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Rr. »4V. Dieu-t«g, den 31 Oktober Lss-iZS. Hayraan« Sächsische VolksMung ZNSLSW ! U»rddz«g,ger r,«edl»n l. Vsdkdett. llecdl «ednMonS-evrechstimde: 1I-I» Nb». j U»»ddii«glge; csgrdlan l. WsdrdeN. llecdi«. sreidelt. ^iedaktionS-Eprechstimde: 1> lü Nb». Jus»»«t« Wersen die üaelpaU. «etttzeUc vder der«» Raum «it 1Z Vs. s-reÄM-l. de« Ksed'cholui« d.-,e»i.->ser Rabatt «»»dru^»»«t, «tedattt-m ,«i» --- - - - kinlallung rum Abonnement auf die 8sell8l8e!le Volk8rei1ung für die Monate November und Dezember. Preis für beide Monate ohne Zustellnngsgebühr 1 Mk, durch Austräger 1,20 Mk., durch die Poll 1,28 Mk. Tie „Sächsische Volkszeit un g", unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Freiheit und Recht, erfüllt ihre Auf gabe durch Vertretung der ideellen und materiellen Inter essen des katholischen Volkes. Als einzige Verteidigungs- tvaffo der sächsischen Katholiken tritt sie allen verleumde rischen Angriffen aufkläreud entgegen und verteidigt die Rechte der Katholiken in angemessener und nobler Form. In den nächsten Monaten bringt die „Sächsische Volks zeitung" die Origiualberichte über den Sächsischen Landtag. Durch crakte Berichterstattung wird den Lesern ein genaues Bild der allgenreinen politischen Lage geboten. Als einziges offizielles Organ der katholischen Vereine bildet sie das ge meinsame Band, welches die Katholiken Sachsens mit einander verbindet und die gemeinsamen Interessen des katholischen Gemeinden fördert. Tie reichhaltige Beilage Feierabend erscheint in täglichen Fortsetzungen ein interessanter, spannen erscheint in täglichen Fortsetzungen ein interssanter, spannen der Roman in Buchform, so daß er sich zum Einbinden eig net. Gewiß eine wertvolle Bereicherung jeder Privat bibliothek. Inserate "M8 haben die weiteste Verbreitung, besonders anläßlich der be vorstehenden Weihnachtssaison seien die Geschäftsleute darauf hingewicsen, daß sich ihnen durch die „Sächsische Volkszeitung" die beste Gelegen heit bietet, um mit dem kaufkräftigsten katholischen Publi kum in Berührung zu kommen. Die Insertionspreise sind äußerst niedrig und die Nabattsätze bei Wiederholungen bedeutend. Katholiken, abonniert ans euere Presse! und arbeitet durch Werbung neuer Abonnenten im Interesse der Sache am weiteren Ausbau eurer Zeitung. Probenummern, sowie Jnsertionsbedingungen sind jederzeit kostenlos durch die Geschäftsstelle zu beziehen. Vl. Der Luther Devrieats und der Geschichte.*) 10. Ein „schwarz Kapitel". Niihcl: Der Lmher >u< rnt Wohl, init seinen Schriften Die Wut der Fürsten gegen sie zu sti ten. lDevrient, 6 Ävt., t. Cz ) Zum Reformationsfest schreibt Herr Oberpfarrer Tr. ! Költzsch aus Chemnitz in der „Wartburg": „Horch! Sieh! Die Glocken auf dem Kreuzkirchenturm klingen rein und I harmonisch aus. Der Sturm hat sich gelegt. Die Wolken ! *) Siehe Sächsische «olkszcitnng Nr. 223. 224. 22«. 228 280. 28'-. 236 und 242. zerreißen. Die Sonne bricht durch. Und da — wer schreitet da heran, mit festem Tritt, mit leuchtenden Augen, die Bibel ans Herz gepreßt, sieghaft, sonnig?! Platz da, ihr stürmischen Geister! Platz für den Deutschesten der Deutschen, für des deutschen Volkes größten Sohn! Martin Luther kommt. Wer wollte gerade am 31. Oktober ihm die Kirchcnpforten sperren! Seine alten 95 Thesen heftet er an. Seine Lippen scheinen's zu sprechen: Das Wort sie sollen lassen stahn." Luther, der Teutsckieste der Deutschen! Welch stolzes Wort! Ist es auch wahr? Unser Dichter Schiller sagt irgendwo, ihm gelte die Geschichte als ein Magazin für seine Phantasie, und die Gegenstände müssen sich gefallen lassen, was sie unter seinen Händen werden. Auch der Herr Ober pfarrer bat in seiner Begeisterung die Geschichte