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Sächsische Volkszeitung : 31.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192212319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19221231
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19221231
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-12
- Tag 1922-12-31
-
Monat
1922-12
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 31.12.1922
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Nr. 287, Seite L Sonntag den 81. Dezember 10-12 FlikW MW ms WU Mil MM Die zweite philoiophiiche Vortragsreihe des hoch«. Herrn Vilchoss D. Dr. Christian Schreiber i« der Leipziger Universität !gl. Beil, zu Nr. 248 v. 7. Dezember 1922 kl. J.n vierten Vortrage behandelte der bischöfliche Redner die Sleöung Nietzsches zum Christentum und zur christlichen Moral des näheren, die im Zusammenhänge mit den allgemeinen ethi'chen Grundsätzen des Plst'oftvhen schon der 2. und 3. Bortrag berührt hatten. Tie um die Pflege des unheilbar erkranklen Nietzsche und nach seinem Tode um die Herausgabe seiner Schriften und Often'egnng seines Lebensweges hochverdiente Fr u Eli'abeth Förster Nieh'che, hat behauptet, dag N. zwar der christlichen Reli gion seind gewesen sei, der Per Snlichkeit ihres SstiterS aber seine Hochachtung nicht ver'aft habe. Tem ist aber nicht so, wie viele Stellen des Zarathustra (Eselsielt) und de sei» ganzes viertes Buch beweisen. Was N. zu die'er Stellungnahme gegen über dem Christentum und der christlichen Moral geführt hat, ist aus den früheren Vorträgen klar. Mit seiner Lehre vom llebermenschen, den, großen Einzelnen, als den zu erstrebenden Givsel der menschliche» Kultur, ist das Christentum und seine Moral nicht verträglich. Tugend und Laster, Gewis en, Schuld und Reue sind Begrü'e von Tinaen, die der Entwicklung zu n Her en» mensche» ent'ege n'teben. N. macht es dein Christen!»»»» zum Vorwnr'e. da!) es die notwendige Rangordnung zvilchen Menlch und Men'ch au'hebe und vor Gott alle Men chei gleich sein läse; seine Ethik erkennt nur die einze'nen Grossen, die Uebecmen'chen, als mit Rechten au-gestattete Menschen an; alle übrigen, die Vielznvic'en, die rdenmeni'che», lind nur bedingungslos zur llnterwerning und zum Gehorsam verflichtet. Tie christliche Moral verhindert die e Einzelnen, ihr großes Ziel zu erreichen. Um den Uebermenlchen zur Entwicklung kommen zu lassen, nvü'sen Mitleid und Nächstenliebe aus der Welt ge'chafft werben, die dem Schwachen und Leidenden aushelien, statt sie zu vernich'en, must das Sk'aventuni als für eine höhere Kultur unentbehrlich wie- derher'estellt, must der Frau, die nach N. sich nur als Hemm schuh sür das Answärtsstrebe» des Mannes erweist, die ihr durch das Christentum verliehene Würde wieder genommen werden. So bezeichnet N. das Christentum als den größten F'uch, als den einen unsterblichen Schandsleck der Men'chbeit, als die höchste nl'er denkbaren Konvulsionen. Man solle die Zeit rechnung nicht mit dem Anfänge des Christentums beginnen lassen, sondern init heute, seinem Ende! Mit allem dein hat aber Nietzsche das Christentum und seine Mo-al vollständig verkannt. Das Christentum lehrt nicht jene weh'ei b! w Moral, die Nietzsche ihm zum Vorwur» macht; es vredigt nicht eine finstere ASke'e und Lebens- und Weltver neinung: es ist frobe Botschaft und Le ensbeialmng, Bem'ung al'ec edlen Lebensgüler. Auch die materie'len Gii'er