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Sächsische Volkszeitung : 14.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192211146
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19221114
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19221114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-14
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 14.11.1922
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Nr. 28ll/S«:1e Dienstag den 14. November 1922 Der Kern der Sache Die Geister flammen — eS geht um die -heiligsten Güter. Hier Christentum, dort auf sich selbst gestelltes Menschentum. Hier Einstellung deS Lebens auf die Ewigkeit, als auf das wahre Leben, dort Verbrüderung mit dem Erdendasein, als wenn e» nach diesem Leben kein Jenseits gebe. Hier Erfassung der Lehre und das Beispiel Jesu, dort bloße Duldung des Namens Jesu als ..auch" eines Weisen unter vielen Weisen; im übrigen hinweg mit Christentum, mit kirchlichem Leben, mit Kirche, mit Gottes, dienst, mit Gebet, mit Glauben; dafür aber Weltsinn, Erdenglück; »vaS nach dem Tode kommt, „weist keiner". Darum überlasse man das Bangemachen den Ammen r-nd Kinderfrauen. Die Erde ist M-itelpnnkt der Gedanken. Weltfreude. Weltlust sei daher der „Sauerteig", der alles durckdringe. So erziehe man tüchtige Menschen. — In der Tat: hie konfessionelle Schule, dort „freie" Schule. „Freiheit" will man, und man macht sich frei von Gott, frei von jeder Verpflichtung gegen den. der gesagt bat: „Eine größere Liebe hat niemand, als wer sein Leben bingibt für seine Freunde." Man macht sich frei von der Kirche, ohne die keine Seele Gnade und Erbarmen vor dem aöltl'cbcn Richter finden kann, gcmäst des Worte): „Wer die Kirche nicht hört, sei dir wie ein Heide und öffentlicher Sünder." Frei macht man sich von allen Gedanken, die nur entfernt a» die Ewigkeit erinnern. Muhe, Frieden, Versöhnung strebt man an — und tilgt zu diesem Zwecke jedes Zeichen kirchlichen Bekenntnisses arch der Schule. Glaubt man damit Muhe, Eintracht zu stiften und zu sichten? — Man weist die Kirche, das kirchliche Lehramt zur Schule hinaus und wird es zulassen müssen, daß es in der Folge zeit so viel „Papste" als Lehrer gibt. Denn niemand kann aus seiner Haut. Die „Wahrheit" treibt; das heistt, was immer der einzelne für Wahrheit hält, dem sucht er Geltung in seinem Wir kungskreise z» verschaffen, bewusst und rmbewnstt. Es kann nicht anders sein, er wäre sonst nicht von der Wahrheit seiner Gedan ken überzeugt. Was wird -""'Erben? Dieses e geratet das Kind an einen Monisten, überS Jahr fällt eS einem „reinen" Kantianer in die Hände mit seiner unpersönlichen Ethik; das Jahr darauf unterrichtet es ein Anhänger des KonfcssionSgedankens. Allerdings büte er sich, denn man wird eher einem Anarch stcn verzeihen, als einem „Orthodoxen", als einem Ehristusbekenner. So also siebt die Einheit der neuen freireligiösen Schule auS. Nud der Frieden? — Es war nie die starke Seite der Ehristnsbe- kämpfcr. Andersdenkende leben zu lassen. TaS Katholische hat noch immer aus ablehnende Kreise wie eine Kriegserklärung ge. wirkt. Das war im alten Staate so. das ist im neuen erst reckst so. Die jüngsten persönlichen Erlasse des sächsischen KulstSmini- sters reden eine beredte