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Sächsische Volkszeitung : 19.11.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192211194
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19221119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19221119
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-11
- Tag 1922-11-19
-
Monat
1922-11
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 19.11.1922
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Deutsches Reich Katholiken und deutschnationale Dolkspartei Grundsätzliches Aus einer Konferenz in Meppen beschästigte sich der bekannte Universitäisprofessor Tr. Schreiber-Munster in einem längeren Vortrag im besonderen mit dem Weltanschauungsgehalt und dem Programm der deutschen Parteien. Dabei besprach er auch eingehend die Entstehniigsgeichichle und die Forderung der Teutsch- nationalen Volkspartei. Diesem Teil der Schreiberschen Aus- sührungen entnehmen wir folgendes: Vieles und Gegensätzliches ist in der Tat zusammengc- flössen. In dieser Partei befindet sich einmal die Teutschkonser- konservative Gruppe, deren Schwerpunkt früher östlich der Elbe lag und die weder westdeutschen katholischen Belangen (Parität), noch ostdeutschen katholischen Interessen (Siedlungsfrage, Germani stik ion und Protestantijierung) sonderliches Verständnis entgegen brachte. Als zweite Gruppe sind die Freikonservativcn in die Teutschnationale Partei 1918 ausgegange i, ein kulturpolitisch wenig zuverlässiges Element, da die Freikouservativen bemüht Ware», die Brücke zwischen konservativer und liberaler Auffassung ab zugeben. Sie haben deshalb auch beiin preußischen Volksschul- untcrhaltungsgcsetz von 1908, das heute noch in Geltung ist, di- Stellung der Bekenntnisschule abgeschwächt. Die dritte Gruppe, di- eingesprengt wurde, ist der Bund der Landwirte, der heute als Reichslandbiind austritt. Dieser Bund der Landwirte war der c>-e Ausdruck einer lerussstäudischen Bewegung, die in das Extrem ging und die gesamtpolitische Linie auS dem Auge verlor. Sei» Versuch, ständischen Wüiffchen das Gepräge einer im Grunde ge nommene» politischen Partei zu geben, scheiterle. So haben die Teutschnationale» auch Trümmer und zerschlagene Hoffnungen i» ihre Partei ausgenommen. Religionüpolitisch bedenklich sind im übrigen die antise mitischen Gruppen, die dann Weiler zu ihnen gestoßen sind. Cie geben heule den Kern des dentschvölkischen Flügels ab. Dieser religionspolitische Antisemitismus erschüttert das Ansehen des Alten Testamentes als der Osfenbarungsgrundlage. Mehr als einem christlichen und positiv gläubigen Teutschnationalen mag es unangenehm genug sein, wenn in diese» antisemitischen Krei sen Gcdankengänge von Horston Stewart Ehamberlain und anderen Schriftstellern wiederkchren, die im Alttestamentlichen eine» Jn- sektionsstoss und eine Selbstvergiftung des Christentums sehen, und deshalb sich zu beweisen bemühen, Christus sei ein Arier ge wesen. Das sind wissenschaftlich groteske und ebensoviele anti semitische Gedankengänge. Weiter sind in die Reihen der Teutsch nationalen eingeriickt die Christlichiozialen. Daß ihre bedeutende ehemalige Führerpersönlichkeit Stöcker mit den Teutschkon'ervativcn in Gegensatz geriet, daran war nicht bloß der Hof und die starke Eigenart des Parteigründers schuld, sondern ebenso viele sachliche Unterschiede der Auffassung, die auch t» der Gegenwart noch be stehen. Schließlich haben führende alldeut'che Kreise bei den Tent'chnationalen sich eingefunden. Gerade die Alldeutschen sahen früher in de» Katholiken gern die „Reichsfeinde": ihre Revanche ruse bedeuten bente noch eine austernolitikche Gefährdung. Um auch dies einmal zu sagen: in alldenUchen Kreisen hat das Friedens- Programm Benedikts XV. eine scharfe und auch verletzende Ab sage gefunden. So Ist die Deutschnationale Partei politischer Stnikretismud und ein merkwürdiges Ge-yUch von Spannungen und Gegensätzen. Tie Austritte führender Persönlichkeiten, wie v. Kardorsf, liefen davon Zeuanis. Die'e Mi'ckmna aber flößt ernste kultnrpoliti'ckic Bedenken ein. Es sind zahlreiche Persönlichkeiten den Dent'ch- nationalen beigctrelen, die ihnen durch das Moment der Ver neinung der politinhen Gegenwart »»d Beiahnng der Ver gangenheit zngebören, die aber innerlich kaum dem positiven Christentum zngezählt werden dürfen. Der Name Traub steht hier für Tawende. Weiterhin mögen sich die deutschen Katholiken sage», daß die Kirchenpolitik der Teutschnationalen sich lediglich auf die Ueler- lieferung der evangelischen Kirchenpolitik stutzt. Die evangelische Kirche fußte aber ans einen, Kirchenbegriff, der eine starke Bindung der Kirche an den Staat kannte Erst in einem mühsamen 'ntwicklungspivzeß wird eine evangelische Volkskirche geschaffen: ibei ist der Kampf um das Bischofsamt in aller Schärfe tbrannt. Demgegenüber ist die katholische Kirche stets eine eie Volkskirche gewesen, allerdings mit der im göttlichen "chte wurzelnden hierarchischen Gliederung. So haslet der ka lben Kirchenpolitik da? Moment des Freien, des Absoluten es Universalen an; sic verfügt zudem über die wertvollsten efernngen. Tiefe Kirchenpolitik läßt sich nicht plötzlich eliebigen deutschen Parteien vertreten, deren Vergangenheit positiver Pflege dic'er Kirchenpolitik nichts weiß. Gegen die rote Knltnrdiktatnr in Sachsen Die ZentrumSftcckion de» Reichstage» hat folgende Inter- pellation eingebracht: d „Ta» sächsische Ministerium de» Kult«» und öffentlichen Unterrichts hat durch Verordnung vom 12. August d. I. br. stimmt, daß au staatlich nicht anerkannte« Feiertagen Lehrer» und Schülern künftig in keinem Falle mehr NnterrichtSbefrei- ung zum Zwecke der Teilnahme an religiösen Feiertagshand» luugen erteilt werden dürfe. Eine weitere Verordnung vom 24. August verbietet jede Art religiöser Beeinflussung außerhalb des Rrltgionsunter. richts und beschränkt die Zulässigkeit von Andachten, Gebeten und Kirchenliedern auf die Religionsstunden. Diese Maßnahmen widersprechen den Artikeln 135, 11g und 174 der Reichsvrrfassung. Sie verlehen die dort gewähr, leistete Glaubens- und Gewissensfreiheit, die Freiheit der Re» ligionsübnng und das Recht der Bekenntnisschule, die in Sach» sen Regrlschnle ist. Sie haben daher weit über die Grenzen des Freistaates Sachse» hinaus Befremden und Entrüstung hcrvorgerufrn. Das bischöfliche Ordinariat in Bautzen hat gegen dag der. fassungswidrige Vorgrhen des sächsischen Kultusministerium» pflichtmäßig Einspruch erhoben. Diese in der „Sächsischen- BolkSzeitung" (Nr. 231 vom 2». Oktober d. I.) veröffentlichte bischöfliche Kundgebung hat das Ministerium damit beantwor tet, daß rS die Einleitung eines Strafverfahrens gegen das Ordinariat ankündigte („Staatsanzeiger für den Freistaat Sachsen" Nr. 262 vom 8. November 1922). Hat die Reichsrcglerung zu diesen Vorkommnissen Stel lung genommen? ^ Welche Schritte gedenkt sie zu unternehmen, «m der ReichSvcrfassiing und der von ihr feierlich gewährleisteten Ge wissensfreiheit im Freistaat Sachsen Achtung zu verschaffen und die bekenntniStrene Bevölkerung vor Vergewaltigung zu schützen?" Für Einführung der Wahlpflicht Dem Reichstage ist von der Dorisch