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Sonntag oe» IL. Noveinvcr 1922 Nr. 237. Seite S vrbeit sicher. Insbesondere gebührt auch der Dank den Herren Rednern und Debalterednern, die sich diesmal aus allen Ständen und Gegenden Sachsens reichlich zur Verfügung stellten. Dank gebührt unserer .Sächsischen Volkszeitung", sowie deren i«. sckx'jslSführi.iig. die uns großes Entgegenkommen in finanzieller Hinsicht gezeigt bat. Bewahren wir ihr die Treue und werben wir für neue Abonnenten. Damit dienen wir auch unserer Pa» lei. Wir haben unter den obwaltenden Umstünden das Höchst maß an Stimmen erreicht. Aber es gilt nicht müde zu werden, sondern die Erfahrungen zu bewahren und sie für die nächste Wahl zu benützen, auf daß uns ein ganzer Sieg zuteil wird. Deshalb richte iä> an alle Herren Vorsitzenden, Vertrauensmänner usw. die Bitte, die Erfahrungen dieser Wahl schriftlich nieder,». legen und eine Abschrift an die Parteileitung in Dresden, Waisen, baucstrasie 3V, einzusenden. Insbesondere gilt es, die Gemein- den ohne Ortsgruppen weiter von den NachbarortSgruppen zu betreuen und ihren Vertrauensmann zgir Sitzung einzuladen, neue Ortsgruppen zu gründen, das statistische Material der Orts- gruppe und deren Umgegend, die Erfahrungen über Flugblätter, Sninmzcttel, d-e technische Einrichtung der Verteilung u. v. a. . festzuhalten. Nur so erhält die Parteileitung wertvolle Unter lagen iür die kommende Wahl. Die Parteileitung ist jederzeit gern bereit, Neugründungen soweit als möglich auch durch Red ner zu unterstützen. Die Erweiterung der KceiSver» bände und eine bessere Ausgestaltung ist schon ins Auge gefaßt. Für alle Anregungen, die dem Ausbau der Pgrtei dienen, ist dis Parteileiti.i^ dankbar. Es gilt die Organisation zur Höchst leistung zu kntwiiteln. Nus die Treue der alten Gesinnnugs- genossen baut die Partei und sic ruft ihnen zu, nicht mutlos die Hände in den Schoß zu legen bis kurz vor einer Neuwahl, son dern sofort an die Arbeit zu gehen und mit ganzem Herzen der Partei zu dienen. Es kann schnell eine Wahl an uns heran- treten, die Reichstagswahl und dazu- wollen wir gerüstet sein. Deshalb rufe ich allen Parteigenossen zu: In Treue fest für unsere alten Ideale: Wahrheit, Recht und Freiheit. Gegen kirchliche Neberhebung Durch die Nachrichtenstelle ''er alstcinchei wird mit der Ucberschrift: Gegen kirchliche Ueberhe bring folgendes mitgeteilt: „Das katbos'schchüchösl'che Ordinariat hat kürzlich durch eine» 'ängeren Artikel in der „Sächsischen VoltSzeitunq" de monstrativ zur llebertretnng und Nichtbeachtung der vielum- strittencn Verordnungen Nr. 185 und 150 des Kultusministc. riums ausgesordert. Die Folge davon war, daß in vielen Fällen katholische Schulkinder am i. November, einem nichtstaaklichen katholischen Feiertage, die Schule nicht besucht haben. Das Fcrubalten von der Schule wurde sm'tematisch betrieben. An einiaen Schulgebäude» batte man sogar Streikposten ausgestellt. — Das Vorgehen des katbolischcnOrdinariatS und der Fettun gen, die es uuterslützt baben. bedeutet eine offene >.nd gesetz widrige Auflehnung gegen rechtmäßia eragrwene Verordnungen. Das Kultusministerium wird deshalb ein Strafverfahren nach 88 10 und 130 des Strafgesetzbuches beantragen. — Auch Eltern d'o ihre Kinder pflichtwidrig vom Besuch der Schule scrnhalten, haben Beslroiuug zu gewärtinen." Hierzu möchten wir unsererseits lediglich bemerken, daß »uninebr Aussicht vorhanden ist die Ungültigkeit der Verordnun gen 155 und 156 gcrichtsseits feststellen