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Sächsische Volkszeitung : 14.05.1920
- Erscheinungsdatum
- 1920-05-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192005140
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19200514
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19200514
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1920
-
Monat
1920-05
- Tag 1920-05-14
-
Monat
1920-05
-
Jahr
1920
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.05.1920
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Sie hat ihr nächst;» Mel erreicht. In Plauen dagegen warten wir täglich und stündlich aus eine gleiche Entscheidung, die ja nach der Verordnung Vom S. 3. 1920 gar nicht zweifelhaft sein kann. Bis jetzt war jedoch alle» briefliche, telephonische und telegraphische Ersuchen um Bescheid de» Kultusministeriums vergeblich. Wir fragen unS: Wie ist es denn nur möglich, daß man uns in Plauen ohne Antwort läßt? Der Kern der Sache liegt wohl darin, daß in Plauen nicht da» Kultusministerium in Dresden, sondern der Plauener Vezirkslehrcrverein und sein Ableger, der große Lehrerrat, das Schul wesen regiert, wenn es sein soll, auch gegen die oberste Schulbehörde Daß so etwas möglich ist, wissen wir ja in Plauen seit d-n Hölz- tagen; denn diese Tage haben bewiesen, daß hier alles möglich ist. Da» Schulamt verlangte für Ostern >920 die Neuverschmelzung zur konfessionslosen Einheitsklasse da» frühere dritte, also das gegenwär tige vierte Schuljahr. Der katholische Schulvorstand, dessen Fortbe stehen vom Kultusministerium in einer Verordnung vom 28 11. 1919 ausdrücklich zugestanden worden war, erfuhr nichts von dieser ver fassungswidrigen Ausdehnung der Einheitsschule. Die Rcchtsunver- bindlichkeit dieser Anordnung für die katholischen Schulen war den katholischen Schulleitern ohne weiteres klar, da sie ja nicht vom Be zirksschulamte erlassen war, also die Gegenzeichnung des Bezirksschul rates fehlte. Deshalb und um billige Klarheit zu schassen, erließ der katholische Schulvorstand eine Anordnung an die katholischen Schul leitungen, die Verschmelzung in den katholischen Schulen zu unter lassen. In der Schule an der Ziethenftraße wurde demgemäß ver. fahren. Für die Schule an 6er Heynigstraße aber fand sich ein katho lischer Lehrer, der vor Ostern ohne Wissen des katholischen Schulvor standes und de- Schulleiters, ja, gegen deren ausdrücklichen Willen, die katholische Bekenntnisklasse auflöst«, indem er die Kinder, die nicht im engeren Bezirke wohnten, an die evangelischen Nachbarschulen ver» teilte. Ten Höhepunkt erreichte die Tragödie, als am ersten Schultage am Tore jener Schule dieser Lehrer unter Assistenz eines anderen die katholischen Eltern mit ihren katholischen Kindern von der Schwell« ihrer eigenen Schule wiesen, der Schule, die sie mit vielen Opfern er baut und eingerichtet hatten. Viel weiter ist der Leiter der 11. Bür- gerschule wohl auch nicht gegangen, der einer Mutter, die ihr katho lische- Kind abmeldet«, sagte: „Sie werden nicht nur mit Geld-, son dern mit Gefängnisstrafen belegt, wenn Sie ihr Kind nicht hierher schicken." Schon bekannt geworden ist, daß die Schulleiter mit Diszipli. narstrafe vom Schulamt — nicht vom Bezirksschulamt — bedroht worden find, wenn sie die Einrichtung der Klassen 8—5 nicht als Ein- heitsllassen vornehmen. In der 1. katholischen Schule ist taS bi» heute nicht geschehen — und Plauen steht noch; in dar 2. war man Mit Erfolg bestrebt, den Willen deS Schulamts auszufahren. Auch di« Frage de- katholischen Religionsunterrichts, die sich befriedigend nur im Rahmen der katholischen Bekenntnisschulen lösen läßt, will man habutch abtun, daß man die katholischen Kinder an zwei Nachmit tagen in dem für unS wichtigsten Unterrichtsfach« unterweisen läßt. Dltzfkr Vorschlag kommt auch von einem sich noch katholisch nennenden Ktzhttzr und steht in einer Eingabe, die am Eingänge folgende Forde- tmngrn aufftclltt 1. Das BezirkSschulamt wolle unverzüglich dafür Sorg« tragen, daß in Plauen die getroffenen behördlichen An ordnungen auch in der 1. katholischen Bürgerschule restlos durchgesühri worden. 