zwingen, in Fomaineblau mußte er alles abtrelen, was er sich angemaßt; an zwei Orten, zu Savona und Fonlaineblau, hielt er den Papst gefangen, au zwei Orte» saß er selbst als Gefangener, seiner Herrschaft beraubt, ans der Insel Elba und aus St. Helena, und von dieser letzten Felseninsel wurde er, der gegen zwei Pius gekämpft hat, gerade am Namenstage eines hl. Pius, vor den obersten Richter, vor den obersten Papst gerufen. Ist da» nicht Gottes Hand, der seinen Felsen behütet? Der Thron Napoleons wurde von Millionen von Bajonette» geschützt und er stürzte in das Nichis — der Stuhl Petri hat:e keine irdische Macht mehr, und doch überdauert er alle Reiche der Welt, er hat keinen anderen Machtbrics als Gebet und Liebe auch zu den Verfolger» Nun, teure Anwesende, sollte mau meinen, nachdem der Fels so oft bestürmt worden ist, nachdem so manche gewaltige Gegner an diesem Felsen ihre Schwerter zerschmettert, ja, auch manche ihre» stolzen Schädel eingerannt halten, man sollte meinen, die Well wäre endlich klug geworden und hätte aufgehöct ein solches vergebliches Werk zu unternehmen. Aber die Welt will nicht vernünftig werden, da gibt eS immer wieder welche, die meinen: Früher hat man es mit dem katho lischen Gegner nicht richtig angesangen, das muß man so mache», jetzt fangen wir cö einmal so a», dann muß Rom falle». Ob es wahr ist? Man hat es ja, und viele von uns haben eS ja auch noch er- lebt, daß widrige Gewalten versucht haben, gegen den Felsen zu kämpfen. Was haben sie erreicht? Sie mußten immer wieder jenes alle Ge- stättdniü oblegen, das schon in früheren Jahrhunderten ei» Mächtiger abgelegt hatte: „Galiläer, du hast gesiegt!" Kirche, du hast gesiegt! Dieser Fels hat die Verheißung, und die Verheißung wird immer wahr sein. Die Pforten der Hölle werden ihn nicht überwältigen. (Stürmischer Beifall.) Da zeigt sich die Stärke des Papsttums »»d desjenigen, der jetzt aus diesem Gipsei steht Wir sind hier versammelt, »in zu seinem Jnbiläi»» ihm herzlichst Glück zu wünschen. Er ist das Licht vom Himmel. Als PiuS IX. starb, betrauert, beweint vom ganzen katho lischen Erdkreise, da »icintc man wohl und fürchtete es auch, nun würde die Papstwahl gehindert, oder wenigstens sie winde nicht mit Freiheit gehalten werde», aber der Engel GoticS schwebte über der ewigen Stadl und da mußte die Well schweige», und der Ruf der Kirche er scholl: Ilitbvmu» papam! Wir haben wieder eine» Papst! Und welch herrlichen Papst haben wir! Charakierzeichnunge» und Broschüre» sind in Menge erschienen und Sie werden schon gelesen haben, was er alles geleistet, wie er treu in die Fnßstapse» seiner Vorgänger eingetrelen ist, wie er sich bemüht, nicht bloß sür das geistige Wohl der Völker zu sorgen, sondern auch das materielle Wohl, so viel er kann, zu fördern. ' Überall schaut er hi» mit seinem scharfen Geiste, erkennt er die Gefahre» der Zeit, und er weist Fürsten und Völker hin aus die Wege, die eingcschlagc» werden müssen, um zum Friede» zu gelangen. Er nimmt sich aller Völker an, der Wilden, die in der Sklaverei geseufzt, der Heide», denen das Licht der Wahrheit noch nicht geleuchtet, der Christen in ihren ver schiedenen Lebensstellungen, der Arbeiter ganz besonders, die er gleich- sam in sein Herz geschlossen und sür die er so viel schon getan hat. Er nimmt Anteil an Kunst und Wissenschaft, er hat die vatikanische Bibliothek geöffnet, damit man forschen und die wahre Geschichte der Päpste und des Papsttums erfahren kann, er ist cö, der selbst ein
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