zu lassen, denn sie bedeu ten einen schweren Eingriff in die Gewissensfreiheit und stehen mit der Reirbsversaffuna vom 11. August 1919 in Wider'vruch. Diesen Dingen wird auch auf evangelischer Seite erhöhtes Inter esse zngewaiidt, beispielsweise erklärt der „Dresdner Anzeiger", daß das Straivelinhr--n gegen das Bischöfliche Ordinariat nad die „Sächsische VollSzciinng" auch in der evangelischen Bevölke rung Sachsb-ol'ackworden mmw In Piei-Nl Si'sammen- bangc sei auch einer uns von glai.hwi'irdiger Seite zugegangenen Mtleilung gedacht, wonach einer indischen höheren Privatsckuiie, die das Recht der Abnabnie der Abganakprüsung bat, daS aus drückliche Gebot znaestellt wurde, de» Unterricht am Sonnabend nicht anskallen zu lassen. Wie jene Nachricht dann hervorbcbt, sollte das glänbioe Volk, gleichviel welcher Konfession es anaehört, mit aller Entschiedenheit ein Eingreifen der Reichs re- gierung verlangen, denn so wie bisher können die Dinge In Sachsen nicht wcitcrgchen. » « » Nunmehr geht »nS auch der amtliche Wortlaut der Außer kraftsetzung der Verordnung 156 zu. Die Verordnung selbst lauten „Nach Artikel 148 Abs. 2 der Reichsverfassung ist beim Unterricht an öffentlichen Schulen darauf Bedacht zu nehmen, daß die Empsmdunoen Andersdenkender nicht verletzt werden. Ans Grind dieser Bestimmung wird hiermit verordnet, daß in den Schulen sede Art religiöse Beeinflnssnng außerhalb des Nel'gionS- imterrichles zu unterbleiben bat. Andachten, Gebete und Kirchen lieder sind nur in de» Neligionsstunden zulässig. Die allgemei nen Veranstaltungen der Schule, wie Schulfeiern, Aufnahme und Entlassung van Schülern. Einweisung rnd Verabschiedung von Lehrkräften und dergleichen dürfen keinen kirchlichen oder relig'ö- sen Charakter lraacn. sondern sind so anSzuaestallen, daß eS jedem Lehrer und jedem Schüler möglich ist, ohne Gewisseusbedeiiken daran teilzunehmen. Dasselbe gilt auch für die Ausgestaltung amtlicher Lehrer- ncrsammlungen. Dresden, 24. August 1922. Ministerium deS Kultus und öffentlichen Ilnterrich'L. Hierzu erließ das genannte Ministerium unter dem 30. Ok tober nachstehende Verfügung: Die Verordnung de? unterzeichncien Ministeriums vom 9t. August 1922 — II 393 Allg. — Min. VOBl. Nr. 156, stirdet reine Anwendung auf die Schulen katholischer MiuderhcitSge- meiuden, denen bei der Vereinigung mit der Mehrheitsgemeinde die einstweilige Erhaltung ibrcS konfessionellen Charakters aus- irücklich zuaesichert worden ist. Ministerium deS Kultus und öffentlichen Unterrichts, (gez.) Fleiß» er. A» den Bezirksschulrat <St.) Dresden I. Hierzu möchten wir folgendes auz> führen unS erlauben: Als vor einigen Tagen die Nachricht austauchte, daß „die Verord nungen zurückgezogen seien", nahmen wir als selbstverständlich an. daß diese Zurücknahme sich aus beide Verordnungen also auf 155 uiid 156, bezöge. Vorerst ist also nur 156 gefallen. Immer hin ist es durchaus- begrüßenswert, daß nach verhältnismäßig kur zer Zeit ei» Teil der Beunruhigung beseitigt und der Weg zur besseren Einsicht beschrilten ist. Die Bestimmungen der Verord- uuna 156 schnitten viel tiefer in die religiös-sittliche Erziehung der Kinder ein. c>!S jene der Verordnung 155. Letztere bedeutet einen Gewissenszwang iür die Eltern und ErziebunaSberechsig'-n, der jedoch auch m-ttelbar a»? W'e Erziebnun der Kinder zurück- inirkt: Denn der KonUckt zwischen den Rechten der Eltern und den Verordnungen des Ki ltuSmiuisteriums wird nicht nur auf dem Rücken der Kinder ausaelragen. die wie Beispiele