2. Das Bezirksschulamt wolle an das Ministerium berichten, daß nach der erfolgten Durchführung der Gemeinschaftsschule in den Klaffen 8—8 da- Ministerium auf keinen Fall dem Ersuchen des katholischen Schulvorstandes auf Auflösung der Gemeinschaftsschule und dar Wiedereinführung der reinen konfessionellen Schule statt geben soll. Das fordert ein katholisch sein wollender Lehrer. Nur Anschrift und Unterschrift sind vom Vorsitzenden des Bezirkslehrervereins Plauen ouSgefühyt. Derselbe Herr — nämlich der katholische Lehrer — ver anlaßt nach einem Vorträge: „Warum dürfen und müssen di« katho- lischcn Eltern die allgemeine Volksschule fordern", die Eltern zur Auf- stcllung der Forderung: 1. der allgemeinen Volksschule, 2. de» be- kenntnismäßigcn Religionsunterrichts (an Nachmittagen). Nun ist aber bekannt, daß der hiesige fast allmächtige Lehrerverein, in dem jene katholischenLehrer natürlich organisiert sind, den belenntniSniäßigen Religionsunterricht bekämpft. Die Forderung deS Kultusministerium» dom März, die diesen Unterricht anordnet, wird sabotiert, indem man beschlossen hat, den bekenntniSm. Religionsunterricht abzulehnen, aber nicht aus die Erteilung des Religionsunterrichts zu verzichten, viel- mehr einen für alle Kinder verbindlichen ethischen und historischen Religionsunterricht zu erteilen. Nach dieser Stellungnahme muß jeder katholische Lehrer und Erzieher die Einheitsschule ablehnen wegen Ge fährdung der Sinderseelen. Für die katholischen Eltern gilt es nun erst recht, ststzul-leiben, sich durch keine Drohung und durch kein« Jrre- fllhrung von ihrer ersten und ursprünglichen Forderung abbringen zu lassen, selbst dann nicht, «en« der Gegner ei» katholischer Lehrer ist. «echt muß «echt «eiben - selbst in Planen." Zentrum und Wenden Eine Anfrage in der preußischen Landesvcrsammtnng > Die Zentr: msabgeordneten Gottwald, Dr. Porsch und die übrigen Mitglieder der Fraktion der Zentrnmspattei haben in der preußischen Lanöcsversammlung folgende Anfrage an die Regierung gerichtet: „Die Wenden der preußischen Ober- und Nirderlausitz er streb» gemäß Artikel 113 der Neichsversassnug eine Berücksichtigung ihrer Muttersprache im Schulunterricht in den: Umfange, wi rr den Wenden im Freistaat Sachsen (8 2 Absatz 5 und 8 » Absatz 4 des sächsischen Uebergangsgesetzes für das Volksschulwesen vom 22. Juni 1919) zugestanden ist. Die Regierung in Liegnitz steht dem Vernehmen nach den Wünschen der Wenden freundlich gegenüber; deren Erfüllung verzögert sich aber, weil angeblich Lehrer fehlen, die in wendischer Sprache zu unterricht.» vermögen. Ist die Staatsregierung bereit, den preußischen Wenden eine Berücksichtigung ihrer Muttersprache im Schulunterricht in dem oben- bezeichnet«» Umfange einzuräunien? Will sie die erforderlichen Maßnahmen mit mnlichster Belchleu- nigung durchführen und nötigenfalls aus dem Wege des Anstausches geeignet« Lehrer auS dem Freistaate Sachse» gewinnen?" Um Spaa Kaum hatte die Konferenz inSanRemo den Beschluß gefaßt, die deutsche Regierung zu den Verhandlungen in Spaa einzuladen, um hier Deutschland die Gelegenheit zu geben, über die Wiedergut machung und die Höhe seiner Leistungen hierfttr zu bestimmen, als auch schon in Frankreich Stimmen laut wurden, die auf alle mög liche Weise die Aufgaben und die Gleichberechtigungen Deutschlands bei der Teilnahme an dieser Konferenz herabzumindern und zu hintcr- treiben suchten. Man merkte aus diesen Stimmen, daß Frankreich alles in Bewegung setzen wollte, um die ihm nicht genehme