nationalen BolkSpactei ein Initiativantrag zugcgangen, der die Reichsregierung ver pflichtet, bis zum 1. Februar 1SL3 ein Reichsgesetz über die Wahlpflicht vorzulegen, wonach die Wahlberechtigten bei den Wahlen zum Reichstag und zu den Volksvertretungen der Länder ihr Stimmrecht ai.szuüben verpflichtet sind. In der dem Initiativantrag beigegebenen Begründung heißt es u. a.: „Bei den sächsischen Landtags wählen vom 5. November dieses Jahres haben die freien Gewerkschaften eine Wahlkontrolle auSgcübt. die darin bestand, daß die Wähler bei der Wahlhand lung einen Kontrollschein durch die Kontrolleure der freien Ge werkschaften abstcmpeln lassen mußten. Die Aufforderung dazu enthielt die Drohung, daß ein jeder, der den gestempelten Wahl schein nicht abgebcn könne, als „Wahlfauler" gelten werde, der sein Wahlrecht nicht ausgeübt und damit die Feinde der Arbeiter schaft indirekt unterstützt habe. Die Beteiligung an den Wahlen ist indessen, zumal bei der erhöhten Bedeutung, die den Volksver tretungen im parlamentarischen Svstem zukommt, eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht, deren Durchführung nicht privaten Or- ganisalioncn überlassen bleiben darf, die vielmehr gesetzlich ge- regelt und deren Erzwingung staatlichen Behörden übertragen werden muß." Vom deutschen Wohnunqswe^en Der NcichstagSausschiiß für las deutsche Wohnungswesen hat sich mit der Fortführung des gemeinnützii'n Bauwesens Le» faßt. Die hierfür zur Verfügung 'tehenben M,tcei sind gänzlich aufgebraiichi, mehrere Icrnscnd ani-'.i.i,?ner Bauten muhten wegen Mangel an Msitcln stillzr»it werden. Anßrrcedentsiche Werte geh>n verloren, wenn -s nickt geling:, rwu- Mutet'zur Verfügung zu- stellen. Der Reichs 7, bctsinin-strr wird einen Gesetzentwurf vorleien, durch den die Herbeischejsiing ,,-ucr Mittel möglich gemacht wcrd-n ivll Die Absichten des Arbeitö- ministeriumS wurden m dem Ausschuß sehr eingehend besprochen. In Betracht kommen Maßnahmen zur Verbilligung der Bauaus führung und der Banstojfe, Wegen dcr Aufbringung der Mittel empfahl das Arbci'smi.'.fftcrinm eine ganz erhebliche Heraus- setzrmg der staatlichen Banabgaben. Daneben wird eine der jeweiligen Entwertung unserer Währung angepaßte selbsttätige Erhöhung gewünscht. , Hinsichtlich der Verbilligung der Baustoffe bestehen außer ordentliche Schwierigkeiten. Die allgemeine Markttendenz zielt auf eine dauernde, sich fortwährend rapide steigernde Erhöhung aller Preise. Bei der ganzen Frage kommt den Syndikaten und Kar tellen der Baustoffindustrie und des Großhandels besondere Be- deubung zu. Diese setzen vielfach die Marktpreise willkürlich fest, was ihnen leicht möglich ist, da der Baustofsmarkt dauernd an allen notwendigen Materialien großen Mangel leidet. Gemein, wirtschaftliche Organisationen, die den gemeinnützigen Bau betrieb fördern wollen, werden von den Syndikaten und Kar tellen boykottiert. Um hier Abhilfe zu schassen, hat der NA. Aus schuß einstimmig folgenden Beschluß gefaßt: „Die Reichsregie- rung wolle industrielle Unternehmungen, die eS ablehnen, den Genossenfchasten, die den Einkauf oder die Verwertung von Bau materialien zum Gegenstände ihres Unternehmens haben, unter gleichen Voraussetzungen die gleiche Vergünstigung einzuräiinien wie dem Handel, durch Sperrung des Kohlenbctricbes zur Ein räumung gleicher Bedingungen gegebenenfalls zwingen." In Bezug auf die Beschaffung der Bauhölzer soll mit den Länderregierungen verhandelt werden, damit sie die für gemein nützige Bauweise erforderlichen Hölzer zur Verfügung stellen. Ferner ist beschlossen worden, die