in seinen Händen nach seiner Phantasie geknetet. Er tat es als Epi gone. getreu der protestantischen Ueberlieferung seit 300 Jahren. Luther der Deutscheste der Deutschen! Wir ge hören nicht zu jeneu, welche vorerst eine subjektive Brille oufsetzeu, bevor sie die Taten Luthers betrachten. Wir fragen: Was tat er, deckt sich sein Tun mit dem christlich altdeutschen Begriff von Ehre und Moral, gereichte es dem deutschen Volke zum Wohle? Und weil die Geschichte nicht ^ gedichtet, sondern geschrieben wird, muß daher viel Wasser in den Wein gegossen werden, an dem sich Herr Tr. Költzsch berauscht hat. Worin bestand denn das Deutschtum Luthers? Er be tonte wobl oft, daß der Deutsche als solcher sich fühlen solle; aber sein Deutschtum empfand er nur als den Oiegensatz zu Nom und dem Papsttum. Kann er deshalb schon der Deutscheste der Deutschen genannt werden? Ebenso wenig als der Evangel. Bund eine gläubige und begeisterte evan gelische Korporation genannt werden kann; denn auch ihn: ist der Protestantismus nur der Gegensatz zu Nom und zur katholischen Kirche. Noch weniger gebührt Luther das schöne Epitheton, wenn man die zablreichen Stellen in seinen Schriften in Betracht zieht, ans denen hervorgeht, daß er gern einen Sieg der damaligen Bedränger des Deutschen Reiches, der Franzosen und Türken, gesellen hätte, nur damit der noch im Deutschen Reiche die Herrschst behauptende Ka tholizismus vernichtet würde. In Parallele steht abermals der Evangelische Bund mitsamt dem Liberalismus. Um das Zentrum zu vernichten und damit die deutschen Katholiken ohnmächtig und schutzlos zu iiiachen, begünstigt man lieber die Sozialdemokraten, und in Baden schließt der liberale Block ein offizielles Bündnis mit den Sozialdemokraten. Ist das Deutschtum? Wir haben schon im Artikel „Luther und die Autorität" lNr. 223) gezeigt, wie der „Reformator" deu Kaiser mit den widerlichsten Schmeichelworten überschüttet, so lange er eine Hoffnung hatte, daß das Reichsoberhaupt sich auf die Seite der Neuerung stellen würde; als er aber gegen Ende seines Lebens zu der Einsicht kam, daß der Monarch entschlossen sei. deu alten Glauben selbst mit Waffengewalt zu schützen, da wirft er den Mantel der Loyalität und der Achtung vor der Gott gesetzten Autorität ab und gebraucht die niedrigsten Sckiiiupfworte gegen das geheiligte Haupt des Herrschers und wahren Vaters des Vaterlandes. Und klingen nicht heut zutage ähnliche Drohungen ans Protestantischen Kreisen, »neun ein Monarch nicht nach der Pfeife der Kulturkämpfer tanzt, sondern den .Katholiken Recht und Gerechtigkeit wider fahren läßt? Eine bedingte Treue aber ist keine deutsche Charaktereigenschaft; wer sic übt, kann nicht der Deutscheste der Deutschen sein! — Devrient führt uns in der 0. Abteilung seines Luther sestspieles zu einem Punkt hin, der diesen auszeichnenden Titel unter eigentümliche Beleuchtung stellt: cs ist der Bauernkrieg. Zu Nutz und Frommen jener, die noch immer in Luther den größten deutschen Mann verehren, möge es ge- stattet sein, an die.Haltung Luthers bei jenen traurigen Er- eiguisscn den nationalen Maßstab anzulegen. Seit der Entführung der Nonnen aus dem Kloster Nimptsch waren zwei Jahre vergangen: sie waren sehr ereig- nisvoll. In dem Dialoge, den der Arzt Basilins und der Mansfelder Rat Rüliel miteinander führen, wird den: Zu schauer kurz die allgemeine Lage geschildert. „Der Bauern krieg füllt alle Welt mit Grans, das ist ein schtvarz Kapitell" sagt Rühel. „Ter Lnther tat nit wohl, mit seinen Schriften die Wut der Fürsten gegen sie zn stiften." Ja, in der Tat, daS ist ein „schwarz Kapitel" im Leben Luthers! Die Bauern aufstände regten sich bereits zu Ende des 15. und zu Beginn des !0. Jahrhunderts. Luthers Auftreten hat