Sprache. Darum wird nur dann erst die Friedensliebe ^er van der Gegenseite anerkannt werden, wen» auch der lebte katholische Mund verstummt ist. Daher kommt es auch, dast von liberaler Seite derjenige Katholik als der „geistia bedeutendere", als der „vernünftigere", als der „echteste deutsche" mit Vorliebe erklärt und hingestellt wird, der es fertig bringt, über Katholisch S sprechen, der jederzeit be reit ist, das. was sich bei »nS K.stholiken als Schwäch« alz uicht- porbildüch sendet, tn der bekannten Art zu veralloemeincrn und so Sache mit Person frisch drauf los zu verwechsln. Parum sollte der atäubiae Katholik nicht i'-a-ben, dast stb mau alles ver teidigen lässt, was der einzelne Glaubensgenosse, was gewisse Richtunaen, gewisse Schichten des 'atbalnchen Volkes mitunlee kür fatbo'isch aus-aeben. Jeder feinere LebenSisebalt gerät >:: Ge fahr. bei Veteiliaung der Maste sich z» vergröbern. sich in klei neren »nd kleinsten Ansätzen zu verdienen. Das alles aber be- einträchtiat nicht das Wesen des Katholizismus. Das sollte seder, der im oeiltiaen Leben auch nur etwas Bescheid weist, misten uno — danach sein Urteil einstellen. Allee was man an Urteilen '"''er derartiae mehr örtliche mehr z,Fällige Unebenheiten de? katho lischen Lebens hört, täk't diese Nachsicht und Gereckstiakeit gegen über der katholischen K'rcke zuweilen stark vermissen. Und dock bleibt die katholische Kirche heute noch immer wie vor tai fend »nd mehr Jahren die ""rägeri» des Lehrgedankens, des Lebrauflraaes von seiten des göttlichen W.ltbcilandeS. Das Wort: „Gebet bin und lebret," ist zu keiner andere» Gemeinschaft, z» keinem Wellstaate und zu keiner anderen als der chrisll chcn Kirche gesprochen. Die Umschaltung dieser Forderungen bi» da hin. dast man heute behauptet, der Staat allein habe da» Recht, Lehrauftrag zu geben, ist eine grob« Verkennung der geschicht lichen Vergangenheit. -wM Der Staat geht weit über seinen Machtbereich, weit über seine Rechtsgrenzen hinaus, der sich anmatzt, über religiöse Er ziehung der Jugend Richtlinien und Gesetze zu geben. Dieses bleibt aber, larck Weimaraner Verfassung deS Deutschen Reiches, das heiligste, weil das natürliche Recht der Eltern. Wer al» christlicher Vater, wer als christliche Mutter sich dieses Geburts- recht eines Erzieher» ohne Wehr entwinden läßt, hat einst ernste Rechenschaft abzulegen am großen und herb-bitteren Lag« de» Gerichtes. Daß Nichtkaiholiken nicht verstehen, warum wir Katholiken so fest an der katholischen Bekenntnisschule halten, darf den psn» chologisch gerichteten Beobachter nicht weiter wundernehmen. So mancher — leider Gottes so mancher — Katholik weiß nicht ge. nügcnd Bescheid bezüglich Wertschätzung seine- Glaubens. Für so manchen ist er eine Sache, von Jugend an geübter Gewohn heit geworden; eS falle die Aufsicht des Nachbars, des Freund.'s, der kleinen Gemeinde, der Eltern fort — u>Eon ist solch ein „braver" Katholik erledigt in den ersten vo r Wochen nach der Uebersiedelung in die Großstadt. So mancher Katholik bringt es zu keinem wärmeren Verhältnis zu seinem eucharistischen Hei- land, als dast er sich auf das allerkleinste Matz des Umganges mit ihm beschränkt — das ganze lange Jahr nur das eine Mal zu den heiligen Sakramenten. Es soll Katholiken