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Sächsische Volkszeitung : 23.08.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-08-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192108230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210823
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210823
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-08
- Tag 1921-08-23
-
Monat
1921-08
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.08.1921
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Sächsisch« «»lr-zeitung duna unbedingt zugute kommen. Da da« Verfahren vo, Leu» Völkerbundsrate ein .novum judicium" ist, wie die Juristen sagen, sind neue Sachdarstellungen, Anträge auf Bewetser- Hebungen und eigene Nachforschungen de« Rate« über die Bor. gäng, in Oberschlesien vor und wahreich der Abstimmung nicht nur erforderlich, sondern sogar geboten. Daran» ergibt sich fü, «n» die Pflicht, alle« Material ohne Uebertrmbung, aber mit zureichenden Beweisen durch unseren Vertreter dem Rat« über- reichen zu lassen. Wir dürfe» auch nichts tun, war unserem guten Rechte ab träglich ist. So dürfen wir nicht, wie leider einzelne Blätter es getan haben, sagen, daß Pietz, Rhbnik und der Südosten vo» Kattowitz bereits unwiderbringlich verloren seien. Der Völler- bmidsrat wird sicher über unser« Anträge nicht hinausgehen. Wir liefern ia nur den Gegnern Waffen, wenn wir uns selbst auf diesen Standpunkt stellen. Das widerspricht der Rede von Lloyd George im Hause der Gemeinen, wonach Obcrschle- fien zu Deutschland gehört, wenn man Stimme für Stimme zähle. LS widerspricht aber auch seiner bereits erwähnten «eußerung in Paris, das; der BölkerbundSrat völlig selbständig sei. Endlich widerspricht es dem objektiven Rechte, und das ist die Hauptsache.. Man kann auch nicht sagen, wir sollten uns nicht falschen Hoffnungen hingeben wie Im Weltkriege. Zwischen damals und jetzt besteht ein gewaltiger Unterschied. Damals stand Gewalt gegen Gewalt, und ein Irrtum über die tatsächlichen Verhält nisse konnte gewist verhängnisvoll werden. Heute stehen wir aber auf dem Boden des Rechtes. Den müssen wir gegen Gewalt um so fester halten, je schwächer wir an Macht sind. Wir dürfen ihn jedenfalls nicht selbst erschüttern helfen. Dafür wird von französischer und polnischer Seite schon reichlich ge sorgt werden, wenn auch, wie wir hoffen, ohne Erfolg. Wenn gesagt wird, die polnische Minderheit von 39 v. H. der Stimmen verlange eine Teilung Oberschlesiens, so ist das falsch. Wer hat denn die Teilung der verlorenen Ge biete von Posen und Westpreußen gewährt, die trotz einer Million von Deutschen und zwar ohne Volksbefragung, allem SelbstbestimmnngSrechte entgegen, abgerissen wurden. Unsere dort abgetrennten Stammesgenossen wiegen die etwa verbleibenden Polen in Oberschlesien sehr reichlich auf. Im übrigen haben viele von denen, welche- am 20. März polnisch stimmten, das ungeteilte Oberschichten dabei als selbst verständlich vorausgesetzt, wie es von Warschau. Krakau und Posen ja auch stets als selbstverständlich bis zur Abstimmung verkündet worden war. Für Polen selbst haben sich, wenn man die wahre VolkSmeinung Prüft, sicher sehr viel weniger ent schieden, als dafür, das; sie mit ihren Landsleuten wie früher ungeteilt zusammen bleiben. Ta sich der Vorschlag des VölkerbundSratcs, wie gesagt, im Rahmen des FricdeusvsrtrageS halten muh, so kann er natürlich