lcbren, bei soaenannter ^ch'ulversäumniS am 1. November fünf Stunden nachstl en müssen, sondern es werden auch höchst betrübende seelische Koiislikie der K'nder. abgesehen von der Sirafe, dadurch ausgelöst. da ste ans Geheiß ihrer Eltern Pflichtgemäß dem Schul unterricht seri'bleibe» müssen, während die andere Autorität, der Lebrcr, ein« Strafe diktiert. Eine der beiden Autoritäten muß hierunter,»nbedi»et schade,, le'deu. Diele zwar einlachc, aber das Seelenleben unserer Kinder tief berührende Frage sollte dein KiZkiSminisler den Entschluß nabelegen, mif dem begonne nen Wege sortzustbreiteu und auch Verordnung 155 seinerseits außer Kraft zu feben. Nachdrücklich erhebe» wir Einspruch gegen die Ucberscbrilt „Gegen kirchliche U c b c rh e b u n g ", mit der die Nachrichtenstelle der „uupartciischcu" StaatSkauzlci obige Meldung iii die Prelle lancier!«. Aus dem Ausland Oesterreich und Rußland Ter zur Zeit in Moskau weilende bevoil.uächligte Ver treter der russischen Sowjetrepublik in Wien, Schlichter, erklärte in einer Unterredung Pressevertretern gegenüber, das) Oesterreich auf dem Wege zu einem engen wirtschastlichen Zusammenarbei ten mit Rußland sei. Augenblicklich seien Unterhandlungen wegen der Gründung einer großen gemischten Handelsgesellschaft im Gange, die von einem Konsortium österreichischer Unternehmer unter Teilnahme der Sowjetregierung gegründet »e-den soll. Der Sulla« auf der Flucht? Ueber das Schicksal des Sultans werden die wicersprechendsteu Meldungen verbreitet. Nach Konstautiuopeler Meldungen, die über Bern eingegangen sind, soll der Sultan versucht hißen, Konstantinopel zu verlassen, woran er jedoch von der Bevölkerung verhindert worden sein soll. In verschiedenen türkischen Pie ieln Konstantinopels dauern die Kundgebungen an. Hinter ei---m Studentenzuge, der ins europäische Viertel gekommen war, fuhr ein englisches Panzcrauto, wie sich überhaupt die Engländer zu bemühen scheinen, die Sache des Sultans gegenüber der immer energischer werdenden Haftung der Augo-aturkeu zu unterstützen. Nach einer Havasmeldung aus Koustantinopel hat der Ver treter Angoras den alliierten Oberkommissaren eine Note über reicht, in der erklärt wird, Kriegsschiffe aller Nationalitäten muß ten um die Ermächtigung zur Durchfahrt durch die Dardarnellen ersuchen und im Hasen die neue türkische Regierung grüßen. Eine weitere Note fordert den Betrieb der Eisenbahnen durch den Staat. F-^//r/--7es L/. LÄAZ/'St /</'/',r§k7eB/§c/re LZo/r »e/k/B/vr/A/ ^9-/^, 229-/L Deutsches Reich Zentrum und Mittelstand Der erweiterte Mittelstandsbeirat der westfälischen Zen trumspartei hielt in Hamm eine gut besuchte Versammlung ab, in der die Abgeordnete» Thomas Esser-Euskirchen, Köthenbürgcr- Paderborn und Lange-Hegerinann-Bottrop, über die Wünsche des Mittelstandes an Partei, Parlament und Negierung und die Tätigkeit der Zcnirumssraktionen im Reichstag und Landtag für den Mittelstand referierten. Folgende Entschließung wurde bei Schluß der Verhandlungen einstimmig angenommen: „Der Mittclstandsbeirat der westfälischen Zentrumspartei, am 6. November in Hanim sehr zahlreich versammelt, erkennt die Verdienste der Zentrumsfraktionen des Reichstages und Landtages um die Erhaltung und Förderung des Mittelstandes in Handwerk v-nd Gewerbe an. Getreu ihrer Ueberlieserunq war die Zentrumspartet auch unter den schwierigsten Verhält nissen erfolgreich bestrebt, die Gesetzgebung im Sinne ihres Programms des Ausgleichs der Interessen zu beeinflussen. Die ungeheure Not