geben, die sich auch daun noch für „recht brave" Katholiken halten, wenn sie diese „äußere Sache" nickst mehr mftmachen. Ihre EirEEöl,,,ng der bloß zu Ostern stattkindenden Kirchengemeinsckast als eine mehr äußere Sacke entbehrt nicht einer gewissen Bcrechti-nng. Jene mögen aber tun. was sie nicht lasten können, und lasten, was sie tun sollten — um die einstiae Verantwortung wird sie niemand beneiden. Aber das eine must gekost werden: All diese Art^Ge- heimkatboliken dürfen sich nicht als Kenner des katholischen Le hens aufspiclen. Etwa ihnen das Recht znzuaestehen, als Sach- verständiae ein Urteil abzugeben über den Wert des kirchlichen Lebens, über den Wert des christlichen Glaubens, über die Ein- sebätzima de? Glaubens als des bervorragendsten Erziehungsmit tels in der Bekenntnisschule — das dürfte wohl jeder Vorurteils lose unter diesen Außenseitern selbst ablehncn aus psychologischen lrstlioliken 53lk!en5! Untsrstütrt 6,'s kntftol. s?s>SS8prssss und trstst dorn Xkstftolisclroll f?rskvsrsiii bsi. ^nmsldunßso srbstsn nn dis Obmüvvsr dsr Ortsgruppso, oder km dsn Uni srsvlcftllpt.su. Kslllgenllimgvn suf pogkichl'Monlo riss Kritliolisolisn plvLvssvins kttummos 11007 lli-ssllsn oäsi- I.viprig ?li. 81o!1e Vorsitssndsr den Xntftoiiseftsn krskvsrsmn kür Fnsftgsll Drssdoo-Isousts,dt 23, 6lc»Lsllfts>illsr Ltrnüv 140 Gründen. „Wer mein Wort hat und eS hält, wird inne wer den. dah meine Lehre von Gott ist." — „Es hält." Hiermit macht die ewige Wahrheit alles abhängig von der Lrbenskunde in, Glauben. Und gerade heute spielt die Lebenskunde tm Schullebeu eine so große Rolle wie nie zuvor. Heute schallt der Ruf von allen Seiten: Nur daun ist Bildriig, ist seelischer Aufstieg, ist geistiger Fortschritt möglich, wenn der Zögling den Unterricht „erlebt". Der göttliche Lehrmeister hat schon vor tausend Jahren und län ger her die Wahrheit dieses Satzes und seinen Erziehungswert erkannt und seine Befolgung eingcfordert. Auf das „Erleben" ocS Glaubens also kommt es an. Wie sich dieses Erleben zu voll ziehen hat, wenn es „Leben" sein soll, das weiß jeder, schon daun, wenn er brave katholische Eltern gehübt hat. Ihnen einfach, in schlichtem Glauben und stiller Ehrfurcht nachlebeu, das ist alles. Das andere folgt daraus, also auch das Vorleben in Schulung in Unterricht und Erzieh: mg. Der Erzieher fühle sich als geisti ger Vater seiner Kinder, als geistige Mutter. Er lebe vor — und erspare sich überflüssige Worte. Das ist die beste Art Lehre: dos stille, das ruhig vorgelebte Beispiel, ohne Aufsehen zu machen, ohne viel Worte darüber zu verlieren oder sie sich von andere» machen zu lassen. Solches Vorleben ist eine Erziehermachs, nste nicht gleich eine wieder. Nur von solchen Lebenspraktikern darf man Kennerurteil über die Bekenntnisschule erwarten. Man verschone uns doch mit Aufdringlichkeiten. Der Glaube spricht noch heut« durch sich selbst, durch das Leben nach ihm. je schlichter, je verborgen gewollter, um so tiefer. Man lasse in allem die Liebe walten. Wo Angriffe gegen den hl. Mlaiben droben, bleibe der wahre Katholik standhaft fest, unerschütterlich. Wo Abirrung uns begegnet, dort suche man zunächst nach den Gründen, und diese verstehen, lehrt Geduld haben. Mit hitzigem Streiten durch bloßes Widerreden