nicht auf einen „Neutralen Freistaat" hiuauölausen, denn einen solchen kennt der Artikel 88 nicht. Er kennt auch ebenso wenig ein Provisorium für Oberschichten, sei es in der Form eines „SaarstaatcS" für das ganze Land, noch etwa in der berüchtigten Dreiteilung mit der Fortdauer fremder Ver waltung des Jndustriebezirkes allein. Nicht nur dieser ist wirt schaftlich unteilbar, sondern das ganze Abstimmungsgebiet. Und wenn die Franzosen sich höhnisch daraus berufen, dah Ober schlesien schon einmal für die Abstimmungszwecke geteilt wurde, weil die Kreise Falkenberg, Grottkau, Reiste und teilweise Neu stadt, nicht mitstimmen durften, so ist dem entgegenzuhalteu, datz man ein altes Unrecht nicht zur Rechtfertigung eines neuen heranziehen darf. Diese Restkreise hätten eben mitstimmen sollen. Dann war das Ergebnis der Abstimmung anders, ge rade so wie ohne polnischen Terror. Wert must von unserer Seite auf einzelne kranzösische Pressestimmen gelegt werde». Sowohl der „Malta" wie der „GauloiS" haben anSgcführt, die Bestimmungen des Artikels 88 erwiesen sich auf das Abstimmungsgebiet als »»anwendbar. Sehr gut. Gemeint war, dost eine Teilung nicht durchgeführt werden könne. Dieser etwas unbedachte Verirr,cuheitsseufzer aus der letzten Zeit der Pariser Tagung must festgehalten wer den. Er sagt die Wahrheit. Auch die Sachverständigenkommis sionen sind ja nicht zur Einigung gekommen. Auch aus ihrer vergeblichen Arbeit ergibt sich die Unteilbarkeit des Landes und darüber hinaus die ganze Unmöglichkeit des Friede »SvertrageS von Versailles. Wir sollten auch nicht unterlasse», darzulegen, das; dein Gehcimvertrage zwischen Frankreich und Polen im wesentlichen finanzielle und industrielle Absichten Frankreichs auf Lberickle- sien zugrunde lieaen. Wir wollen nicht auf den Ihweren In teressengegensatz Hinweisen, in dem England nud Frankreich bei Durchführung dieses Abkommens zu Frankreich geraten könne. Wir wollen inr sagen, das; ein armes gequältes Land im Wege, des S c l b st b c st i m m u u g s r e ch t e s seinen Willen nach ganz anderer Richtung bin kundgctan bat. Schließlich ist Ober- schlcsicn kein Schacherobjckt für französische Großindustrielle und Börseulcute. ES soll auch nicht ein Brandherd für Europa werden, der eS sicher würde, wenn cs im Vmkerbunbratr nach dem Willen der Franzosen und Polen zerrisse» würde. Die Verweisung an den Völkerbiindsrat legt "wn Hanpt- mächlcn abermals die moralische Verpflichtung caf, Lbcrschle- ften bis zu dessen und ihrer Entscheidung vor neuen Aufstände» und kriegerischen Wirren zu schützen. Dazu genügen bei gute,» Willen der Franzosen die vorhandenen Truppen. Kostspielige Verstärkungen sind nicht erforderlich. Die Zwischenzeit darf nicht dazu benutzt werden, Oberschlesien mit französischer Unter stützung polonisieren zu lassen. Im Volke selbst sind AnsglcichS- bestrebungen im Gange. Aber viele Deutsche flüchten leide» schon aus Furcht. Die Versöhnungsaktion wird nicht gefördert durch polnische Truppenansammlungen jenseits der Grenze. Als die Interalliierte Kommission Aniang 1929 in Oppeln einzog. verkündete sie dem oberschlesischen Volke eine Aera der »Freiheit und Gerechtigkeit". WaS ist daraus geworden! Heute richten sich die Blicke eine» gequälten und enttäuschten Volkes auf den Rat des Völkerbünde». Möge er der Welt den Frieden erhalten and Oberschlesteu wirklich Freiheit und Gerechtigkeit bringenl DaS Antwortschreibea