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Sächsische Volkszeitung : 19.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192211194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19221119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19221119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-19
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.11.1922
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Gomttag oen I». November 1922 Nr. 240, Seite .1 Der Kulturkampf in Sachsen Die Laiidtagswahleu sind vorbei. Sie sind so ausgefallen, tvie es der größte Pessimist im bürgerlichen Lager wohl nicht er wartet hat. Die sozialistisch-kommunistische Arbeitsgemeinschaft har «ine erhebliche Stärkung erfahre». Die Folgen werden nicht lange auf sich warten lassen. Wir gehen wohl nicht fehl, wen» wir annehmen, daß eine dieser Folgen, die bereits in Nr. 237 der Sächsischen Volkse zcitung vom 12. November veröffentlichte Mitteilung unter der Uebcrschrift „Gegen kirchliche Ueder Hebung" ist. Ist schon dieser Titel, der von der amtlichen sächsischen Staatskanzlei heransgegebenen Mitteilung ein ungewöhnlicher, so ist der In halt derselben geeignet, das Kopfschütteln und Erstaunen aller ernsthaften Leute zu erregen. WaS ist denn geschehen? In Nr. 231 der Sächsischen Vvlkszeitnng vom 29. Oktober erschien eine Kundgebung des bischöflichen Ordinariates in Batchen, die zu den Verordnungen 155 und 156 des sächsischen Kultusministers Stellung nahm. Man hätte annehmen können, daß diese überaus sachliche und ans gesetzlichen Quellen beruhende Erklärung von niemanden beanstandet werden könnte. Dem sächsischen Kultus minister jedoch blieb es Vorbehalten, ln dieser Erklärung ein« staatsgefährliche Aufreizung zu erblicken. In der oben bereits «»gezogenen Mitteilung der Staatskanzlei droht der sächsische Kultusminister dem bischösl. Ordinariat oder deutlicher ausgedrückt dem Bischof von Meißen, mit einem Strafverfahren. Er bezieht sich hierbei auf die ZA 110 und 130 des Strafgesetz buches. Diese beiden Paragraphen hätte der Herr Kultusminister zur Begründung seiner Strafandrohnikg nicht heranziehe» dürfen. Es wird wohl auch ihm bekannt sein, daß in der am 11. August 1919 verabschiedeten Ncichsversassung die ungestörte R c l i g i o n s ü b u n g gewährleistet ist. Es wird ihm viel leicht auch bekannt sein, daß 8 149 der Reichsverfassung aus drücklich betont, daß die Teilnahme an religiösen Unterrichtsfächern und an kirchlichen Feiern und Handlungen der Willenser klärung der E r z ie h u n g S b e r e ch t i g te n ü b er l a s s e n bl ei b t. Wenn also am 1. November dem Feste Allerheiligen die katholischen Eltern Sachsen» von diesem, ihnen verfassungs mäßig zustehenden Rechte Gebrauch gemacht haben, dann liegt für den Herrn Kultusminister nicht die mindeste Veranlassung vor, dagegen einzuschreiten. Oder soll es im sächsischen Staate Sitte werden, daß diejenigen zur Verantwortung gezogen Weeden, die die Reichsverfassung dem Inhalte und dem Geiste nach beobachten? Wenn also die Eltern im Rechte sind, so kann das bischösl. Ordinariat, das die Eltern aus diese Rechte aufmerk sam gemacht hat, nicht im Unrecht sein. Den 8 130 wird wohl der Herr Kultusminister irrtü mlicherweise angezogen ha ben, denn dieser besagt, daß mit Geld