der Zeit lastet besonders schwer auf dem gewerb lichen Mittelstände. Ter Mittelstandsbeirat der westfälischen Zentrumspnrtei richtet an die Parteileitung das dringende Er suchen, baldigst eine Aussprache von Vertretern der westfäli schen Mittelstaudsbeiräte mit den Vorständen der Fraktionen im Reichstag und Landtag unter Hinzuziehung der sachvcrstän. digen Abgeordneten berbeizufübren, um die dringendsten For derungen zu besprechen, die Handwerk und Einzelhandel an Gesetzgebung und Verwaltung stellen muffen, und deren parla mentarische Vertretung sie von der ZentrumSpartci Zuversicht- lich erwarten." Nüthilfe für die Paderboriier Dstiipora linier dieser Ilebersthrist berichtet die Germania Nr. 687 vom 6. 11. 1922 folgendes: Um die ungeheure Notlage der mehr als hundert katho lischen Geistlichen in der großen, in der Hauptsache die Provinz Sachsen und den Freistaat Anhalt umfassenden Diaspora der Diözese Paderborn zu mildern, beschloß die Diözesausynode, daß sämtliche Geistliche» der Diözese, die bas Normalgehalt bestehen, dem Bischof 10 Prozent ihres Bruttogehaltes leinschl. 3 Prozent Pensi'oiiSkallenbcitrngen) überweisen sollen. Dieser Beschluß legt den Geistlichen, die ohnehin durch ihren Stand und ihre ört liche Stellung zu mancherlei Ausgaben gezwungen sind, eine neue schwere Verpflichtung auf. Der hochherzige Beschluß setzt den Bischof in, die Lage, das Einkommen der Diasporageistlichcu in diesem Quartal auf 40 000 M bei Vikaren und 46 000 M. bei Pfarrern zu bringe». Um den Geistlichen möglichst schnell zu helfen, wurden die Beiräge zunächst aus einem Fonds augclieheu. Die bischöfliche Behörde spricht die Erwartung aus, daß in allen Diasvoragenieinden angemessene Kirchensteuern eingesührt werden. Die Geistlichen, die weit unter Normalgehalt beziehe», wurden außerdem ermächtigt, sich einen Ausgleich für da? fehlende Gehalt durch die Erhöhung der normalen Meßstipendien zu be schaffen. K. Ein Fernsprechanschsuß 10640 Mark Tie neuen Post- und Fernsprechgebühren Die Enlwerlimg der Mark und die sich daraus ergebende Steigerung der Ausgaben machten es der Postverwaltung un möglich, mit den bisherigen Tarifsätzen auszukommen. Die zu ständigen Körperschaften haben deshalb der Erhöhung der Gebüh- reu im Post-. Postscheck- und Telearavhenverkehr, sowie der Er höhung der Fernsprechaebühren zugestimmt. Um das Postdefizit nicht unnötig zu vergrößern, sollen die erhöhten Post-, Pochscheck- nnd Telegrapheiigcbühren bereits vom 16. November, die erhöhten Fernsprechgebühren vom 1. Dezember bezw. vom 1. Januar 1923 ab gelten. — Die Gebührensätze für den Postverkehr innerhalb Deutschlands sind, wie uns vom ReichSverfehrSministerium mit- geteilt wird, im wesenilichcn folgende: Für Postkarten im Ortsverkehr beträgt die Gebühr 3 Mark, im Fernverkehr 6 Mark, für Briefe im Ortsverkehr bis 20 Gramm 4 Mark, über 20 bis 100 Gramm 8 Mark, über 100 bis 250 Gramm 12 Mark, für Briefe im Fernverkehr bis 20 Gramm 12 Mark, über 20 bis 100 Gramm 16 Mark, über 100 bis 250 Gramm 20 Mark, für Drucksachen bis 25 Gramm 2 Mark über 25 bis 50 Gramm 3 Mark, über 60 bis 100 Grainm 6 Mark. Für Geschäftsvnvierc und Mischsendunpen bis 250 Gramm 12 Mark, über 250 bis 500 Gramm 16 Mark, über 500 Grainm bis 1000 Gramm 20 Mark. Päckchen kosten bis ein Kilogramm 24 Mark. Für Pakete in der Nabzone beträgt die Gebübr bis 5 Kilogramm 60 Mark, in der Fernzone bis 5 Kilogramm 120 Mark. Für Postanweisungen sind zu zahlen bi? 60 Mark 6 Mark, üb.