JshNs an Briand Genf, 21. August. DaS Antwortschreiben, da» Vicomte Ishii am 19. ds. MtS. an den Ministerpräsidenten Briand ricküle. hat nochsiehcnden Wortlaut: Herr Präsident! Ich babe die Ebre, Ihnen den Eiiivianq Ihres Biieie« vom 12. August zu bestätigen, der mich davon in Kenntnis setzt, dast folgende Eiitsckiliebung vom Obersten Rat a» genommen worden ist (folgt die Entsckließunp). Obschon es mir noch n'cht möglich gewesen ist, meine Kolleaen vom Rat über die Frage zu befragen, ob sie bereit wären, die in dieser Resolution enlhaktene Einladung anzunehmen, habe ich die feste Ueberzeiigung. daß sie sich im Einklang mit dem Wortlaut und dem Geist de» Völkerbund«Paktes bereit erklären werden, diese Ausgabe zu Über nehmen. Tiele^Ikberzeuguiig wird noch verstärkt durch die Tat sache, das; der Oberste Rat sein« Absicht bekräftigt hat, alle» zu >»», WaS in seiner Macht ist, damit in Oberschlesteu keine Unruhe enlsteht und die Beratungen de» Völkerbnndsrates hindert- Aus der Diskussion, die dieserbalb vor dem Obersten Rat stattgclunden hat. habe ich ersehen, dah diese Angelegenheit der Prüfung des VölkerbundsratcS ohne Vorbehalt und ohne Ein schränkung überaeben worden ist, und dah der VölkerbunoSrat in folgedessen alle Freiheit hat, die Angelegenheit zu behandeln, wie er eS für am wirksamsten halten wird. Ich bin sicher, daß während der Beratungen des Völkerbnndsrates alle im Obersten Rat ver tretenen Regierungen von jedem Akt Abstand nehmen werden, der diese Freiheit beschränken oder einer unparteiischen Prmung dieser Angelegenheit durch den Völkerbundsrat schaden könnte. Unter dieser Voraussetzung hoffe ich fest, daß der Völkerbundsrat nicht nur die in der Enischließnng de» Obersten Rates enthaltene Einladung an- nehmen wird, sondern dah er auch in kurzer Frist eine Empfehlung, die von allen Mitgliedern des Rates einstimmig angenommen worden ist, wird vorlegen töiine». Der letzte Absatz der Entschließung dcS Obersten Rates bittet den Völkerbiindsrat, die Angelegenheit mit großer Eile zu behandeln. Ich habe infolgedessen den VölkeibundSrai z» einer außer ordentlichen Sitzung auf den 29. August nach Gent be rufen. Die Worte der Entschließung kündigien an, daß meine Kollegen vom Völkcrbundsrat' und ich selber vom Obersten Rat ein Schriftstück bezüglich der Schwierigkeiten erhalten würden, die die Ziehung der Grenzlinie in Obrrschlesien entstehen ließ. Ich brauche wohl nicht zu betonen, daß wir glücklich wären, diese» Schriftstück und eventuell eine geschichtliche Darlegung in einer möglichst kurzen Frist noch vor dem 29. Anglist zu bekommen. Die Tagung des VötterLundsrates Paris, 21. August. Wie nun endgültig feststeht, wird die erst« Tagung des Völkerbundsrates nur drei Tage dauern und am 1. September vorläufig abgebrochen werden. In dieser Tagung wird keine Entscheidung fallen, sonder» man wird sich be mühen, die Schwierigkeiten formaler Art, die sich ergeben haben, a»S dem Wege zu räumen. Der Völkerbiindsrat wird sich schlüssig werden müssen über folgende Punkte: 1. Die Bestimmung eine« Referenten. Die Beirauung de» spanischen Delegierten Oninone de Leon ist noch keine feststehende Tatsache, sondern nur ein Vorschlag des Grafen Ishii. 