der Welt verachtet es nicht; durch seine Ar eit soll der Mensch die (innere We t bewä'tigen, durchorcken und sich dienstbar machen. Durch tätigen, beständigen Kannst soll er sich zu einein höh-re» Men schen durctzrin aci. die dnnllei Trie'e in seinem Inner» überivin- den. Licht und Wärme >oll er um sich verbreiten, in Gott und niit Gott den Mitmenschen und dadurch die Meinckst'eit zn iördcrn und zu den höchsten Zielen zn führen, die irellich im Jenseits liegen, da das Diesseits eine Ersüllnng aller Ideale nicht bringen kann Auch eine Rangordnung unter den Menschen kennt die christliche Ethik wohl. Ter Bestimmung nach sind steilich alle Menschen g'eich; auch bei Nletz'che willst» ja die llebermenschen ans der Menge herausgezüchtet werden! Am -ihnslentum sind es die starken Selbstüberwinder. die den höchsten Mensthbeitastea'cn nahe kommen und den weiften Celermeiuchen da, stelle». Sie hören aber damit nicht aus, Mensche» mller Menschen zu sein, mit den andern zn denken und zn fühlen; nicht durch Ilntcr'ochnng der anderen, sondern durch ge en- seitige För'wrnng der Menschen untereinander in christlicher Liebe wird die Men'chbeit in sto'zere Höhen erhoben! Ter letzte Vortrag des hochmürdigsten Herrn behandelte Niehstbe a's Knust er: als Svrackllüintstr, als We'lan'ch'uungs- kttnstlcr und als Aesthcten. Die berauschende Schönheit von N.'S Sprache bat von je die Mensthen hingeri len. Alle Töne sind Ihm ae clcn, der keicr'ich erhabene, der gemessen vorne'mie, der stürnnsth daherbran'ende, der leicht spie'ende. Die vor- vlcge >dc Jo-in. in die N. seine Gedanke» sagt, ist der A» tzorismus, »ei dem ab'eits von aller systemati cben zn aminenhängenden und logisch gesth'o'st eu Darstellung die Geistesarbeit in einzelne, von einander nnabhängiae Sätze zer'egt gelöst» wird, jeder sür sich rin sprachliches .Kunst nerk im k eineii, .Klei odien ,nit »crichstdonein Schliss und in vcrnhieae er Fassung. Tic Wahl de'er Darstel- lnngswrm war sür Nietzsche nur halb eine freiwillige. Sein tückisches Leiden, das ihm das anhaltende rüstige Ar eilen des Gelehrten versagte, zwang ihn dam, die Geistesfunken, wie sie ihm zuflossen, einzeln zu verarsteilen, bestenfalls die Sätze dann zu kleineren Grnvpen zusammenzu chliesten. Nietzsche als WeltanschanungSkünstker und Aestbel! Die ganze Geststcsarbcit Nietzsches ist anS ästlielisthcr W»r el her- ausgewachstn. War e-s in der ersten Periode Nictz cheS leiten der. an Schopenhauer genährter Gedanke, das; die Knnst, vornehm lich die musikalisch dramatische Richard Wagner» die Erlösung voin Leiden des Lebens bedeute, so wurde ihm später das Leben und seine Entwicklung zur höheren Kultur, wir sie seine Phantasie ihm vorstelit, selbst zum erhabenen Kunstwerke. Der Ueberinensch ist ein künstlerisches Gebilde. Nietzsche war ein Mensch von glänzender Begabung, von edlem Sinn, von hohen Zielen. Im Denken war er et» Dichter, im Dichten ein Denker. Diese Verbindung gereichte dein Dichter in ihm zum Gewinn, dein Denker zum Nachteil. Er glaubte, ein Führer, nein, der Führer zu sein zur höheren Stufe der Mensch heit; aber er war doch nur das echte Kind seiner an den wahren MenschheitSidealen irre gewordenen Zeit, deren JrrgSnge er ausnahm und mit dichterischer Leidenschaft ins Maßlo'e und Un» mögliche weiter verfolgte; wider Willen führte er sie dadurch der Erkenntnis ihrer inneren Unwahrheit und Haltlo'igkeit ent gegen. So ist