-r 50 bis 200 Mark 10 Mark, über 200 bis 500 Mar' l»! Mark, über 500 bis 1000 Mark 20 Mark, über 1000 bis 2000 Mark 2' Mark, über 2000 bis 5000 Mark 30 Mark, über 5000 bis 10 009 Mark 40 Mark. Eine Nobrpostkarte kostet 2t Mark, ein Nohrvostbries 23 Mark Die Einschreiboebübr ist a»f 8 Mark, die Vor-eiaegebühr süc Nachnahmen und Poitaufträae auf 6 Mark festgesetzt. Im Telegrovlienverkebr sind die wichtigsten G-bübren für Ferntclegraui'ue Grundaebühr 20 Mark und außerdem tür jedes Wort 10 Mark: für OrtStclearamine Grundgebühr 10 Mark und außerdem kür iedeS Wort 5 Mark. Die AuSlnndgebübren betragen vom 15. Novemoer ab kür Postkarle» 24 Mark, st'ir Briefe bis 20 Gramm 40 Mark jede ,'M >-re„ 20 Gramm 20 Mark, für Drucksache» für je 50 Gramm 8 Mark. Die Fernsprechgebühren werden vom 4. Dezember an :m 1300 Pro-cnt erhöbt. Die vierteljährlich im voraus fälligen kau fenden Gebühren werden jedoch erst vom 1. Iunnar i9Nl an mit dem höheren Zuschläge belegt. Die Grundgebühr kür die Neherlnffuug und Unterhaltuna eine? Hauptanschlusses lohne Zu schläge und ohne Gcsp^ächsgebübreiis beträgt vom 1. Januar 1923 in Berlin 10 640 Mark. Die Gebühr für ein Ortsgespräch betragt vom 1. Dezember an 3.50 Mark. B-i öffentlichen Svrechstcllen beträa! vom 1. De zember an die Gebühr für ein Dreiminuteu-Oc-sni-äch auf Entfer nungen von nicht mehr als 5 Kilometer 7 Mark. Nachrichten ans Sachsen Slhiilprokestv.'rsamiistung in Leipzig. Am 29. Oktober fand im Gnteubergsanle des Deutsche» Buchgewerbehaue) zu Leipzig eine außerordentlich zahlreich besuchte Schulprotestversaminlung statt, die Slellung gegen die bekannten Flcißnerschen Verordnungen »alwi, und zwar hinsichtlich deS Schulbesuches am Feste Aller heiligen. Die Versammlung wurde vom ersten Vorsitzenden der katholischen Schulorganisation, Herrn Kaufmann und Stadtver ordneten Bernhard E i d m a n n, mit dem katholische» Gruße eröffnet. Herr Eidmauu ging in kurzen Ausführungen ans den Zweck der Ver'cimmlung ein und bemerkte, daß man wieder einmal versammelt sei, um das Heiligste zu verteidigen nämlich die Seelen unserer Kinder. Redner stellte die Fteißnerscheu Verord nungen dem cinlcilenven Satze zur ReübSveriastuiig gegenüber und kam Hierbei zu dein Ergebnis, daß diese Verordnungen nicht dazu angetan seien, zur Festigung des Reiches, zum Frieden und zun: Fortichritt beizutrageu. Unverzagt müsse sich jeder katho lische Vater, jede katholische Mutter im Hinblick auf diese Ver ordnungen das Tichterwort vor Augen halten: „Deutsches Herz, verzage nicht, tu, was dein Gewissen spricht". Des weiteren rief Herr Eidmann der imposanten Versammlung den Geist der makkabälscheu Vriiöer und das Beispiel des 90iährigeu Eleazar in Eri'i -eruug, der es weit von sich gewiesen habe, auch nuv zu in Scheine die Geictze Gottes zu übertreten. Sodann erteilte Herr Eiamaun unter dem stürmischen Bei fall der Ver'ammlung .Herrn Justizrat Dr. S ch r ö in b g e n S das Wort, der in längerer, ausgezeichneter Rede auf die juristisch«: wie ethische Seite der Fleischer chen. FeiertagSverordnung einging und überzeugend nachwies, daß die Verordnung gegen die Ver fassung, gegen die Laudesge'etze und gegen verbriefte Abmachun gen verstoße. Einleitend gedachte der Redner der hohen Bedeutung des Allerheiligenfestes, das seit dem 4. Ial/rhundcrt in dev katho'rchen Kircke gefeiert werde und das, seitdem es in Leip zig bezw in Sachsen nach der Reformation wieder katholisch» Schulen gäbe, durch Polle Schulbccreiung' gefeiert worden sei. Heute aber verlange ein sozialistischer Kultusminister