2. Der AbstimmungSmodil«. Einstimmige oder Majoritäts- abstinnnung. Die sranzösische Auffassung, die das Vetorecht eines einzelnen VölkerbundsratsmitgliedeS gelten lassen will, dürste eifrig bestritten weiden- 3. Die Foimaliläten der Einladung der Deutschen unter An hörung der Polen. Ter Völkerbundsrat wird sich dann etwa Milte September neuerdings versammeln und zunächst andere Angelegen- heilen, wie die Danzigcr Frage behandeln. Die Entscheidung über Obrrschlesien dürste erst in einer dritten Tagung gefällt werden, di« für den Anfang Oktober in Aussicht genommen worden ist. Paris, 21. August. Der Genfer Korrespondent des »Journal" Latte eine Unterndnng mit einer maßgebenden Persönlichkeit des Völkerbnndsrates. welche ihm über doS Vorgehen des Völkerbm.dcS in der oberschlesische» Frage folgendes mtlteiltc: .Ich glaube an sie Notwendigkeit einer eingehend!» Untersuchung, die weiter reichen muh als die» welche dem Obersten Rate vorlag." Die Uebertragung d<» Falles au ein Schiedsgericht hält der Gewährsmann des »Journal" sür unmöglich. Die Entscheidungen des VölkerdundsrateS müsse» mit », ,»> >, I > ..-«Mi Dieuölag den 23. August 1921 hat er nicht besessen. Nun ist er den beiden anderen Führern des Zentrums, Trimborn und Hitze, in die Einigkeit nachgesolgt. Gott möge ihm den Lohn für seine Arbeit an Vaterland, Volk und Familie schenken. . Die sterblichen Ueberreste des Abgeordneten Burlage find am Sonnabend abend in aller Stille von Berlin nach Leipzig über führt worden. Die Beerdigung findet am Mittwoch, den '24. August nachmittags 3 Uhr in Leipzig, Südsriedhof, statt. Die Nachfolger Trimborns und Burlaqes Berlin, 21. August. Nach den Wahlvorschlagslisten treten in den Reichstag für Abgeordneten Trimborn LandtagSabgeord- neter Esser (Euskirchen) und für Abgeordneten Burlag« Ar beitersekretär Hagemann (Osnabrück). — Der Parteivorstand fetzt sich zurzeit zusammen aus Präsident Dr. Porsch, Frau Hedwig Dransfeld und Ministerpräsident Stegerwalo. Völkerbundsrat und Rechtslage Vo» Tr. Herschel, M. d. R. Die Ueberweisung der oberschlesischen Frage vom Obersten Rate der Hauptniächtc an den Völkerbundsrat darf nicht nur als Verlegenst iiSzug auf dem diplomatischen Schachbretts ge wertet werden. Sie war das Mittel zur Ausrechterhaltung der Entente. Sie ermöglichte Briand daö Verbleiben im Amte. Sie gab Lloyd George daS Mittel, sich Frankreich durch Vermeidung eines Verlustes an Prestige zu verpflichte». Sie bewahrte Italien vor der Notwendigkeit unmittelbarer Wahl zwischen England und Frankreich Für Deutsche wäre es ganz verfehlt, vo» dessen Niederlage u reden. Man überlasse das lieber englischen Blättern. Wo in es führt, zeigt die Aeußernng des italienischen Premiers Boiiomi, welcher sich sofort beeilte, Frankreich seine Un parteilichkeit zu versichern, trotzdem Italien zweifellos England zuneigt. Uns ziemt besser eine klare Erkenntnis der nun geschaffe nen politischen, vor allem aber der Rechtslage. Von ihr aus müssen wir unsere Taktik einrichtcn, die auf Erhaltung des ungeteilten Oberschlesiens beim Reiche abzielt. Die Ueberweisung der Frage an den Völkerbundsrat ivar zweifellos zulässig. Es kann nach Artikel 12 an sich ein Schieds gericht oder ein Gutachten in Frage kommen. Wir meinen, eigentlich »nr das letztere, denn der Spruch eines Schiedsgerich tes würde die Entscheidung bedeute». Diese liegt aber nach Ar tikel 88 Z 0 beim Obersten Rate. Ohne Deutschlands und Polens Zustimmung kann diese Bestimmung durch die Hauptmächte, nicht geändert werde». Pole» wird seine Zustimmung dazu kaum geben. Ein Schiedsrichter spruch kann nur in sofern erzielt