oder Gefängnisstrafen der jenige bedroht wird, „der in einer den öffentlichen Frieden ge- fährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Ge nial t t ä t k g k e i t e n g e g e n e i n a n d e r öffentlich ausreiz t." Was dieser Paragraph also mit der Erklärung des bischösl. Ordi nariates und der Feiertagshaltung der katholischen Eltern zu tun hat, ist wohl ziemlich in Dunkel gehüllt. Wir können es verstehen, daß das sächsische Kultusministe rium den Ereignissen des 1. Novembers ziemlich ratlos gegen- . über steht. Aber wir gestatten uns doch zu bemerken, daß 1 ,,, nicht die katholischen Eltern eS sind, die den Herrn Ministerin- I diese unangenehme Lage gebracht haben, sondern daß er diese sich selbst durch seine Verordnungen 155 und 156 znzuschreibcn hat. Es ist dem Her«» Minister seit dem Erlaß diesecVer-- ordnuiigen in unzähligen Protesten und Hinweisen ,n Gemüte ge- führt, daß dieselben u n ge se tzmäßig sind. Wir wollen ihm keinen guten Rat geben, wir halten es jedoch für kein Manko seines Charakters, wenn er, nachdem er sich von der Ungesetzmäßig keit und der Undurchführbarkeit seiner Verordnungen überzeugt hat, solche zurückzieht. Es ist immer besser, einen Fehler einzusehen und wieder gutzumachen, als Schaden an seiner Autorität zu nehmen. Ob diese Einsicht kommt und die Folgerungen gezogen wer den, wollen wir dahingestellt sein lassen. Wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, daß den Katholiken Sachsens seitens des Kultusministeriums der Kampf angesagt ist. Die Mitteilung der Staatskanzlei ist, darüber kann es keinen Zweifel geben, die beab sichtigte Neuauflage des Kulturkampfes. Zeitereignisse sind da, um aus ihnen zu lernen. Der Kulturkampf der 70er Jahre, geführt von einem Bismarck und einenv Falk, gestützt auf mächtige Parteien und Strömungen im Lande, gestützt aber auch auf einen machtvollen, gefestigten und siegreichen Staat, ist gescheitert au der Einmütigkeit und der Abwehr der Katholiken Deutschlands. Auf dieselbe Einmütigkeit nicht nur Sachsens, sondern ganz Deutschlands, wird der Herr Kultusminister des sächsischen Freistaates stoßen, wenn er den Kulturkampf ausS neue heraufbcschwört. Nicht nur auf die Abwehr der Katholiken, sondern auch auf die Abwehr der gläubigen Protestanten, denn dieser Kampf, den Katholiken zuerst angesagt, ist ein Kampf um Recht und Existenzberechtigung sämtlicher gläubigen Kon fessionen. Der Herr Kultusminister darf überzeugt sein, daß wir ihn ebenso siegreich bestehen wer den, wie ihn unsere Väter bestanden haben. » » » Der Wahlkamps ist vorüber, der alle Gemüter in Auf regung gehalten, und den an sich knappen Raum der Zei tungen derart in Anspruch genommen hat, daß für andere Interessengebiete kein Platz übrig war. Auch den Rückblick hat irslllolikön Zslkliens! IIntsrstütLt äis Kktsiol. uoä trstst 6sm Lkittwlisosisn krsLvörsio dsi. ^.nmslZrmASll srbsteo km 6is Obmünvor 6sr OltsAruppoo, oclsr an ZsnIIotsrELsirwton. 