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Sächsische Volkszeitung : 31.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192212319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19221231
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19221231
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-12
- Tag 1922-12-31
-
Monat
1922-12
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 31.12.1922
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vir. 257. Seite 3 Sonntag den 61. Dezember 1922 Fleitzners Feiertagsverordnrrng im Urteile der „Pädagogischen Warte" Die weitverbreitete .Pädagogische Warte" lZeit- schrist für wissenschaftliche Pädagogik, Lehrerfortbildung, Konie- renzwesen- Tagesfragen und pädagogische Kritik; Verlag A. W. Zickfeldt, Osterwieck am Harz) bringt in Heft 24 vom 15. Dezem ber 1922 ein sehr bezeichnendes Urteil über die vielumstrittene Verordnung 155 des sächsischen Kultusministeriums. Es stammt aus der Feder ihres langjährigen Herausgebers, de» Gotbaer Schulrates K. O. Beetz, eines in ganz Thüringen hock-ange- sehencn Schulmannes, der freilich auch wegen seiner Haltung :m Schulkampfe den Groll des Thüringischen Unterrichtsministers Greil erfahren hat. insofern dieser ihn, sehr gegen den Willen der Lehrerschaft de» Landes, kurzerhand seines Amte» entsetzte. In einem sehr lesenswerten Aufsätze: „Irrungen und Wirrun» gen", der auch interessante Streiflichter auf die Unduldsamkeit der Leipziger Lehrer fallen läßt, fällt Schulrat Beetz über die Meißnersche Verordnung folgendes vernichtende Urteil: „Die deutsche Einheitsschule ist nicht die kommunistische Parteischule des sächsischen Ministers Meißner, der durch die StaaiSkanzlei ankündigen läßt, daß er gegen das Bischöfliche Ordinariat und die Eltern, die ihre Kinder am katholischen Fcwrtag Allerheiligen von der Schule fernhielten, ein Strasvev- fahren wegen offener Gesetzwidrigkeiten einleiten wird. Das mag er tun. wenn er Lust hat, sich die Zähne auf Granit aus- Anbeißen. Es gibt höhere Gesetze als kommunistische Zwangs maßnahmen, und der Staat sind wir. In gerechter Dür. dignng besten verbürgt die Reichsverfassung allen Staatsbür gern «volle Glaubens- und Gewissensfreiheit". „Die ungestörte ReligionSubung wir durch d>e Verfassung gewährleistet und steht unter staatlichem Schutze." (Artikel 135.1 DaS war schon unter den deutschen „Obrigkeitsregierungen" selbstverständlich und ist auch nach der Revolution noch die Regel. Der preußische Unter- rich'sminister ordnete in dem Erlaß vom 24. August 1921 aus drücklich an: Wenn evangelische Schulen von Schülern katholischen Be kenntnisses besucht werden, so sind die von der katholischen Kirche gebotenen Festtage für diese Schüler als schulfrei anzu- sehen, ohne daß eS eines besonderen Antrages der Eltern be darf. Es ist daber auch nicht zulässig, das Fehlen an diesen Tagen in den Schulzeugnissen als Schulversäumnis zu ver merken. Das gleiche gilt sinngemäß für evangelische Schüler in katholischen Bekenntnisschulen sowie für jüdische Schüler in christlichen Schulen. Sogar den Adventistenkindern werden in Preußen die Sonn abende freigegeben. (Ministerial-Erlaß vom 17. Juli 1919.) Das wäre eine unzeitige Geburt von Republik, in der ein moderner Toranemada Scheiterhaufen schüren dürste für Katho- liken, deren Kinder Fronleichnam oder Allerheiligen, für Evan gelische, deren Kinder das ReformationSsest oder den Bußtag, für Inden, deren Kinder Pasta oder das aroße VcrsöhnunaSfest