Neichsregieruug anfzufordcrn, ein Gesetz vorzulegen, nach welchem die Baustoffe für de» ge meinnützigen Wohnungsbau auf Grund des NmIagcverfahrenS zu einem besonders sestzusetzenden billigeren Preise zu liefern sind. Diese verbilligten Baustoffe sollen an alle diejenigen ab gegeben werden, die kleine Wohnungen bauen, ganz gleich, ob eS sich um Vereinigungen, Kommunen oder Einzelpersonen handelt. Als Maßnahmen zur Verbilligung der Bauausführung wurden von dem Ansschufse i->. a. folgende genannt: Nechtzciiiae Bereitstellung der Mittel, Verteilung der Bauaufträge für daS ganze Jahr, rasche Durchführung des- BrauprogrammS, Verein fachung des Jnstanzenzuges bei der Verteilung der Zuschüsse, Anwendung erprobter Bauweisen, Einschränkung der LuxuS- bautäiigkeit n-nd der' nicht unbedingt notwendigen industriellen und sonstigen Bautätigkeit. Hinsichtlich der Erhöhung der siaat- lichen Bauabgabe wurde im Ausschuß durch den Vertreter der Zentrumspartei darauf hingewiesen, daß heute schon durch die außerordentliche Steigerung der Abgabe für Wohnungen eins Heraufsetzung der Bauabgabe auf 1500 Prozent große Be denken habe. Die Kirchensteuer kann vom Einkommen abqezoqen werden! Im Steuerausschuß des Reichstages wurde ans Antrag des Abgeordneten Mumm (mit 15 Stimmen geyen die Sozial, demokraten) dem Neichscinkammensteuergesetz die Bestimmung eingefügt, daß Stenern an die in Artikel 137 der Reichsver fassung genannten Körperschaften, das heißt die Kirchensteuer, vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Abzug zu bringen sind. Der Beschluß, der die Arbeit der Kirche als wertvoll für die Kultur und die Sittlichkeit des Volkes anerkennt, wird zu seinem Teil dazu beitragen, daß der Agitation für den Kircheuauslritt ledig lich um der Kirchensteuer willen enigegengcireten werden kann, Die Wicdrrbcschaffmig der beschlagnahmten Kirchenglockeir Der Zentrumsahgeordiiete Hofiiiauu-Ludwigshafen hat unk Unterstützung seiner Fraktion dem Reichstag folgenden Antrag vorgelegt: Der Reichstag wollle beschließen: Die RcichSregicrnng möge das NeichsverkehrSministerinm anweisen: 1, de» Kirchen gemeinden, welche infolge der Kriegsverordnungen ihre Glocken abliefern mußten, bei deren Nückerwerb oder bei Beschaffung neuer Glocken Frachtfreiheit zu gewähren, 2) die für solch» Zwecke bereits vereinnahmte» Frachten den betreffende» Kirchen- gemeindcn zuriickzuerstatteu. Neue Erhöh^nq der Gütertarif« Halbamtlich wird dem T. U, S. aus Berlin berichtet: Der Vcrkehrsausschuß des NcichSeisenbabnrateS nahm zur Kennt,>is» daß die seit dem 1. Oktober eingeireiene Steigerung der Löhne riid Materialien, insbesondere der Brennstoffe, eine abermalige Erhöhung der Frachientarife als notwendig erscheinen läßt. ES ist demnach für den 1. Dezember mit einer Nugleichung der, Gütertarife an de» gesunkenen Geldwert zu rechnen, deren Aus maß jedoch noch nicht übersehen werden kann. rwtci mftenhos ° mp2lg Mir Limmer mil kalt, unü warmmaller zo voller prelle Mäßig Nonleren« Die Perle des S^warzwaldes Roman von Ed Wagner, (Nachdruck verboten.) (14. Fortsetzung.) „Wen» Sie nicht wolle», daß er das nicht glauben soll, warum heirate» Sie dann nicht einen anderen?" entgegnele Grct- cheu wie sondierend. „Ich werde niemals heiraten!" erklärte Alice mit Emphase, „Wer würde mich denn auch begehren, mich, die Namenlose?" „Ich weiß jemand, Fräulein Alice, der Sic liebt und den Boden verehrt, den Sie betreten," versetzte Gretchen wieder wie zuvor. „Er hat feine stolze» Verwandten, die ihn zu beein flussen ver-uche» könnten: ec kan» also ohne allen Zwang der