6v!ll8snl!ungvn sui ?08l8vkoolcl(on1o äS8 Xslliolkokisn prvVvsksinb kiummsr 11007 Vrs8üsn oclsi' 1.viprig. k>k. 8tol1v VorsltöSlläor äss Lssttsivlisosisn krsüvsrsin8 kür Fnesissri Orsscjsll-IsollZtaüt 23, Oroüonüninsr Ltraüs 110 man bereits getan, der stets wichtige Lehren für die Zukunft bietet. Einen Rückblick und Ausblick muß auch die katholische Elternschaft Sachsens in diesen Tagen tun. Den Friesen, der den, Werk der Erziehung in Schule und HauS von Natur und Rechts wegen gebührt, hat das sächsische Ministerium durch seine beide» Verordnungen 155 und 156 gestört. Jede Knechtung läßt den Glauben nur um so kräftiger wachsen zu niminerermüdender Wachsamkeit, zu mutiger Tat. Eine solche inutige Bekenncrtat der sächsischen katholischen Eltern erfolgte am 1. November, am Allerheiligcnseste. An keiner einzigen katholischen Schule Sachsens. — wir haben deren 51 — ist Unterricht gewesen. So hat die katholische Elternschaft der sogenannten Erblande ihren Willen bekundet, den Feiertag nach Jahrhunderte langem Brauch ebenso durch Schulsreiheit und Kirchgang zu begehen wie in der Lausitz, wo die katholischen Feiertage staatlich anerkannt sind. Die? Lehrer, die in ihrer Eigenschaft als Beamte erschiene» waren, konnten wieder nach Hause gehen. Der Tatbestand wurle protokolliert und unter Protest gegen die Verordnmegcn. die ver tragswidrig und aus reichsrechtlichen Gründen niegültig sind, der Behörde mitgeteilt. Nur wenige Lehrer haben dem Willen und dem guten Recht der katholischen Elternschaft durch Strafandrohung an die Eltern eutgegenzuarbeiten versucht. Ein Kollegium hat aus reichSrechtlicheu Gründen und gestützt auf einen Vertrag den 1. November für schulfrei erklärt. Dank den Tapferen! Auch an höheren Schulen erschienen die katholischen Kinder meist nicht am 1. November in der Schule. Straf mandate sind ibis jetzt noch nicht erlassen worden. Nur einige Zeitungen suchen die Eltern kopsscheu zu machen. Wir werten schon die rechte Antwort zu geben wissen. Recht muß Recht bleiben. Als die Lehrerschaft verschiedener Orte Sachsens am 30. Ok tober Vertreter in den Bezirkslehrerrat wühlte, tonnte die Schul» von 10 Uhr an ausfallen; das war keine Störung des Unter richts. Wenn aber Katholiken ihren Feiertag begehen wollen wie bisher, soll das nicht erlaubt sein. Was ist zu tun? Katholische Eltern, seid einig, was auch kommen mag. Einigkeit macht stark. Einigkeit gibt auch dem Schwachen Rück grat. Bleibt auf der Hut! Habt Mut! Der Perzagtc wird des Feindes Beute. Dem Mutigen gehört der Sieg. Auch die nächste Probe muß uns wieder finden als ein Herz und eine Seele. Vergeht unseren Wahlspruch nicht: Alles sür Gott zum Besten unserer Jugend Außerordentlicher Parteitag Die Ortsgruppen Zittau, Hainitz, S ck, i r g i s w a »d e, Löbau, Königs Hain, Ost ritz, Settendorf und Bautzen fordern die Einberufung eines außerordent lichen Parteitages. Diesem Anträge wird satzungsgemnß Folge gegeben. Der außerordentliche Parteitag findet Sonntag den 10. Dezember d. I. in Dresden statt. Es wird von den antragstellenden Ortsgruppen ein Rechenschaftsbericht des gcschäftsfUhrcndcn Ausschusses bezw. des Landesvorsitzenden über die L a n d t a g s w a t> 1 verlangt. Die Ortsgruppe» werden ersucht, i» ih e» Sitzungen hierzu Stellung zu nehmen. Das Nähere über den außerordentliche» Parteitag wird noch beknnntgegebcn werden. Der L a n d e S v o r s t t, e n o e: Etndienrat W c > s. Literatur Ludwig kl., K>> ig von Bai,er». Sein Leben und seine Zeit. Von Gottfried von Böhm. Verlag H. N. Enaelmann, Ber lin, 1922. - Der ehemalige Staatsrat und Angehörige des bayerischen Ministeriums des Acußercn gibt