ihren Glai.'benssatzungen gemäß feiern. Nein. Reaktionäre vom Schlage Fleißners und seiner Genosten auf anderen Minister sessel» sind um 600 Jahre zu spät gekommen. Sie gehören in da? finsterste Mittelalter an die Seite jenes Großinauisttors; die Gegenwart bat für sie keinen Raum." lS. 922, 923.) Es ist sehr lehrreich, zu erfahren, daß der preußische Mi nister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Dr. Becker fast genau ein Jahr vor Erscheinen der sächsischen Knlturkampfverord- nung denjenigen Schülern, die Schulen eines anderen Bekennt- nisscs besuchen, für die Feiertage ihres Bekenntnisses auSdrückiih die Sch»lfre-Heit zugebilligt bat. Für die betreffenden B-k-nnt- nisschnlen selbst gilt dort dieses Recht einfach als eine Selbstver- ständlichkeit. Wir babey es herrlich weit gebracht im neuen Deutschland! Für die durch die Verfassung „allen Bewohnern des Reiches" gewährleistete „volle Glaubens- und Gnv'ssens- freiheit" gelle" beute in den einzelnen Ländern grundver schiedene Maßstäbe! Welche Auslegung der Verfass mg gedenkt das Reich als die im Sinne dieser Verfassung gelegene und ihrem inneren Geiste entsprechende anzucrkennen: die duld same prenß-sche oder die zur GewistenSknechting führende säch sische? Und eine Frage an die Lehrerschaft: Was ist ehrenvoller: sich die Auffassung des preußischen Ministers Dr. Becker zu eigen an machen oder sich mit der „Sächsischen Schul,eitung" und der „Leipziger Lebrerzeitung" hinter Herrn Minister Fleiß- ner z» stell-» und ckm ala den wahrer der ReickSversassmig "u huldigen? Und endlich: Wie wollen diejenigen katholischen Lehrer ihre Haltung gegenüber jener im Nachbarlande geltenden duldsamen Auslegung der Verfassung berte-diaen. die sich nicht gescheut haben, ihren katholischen Glaubensgenossen in dem gerechten Kampfe »m ihre Elterurech-te und die ihnen ver- fassunySmäßig verbürgte Glauben«- und Gewissensfreiheit in den Rücken zu fallen? lieber sie und alle jene Berufserzieher, die sich ihre schulpolitische Haltung von den Organen der sächsischen Lehrerpresse verschreiben lasten, würde, dünkt uns, Schulrat Beetz kaum milder urteilen a!ls über den modernen Großinquisitor Meißner. Spectator. » Dte Unterschriftensammlung für die Bekenntnisschule soll nach dem erhebende« Beispiel der Unterschriftensammlung in Süddeutschland nunmehr auch iu allen Diözesen Preußens und der übrigen Staaten Nord- und Mitteldeutschlands und zwar, wie wiederholt bekannt gegeben wurde, in der Zeit vom 7. Jaguar b!S 21. Januar vorgenomme» werden. Die katholischen Pfarr ämter sind mit der Durchführung der Unterschriftensammlung betraut worden, es handelt sich hier um eine rein katholische An gelegenheit» zu deren Teilnahme alle katholischen Wahlberechtig ten aufgerusen werden. Die örtliche Schulorganisation, sowie auch die anderen katholischen Organisationen, besonders o-r BoikS- verein, werden sicherlich gern alle ihre Kräfte in den Dienst der Sache stellen. Die auf de» Fuldaer Bischofskonserenzen vereinigten Ober- Hirten haben zugleich als allgemeinen Schulsonntag den 14. Januar festgesetzt, an welchem Tage eine Predig: üv.r die Bedeutung der Schulfrage und in allen heiligen Messen eine Kollekte für die Schulorganisation abzuhalten ist. Gedanken zum Schulsonntag Noch stehen wir im Banne der heiligen Nacht. Weihnachis- frieden erfüllt unsere Herzen. Unsere Gedanken kreisen um das Geheimnis von Bethlehem. In kerzenerhellter, weihrauchducch- dufteter Mitternachtsstunde erlebten wir es wieder: „Der We,h° nochtsglaube ist kein leerer Wahn." Wir knieten vor dem Altar. Das Glöcklein klang. Der Priester hielt die schneeige heilige Hostie in die Höhe. Wir schlossen die Augen. Die Welt versank um uns. Unsere Seele tauchte in göttliche Fernen: Aus dem Nichts ließ allmächtige Liebe im Lause undenklicher Zeiten die Wunder der Welt werden. Dann küßte göttlicher Odem die Men schengestalt wach zu irdischem und himmliscl>em Leben. Doch der Mensch warf in blindem Hochmut und frechem Undank seinen Gottesadcl seinem Schöpfer vor die Füße. Die Menschheit ftel und fiel und ertrinkt schier in ihrer Gier. — Hier liegt das gött liche Kind. Nichts mag eS von dem, wonach die Menschheit giert. Drum wählte es Niedrigkeit und Demut. Das sind die Zeichen, daß es nicht von dieser Welt ist. ES will bimmelwärtS führen, was vom Himmel ist. „Schenkt mir eure Seelen," fleht es mit süßem Lächeln. „Ich will sie schmücken mit göttlicher Zier. Leuchtende Liebe sei ihr Leben!" — Millionen Menschen knien vor dem göttlichen K'ndc: K-nder mit Seelen, so schneeig schim mernd wie die erhobene heilige Hoffte; Jugendliche und Männer und Frauen mit Seelen, die sich im Dienste des göttlichen Kindes verzehren wie die Kerzen vor dem Tabernakel. Greise, deren Seelen wie Weibranchduft dem Himmelskindc znickweben. Doch abseits stellen Tausende, die den Weillngchtsft'eden nickst kennen. „Unrullig ist unser Herz, bis es rnllet in Gott." Neid krallt im leeren Herzen sich ftst. Dem Menschen unbewußt gebiert der Neid den Haß gegen alle, die den wallren H-""ens- frieden kennen. Der Haß will vernichten, was dies'm Fri-dcn entgeaenfüliren könnte. Herzensleere ist cw"s>nd!ich gegenüber fremdem Frieden, wie der Herzensfriede feinfühlig ist gegenüber der Leere und Hnblbeit. — Was nns sächsische» Katlwsiken auch an Unrecht geschehen sein maa. besonders im lei'lcu Vierteljahre, mag erklärt sein mit der Entschuldigung: „Sic wissen nicht, was sie tun." Aber schweiaen und ruhig zusi-hen dürfen wir nicht. Nicht und allein, vor allem auch unseren Kindern muß erhalten bleiben, was uns lieb und wert ist. Kein Zweifel, kein Mißton darf d-n frommen Glauben unserer Kinder trüben. Unsere Kinder und Enkel sollen knien vor dem gastlichen K-nde voll Glauben und Liebe und Opfermut wie wir. Darum müssen unsere Bekenntnis- scllul-n unS rrllgsten bk-lben, Ine »n-'n W-it-huno !m Geiste deS Elternhauses fortsevcn und ergänzen können. Der ScknI- sonnlgg am l4. Jannar soll uns mit frischem Mut erfüllen und den Kasten neue Msttrl zusiibren. Die Unterschris''"wmmlung soll den Geist der Einigkeit unter Deutschlands Katholiken bekun den. Haben die Vorstände der Bezirke die Weisungen der Zen trale befolgt? Abseits stehen darf keiner. Der Bolksverein für das katholische Deutschland Von Dr. Kraneburg, LandeSsekretartat Berlin Der Bolksverein für das katholische Deutschland, die sozio e Gesamtorganisation der deuftche» Katholiken, hat im vergangenen Jahre trotz der gegenwärtigen Krise unseres Staats- und Wirt schaftslebens der drohenden Gefahr eines Rückgangs «rsolgreichen Widerstand geboten, wie ein kurzer Vergleich zwischen dem Jahresbericht von 1920/21 und den: von 1921/22 ergibt. Ter Mitgliederstand hat sich lebst bei der Erhöh ung des Iah esbeitca es von 4 auf 6 und jetzt aus 20 M. — eine Maßnahme, die durch die ungeheuer gestiegenen Per onalkosten und Matertalkosten un bedingt notwendig wurde — über Erwarten gut gehalten: 1920 21 insgesamt 695 765; gleich 2,6 Prozent der Gesamtzahl der