Stimme seines Herzens folgen. Sie werden erraten, wen ich meine, Fräulein Alice. Es ist Herr Erciftonl" AliccS Gesicht überschattete jählings ei» tiefer Ernst. „Herr Craslcm!" sprach sie der alten Dienerin nach. „Unmöglich! Ich liebe ihn nicht und auch ec liebt mich nicht!" „Er liebt Sie, Fräulein Alice," bekräftigte Gretchen, „und ich wollle, Sie wären init ihm verheiratet. Er würde alles für Sie tun, was ein Menich nur imstande ist! O, FrSuleLcr Alice, ich wollte. Sie wären seine Gattin!" „Ich dachte, du hättest ihn nicht gern?" wandte Alice ein. „Das habe ich wohl früher gesagt," antwortete Gretchen eifrig, „aber jetzt würde e-Z für mich der glücklichste Tag sein, au den, Herr Erosion Sie als seine Gattin heiinsnhrte." Alice schüttelte den Kopf. „Es kann nicht sein!" sprach sie schwermütig. „Kennte er meine Geschichte, so würde er auch gar nicht mehr nach mir ver langen. Und im übrigen, Gretchen, — i» meinem Entschluß kann mich nichts irre mache». Wir wolle» immer beisammen bleiben. Niemand soll zwischen uns treten. Ich habe mich selbst besiegt und mir vorgcuommcii, standhaft zu sein und nicht mehr z» klagen. Hilf mir diesen Borsatz aussühren, Gretchen! Sprich nicht wieder von Lord Glenham zu mir, bis ich, seinen Namen zu hören, besser ertragen kann. Ich will mich jetzt ganz meiner .Arbeit widmen. ES heißt, daß Arbeit das beste Heilmittel für wunde Herzen ist!" Und sie machte sich entschlossen mit erhöhtem Eifer wieder an ihre Stickerei, welcher sie sich nun Tag für Tag vom frühen Morgen bis zum späten Abend widme!» Ihre Wangen wurden dabei immer bleicher und ihre Augen zeugte» von nachts ge weinten Träne». GretcheuS scharfe»! Blick entging nichts von alledem, aber sie verriet eS mit keine» Wort, denn sie wußte, daß nichts den Schmerz ihrer jungen Herrin zu lindern im stande war, daß eS vielmehr das beste war, wenn er aus- tobte. damit dann die Wunde vernarben könnte. Maldred Eraston kam fast eine Woche hindurch Tag für Tag. Allein Grclchrn sorgte dafür, daß er vorsichlig zu Werke ging, und so endlich glaubend, daß seine Abwesenheit seiner Sache mehr nützen könne, als seine Anwc'enhcit, machte er eines Tages seine AbschiedSvifftte und kehrte nach Glenham-Lodge im schottischen Hochlande zurück, entschlossen, aus der Ferne einen Coup aus- zuspielcn, der ihn alles gewinnen lassen mußte — mit einem Schlage alles. 19. Kapitel Es war am Morgen nach Lady Glcnhams Ankunst zu Glenham-Lodge. Tie Luft war reit, und Heller Sonnenschein über flutete die Täler und vergoldete die Spitzen der Felsen, welche aus dem Grün der Bäume hervorragten. ES war ein herr licher Hcrbstmorgen, wie zur Jagd geschaffen, und die Gäste Lord Glcnhams waren auch früh hinausgezogen in den Wald; der Graf selbst- jedoch war daheim geblieben bei seiner Mutter, die eine Unterredung mit ihm gewünscht hatte. Sie hatten sich zusainmengefunden in den, geräumigen Sa lon, von dem aus sich eine prachtvolle Fernsicht über die Berge und die Sec darbot. Im Kamin flackerte ein Helles Feuer^ und vor diesem saß Lady Glenham i» einem hohe» Sessel. Sic war ungeachtet ihrer grauen Haare »och schön zu nennen. Ihre Haltung war stolz und in ihren blauen Augen und ihren geistvolle» Zügen lag große Energie. Lord Glenham hatte einen Stuhl in die Nähe des ihrigcn- geruclt und harrte auf die Ansprache seiner Mutter. „Du mußt heule deine Aufwartung in Castle-Cliff mache», mein Sohn," begann die Gräfin. „Lord Leonards ließ gestern seine Karte hier zurück und auch Lady Trevor wird deinen Besuch er warten; sie ist eine sehr hübsche Frau und ich habe schon lange