uns in obiger Schrift wertvolle Fingerzeige sür die Mentalität des zweitgrößten deutschen Bun desstaates, die gerade heute, wo wir wieder eine sogenannte »bayerische Frage" erleben, von besonderer Aktualität ist. Seine Warnung vor Nebcrtreibung der Unifizierung und Aiml- lierung an Stelle stärkerer Betonung des „altdeutschen födera listischen Prinzips" und seine Verurteilung der preuß'shen Lösung der elsaß-lothrmgischcn Frage sind hierfür sprechende Belege. Tie Schrift gibt eine Fülle von Anregungen, die den Politiker von heute nicht unberührt lassen können. Ganz modern muten die Worte an, die er bei Beurteilung der militärisch.m Gründe für die Annexion Elsaß-Lothringens wegen der Festun gen Metz und Straßburg gebraucht: „Besser als Kanonen und Festungen schützen die Völker Ausgleich und Versöhnung." Ludwig II. als Mensch und Förderer der schönen Künste nimmt einen ansebnlickien Teil des Werkes ein. Im Hellen L-cbte erstrahlt besonders sein unvergnäglicheS Verdienst um Richard Wagners Schöpfungen. Schließlich muß das svaunend geschrst« bene Trauersvriel des Ausganges eines einst so hoffnungsvoll begonnene» Lebens die volle Anteilnabme des Lesers erwecken. Dieses neue Werk, das mit einigen sehr geschmackvollen Bildern ausgestattet ist, bildet auf jeden Fall eine wertvolle Bereicherung der bisherigen nicht geringen Literatur über Ludwig H. Beseligende Be'cht. Belehrungen, Betrachtungen und Gebete für den öfteren Empfang des hl. Duß^akramentes von B. Bauer O. S. B. (XII und 300 Seiten.) Freiburg i. Br. 1922, Herder. Ein Buch zur Vorbereitung auf die bl. Beichte, das einem den rechten Weg weist, in der Beichte eine Quelle geistlicher Freu, den, einen Führer zur christl. Vervollkommnung finden läßt. Es erstreik Vertiefung »»d Fruchtbarmachung der häufigen Beichte und ist ebenso für Priester und Ordensleute wie für Laien belli- - Für Weihnachten enw^akken: Schubert, Johann Valerien, der unermüdliche Würz burger Relioionspädagog, läßt soeben im Selbstverläge (Kant- straße 54) erscheinen das Leben der Mutter Jesu, Maria, nach der Bibel und Legende frei erzählt, mst elf schwarz-weißen Bild'rn von Fübricb und Steinte. 90 Seiten, zwm Preise von nur 25 Mark. Es ist Vätern. Müttern, Töchtern und Söhnen, denen der Weltkrieg so viel Sorge und Leid zugefügt hat, zum Tröste geschrieben. Der Jugend kann es als Geschenk zu Weih, nachten, zum Namenstag und Geburtstag, und in Jugendver- einiauiiaen zum Vorlesen in den Versammlungen dienen, zumal es der Verfasser versteht, trefflich zu erzählen. Und zwar er zählt Schubert nicht bloß Maria? Leben von der Geburt bis zu ihrer Simmclanfnahine. sondern führt den ganzen ErziehungS- plan Gottes mit Adams gefallenem Geschlecht vor und zeigt die bevorzugte Stellung, die bei Rettung der Menschheit jenem ge» bencd-stten Weibe, das dem verheißenen Kopfzertreter den menschlichen Leib geben soll, zuaedacht ist. Diese mebrtausend- jährige Entwicklung der Menschheit, mit dem glückseligen Z,r- stände im Paradiese beginnend, läßt Schubert am Leser vorüber- ziehen und flicht in die Lebensgeschichte der Eltern Marias, Ion- chiin und «nna, alle» hinein, wa» Bibel und Legende bieten. Auch jenen Familien möchten wir es empfehlen, wo noch die schöne Sitte gepflegt wird, an Sonntagen und an Winterabenden zur Veredlung