Ka tholiken; 1921/22 insgesamt 686 759; geich 2ch Prozent der Ge samtzahl der Katholiken. Wer Verständnis hat für das Vereinswe'en, namentlich aber unter den setztigen Verhältnissen mit ihrer Versammln»gs- und Vereinsmüdigkeit, mit ihre» wirtschaftlichen und polili'chen Ein flüssen, und, wer Sinn hat sür Zahle», der wird sich sagen mäßen, daß dieses, im Hinblick aus die Zeitlage außerordentlich günstige Ergebnis npr durch intensivste Arbeit zu erzielen war. In der Tat — eS ist gearbeitet worden, es herrscht Leben im Volksverein. Das beweisen die 600 Ge'chästssührer- und Vertrciuensleutekonsc'.cnze», die tm Lauie des Berichtsjahre-; ab gehalten wurden; davon zeugen die Konferenzen und Versamm lungen, die sozialen Kurse und Volksbildungsabende, Tie Zen trale hielt sselbft 57 Unterrichtskure ab. Berücksichtigt mm dabei noch die vielen Millionen Schriften, die alljäbrlich v«m Volksvereins ins Land gehen, so wird man zugeben müsien, daß hier eine Volkshochichul- und Bolksbildungsbewegung von einer Gediegenheit und einem Umsange ausgelöst wird, wie sie sonst nirgends zu finden ist. Dazu kommt die Arbeit der ein-e'neic Landesickretariate. deren iin vergangenen Jahre sechs bestan den (München, Ulm, Freiburg, Hagen, Berlin, Breslau) und der 16 hauptamtlichen Volksvereinssekretariate. Noch weit mehr dieser sür unser Volk, namentlich aber für den katholischen Teil desselben, so wichtigen Arbeit hätte geleistet werden können, wenn die nötigen finanziellen Mittel zur Versi'l'nng gestanden hätten. Welch lähmenden Einfluß aus die ganze Tätigkeit die ständig wachsende Teuerung ansgeübt hat. erhellt aus ^en BergleichszGern: Ausgaben 1920/21 1921 /22 Haus- und Bürokosten 167 671 864 400 Vereinsbefte 51S364 97«713 Drucksachen 107 654 178 177 Volk^vcreinSsckrctariate 433 777 816 546 Diese gewaltige Steigerung der Unkosten machte natur gemäß, um wenigstens in etwa einen Ausgleich zu schassen, eine Erhöhung der Beiträge erforderlich. Auch in Zulunst wird sich eine solche bei fortschreitender Geldentwertung nicht umgehen lassen. Aber wird sie die Mitgiiederzahl un'eces stärksten katho lischen Vereins wesentlichen Abbruch tun? Gewiß, es wird man chen — vielleicht nicht den schlech tsten — schwer werden, die Beiträge auszubringen. Andere müss en an ihre Stelle treten. Wem es aber die wirtschaftlichen Verhältnisse — wenn auch nur unter Opfern — gestatten, der wird es als seine Elnenpfttcht betrachten, dem Volksveretn, auch in der Krisis der Gegenwart, treu zu bleiben. Nie war Volksvereinsarbeit wichtiger denn heute, wo sie sich die Be eirigung der wirftchastichen Zerrüttung» die Stärkung der sozialen, bürgerlichen und po'.ili'che» Gemein schaftsgeistes, den Kamps gewn die Enftremdnng we>:er Volts- krcise von Religion und Kirche, die Erhaltung der christlichen Familie, der christlichen Schule und der öisentlichen Sitle zum Ziel gesetzt hat. Tua res agitur — um Deine Sache — katholischer Mann, lastholisiche Frau — handelt es sich hier, um Deine Religion, um Deine sozialen und wirtschaftlichen Jn'erest'en. Notel ÜMMtzos ° Mprig Mir Ammer mit Kalk- unü Warmwaffer zo öüller kreise Mäßig Nonit-ron-sM Die Perle des Stkwarzrvaldes Roman von Ed. Wagner (Nachdruck verboten.) l30. Fortsetzung.) „Vielleicht kann ich von Miß Rombergs Logiswirtin de» Namen ihres Heimatortes erfahren," bemerkte Mr. Barker. „Mr. Thomas sagte mir, daß Miß Romberg aus Deutschland ge kommen sei." Der Marquis stützte sorgenvoll sein Haupt; dann sprach er nach kurzen Worten