sie also nicht veranlaßt, aber es hat sie begünstigt. Freilich war die Lage des Baucrusiaudcs damals eine gedrücktere als vorher. Namentlich war der Iagdsport der hohen Herren eine große Plage für die Bauer». Aber gerade das Anwachsen der Macht der Fürsten, welches die barbarischen Jagdgesetze mög- lich machte, war ein Werk Luthers uud der Reformatoren. Man preist Luther noch jetzt als Vorläufer der poli tischen Freiheit; aber mit Unrecht. Auch die Bauern zu seiner Zeit vielten ihn für deu Herold ihrer Freiheit. Sie zogen die Konsegnenzen ans seiner Lehre von der „Freiheit". Hatte er doch vorher seinen „lieben Freunden", wie er die Bauern nannte, gesagt, „daß unser von keinem Gesetz wisse . . . weder zehn noch eilt Gebot, weder Gottes, noch Papstes, noch Kaisers, sondern allezeit in Freiheit stehe . . ." «Kirchengeschichte, 2. Predigt. S. 30.) Tie Lehre Luthers übte ans die Bauern eine solche Wirkung ans, daß die pro testantischen Geschichtsschreiber ilm unumwunden den „Ur heber" der Banernkriege nennen. Dieser Ansicht sind dis Protestanten: Professor Wilhelm Mauerbrecher, („Geschichte der katv. Reformation", l., 275); Fr. v. Ranmer („Ge schichte Europas seit dem Ende des 15. Jahrhundert", k., S. 330); Prof. Niegler (Sitzungsbericht der Münchner Aka demie, vistor. Klasse., 1391. S. 703 ff.). Der protestantische Theologe P. Cchneckenbach gesteht z. B. ganz offen: „Wir sind der Meinung, daß Lnther einen ganz gewaltigen Anteil an der Revolution besaß. Daran vermögen die beliebten Beschönigungsversuche zahlreicher protestantischer Historiker nichts zu ändern, das müssen wir unseren katholischen Geg nern. um der Wahreit willen, zugeben." („Luther und der Bauernkrieg." -14.) Doch Luther war trotzdem sehr vorsichtig in seinem Auf treten. Wenn er sich unbedingt für die Bauern ausgesprochen hätte, so würden ihn die Fürsten fallen gelassen haben; tvcnn er sich aus die Seite der Fürsten gestellt hätte, so mußte er seine Beliebtheit bei den Bauern einbüßcn. Als der Adel uud die Fürsten wieder den Mut fanden und mit Glück gegen die aufständischen Bauern vorgingen, da änderte Lnther die Sprache gegen seine „lieben Freunde". Er schlug ein Ver halten ei», das tief unter der Würde eines christlichen Geist lichen und Reformators stand. „Das ist ein schwarz Kapitel", wie Devrient dem Ratsherrn Rüliel sagen läßt. Einige Zeit, bevor die Szene auf der Bühne spielt, hatte Lnther unter dem Titel: „Wider die mörderinbeu und räuberischen Rotten der Bauern" eine neue Schrift veröffentlicht, in der die Obrigkeit ermahnt wird, die Bauer» wie tolle Hunde totzuschlagen. „Ter halsstarrigen, verstockten, verblendeten Bauern, die ihnen nichts sagen lassen, erbarme sich nur nie mand, sondern haue, steche, würge, schlage drein, als unter die tollen Hunde, wer da kann und wie er kann." „Darum soll vier zuschießen, würgen und stechen, öffentlich oder heim lich, wer da kann, und gedenken, daß nichts Giftigeres, Allerseelen. Vergiß am Allerseelentago Zn denken deiner Toten nicht. Die, losgelöst von Erdenplage, Entschlummerten zum Himmelslicht. Mit Blütenkränzen sollst du schmücken Heut ihre letzte Ruhestatt Als einzig Zeichen, auszudrücken Den Dank für manche Liebestat. Ihr Grab, es kündet, daß hinieden Auch bald dein Abschiedsstüudlein schlägt. Nur kurze Zeit, dann ruht in Frieden Dein Herz, von Lust und Leid bewegt. Zum Himmel auf die Blicke lenke. Zum Vater überm Sternenzelt. Ihn bittend, daß er einst dir schenke Ein selig Scheiden von der Welt. Daß deine wandermüde Seele Den ewig sel'gen Engeln gleich Dann ohne Sündenschuld und Fehle Einziehen darf in Gottes Reich. I,. U«P-litische Zeitilänfe. d«r»o,»n.