Konferenz, besser gesagt die nicht genehme Teilnahme deutscher Vertreter, zu ver hindern. Da wurde denn auch schon von Frankreich aus, wenn auch über Brüssel, die Meldung lanciert, daß Deutschland seilst eine Ver tagung der Konferenz beantragt hätte. Als Begründung hierfür wurde angegeben, daß der Termin des 2b. Mai Deutschland nicht genehm sei, weil dieser Termiü mitten in die Reichstagsivahlen siele. Nun war das einzig Richtige an dieser Meldung, daß allerdings der deutsche Reichskanzler, als ihm die Einladung zur Konferenz nach Spaa durch den italienischen Botschafter überreicht wurde, diesem gegenüber die Aeußerung fallen ließ, daß allerdings der Termin wegen der Reichs» tagSwahl nicht besonders genehm sei, daß er aber trotzdem die Ein ladung für Deutschland gern entgegennehme. Nun liegt die Sache in der Tat auch so, daß Deutschland das allergrößte Interesse an der baldigen Zusammenkunft der Konferenz in Spaa hat. Denn erst dann wird sich wieder eine Hebung der deutschen Valuta- und Kreditverhältniffe und besonders des deutschen Witt- schaftsslebens bemerkbar machen, wenn bestimmt sestliegt. was denn eigentlich Deutschland an Gesamtschaden zu ersetzen hat. und wie hoch die von der Entente geforderte Entschädigungssumme sich beläuft. Je eher eine solche Festsetzung stattsindet, um so besser für Deutschland. Also hat Deutschland selbst an ein Hinausschieben der Konferenz oder gar an einem Nichtstattsinden nicht das geringste Interesse. Anders dagegen Frankreich: Schon der Verlaus und dann der Ausgang der Konferenz in San Nemo zeigten, daß die An sichten in der Entente über ihre Haltung gegenüber Deutschland doch sehr verschieden seien, und daß gegenüber der Droh- und Machtpolitik Frankreichs England und vor allem Italien eine versöhnlichere Hal tung einnahmen. Diese günstigere Wendung in der Politik Eng lands und Italiens ist nun keineswegs ans Entgegenkommen für Deutschland entstanden sondctrn es ist eine Politik der Vernunft, die eingesehen hat, daß auf der einen Seite nur ein Deutschland zah lungsfähig ist, dem man durch - verständiges Entgegenkommen die Möglichkeit gibt, seine durch den Krieg völlig zerstörte Wirtschaft wie der auszubauen, daß aber auf der anderen Seite ein Zerfall Deutsch lands und der daraus folgende völlige Bankerott ganz Europa — also auch die Ententestaaten — selbst mit in den Abgrund stürzen würde. Da erhebt sich »nn die Frage: Wie mag es wohl kommen, daß Frankreich trotz der gewiß triftigen Gründe des englischen und italienischen Premierministers sich nicht zu einer solchen Vernunft- Politik bekennen mag oder will, und da dürften es wohl zwei Gründe sein, die vor allem für Frankreich ausschlaggebend sind, und die eS immer wieder blenden und zu einer kurzsichtigen Politik Deutschland gegenüber verleiten. ' " Einmal ist es die ständige Furcht vor dem Wiederaufleben de» militärisch erstarkenden Deutschland, die so tief in den französischen Führern wlirzelt. daß sie nicht erkennen können oder erkennen wollen, daß in Deutschland der Militarismus ein für allemal abgetan ist; deshalb wollen sie auch keine irgendwie wirtschaftliche Erstarkung mehr, weil auch dadurch allein schon Deutschland wieder in die Lage 'ommen könnte — wenigstens nach französischer Ansicht — militärisch zu er starkem. Was so alles drüben an nationalistischem und mili taristischem Uebermut in Frankreich zurzeit dem ohnmächtigen und be siegten Deutschland gegenüber die Zügel schießen und den Sieger- triumpf fühlen läßt, das kann in Wirklichkeit doch niemand darüber hinweg täuschen daß für Frankreich dieser Endsieg Im Weltkriege ein Pyrrhussieg ist, den es ohne die Mithilfe seiner Verbündeten, vor allem Amerika, niemals errungen hätte, und daß Frankreich selbst wirtschaft lich ebenso geschwächt ist, wie Deutschland, und einem erstarkenden Deitttschland