in ermahnendem Tone: „Edith, nachdem ich meine Lebensretterin bei dir gesehen hatte, sagte ich dir, daß ich gewillt sei. sie als meine Tochter an- znnehmen. Warum wolltest du sie also nach Greycourt schicken, statt mir ihre Adresse zu geben?" Lady Trevor schwieg; auf diese Frage war Schweigen für sie das beste. „Du findest keine Antwort auf meine Frage?" fuhr der Marquis fort. „Wohl, so will ich sie dir an deiner Statt geben. Du wolltest si- mir aus dem Weqe schaffen und trachtest des halb danach, sic vor mir zu verbergen. Leugne es, wenn du es kannst!" „Ich leugne es nicht!" erwiderte Lady Trevor fast trotzig. „Soviel ich von Madame Linge vernommen habe, ist Miß Romberg ans niedriger Familie. Ich sah, daß Sie von ihrer Schönheit bestocken waren. Ich hielt sie aber des Platzes, den Sie ibr in Ihrem Hause und in Ihrem Herzen zu gebe» beabsichtigten, nicht würdig." „Ist das die Wahrheit, Edith, die volle Wahrlieit?" fragt« der Marquis ernst und streng. „Weißt du wirklich nichts von dem Aufenthalt oder dem Schicksal Miß Rombergs?" „Nein, ich weiß nicktS von beiden!" erklärte Lady Trevor mit scheinbar gleichem Ernst, aber doch mit einem innerlichen Schauder. „So müssen wir unsere Nachforschungen fortsehen, bi» wir sie gefunden haben!" sagte der Marquis. „Und finden müisen und werden wir siel Und wenn wir sie finden und sie ist da- mit einverstanden, will ich sie adoptieren und zu meiner Erbin machen!" Lady Trevor hatte Mühe, ruhtg zu scheinen und an sich : halten. „Wünschen Sie, daß ich St. Leonards sogleich wieder ver- sse, Großvater?" brach sie erst nach Minuten das Schweigen. „O, nein!" erwiderte der Marquis. „Ich erwarte Lord lenham und seine Mutter zum Besuch, und eS wäre mir an- nehm, Venn du während ihres Verweilen» ebenfalls hier lebest." „Ihre Wünsche sind mir ein Gesetz, Großvater, obgleich ich — Ihre leibliche Enkelin — Ihnen weniger bin als jenes Mäd chen, welches Sie nur zweimal gesehen haben und welches Ihnen fremd ist." sagte Lady Trevor mit Bitterkeit. „Wenn Sie erlauben, möchte ich mich zurückziehen. Nur noch eins: Ich bitte Sie, überzeugt sein zu wollen, daß ich mich an dem Suchen nach Miß Romberg mit voller Energie be eiligen werde. Wie es scheint, vermuten Sie, daß ich irgend eine Verräteret in bezug auf Miß Romberg ausgeübt habe; ich will sie ermitteln, um mich von jedem Verdacht zu reinigen. Das fordert meine Ehre!" Sie erhob 'sich und verließ das Zimmer. Eine kurze Pause trat ein, welche Lord Leonards zuerst unterbrach. „Nun, Barker?" fragte er finster. „Ich weiß nicht, was tch zu alledem sagen soll," erwiderte der Advokat offen. „Lady Trevor bekennt, versucht zu haben, Miß Romberg aus Ihrem Bereich zu bringen, sie behauptet aber, nichts von ihrem jetzigen Aufenthalt zu wissen." „Und folglich müssen wir es glauben," siel der Marquis ein, als jener zögernd innehielt. Mr. Barker zuckte die Achseln, schwieg aber. „Das Dunkel wirb immer gebeimniSvofter," fuhr der Mar quis von St. Leonards fort. „Wo kann Miß Rombcrg iein? Setze» Sie alles tn Bewegung! Lassen Sie Eurova von einem Ende zum anderen durchforschen, — nur finden Sie das Mäd chen! Mit ihrem Verschwinden hänqt irgend eine Nichtswürdigkeit zusammen, — das sagt mir eine innere Stimm«, die mich noch nie trog. Vielleicht hat sie Feinde, welche sie zu verderben trachten. Was das Geheimnis aber auch immer sein mag, es muß enthüllt werden und sei der Preis, welcher er wolle!" 