aber auch Nietzsches Geistesarbeit nicht vergeblich ge wesen. Wie die edlen Säulen der allheidnischen Baukunst in Tempeln und Palästen nach dem Untergange der Antike es sich gefallen lassen muhten, tn den neuen christlichen Kirchen zur Stütze und zum Schmucke verwendet zu werden, so werden auch die viele» guten und edlen Gedanken in Nietzsches Werken zum Wie deraufbau der wahren Ideale der Menschheit beitragen können und müssen! Die neueren philosophischen Richtungen streben mit Macht, trotz Kant und seinen Nachfolgern, einer neuen Metaphy'ik, einer neuen phi.'o'ophischen Ergründung der übersinnlichen Dinge bis zu ihrem tiefsten Urgründe entgegen. Damit ist von selbst wieder ein neuerwachendes Interesse sür den großartigen goli chen Ge dankenbau der katholischen mittelalterlichen Philo'opben gegeben, in erster Reihe für ihren Fürsten, den hl. Thomas von Aquin. Allen Hörern und Verehrern des bischöflichen Redners wird es deshalb eine besoistere Freude sein, zu erfahren, daß die nächste philosophische Vortragsreihe des bochw. Herrn Bi chofS im kom menden Jahre voraussichtlich diesem großen christlichen Denker gewidmet sein wird. Ans Wiedersehen und Wiederhören darum, hochwürdigster Herr Bischof, im nächsten Wintersemester! B. Sch. Eine treffliche Schilderung des Eindrucks, den die Vorträge des hochw. Herrn Bi'choss Dr. Schreiber in Leipzig auslöste: finden wir in der K. B.. worin Pfarrer Benlke Bitterfeld schreibt: Auf dem Augustu-Splah in Leivzig wogt reges Leben. Men schen aus den Vororten strömen zu den Verkehrsadern der Stadt. Hier das festlich er euchtete Theater, dort das Hauptpostamt, wo Hunderte von Beamten- in fieberhafter Tätigkeit die Fäden ans allen Teilen des Reiches aufnehmen. Gegenüber die Universi tät eine der größten Deutschlands. Von der Frühe bis zum Abend sprudelt hier der Born der Wif'eiiichaft, und zahlreiche wisscnsdnrstige Meii'chenstestn trinken aus den Quellen, die deut scher Geist ihnen cr'chließt. Es ist die achte Abendstunde, und noch keine Ruhe. Junge Studenten kommen, und ergraust Männer, solche, die den Glauben ihrer Kindheit bewahrt, und andere, die ihn über Bord geworfen, Anhänger der katbolischen Wahrheit und solche, die sie nicht kenne» oder belächeln. Sie alle drängen sich in den größten Hörsaal. Bald ist er bis auf den letzten Platz besetzt. Selbst vor den Türen stehen noch die Scharen. Was führt die'e bniitgewi'chte Zuhörer'chaft hierher2 Bi'chof Dr. Christian Schreiber wird lest» über Nietzsche und die christ liche Moral. Cin katholischer Vi'chos an einer Universität, vor der breitesten Oe'se it si.h'ell? Ja, der Bl chm von Meißen. Lchm im vorigen Jahrs hat er es aewagt, über die Kantzche Philo'ovhie zn spreche». Und über alle Maßen groß war der Beifall, der ihm gezollt. Jetzt will er an fünf Abenden einen zweiten Stern am deutsche» Geisteshimniel leuchten lassen und ihn al-s Irr licht sür die sehnsüchtig nach Licht suchende Menschheit erweisen. Je tiefer der Schatten, um so Heller die Sonne. Und glän zend wie die Sonne leuchtet i» dle Menschheit hinein die christliche Moral. In ihr behält die höhere ieeli'che Kraft die Herrschaft über die Instinkte der Natur. Bei Nietzsche scblt das elste Kra't- ideal. Auch daS Christentum predigt den Willen zur Macht, aber zur Macht über daS Niedere. Nietzsche keimt nur den Willen' zur brutalen Herrschaft über andere. Sie triumphiert heule al-Z Herreniuenschentnin