gegenüber ohne weiteres erliegen würde; daher auch die. Furcht vor jedem deutschen Soldaten über die Zahl der durch den Frie- denSvertrag erlaubten Truppenstärke hinaus. Es spielt aber auch noch eine weitere mit, dir bisher eigentlich wenig in den Vordergrund grund gerückt worden ist, das ist die finanzielle R»t de- einst so reichen Frankreich». Schon durch die hoben Kriegsschulden England und Amerika gegenüber, dann durch den Umschwung in Rußland, der den vielen kleinen französische» Rentnern die Zinsen des einst dem Zaren reiche geliehenen Kapital» vorenthält, wnch» die Not der französischen Steuerzahler s» sehr, daß di« Regierun, demgegenüber nur immer wieder sich mit dem tr streichen Zuspruch Helsen konnte: Deutsche land wird und muß alles bezahlen. Deshalb auch die ständige Furcht vor der Revision des Friedensverlrages, der nach allen vernünsiigen und gemüßigten Anschauungen bedeutender Politiker auch innerhalb der Entente als notwendig anerkannt wird. Nun. da England und Italien aus reinen realpolitischen Gründen sich eit er Verständigung gegenüber Deutschland geneigter zeigen, diese große Erregung in Frankreich. Da beginnt nun in Frankreich ein neues diplomatisches Spiel: Man nennt eine so hohe Entschädigungssumme daß Deutschland sie gar nicht leisten könnte, und weil man das vorher weiß, strebt man gleichzeitig schon darauf hin, eine gewisse Sicherheit zu erhalten und läßt auch schon durchblicken, daß dieses Pfand am Rhein liegen soll. Also dahin zielt aufs neue die französische Politik, unter irgend einer Form Teile des reichen Rheinlandes an sich zu ziehen, und zugleich dadurch Deutschland politisch weiter zu schwächen. Es liegt nun nicht im Interesse der übrigen Ententeverbündeten und besonders der von England stets verfolgten Politik des europäischen Gleichge wichtes, diese französischen Eroberungsabsichten zu ulit-rjtutzen. Man bars deshalb auf den weiteren Verlauf der diplomatischen Auseinan dersetzungen innerhalb der Entente gespannt sein. Jedenialls gewinnen unter diesen Umständen die Meldungen an Glaubwürdigkeit, die vor läufig eine Verschiebung der Konferenz durch die Entente anlünden. Der Wahlkampf Ganz Deutschland steht im Zeichen der Wahlen. Me anderen politischen Ereignisse, die leinen Zusammenhang mit der Wahlbe- wcnliig haben, sind in den Hintergrund getreten und haben an In teresse zwar nicht ganz verloren, aber doch erheblich eingebüßt. Dies liegt naturgemäß in der großen Spannung, die sich weiter Kreise be züglich des Aufmarsches der Parteien und ihrer Aussichten bemächtigt hat. Wird doch dieser neu zu wählende Reichstag für eine Legislatur- peiiode von vier Jahren bestimmend sein für die weitere politische Ent wicklung in Deutschland. Darum werden auch von den einzelnen Gruppen alle Kräfte angespannt und alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die mehr oder minder gleichgültig ihre Straße ziehenden Massen auszurütteln und mobil zu machen, ihnen die Grundideen der Partei zu vermitteln und ihnen die ursächlichen Zusammenhänge politischer Zweckmäßigkeiten und Ziele recht nahe zu bringen und durch die Güte des Programms sowie durch die Kraft der Werbung Gleichgesinnte zu sammeln. Nachdem die Parteien ihre Wahlaufrufe hinausgesandt habe», beginnen sie allmählich Heerschau zu halten über ihre Gefolg schaft. Die Parteiführer haben bereits ihre ersten großen pro grammatischen Reden gehalten und somit für ihre Kartei den eigent lichen Wahllamps offiziell eröffnet. Aus dem großen Wust der vieler lei Fragen und Probleme, die in diesem Wahlkampfe der Besprechung harren, schälen sich allmählich die Hauptgesichtspunkte heraus, die im Mittelpunkte der Wahlkampagne stehen werden. Die einen Parteien erscheinen als Ankläger, die anderen als Verteidiger. Für die äußerste Rechte, sowie für dre äußerste Linke stehen die