19. Kapitel An demselben Tage, an welchem Lady Trevor in St. Leo nards ankam, kehrte Lord Glenham in Begleitung seiner Mutter von seiner Reise aus dem Schivarzwald zurück. Er hatte Schönau besticht und dort erfahren, daß der alte Pfarrer tot und Alice, von dem alten Gleichen begleitet, nach England gegangen sei. Er hatte auch von Crafton-Z mittler weile stattgefundenen Besuch in Schönau gehört und daraufhin sofort an diesen telegraphiert, ihn sogleich nach seiner Ankunft tn London tn seinem Hotel zu besuchen. Ungeduldig harrte er nun der Ankunft CraftonS, als ein Diener etntrat und ihm auf silbernem Präsentierteller eine Karte überreichte. „Führe den Herrn herein!" gebot der junge Graf dem Domestiken. Der Diener entfernte sich und gleich darauf trat Crafton ein. Unbefangen streckt« er dem Grafen die Rechte entgegen Dieser aber nahm die dargebotene Hand nicht an; sein Gesicht zeigte eine ungewöhnliche Strenge und in seinen Angen lag eine Kälte, die Crafton noch nie darin bemerkt hatte. „Wie geht es dtr, Gordon?" fragte Crafton, sich stellend, als nähme er keine Veränderung in dem Wesen seines Verwandten wahr. „Wilkommen wieder in der Heimat!" Und indem er sich an die Gräfin wandte, fuhr er fort: „Ich freue mich, Sie zu sehen, Lady Glenham!" Die Gräfin erhob sich. „Es freut auch mich. Sie wiederzusehen, Mr. Craston," er widerte sie, ihre seine Hand leicht tn die ''einige legend. „Wir sind vor kurzem erst aus Schönau zurückgetehrt!" „Ich weiß es!" erklärte Craston, als ob gar nichts geschehen sei. „Ich habe dein Telegramm gestern abend erhalten, G!en- ham. Ich war in Porkihire und es wurde mir dorthin nach geschickt. Du siehst nickt recht wohl aus! Ist dir etwas > a sierl?" „Setze dich, Crafton!" entgegnete der Graf gewes en. „Du kannst nicht u> »vorbereitet sein ans das, was ich dir zu sagen habe, da du weißt, daß ich in Schönau gewe'en bin. Ich bifte dich, mir auf Ehre und Gemüsen zu antworten: Ist dein Ver halten während der letzten Wacken das eines Freundes gewesen? Als du am Morgen nach unserer Ankunft Glenbam-Lodge wieder verließest, gabst du vor. daß dringende Geschäfte dih nach Lon- don riefen. Statt dessen aber eiltest du. io rasch du eS nur konntest, nach Schönau. Kannst du das leugnen?" Crafton begegnete dem durchbohrend auf ihn gerichleien Blick des jungen Grafen mit scheinbarer Verwunderung. „Nein," sagte er, „und ich habe auch gar leinen Anlaß da zu. Ich ging von Glenham-Lodge nach London in Geschäften, wie ich dir gesagt hatte. Bei meiner Ankunft in der Stadt bemerkte ich aber plötzlich, daß mir ein Ring fehlte -- ein Familienerbstück. Ich besann mich und da siel mir ein, daß ich ihn in unserem Logis in Schönau liegen gelas'en hatte. So machte ich mich denn ohne Bedenken auf die Reise dorthin und meine Mühe war nicht vergebens, — ich habe den Ring nsieber gefunden!" Und er streifte einen Handschuh ab und zeigte dem juncea Grafen einen massiven, mit Diamanten be'etzten Siezclring. Er hatte die Geschichte tn so natürlicher Weiie erzählt, daß der Gras gezwungen war, sie zu glauben. Lady Glenham aber wuß/e, daß jedes Wort, das jener svrach, unwahr sei und ihr Anlfttz rötete sich, daß sie sich mit einem solchen Manne verbündet hatte, um ihren Sohn zu htntergehen. „Als du nach Schönau kamst, erfuhrst du, daß der alte Pfarrer tot und Alice nach England gereist sei," ergriff der junge Graf wieder das Wort, „doch als du nach Glenham-Lodge zurück kehrtest, hieltest du diese Tatsachen vor mir verborgen." " /Fortsetzung folgt.)
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