ist noch niemand der Wahrbcit näher gebracht worden. Wo die geistigen Güter des Glaubens bedroht erscheinen, dort gilt es, klar zu sehen, und keine Verschwommenheiten auf- kommen zu lassen. Feuer kann nicht Master sein — und darf es nicht sein, sonst kommt keine Wärme zustande. Ter göttliche Seelensucher will nichts anderes, «als daß es brenne". — „Aber in allem die Liebe." Und diese Liebe muß opferbereit sein, diese wahre Liebe „drängt", wie der große Pbilcckopb. der bl. Augustin, so treffend sagt. Sie muß jeden ans uns drängen zu Tat: Treue Wacht z» halten über das hohe Gut des Glaubens. Wer weiß, aus welchen letzten Gedanken der Widerspruch gegen die Konfessionsschule sein unseliges Beginnen herleitet. Es scheint als wäre sein nächster Irrtum der, daß er glaubt, eS verstecke sich hinter dem Widerstande nur Herrschsucht der führen den geistlichen Kreise. — Vielleicht meint man. dem katholischen Volke sei die katholische Bekenntnisschule nicht mehr wert als weiten kirchlich liberalen Kreisen anderer Bekenntnisse. — Nein! und abermals Nein! Das alles sind schwere, dicke Jrrtümer, Viel mehr das ist wahr: Was die katholische Bekenntnisschrie dem Ka tholiken ist, das vermag ein Nichtkatholik überhaupt nicht von selbst einzl.schen. Das erwarten wir auch gar nicht von ihm. Aber was wir erwarten dürfen, ist dies: will die zuständige Stelle Genaueres darüber wissen — und daS ist ihre Pflicht, darnach ernst zu trachten, daß sie weiß, um was es sich heute handelt bei dem Kampfe um Sein und Nichtsein der katholischen Schule und damit der katholischen Kirche — will also die verantwortlich zeichnend; Verordnungen erlassende Regierungsstelle genau wissen, was für uns Katholiken ans dem Spiele siebt, wenn es sich rm Sein oder Nichtsein der katholischen Schule und damit der katholischen Kirche bandelt, so frage er bei denjenigen Katholiken an, die in der Lage sind, aus dem eigenen, aus dem inner st en Erleben her aus ein klares, freies, unbeeinflußtes Urteil abgeben zu können. Dann dürste tbm klar werden, daß es G e w i s s e n S p f l i ch t ist, und ein Muß für jeden treu meinenden. kirck''ch warmen. anft!ckstr-wn Katholiken, dahin mit» znwirken, daß sür künftig die Wiederkehr solcher schweren An griffe auf den Fortbestand der durch Re'cbsneseh, Ktaalsgesetz und Uebergabcparagravb aewäbrleisteten katholischen Bekcnntnisschr le unmöglich gemacht wird. Für den wahren, lebeuweckcnden Frie den des Landes ist das zu erhoffende Geschehnis die eii^ig rettende Tat. Katholisches Volk — nun handle! Die Perle des Scknvarzwaldes Roman von Ed. Wagner. (Nachdruck verbaten.) (12. Fortsetzung.) 9. Kapitel Allee Nomberg hatte vom ersten Blick an sich von Crafton abgestoßen gefühlt: ihn nun aber hier in einem Lande und ln einer Stadt zu treffen, wo sie eine Freunde war, ließ sie alles vergessen und ihn freudig bezrüßen. „Mr. Craflonl" rief sie. „Welche unerwartete Ucbrr- raschung —" „Für mich wie für Sie, Miß Rombcrg!" fiel er ihr ins Wort. „Aber wie kommen Sie hierher — nach London?" „Ich kam hierher, weil —" sic stockte. „O, Sie wissen nicht, Mr. Crafton, was sür Kummer ich gchat habe!" „Ich weiß es," antwortete er ihr wieder rasch, „und habe Ihnen noch vieles mitzuleilen, Miß Romberg, doch hier ist nicht der Ort