> verkitt, den 26 Oktober 190k Am 2. November feiert die katholische Kirche die Ge- dächtnisfeier aller abgeschiedenen Gläubigen. Wenn ich so anfange, so denkt vielleicht mancher Leser: daS wird ein trau riger Artikel. Ernst ist noch lange nicht traurig. lieber- Haupt ist es mit der Trauer um die Toten nicht so arg. In den meisten Fällen läßt der erste heftige Schmerz bald nach; die brennende Wunde vernarbt schnell. Tie Tränen werden seltener und weniger salzig; der Gram verwandelt sich in sanfte Wehmut, und die bildet nur zu oft deu Uebergaug zum Vergessen. Niemand ist unersetzlich und niemand darf sich für unvergeßlich hatten. Es wächst schnell Okras darüber. Okerade deshalb ist der Allerseelentag so nottvendig und heilsam. Er frischt das Gedächtnis auf und Nxirmt die ^ abgekühlte Liebe wieder an. Das Versäumte wird weuigstens ^ einmal im Jahre nachgeholt und dabei sichern wir uns selbst ! eine tröstlich Anwartsckxift auf die Zukunft. Denn Allerseelen wird auch einmal unser Gedenktag sein, unser Fest im passiven Sinne des Wortes. In die Nuhmesliste aller Heiligen werden wir nicht kommen; aber wohl in die große Schar der armen Seelen. Auch wir wer den einst gegen Ende Oktober sehnsüchtig fragen: Ob sie ivohl kommen werden, Nxmigstens am Allerseelentag, um meiner zu gedenken und für mich zu beten? Was dir die Hinterbliebenen einst tun sollen, das tue du den Dorangegangenen auch. Wenn du 364 Tage dem Reiche dieser Welt geopfert hast, dann opfere Nxmigstens einen dem Totenreiche. Mit den Lebenden sprichst du in einem fort, und diese Plauderei enthält gewöhnlich viel dummes Zeug. Halte im Jahre auch einmal eine aus giebige Zwiesprache mit den Toten, die dir viel lehrreiches und auch viel tröstliches sagen werden, Nxmn d» nur die inneren Ohren aufmachst. Geb auf den Friedhof als Quar- tiermacher. Quartiermacher für dich selbst, denn in dieser stillen Stadt wirst du einst das Bürgerrecht liabcn. Vielleicht mnßt du schon bald deinen Einzug halten. Komme dann nicht als Fremdling, der gar keinen Bescheid weiß, sondern orientiere dich rechtzeitig und Passe dich dem Geiste des Ortes an, damit sie nicht umsonst wünschen und beten, du mögest in Friede» ruhen. Wer den Unfrieden mitbringt bei seinen« letzten Gauge, der wird den Frieden nicht finden. Nur keine Friedbofssche»! Es ist gar nicht so grausig oder schrecklich, zwischen deu Gräbern zu wandeln. Sie er innern uns freilich an den Tod, aber sie rufen uns auch gleichzeitig zu, daß wir in dem Rest unseres Lebens noch ein unschätzbares Gut, eine reiche Quelle des Heiles und des Glückes besitzen. Wer noch lebt, der kann sich noch einen seli- gen Tod und eine ewige Glückseligkeit besorgen. Die Gräber reden auch von Scheiden und Meiden, das weh tut; doch der Christenmeusch sagt sich: körperlich sind wir vorläufig ge- trennt, aber geistig stehen wir in steter Gemein sckmft, wir denken aneinander, ja wir wirken auseinander und für- einander, mit den unsterblichen Teilen unserer menschlichen Naturen. Und die Trennung der Leiber ist auch nur vorüber gehend. lieber ein Kleines! Ans dem Friedhof herrscht KarsamstagSstimmung. Die dort ruhen, haben ihren Todestag hinter sich und warten auf den Ostcrmorgen. Wenn du zu Allerseelen auf dem Kirch- Hof gen>esen bist, brauchst du nicht bis über ein Iabr zu warten; geh' zu Ostern wieder hin. denn der Besuch der Gräber ist der schönste Osterspaziergang. Schiller sagt: „Noch am Grabe pflanzt der Mensch die Hoffnung auf." Der Dichter hätte sich christlicher ansge drückt. wenn er gesagt hätte: Gerade am Grabe grünt und blüht der Hoffnnngsbau», am üppigsten. Dort.'wo in Trä- ne» das Sterbliche gesäet wird, kommt uns die tröstliche An Westen des Reformationstages und des hohen Festtages Allerheiligen erscheint die nächste Nummer erst Donnerstag, den 3. November, nachmittags.