Dinge weit bequemer als für diejenigen Parteien, die in schwerer und opferfreudiger Arbeit unter unsäglichen Mühsalen und Anfechtungen den Bau des Deutschen Reiches vor dem gänzlichen Zusammenbruch bewahrt haben. Unter dem Sturmilauf der rechten und linken Opposition werden die Taten der Mitt lparteien verdunkelt und viele sind entweder urteilslos oder, sei es aus Vorurteilen, sei es aus sehlcndem guten Willen in der ge rechten Beurteilung getrübt, töricht genug, um dem lauten Tosen oppositioneller Lärmpolitik Gehör zu leihen. Denn von der Rechten wie von der Linken wird das Matz würdiger und anständiger Kritik schon längst außer acht gelassen.* Die Rechte kauert um Verlorene» und rafft sich dabei niemals zu positivem Schaffen aus. die Linke preist marktschreierisch eine neue Glückjeliglcitslehre in der Diktatur des Proletariats an, als eines Allheilmittels, mit dem sie die Köpfe ver wirrt. Rechts und- links stehen nicht auf dem Boden der Realitäten. Denn diese werde» gefangen gehalten von den Ideengängen einer über wundenen, überlebten Zeit, jene aber vom trügerischen Wahne eine« niemals zu verwirllichenden Weltgestaltung. Aber seltsam — alle Patteirichtungen kommen um dis Erörterung einer Kardinalfrage der praktischen Politik nicht herum, das ist die Frage der Koalitionsbil- düng. Die führende» Männer aller Parteinchtungen haben sich mit ihr befaßt. Es liegt hierin zunächst das Eingeständnis der Notwendigkeit irgend einer Koalitonsbildung überhaupt. Den» in einem parlamen tarisch regierten Staate, in dem wie in Deutschland eine bunte Viel heit von verschiedenen Parteien Träger des politischen Lebens ist, »ird stets ein Paktieren unter den Parteien notwendig sein, wenn über haupt eine Regierung zustande kommen soll Naturgemäß kann sich nach dem jeweiligen Stärkeverhällnis der Parteien die Zusammen setzung der Koalition verschieden gestalte». Es ist nicht uninteressant, zu Vcrsvlgen, wie die einzelnen Parteien zur Frage der Koalition Stellung nehmen. Der deutschnationaie Abgeordnete Laverrenz hat daniber in einer großen Wahlversammlung im Blüthnersaal zu Berlin grundsätzlich folgendes geäußert: Ob wir in eine Koalitions regierung eintreten, will ich nicht positiv oder negativ beantworten. Bedauern wurde er es, wenn die Deutsckmalionalen ein.' Koalition mit den Sozialdemokraten eingingen. Bedeutet der erste Satz dem Koa< liiionSgedanlen gegenüber nnzweifeltzasi ein Zugeständnis so scheint uns der letzte Satz, wenn er den Gedanken richtig wiedergibt, reichlich naiv. Denn ein Zusammengehen von Dentschnationalen und Sozial demokraten in einer Koalition gehört doch wohl von vornherein und ohnehin zu den politischen Unmöglichkeiten, Die Sozialdemokraten bekennen sich, wenn auch mit süßsaurer Miene — verdenken kann man ihnen dies nicht — zur Koalition, Herr Scheidemann und auch Herr Müller haben dies aus der Reichskonferenz der Sozialdemo kraten offen betont, Scheidemann hat allerdings bezeichnend hinzuge fügt, die Sozialdemokraten würden danach streben, die Koalitions- Politik nach links zu verschiek-en. Es kann uns nur freuen daß er dies so offenherzig ausgesprochen hat. Herr Müller war etwa» vorsichtiger. Er sprach nur davon, daß man versuchen werde, wenn di» Wahlen den Sozialdemokraten keine Mehrheit bringe, in der Koaliffon ein noch stärkerer Faktor zu werden. Im Grund genommen ist dies das selbe, was auch SLeideman» gesagt hat. Hieraus ergibt sich die zwin gende Notwendigkeit, in diesem Wahlkampfe alle» daranzulehe», sich selbst möglichst stark zu machen. Auch das Bestreben de» Zentnim » mich e* sein, auch nur jeden Zentrum-Wähler auf die Bein« zu bringen. Dean in jeder Koalition, ganz gleich in welcher, ist di« Stärk« des Partei von entscheidendem Einfluß Und mich unser Ztsl dürste es
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