in der Welt. Die Herren des Vericii ler „Friedens" sind in diesem Sinne Nietzsches ge'ebrige Schüler. WaS wir brauchen, ist ein wahres Kraftideal, ist Lebens- bejahnng, ist Wille zur Macht, ist Nächstenliebe. Wo fände» wir alles das besser als im Christentum? Es ist darum in Wahr heit eine Religion der LebeiSfreude. Gerade der Geist hat allen Grund, dem Optimismus sich hinzugeben. Tie er beruht auf dem Vorscbungs- und JenseitSftauhen, er fließt aus den Quellen rein ster GotteSfrende, die sich im ganzen katholischen Gottesdienst und in, Kirchenjahr erschließen. So klang der Vcntrag aus in cin hohes Lied ans den Goldgehalt der christlichen Moral, ans die echte Lebensfreude. Ein Bischof hat gesprochen, ein wahrer Volksbischof, wie ihn die glücklichen Katholiken Sachsens nennen. Er, der die ärmste Gemeinde in der tiefsten Diasiora des Erzgebirges aus- sucht, der seinen verfallenen und gerade in die'en Wochen so bedrängten Schäften» Hirt und »nächtiger Führer ist, der sich verzehrt init heiligem Feuereifer für das Wohl der Seinen, steht hier als der Mann des Geistes, als ein wortgewaltiger. als ein tiefschürfender und klar dealender Philosoph. Mit Ruhe und Würde, tief überzeugt von der Wahrheit seiner Lehre und beceistent von der Größe und Krast und Schönheit der katholische» Mo- ral, reißt er alle mit sich fort, mögen sie wollen ober nicht. Zn den Füßen dieses Bischofs sitzen, ist ein Erlebnis und beglücken- der Genuß. Er hat geendet, und tn den Seelen der Zuhörer zittert es nach wie die letzten Aklorve eines Harme,»ichen Geianges, glüht es nach wie die letzten leuchtenden Strahlen einer sri-vlich untergehenöen Sonne. Der Hörsaal leert sich. Bor d»n Toren brau en die Wogen des Alltags. Aber in den Seelen lebt das Glück, in einer Feierstunde gesessen zu haben zu den Füßen eines Bischofs. Die alte Airche irn neuen Jahr Dc»ß wir Propheten hätten! Keine wie sie trübe gelten pilzartig Hervorbringen: Hell- und Schwarzseher, Sonderlinge und Sektierer, sondern wahre, goiterlei.chtete, uns das Sch'cksol der hl. Kirche im neuen Jahre vorauszusagen. Aber auch auf natürliche Weise: im Rückblick auf das Vergangene können nur die künftigen Dfnge mit Wahrscheinlichkeit bestimmen. Nachdem sich der Pulverrauch des Krieges verzogen »urd die Revolution — mehr dein Magen als dem Herze» en sia n- »nend — ihren Einzug beendet, kletterte mit dem atheistisch.'» So zialismus der Unglaube auf den Thron und untcrlieh n cht. seine günstige Stellung auszu-nutzen. Nickt leicht wieder werden »bin solche Erntetage anbrcchen. Stolz und aufgebläht, wie er immer gewesen, fühlte er sich als Herr der Lage und Meister der Sckmie, Während der Sozialismus die Namen der Straßen, die ihm eu» Aergernis waren, änderte, stellte der Unglaube die Wegw'".'cr des Lebens um, suchte alle christlichen Siegel zu erbrechen, alle Feuersignale der Kirche zu löschen. Auch der Klaube sollte über die Klinge der Umwälzung springen. Das Christkind ist. so phantasiert der Unglaube in seine,,» revolutionären Fieber, eine gemachte Persönlichkeit, eine W."h- nachlspuppe. die niemals Fleisch i.md Blut gehabt hat. Möge , Kinder vor dem schnlvflichtigeri Alter damit spiele»». In der Schule hört „der Spaß" ans, und der Ernst des Unglaubens be ginnt. Die Ubr der christlichen Zeitrechnung ist abaelanien. Es m»s; verboten werden, mit Christi Gehnrt zn rechnen. Das Kind bat ohne —, ja. aeaen Ebvistiis