von den katholischen Eltern, ihre Kinder au hohen katholischen Feier tagen ln die Schule zu schicken. Hierauf wies Redner dis Necbtsunaültigkctt dieser Verordnung nach. Jede-) Verordnungs- neseh finde seine selbstverständliche Grenze an dein bestehenden Gesetz. In Sachsen aber bestanden und bestünden auf Grund des VolkSfchulgesetzes vom 26. Avril 1873 und auf Grund von Gc- wohuheltsrc.hten, die seit Jahrhunderten geübt würden, konfessio nelle und vor allem auch katholische konfessionelle Schulen. ES be deute aber einen Grundstein aus dem Gebäude der katholischen, kousessiouellen Schule herausneluucn und damit diese selbst ins Wanken brinaen, wenn man an den hoben katbalisthen F-eicriageu Scknikzwang einführen würde. Die in Rede stehende Verordnung verstoße aber auch geaen den zwischen den katholi'ch.m Schulgemein den Leipzigs — wie auch anderswo — und dem sächsischen Staat bei der Vsrwaktnngsverschmelzung abgeschloffenen Vertrag, der ausdrücklich die Erhaltung des kousessiouellen Charakters der katholischen Schulen in der bisherigen Weise voll und ganz vorsieht und aufrecht erhält. Herr Justizrat Dr. Schrömbgens untersuchte dann das Verhältnis der Verordnung zur ReichSver- fassimg und verbreitete sich hierbei über den Geist der ReichSver- fasßiug, über den Geist der Freiheit und Gerechtigkeit, und zwar iiiShesoudere über die Freiheit der Religiousausnbniig, wie er in den herrlichen Eiiileitungsworten der Neichsverfasinng sonne Im Artikel 135 und in den Verhandlungen zum Ccluilkorupromiß zunk Ausdruck komme. Entgegen die'er ausdrückliche» Be- tlimmmg und dic'cm Geiste zeige sich eine sozialistische linduld- äinkcit und ein Gewissenszwang, der den von der Sozialdemo kratie mit Zustimmung onfaenoiniiieuen Ausführungen des sozia listischen Ministers Dr. David in Weimar, baß „der Staat seine Anton'"' Zwange nicht mehr auslsibt", direkt ins Gesicht schlage. Die Verordnung verstoße aber auch gegen 8 der Reichsverfassung, weil die bestehende Rechtslage auch in Sachsen die katholischen konfessionellen Schulen und die Heilighaltung der katholischen Feiertage im Sinne, Geiste und Umfang der kathol. Kirche verbürgt. Ter hochgeschätzte Redner schloß seine oft von lebhaften Beifallskundgebungen begleiteten Ausführungen mit einem marinen Appell au das Gewissen der katholischen Eltern, ich zu wappnen zum Kampf um eine? ihrer heiligsten Güter. Bis her hätten wir uns die katholischen Schulen erhalte»! man« iickisse auch weiter siegen mit Gewissensfreiheit gegen Undnld- ämkcit, mit Glauben gegen Unglauben! Die Versammlung dankte ihrem Neben Mitbürger durch be geisterten Beifall. Sodann wurde folgende Entschließung ange« uomcneii: „Die katholischen Eltern Leipzigs beschließen, au kaths- lllchen Feiertage» ihre Kinder nicht in die Schule zu schicken." Mit einigen erhebenden Schlußworten deS Herrn Versammlungs leiters und mit Absingen des LiedeS „Fest soll mein Tausbaud' immer stehen", endete diese denwürdige Verch»nlsiiug, deren Vc- ucber am Feste Allerheiligen auch durch die Tat bewiese», daß sie ihr gutes Recht und das Gebot der Kirche nicht pret?- geben. sondern nach wie vor zu behauptein wissen, selbst wenn „katholische Lehrer" die Polizei zu Hilfe rufen und Sistierungen veranlassen, wie eS am Morgen des Allerheilioenfestes vor der katholischen Schule zu Leipzig-Rcnduitz der Fall war. Die be troffenen Personen werden nun erst recht Gottes Gebot und die Gebote der Kirche über sozialistische Kulturkampsbcflrebungeu telleu. H. S. St»k«npi«Ä Heises