zn Auseinandersetzungen. Erlauben Sie mir deshalb, daß ich Sie in Ihre Wohnung begleite, wo wir ungestört mit- elncnder sprechen können." Alice stimmte zu »nd winkte einem vorbeifahrenden Omni- bnS. in ör.r alle drei einstiegen. Derselbe brachte sie bald an ihr Ziel und Alice hatte gerade ilire Erzählung, wie es Ihnen bisher ergangen war, beendet, als sie vor dem Ha:ckr anß men, in dem das junge Mädchen und ihre alte Dienerin Wohnung genommen hatten. Eine Dienerin öffnete ihnen und C-'üon wurde in Mrs. Thomas' Wohnstube genötigt. Alice ater suchte ihre Wirtin auf. „Ich habe einen Freund, den Ich in Deutschland kennen keu te, getrosten, MrS. Thomas," sagte sie zu derselben. „Er begleitete mich und ick) habe mir die Freiheit genommen, ihn in Ihre Stube zn führen." „Er ist willkommen," erwiderte Mrs. Thomas freundlich. „Mein Zimmer steht Ihnen immer zu Diensten." Alice sprach der Dame ihren Dank aus und ging z» ihren: Bc'uchcr znrück, welcher sich inzwischen mit Grctchcn unterhalten hatte, die immer wieder neue Fragen an ihn richtete in Be treff Ihrer Heimat. Bei Alice» Eintritt erhob Crafton sich schnell und ging ihr entgegen. Sie erschien ihm noch schöner als damals, da er sie in Schönau gesehen hatte. „Ich habe Ihrer stets gedacht, während der seit unserer Trennung vergangenen drei Wochen," bemerkte er, wie zur Ein- lcilung deS Gespräches. „Mir scheinen sie eine ganze Lebenszeit," entgegnete Alice seufzend, indem sie ihren Gast einlnd, Platz zn nehmen und sich gleichfalls /ins einen: Sessel niedcrließ. „Während dieser drei Wochen ist eine große Veränderung in meinem Leben cingetretcn. Mein Onkel ist gestorben und ich bin, da ich doch eine Engländerin von Geburt, hierhergrgangen» um mir mein Brot selber zn ver diene::/' „Sie sind in Englang geboren, Miß Rombcrg? Waren Sio denn nicht die Nichte des Schönauer Pfarrers?" fragte Eros ion verwundert. „Nein, ich war mir sein Pflegekind, ohne Angehörige, ohne Herkunft!" versetzte Alice. „Doch lassen Sie uns nicht darüber sprechen, Mr. Crafton. Ick: denke nicht daran, das Geheimnis meiner Geburt enthüllen zu wollen, und will darum auch ga» nicht über die Sache nächst::::«::." „Aber wenn Sie mir Ihre Geschichte erzählen wollten, würbe ich vie^eicht imstande sein, Ihre Verwandten zn ent decken!" entgegnete Crafton. „Ich verlange nicht danach," sagte daS Mädchen stolz. „Was ich von meiner Geschichte weiß, mögen Sie aber immerhin erfahren. Ein Mann — den: Anschein nach ein Gentleman — brachte mich vor 14 Jahren in das Schönauer Pfarrhaus. Ich war damals ein Kind von drei Jahren. Der gute Pfarrer und seine Schwester nahmen sich meiner azr, erzogen mich und gaben mir den Namen, den ich führe; iveiter habe ich kein Recht aus irgend einen Namen, noch auf irgend sonst etwas in der Welt Mr. Crafton. Und deshalb lassen Sie uns von etwas anderen: sprechen. Erzählen Sie mir von Schönau. Mas batte Sie so bald dorthin zurückgeführt?" „Das Verlangen, Sie wieberzn'eben, Sie und den guten Herrn Pfarrer!" antwortete Crafton mit Wohlüberlcgnng. „Den ken Sie sich deshalb mein Staunen und meine Bestürzung, als ich von seinem Tode und Ihrer Abreise hörte. Man sagte mir, dast Sie nach London gegangen seien, niemand aber mußt« etwas weiteres von Ihrem Verbleib. So reiste