rechnen, lesen und schreiben zu lernen. Jesus Christus war gestern. Sein „beute und in Ewig keit" ist dabin. Alle Gebete sind umsonst gebetet, alle Kivck,',,- lieder i.msonst gesungen. Das große Umsonst ist zu streichen vom modernen Sclnilplan. So haben wir eS erlebt, daß selbst die Weihngchislieder ver worfen wurden. Traurig, doch verständlich! „Vom Hirnmcl hoch ..." — wie zwecklos, wem» der Himmel den Engeln und den Spatzen »iberlasseii ist! „Stille Nackt, beiliae Nackt . . — wie rückständig, nackdem man der Jnaend die laute, uub' lige Nacht gestattet bat. Nur „Der Tanuenbaun»" durste die Zoll- statiou d-S Unalanbens '»assieren, olEchon er mit seinen grünen, an christliche .Hoffnung oemahnenden Blättern, die sich nicht rot färben lasten, chwaS verdächtig erscheint. AEo kämvste im alten A-E,-,- tzev tt^gsaube aeaen den G'au- ben. Solche Kriege und Kriesen, solche Krankheiten, diese ge fährliche nnd ansteckende Schw'iidsiicht dev Reliaion. nehmen ckren gewöhnliche» Verlaus. Erkennen wir nur: Es gebt weiicr imd zwar ans Leben nnd Tod. Der Sckulstreit. wenn er in f-n,wr ganze» Heftigkeit z»m Durchbruch kommt, dürfte das größte Er lebnis unserer Zeit werden. HouorK Daumier bat ein Bild gezeichnet, das mit den wenigen Sir'chei». die es enkbält, als Illustration für das- Ei » n- artige nnd Entsetzliche des SchulkampseS dienen kann. Ein Qrcma-Utang bat ein nur mft dem Hemd bekleidetes Ki»»^ im Alter von sechs oder sieben Jahren ans dom warmen Bett VcS Elternhauses geraubt nnd ist damit — verfolgt von den änast. licken Blicken einer Menschenmenge — ans das schmale Dach eine? Hg, se? oeftncbtet. Mit seinem tenfti'schen Gesiebt, in vem sich der Instinkt anaenhlicklicker Ueberlegenbeit nnd ciserft'ickn- oer Wollust zn einein furchtbaren Andruck vereinen, sftert der Riesenasfe ans die erregte VolkSwaste. Was- -wird er machen mit den» zarten Kinde, das- semen Dieb, der unmittelbar am 'äh.'» D-ackrande bockt und sich mit der linken Pranke an einer Ma.ier festkrallt, umklammert, während seine Annen Hilfe stick nd zu den Seine»; jn die schauerliche Tiefe gleiten? Wer wird Rettung bringen — rasch, rasch! — ehe es zu st'ät ist? Ans »ms allein angewiesen, würden wir in der hedroh'tzckcn Lage des Schnlkgmpfes schwerlich bestehen. Aber Gott bat ge holfen, b'lft, wird weiter Kelsen. Wir wollen unsere Kinder von der Straße, wo sie ahnungslos spielen, hereinrnsen in das christ liche HanS, dessen Türen »nd Fenster wir schließen wie vor einem ailsstcigeiiden Gewitter. Wir wollen ihnen Pater nnd Matter. Lehrer und Führer sein, wollen »ins ablösen mft der bl. Kirche in der Hirtenwacht des Christkindes, keiner Brüder und Schwestern, bis die Zeit des Herodes Korübcr ist. Wir werden 1923 schwere Kämpfe, aber auch herrliche Siege, Wunden »nd Wunder erleben, vor allem eine neue Bestäftgnng des alten Wruders von der Unzerstörbarkeit der Kirche Gottes. Pfarrer K i r s che n b a ue r. SLlvssterbrcLr.che Von Robert Hill mann Nur noch wenige Stunden, und das neue Jahr hält seinen Cln.ng. Trailinglcich verschwindet die Reihe der verflossenen Tage vor unserem Geiste. Sie sind vorüber, unwiederbringlich vor über! .... Wenn ein Wanderer am Fuße eines hohen Berges steht, so bewundert er die vor ihm liegende Schönheit weniger. Tie ge waltige» Felsen sind ihm Bringer schwerer Mühen; Matten und Wälder ergebe ne» ibm Pracht- nnd glanzlos Nr-r der nahenden Beschwernisse denkt er