gehofft, daß du sie mir als Tochicr zuführen würdest, Gordon!" Die Stimme der Lady klang bei den letzten. Worten leise bewegt. „Hast du sie so lieb, Mutter?" fragte der Graf und es lag ein Anslng von Verwunderung und Zweisel in seiner Stimme. Lady Glenham sah etwas verlegen vor sich nieder. „Es würde eine höchst passende Verbindung sein," ant wortete sic ausweichend. „Ihren Großvater wird diese Heirat mit ihr aussöhiieu, und da du ohnehin der Erbe seiner Titel und Güter bist, halte ich eine Verbindung mit seiner Enkelin für die passendste Partie, welche du schließe» könntest!" „Ich liebe Lady Trevor aber nicht!" versetzte Gordon frei mütig. „Ich liebe ein Mädchen, welches ihr weit überlegen ist an Schönheit und Seclengröße. Mutter, wenn du Alice Nom berg sähest, würdest auch du sic sogleich lieben! Bedenke nur, .wie es dich glücklich machen mußte, eine Tochter dein zu nennen,, die dick liebe» würde, wie ich dich liebe! Und eine solche Tochter würde Alice dir sei»! Wenn du doch nur mit mir nach Schönau reisen wolltest —" „Mein Sohn," unterbrach die Gräfin ihn, „du kannst nicht ernstlich daran denke», ein namensoies Mädchen mir als deine, Gattin zuführen zu wolle», mir, der Tochicr eines Herzogs?" „O, Mutter," rief Gordon schmerzlich, „wenn du sie doch nur sehen wolltest!" - - - „Ich will sie gar nicht sehe»'" rief die Gräfin heftig, dem Kopf stolz zurückwerfend. „Ich möchte die traurigen Folgen, welche diese Heirat nach sich ziehen würde, nicht an dir erleben! Lord Harry Ravendale, der einzige Sohn des MarguiS von St. Leon ards, heiratete eine Abenteuerin und mußte seine Torheit bitter bereuen. Ich möchte dich lieber tot als wie den Gatien dieses! Mädchens sehen!" „Mutter!" rief er beschwörend. „Ich meine es so, wie ich es sage!" fuhr die erregte Dame fort. „Ich habe alle meine Hoffnungen auf dich gesetzt: ent-, täusche mich nicht so furchtbar! Laß ab von dem Mädchen! Zeige dich deines Namens und deiner Vorfahren würdig! Kehre um! Noch ist cs Zeit! Ich beschwöre dich!" Der junge Gras sah düster vor sich hi». Eine entschlossene Antwort schien aus seinen Lippen zu schweben, aber in diese,». Augenblick wurde die Tür geöffnet und ein Diener meldete- „Lady Trevor und der Marquis von St. Leonards!" Mit der Gewandtheit der erfahrene» Weltdame faß! die alte Lady sich schnell. Sich erhebend, schritt sie den Ankommenden entgegen, denen auch der junge Graf sich wohl oder übel zu- wenden mußte. „Das ist ein unerwartetes Vergnügen, Edith!" sagte die > Gräfin, Lady Trevor umarmend. „Gordon beabsichtigte, diesen Morgen hinüber nach Castle-Clisf zu reiten, um Lord Leonards' Besuch zu erwidern. Es freut mich, Sie zu sehen, mein lieber alter Freund!" Und sie hielt dem Marquis ihre Hand hin. - Nachdem die gegenseitigen Begrüßungen vorüber waren, setzte das jüngere Paar sich ans Fenster, während Lady Glenhcnw und oer Marquis cim Kami» Platz nahmen und in leisem Ge spräch sich unterhiellen, so daß sie von den andere» nicht gehört werden konnten. „Sie kamen, als ich gerade meinem Sohne Vorstellungen, über seine Torheit machte, Marquis," sagte Lady Glenham. „Ich kam gestern hier an und hielt eS jiir das Geratcstc, gleich heute morgen zu versuchen, ihn von seinem Vorhaben abznbringen. DaS Mädchen ist eine Abenteuern,, die ihn mit einem hübschen Gesicht bestrickte: das ist alles. Es ist dieselbe Geschichte, wie damals mit Lord Ravendale. Mein Kummer ist »m so größer, weil Gordon erklärte, daß er nur sie heiraten oder aus immer ledig bleibe» wolle!" (Fortsetzung folgt.) ,
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