ich gleich zurück, kam gestern abend in London wieder an und beabsichtigte, heute abend nach Schottland weiterzureijen. Welch eine wunderbare Fügung darnm, daß wir an diesem Morgen beide zu derselben Zeit durch Negentstreet gehen mußten. Das ist eine Schickung der Dorfthung, die diese Begegnung wollte!" „Wo ist Lord Glenham?" fragte Gleichen, die sich bisher schweigend verhalten hatte. „War er mit Ihnen in Schönau?" Crafton lächelte bedeutungsvoll. Er wußte, daß Glenham Alice liebte, und er fühlte instinktiv, daß diese seine Liebe er widerte; so sah er seine Hauptaufgabe darin, eine Entfremdung zwischen beiden zuwege zu bringen. Den Blick forschend auf Alice gerichtet, antwortete er des halb auf GretchenS Frage: „Lord Glenham begleitete mich nicht nach Deutschland. Ich ging allein nach Schönau." „Ist der Lord denn jetzt mit Ihnen hier ft: London?" fragte Gleichen wcitcr. „Nein, er weilt in Schottland mit mehreren Freunden zur Jagd," versetzte Crasto». „Er verlebt sehr angenehme Tage dort, um so angenehmer, weil seine nächste Nachbarin eine Lady ist, der er große Aufmerksamkeit schenkt." Und wieder lächelte er bedeutungsvoll zu diesen Worten. Ein leiser Schwerz durchzuckte Alices Seel« und icke Farbe wich aus ihrem Antlitz. „Wer ist die Lady?" fragte Grctchen, welcher die Verände rung an ihrer jungen Herrin nicht entging. Und wie völlig harmlos antwortete Crafton. „Sie ist eine junge Witwe, sehr schön und unermeßlich reich, die Enkelin des Marquis von St. Leonards, der einer der ange sehensten Männer Englands ist. Der Name der Dame ist Lady Lrevor, Lord Glcnhan: ist ihr Verlobterl" War Alices Gesicht schon farblos gewesen, so ward es jetzt jählings totenbleich, aber durch keinen Laut verriet sie den Schmerz ihres Innern. , „Er ist verlobt?" wiederholte Gretchen voller Staunen. „Wie ich sagte," versetzte Crasto», „und die Hochzeit wird noch diesen Winter stattsinden, wenn nichts dazwischen kommt. Glenham hat die zu tadelnde Gewohnheit," subr der falschel Freund fort, „sich in jedes hübsche Ge'icht zu verlieben, deshalb soll die Hochzeit recht bald stattfinden." „Und er ist nun mit der Lady in Schottland?" fragte Grct chen weiter. „In Ihrer Nachbarschaft, ja!" erwiderte Crafton. „Sie sehen sich alle Tage. Die Gräfin, Lord Glenhams Mutter, seht aUe3 daran, die Hochzeit zu beschleunigen; sie weilt auch jetzt bei ihren: Sohne in Glrnhain-Lodge. Als Glenham hörte, daß ich zu Ihnen, Miß Romberg, nach Schönau wollte, beauftragte er mich, Ihnen zu sagen, daß er nie Ihre Freundschaft vergessen würde und daß er im nächsten Sommer mit feiner Braut nach Schönaitz zu kommen gedächte." „Er wird mich dort nicht mehr finden!" sagte Alice gesaßk, obgleich ihre Lippen zitterten. „Tanken Sie ihn: in meine»: Rcmen, daß er sich meiner so freundlich erinnert, und ül>er<: bringen Sie ihm mejne Glückwünsche!" „Ich werde es ihm auSrlchtcn," versetzte der Intrigant- „Aber Sie sehen angegriffen aus. Miß Rombcrg. Erlauben Siez daß ich meinen Besuch abkürze undd morgen wiederkomme. Jchf werde, nachdem ich Sie hier getroffen, rin paar Tage in London' bleiben!" „ES wird mich freuen. Sie wiederzusehen!" sagte Alice, kannk wissend, was sie sprach. (Fortsetzung folgt.)
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