mit Zagen- Hat er sich aber durchgernn- gen zwischen Spalten und Rissen, ist er von Gefahren umlauert von Grat zn Grat emporgestiegen bis zur Spitze: welch herrl'chcr Anblick biciet sich ihn» dann dar! Hingerollt wie ein großes Ge mälde liegen unter »bin Wälder und Berge, Felder nnd Mic'en, Dörfer und Städte. Am Busen blauscksillerndcr Flüsse riilien sie, zwischen golden wogenden Halnienmceren. Vergessen sind dg glle Mütze», getrocknet die Schwcißtropse». Nene Krgft zieht ein in die ermalteten Glieder, neu beleben sich des Geistes Schwinge», neue Arbeit lockt mit neuem Zm.ber, und der Wanderer schreitet srotzgemnl vorwärts, neuen höheren, niigekannten Gipfeln zu. — Ist e? im Wechsel der Jnlire anders? Zagend und bangend fragten wir uns zu Silvester: Was wird das Jabr 1922 bringen? Und min. lieft es hinter uns. Tausend Wünsche und .Hotsmingen batten wir von» Vorjahre »nS iieiie mitgcnl'inmeii. Sn>d sie erfüllt? Wie viele sind unersnlli geblieben. Wie viele Müben waren fruchtlos. Mit herberem Bange» als je sehen wir der Zukunft entgegen. So gleicht das vergangene Jahr allen denen, die bereits hinabgesi.nken lind ins Meer der Veroangcnheft. Doch wir wollen nickst k'aaen. Hoftnung soll unser aller Anteil sein; denn sitzer uns maltet kein hl'iideS Geschick, sondern eines Allmächtigcn Vatergüte. eines Allweisen ordnender Geist. Glauben und Ver trauen svllcn auch fürderhin unser leitender Stern und stützender Stab sei». „Herr, c? geschehe dein Wille!" — Und doch möchie der neugierige Mensch gern wissen, was der Schl,''"' der Zukunft verhüllt; wenigstens ein Zipfelchen r öchle er heben, selbst ans die Gefahr bin, Uebles zu erfahren. So dieii-n zur Enlhüllnng der Zukunft zahlreiche Silvester- gcluä'.vi die, in verschiedenen Gegenden verschieden, sich a».-s den ältesten Zeiten zum Teil erhalten haben, die uns in unserer nllchieriien Zeit anim.-tem wie Grüße einer fernen, poesicrelchcr.n Welt. ES füllt heute gewiß keinem mehr ein, durch diese Ge- bränche den Willen Gottes ergründen zu wollen und Aberglauben dainit zu treiben. Vielmehr haben sie sich im Laufe der Tage zu Gesellschaftsspielen, zur Unterhaltung an dem geselli ge» Silvesterabende» ausgebildet und erfreuen sich großer Beliebt heit. Wie manche Frage di.-rchschwirrt die Silvesternacht! Am wisscnsdnrsiigsten sind natürlich die Herzen, die „hangen und ban gen in schwebender Pein". So manches Mädchen, das sich zu Beginn des- Jahres gern als junge Frau träumte, siebt am Ende doch »och ohne „Seitengebäude" da. Der „Rechte" ist eben noch wicht gekommen. Aber die Hoffnung ist dem Herzen treu geblie ben. Was 1922 nickt brachte, kann das neue Jahr bescheren. Zur Ergründuitg dieses zukünftigen Glückes mußten seit alters her verschiedene Orakel dienen. Um die zwölfte Stunde wurde geschmolzenes Blei in Wasser gegossen, nnd ans der Form des geronnenen Metalls die Beschäftigung des Zukünftigen und anderes gedeutet. Um aber seinen Namen zn erfahren, warf man die vorsichtig m einem Siück abgelöste Schale eine? Apfels hinter sich. Aus den Verschlinonngen suchte man dann den Anfangsbuchstaben zu er gründen. Jn anderen Gegenden werfen die Mädchen die Pan toffeln von den Füßen hinter sich. Zeigt die Spitze sann nach der Tür, dann wird das Mädchen im neuen Jahre das Elternhaus verlasse,i und ein eigenes Keim beziehen, '-»ich S i l- v e st c r s ck i f f I e i n müssen offenbaren, ob sie „sich^krieg.