aller vorz-ulesen. Hier wird edelster Inhalt ,» edler Form geboten, ,u. Büchertisch (Eigene Besprechungen) Ji» Opernhaus. Nachschlagebuch von Dr. Hans Le- bede. (Verlag H. Grosser, Brr.in. 166 Seite». Halblcm- wand.) Der den Dresdner Opernkoazortbesuchern bestens b-stnnme Autor macht hier den Versuch, Inhaltsangabe aller heutigen Repcrtoiropern mit einem i»usikg-'ch>n'hiuch> u Ucberblick zu ver binden, also dem Leser die Materie austhaulicher zu »lachen als eS die sogenannten Opernführer tun. Er ist g.änzend gelungen! Es gibt zurzeit wohl kein Werk, das gleich übcrstüst'.ich. vollstän dig und lehrreich wäre. Die sämtlichen Werke Webers und Wag ners zum Beispiel so knapp und doch so lückenlos zu skizziere», ist ivahrlich ein Meisterstück! Das Buch wurde nur :rn,öglicht dadurch, daß die Odeonwerke es unterstützten, und so eine ge schmackvolle Reklame für sich schufen. Es soll wärmstens emp fohlen sein. Rudolf Encken: „Der Sinn und Wert deS Lebens." -Vor» lag Quelle u. Meyer, Leipzig. '.67 Teilen, Hatbleiiiwiv.d, 590 Mark freibleibend.) Der greise Philosoph zu Jena, de-- ein Leben im Sinne des Fichteschen Idealismus gekämpft Hst hat sein be kanntes Werk in neunter Auflage h.'rausgegcben. Büche: mit dem Gottesglauben als Grundgedanken der Wett.wdnnng zumar wenn sie von einen» so großen Namen gedeckt lind sollten heule mehr denn je gelesen werden, wobei die Konfession des AlttorS gleickMltig sein kann. Die neue Welk, deren Aufbau der Autor ankündtgt, wird ein „neues Verbulstenstin mit dem sein, der nicht unbekannt, aber unaussprechbar ist. mit Gott". Der Verlag sichert sich mit dieser äußerst wohls.'i'e», sehr geschmackckvollrn Ausgabe hohes moralisches Verdienst. Aus Großvaters Tagen. 60 Bilder Theodor Hose- manns. (Verlag Jul. Hoffman«, Stuttgart. Preis gebunden 140 Mark freibleibend.) Den norddeutschen Spitzweg möchte der Herausgeber diesen Meister des Berliner Kleinbürgermtlieus tm Vormärz am liebsten nennen. N'cht mit Unrecht, sie ähneln sich, di« zwei! 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Jedenfalls eia Kunstwerk, spannend geschrieben, voll lebendiger Schilderung! — Aus der „Novellenbibliothek" seien die neuesten Erscheinungen erwähnt: Die schreckliche Zeit nach dem 30jährigen Kriege und ihre Schicksale schildert Helmut Schmidt im „Tollen Ma gister/ (300 Mark). Der bekannte Heidedichter August Hin- richs. den man ohne Reklamephrase sehr wohl Löns zur Seile stellen darf, erscheint mit einem wieder sehr sympathischen, Natur atmenden Buche „Das Nest in der Heide" (400 Mark) und Karl GjellerupS Tierschutzroman „Nomul,,»", eine? der letzten Werke deS viel zio früh vollendeten dänische» Meisters, wendet sich gegen den Wahnsinn des Rennsports. Ans die No vellenbibliothek ist der Verlag mit Fug und Recht stolz. Wir sind stets bereit, solche ideale Bestrebungen zu unterstütze». Zck. Dr. Ludwig Marcuse, ..Gerhart Hauptiuan» und sein Wer!" (Verlag Franz Schneider, Berlin SW. 1l, Ladenpreis üalblwd. 1000 M.). Das wundervolle Buch erhebt sich weit über den Begriff der herkömmlichen, literarische» Jubiläumsausgabe. Mar- cuse hat eS verstände», Mitarbeiter z» gewinne», deren Anfiätze nicht nur ein vollständiges, sondern auch ein einheitliches Bild de.