-n". In zwei Walnnßschalen stellt man kleine brennende Kcrzchen. Die Sck'ale» setzt mm» in ei» größeres Gefäß mit Walser. daS durch Umrührcn Wellen Wägt. Schwimmen diese Schäfte:»» zu sammen, dann ist bald Hochzeit zu erwarten, wenn nicht, dann . . . „dieses Jahr führt »nick keiner zun» Altar". Jn den östlichen Teilen unsere? Vaterlandes wird gern „Glück gegriffen". Ans einer Rübe schneidet man: einen Mann, eine-Frmr, ein Brot, eine Himmelsleiter, eine Wiege, einen Himinelsichlsissel. einen Totcnkopf, einen Brantr na. ein Geldstück. Diese Gegen stände werden unter so viele Teller versteckt, als Anwesende da sind und sich am Spiel beteiligen, jedoch so, daß sie nichts von den verborgenen Sacken wissen. Dann folgt die Enthüllung »nd Deutung, und Scherze helfen die trösten, die nichts Gutes getrof fen haben. Viele schneiden zu Silvester das Bros selbst an. um im neuen Jahre nickst Mangel daran zn leiden, und die Schapven, die einer in den» belichte!, .Hcringssalat findet, sollen miß Geld biiidenten. Während diese wild andere Gebräuche gewöhnlich das jün gere. hoffnungsreiche Völkchen unterhalten, versammeln sich die älteren um einen lieben Freund, der am Silvftteravcnd allge meine Hochachtung genießt. Tas Ist der Punsch. G^wiß :st zr Heuer ein „teuerer Freund"; aber sicher ist er weitverbrnt-st zn finden. Einige Mitteilungen über seinen Ursprung dürften des halb nicht unlieb sein. Die meisten von denen, welche in behaglicher oder wciH- voller Stimmung um eine dampfende, duftende Bowle versammelt sind, geben sich gewiß dem Glauben bin, daß die Geist:r des eisigen, wärmebedürftigen Nordens das Gebräu erf».itden haken. Dein ist aber nicht so. Der Punsch ist ein Kind des sonne,»r.uchcn Südens. Er Kat seine Heimat in jenen Breiten, wo das Tages gestirn fast senkrecht niederbrennt und Kehle wie Hirn auztrockn-l. Die hitzescheuenden Morgenländer haben den ersten Pungch zn- bereitet, um ihren von der Hitze erschlafften Körper ans künst lichem Wege zu beleben und jener Stockung und Erstarrung zu entflieben. welche die brennende Sonnenglut gerade so wie kcr harte Frost über alles Leben breitet. Das tropische Indien bat d-n Ruhm, die Heimat des Punsches zu sei». Das beweist schon der Name Punsch:-der aus der indischen Sprache stammt und so viel bedeuten soll als „fünf". Gemeint sind die fünf Stoffe, aus denen der Vunich in seiner Heimat gebraut wird: Wasser. Ruin oder Arrak, Tee, Zucker <n„d Zitronensaft. Dasselbe Rezept cmpsi'hft auch uifter D-ckster Schiller in seinem bekannten P inschliede, nur bat er vier „Elemente" dazu, da er den Tee aus.äßt. Ei» Verwandter des Punsches, der Grog, dagraens »ll nordischen 'lriveungs sein und ursprünglich zur Erguicknnz der Ssetal.rer gedient haben, was auch heute noch der Fall ist. So viel aber d'.e Kultur geschichte des SilvestcrfreundeS. Und wenn beim d»es,ährii:n Silvest r die Gläser froh an- klingen, wenn beim zwölften G'ockenschlage, beim feftr »eben Läu ten die Hände sich inniger zummmuillgea dann möge da? Glück sich niHcrsenken ans alle unsere lieben Leier. Möchten alle 'bre Wünsche in Erfüllung gehen, aber auch die Wünsche, die ich in Betreff unserer Zeitung im Herzen trage: Möchten wir uns alle im neuen Jahre wieder finden und noch viele, viele andere neue Leser dazu, daß wir auch unserer Zs.tung von Herzen kom mend zurufen können: Prosit Nr!, ianr!
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