« Menschen und Dichters G. .Hauptmann ergebe», dessen 60. Ge burtstag wir in diesen Tagen feiern. Dem Leser erwächst aus diesem Werk ein ehernes Denkmal des genialen Künstlers, ohne daß etwa Ueberschwenglichteit das Buch zu einer Zeilerscbeinnng von kurzer Dauer machte. Ans dein Inhalte sei ans einige Kapilr. aufmerksam gemacht, deren Lektüre nnS ganz be'onoers genug,reich erschien, wie wenn Georg Engels die Tafelrunde in Agnetendors samt obligatem Streichguartelt oder Manfred Georg über die Frau in Hanptinanns'dlüert und Paul Wiegler über Beziehungen Hauptniannschen Schaffens zur Natur plaudert. Marensc selbst ist mit einer geistvollen Würdigung des Tramaliker-s. Karl stets; mit einem Essay über den Negistenr vertre'.cn. Ten Mnsttziomus in Gerh. Hauptmann untersucht Emil Szitiha. Die es Kapiic! Nird besonders viel Anklang finden. Recht Jnteresstntes lieft inan über Rußlands Hauptmannsverchriing in Gesprächen mit'Gorki und Artikeln von Liinatjcharski und Zin. Wengerowa. Den" grünten Raum nimmt eine Studie Käthe Rathans-Hoffmanns über Mar shall als das „Urbild deS Kollegen Cramnton" ein, die auf Briefen Marshalls fußt, »nd C. F. A. Be'il bestricht sehr, spannend den „Kannst mn Hauptmann", d. h. leine günstige und abfälliae Kritik seit dem Sonnenauigang. Mit dem vor legen den Buch ist dem großen Dichter nicht mir ein ideales Geburts tagsgeschenk gechmacht worden, sondern es ist, wie erwähnt, ein formvollendetes literarhistorisches Werk entstanden, das ge'chmack- volle Aufmachung und kreislicher Piiderschniuck doppelt wcrwoll machen. Zck. Hans Christoph, „Die Fahrt i» die Iuknnit". ein Rela- tivitätsroman. (Deutsche Vcrlagsanflalt, Sin kgart.) Ein wirklich sehr amüsantes, literarisch angehauchtes Gemisch ans Liebes roman, Relativitätstheorie, Reist in den Weltenraum a la Jules Berne und Znkunstsstaatsschildernng. Der Roman ist «>0- gebaut auf einem Paradoxon, welches sich tatsächlich aus der E^nsteinlehre ergibt, dem „gesunden Men'chenverstand" aber >in- begrciflich erscheint, weil es dafür au jedem Analogen in dcr menschlichen Begriffswelt fehlt: Wenn von zwei gsticha'tri en Men schen der eine sich in ungeheure Entfernung von der Erde tu den Weltenraum begeben könnte, so daß er sich von der Er^e aus guf riesiger Kreisbahn mit ungehenrer Ge'chwindigkeit be wegt, so laufen sür ihn alle Geschehnisse viel schneller ab als für den aus der Erde Verbliebenen, de» er. konnte er zurück, als alten Mann wiedersinden würde, während er nur Stunden ge altert wäre. Diese Reist macht ein Ingenieur mit stincr Geliebten in einem „Gravitator". Er kehrt nur wenig älter nach 2000 Jahren zurück und findet einen überaus langweiligen kommunistl- schen Staat. Er möchte zurück in sein Zeitalter. TaS gelingt ihm, indLM er sich wiederum mit seinem Äravitator erhebt und zur Umkehrung des Zeitablauss — — - einfach zum cntgeoen- gesetzten Fenster der Gondel hinauslieht als beim ersten Ausstieg. (Dieser groteske Einfall hat freilich nichts mehr mit der Rela tivitätstheorie zu kn», ist aber trotzdem glänzend.) Der In genieur kommt als Fünsuiiddreißigiährlger auf der Erde 80 Jahre nach seiner ursprünglichen Ausreist an, findet dort die be ginnende Zersetzung des bürgerlichen Staates und — — seinen znrückgelasscncn Sohn als uralten Herrn wstdw-' S >"--' ' nn? ein-, - .. .
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