werden, als die Hauptmächte von vornherein er kläre», sich nach der Ansicht des Völkerbnndsrates richten zu wollen. Dem „TempS" zufolge soll das geschehen sein. Tie Ueberweisung bedeutet, das; jetzt mehr rechtliche Gesichtspunkte und nicht nur machtpolitische Erwägungen in Frage kommen dürsten. In Paris war die weltpolitische Bindung der Hauptmächte für ihr Verhüten maßgebend. Für die Gutachter oder Schiedsrichter in Gens müssen der Friedens- Vertrag, daS Abstimmungsergebnis und die Interessen Ober- schkesiens im Vordergründe stehen. Der neue Areopag ist nach den Worten vo» Lloyd George im Unterhause völlig frei gegenüber den bisherigen Anreqiiiioeii und Vorschläge» der Hauptmächte und der Sachver ständigenkommissionen. Eigentlich war das selbstverständlich. ES ist aber doch wichtig, das; der englische Premier es noch ausdrück lich unterstrich. .Mithin wird auch uns Gelegenheit gegeben werden, noch einmal unseren Standpunkt, unser gutes Recht auf Oberschlesteu darzulegen. Denn es ist selbstverständlich, daß vor einem Schiedsgerichte oder einer ähnlichen Einrichtung beide Slreitteile rechtliches Gehör finden müssen. Daß wir nicht wie Polen Mitglied des Völkerbundes sind, macht keinen Uulerschied. Nach Artikel 8 der Völkcrbuiidssatzung haben wir Anspruch auf die Ciulädung eines Vertreters, weil „eine unsere Juteresie» besonders berührende Frage auf der Tagesord nung steht". Dieser selbst kann nur iuuerhalb deS Rahmens des Frie- deuSvcriraaeS seinen Spruch oder seinen Vorschlag abgcben. Mithin ist er an de» Artikel 88 daselbst gebunden. Infolgedessen wird er den formellen Fehler nicht übersehen dürfen, an dem daS bisherige Verfahren des Obersten Rates krankte, nämlicb den Mangel eines einheitlichen Berichtes der Interalliierten Kommission über den „.Hergang der Abstim mung" und den eines einheitlichen Vorschlages der neuen Grenz ziehung. Wird dieser Fehler nicht befestigt, so bleibt der end- lült'gc Svrnch des Obersten RaleS, der dein nun zu erwarten den Anträge folgen muß, in seiner Nechrögültigkeit zweifelhaft. Tie materielle Bedeutung dieses Mangels liegt darin, daß auch vor dem Völkerbnndsrate der vorbereitende Ter ror der Polen und sein Einfluß auf die Abstimmung vom 26. Mai 1921 eingehend erörtert werden muß. Die hierdurch verlorenen Stimmen müssen uns bei einer gerechten Entschei- Sächsische VolkSzeitung — Nr. 193 — 23. August 1921 Aschenbrödel Originalroman von Erich Ebenstein s Copyright 19l9 by Greiner u. Comp-, Berlin W. 30. (Nachdruck verboten) (23. Fortsetzung.) Zn seiner Ueberraschung war aber seine Frau diesmal anderer Achinung. Zwar empfing sie Brigitte sehr freundlich, ließ gleich eins der Gastzimmer für sie instand setzen und sorgte nach allen Nichtniigcn sür ihre Beguemlichkest, dann aber suchte sie ihre» Gemahl in seinem Zimmer auf und sagte mit krauser Miene: „Ta hast du uns was Schönes eingebrockt, lieber Hans, und daS Herz ist dir wieder cvnmal »e^-dem Verstand durch- gegangenl" ^ „Nanu?" Der alte Herr starrte sie an. „WaS meinst du de»» eigentlich, Muttchen? Hast du denn das Mädel nicht auch gleich lieb gehabt damals, als du ihr den falsch applizierten Kuh gabst?" „Gewiß. Aber daS berechtigt uns nicht, sie jetzt wie eine HanSgenosstn bei »ns anfzuiiehmcii. Wir haben doch ElertS wegen Rücksichten auf Oppachs z» nehmen. . ." „Wir? Gegen die? Na, höre mal, Pauline, wieso denn? Die Leute gehen uns doch nichts mehr an!" „Entschuldige — ElertS Verlobung ist doch formell nicht gelöst — besteht also noch!" „Oho, für mich besteht sie durchaus nicht mehr, Gott sei Dank! Und wenn du vielleicht im Stillen noch immer die Hoffnung hegst, daß sich da »och jemals was zusammenleimt, so sage ich dir mir, Pauline: Ich begreife dich nicht! Es wäre ja dock) bloß des Jungen Unglück, wenn er die kalte hochmütige Prinzessin bekäine. Du selbst hast das zurrst mit ganz richtigem Mutter!,istinkt hcrauögefühlt, damals, an jenem famosen Ver- lobungSabcnd bei Oppachs. Also müßte dein Herz jetzt froh locken, wie das meine, daß auö der ganzen Geschichte nichts gr- worden iit. Statt dessen redest du nun von „Rücksichten neh men" und »och bestehender Verlobung." „Ereifere dich nickst so, lieber HnnS," unterbrach ihn die Dame ruhig. „Die Sache liegt ganz einfach so: Elcrt leidet un ter dem Bruch, liebt Isolde wabrscheinlich noch immer und war tet insgeheim sehnlich ans ein gutes Wort von ihr. Diese» Tat sachen müssen wir nnö beugen und die Gefühle unserer Herzen kommen dagegen nicht in Betracht. Mindestens darf von unse rer Seite durchaus nichts geschehen. was eine A> sföbining er- schweren würde, und das wäre doch bestimmt der Fall, wenn wir Brigitte Eckardt, die im Unfriede» von ihren Verwandten geschieden ist, nun mit offenen Armen bei uns aufnehmen wollten." „Hm — dann sage mir nur auch gefälligst, was nun ge schehe» soll?" brummte Herr von Degen ärgerlich. „Ich konnte das arme Ding doch nicht auf der Straße liegen lassen, wo sie, wie mir der Arzt sagte, a»Z Hunger und Erschöpfung zusam- mengcbrochen ist!" „Das koniiiest d» natürlich nicht. Sie tut mir ja auch schrecklich leid . . . aber wir müssen nun eben trachten, sie bald wieder los zu-werden . . . selbstverständlich erst, wen» sie sich ein wenig erholt hat und ohne sie irgendwie zu verletzen." „Bin nur neugierig, wie du das anstellen wirst?!" «Sagtest du nicht, sie suche eine Stellung?" „O ja. Zuletzt wollte sie Krankenschwester im Spital der Barmherzigen Schwestern werde». Wenn du das Herz hast, sie dorthin gehen zu lassen, so kann das freilich jede Stunde ge schehen!" „Nein. Du weißt ganz gut, daß ich das nicht zuwege brächte, abgesehen davon, das; sie einem so schweren Dienst gar nicht gewachsen wäre. Wir müssen eben etwas anderes sinden!" „Bitte, dann finde es nur! Ich bin mit meine», Latein zu Ende!" Herr vo» Degen schob die Hände in die Rocktaschen und stapfte ärgerlich im Gemach auf und ab. Frau von Degen dachte nach. Plötzlich sagte sie aufatmend: „Ich Habs! Etwas besiereS gibt es ja gar nicht. Sic muß nach Osterloh zu Graf Rons- pergl Damit ist beiden geholfen. Er hat ein junges Wesen um sich, das ihn betreut und im Haushalt ein wenig nach dem Rech ten sieht, und sie hat, was sie sucht: Frieden, Selbständigkeit und TätigkM. Habe ich nicht recht?" - Herr von Degen sah seine Gattin verblüfft an. „DaS wäre eine Idee! . . . Natürlich hast du immer recht, Mntteri Nur ... ob das arme, junge Ding sich auch wohl fühlt bei dem griesgrämige» Qucrkopf. . .?" „Ach, er ist ja gar nicht so schlimm, wie er sich gibt. Man muß ibn nur zu nehmen wissen. Probieren kann man es ja jedenfalls. Geht eS nicht, finde ich inzwischen schon anderswo etwas für das arme Kind." „Wird NonSperq selbst aber wollen? D» weiht, er mag keine fremden Mensebcn um sieb." „Ick, will eS sofort versuchen." „Jetzt? Heute abend noch?" „Ja." Graf Rm-ll'erg balle bei aller Schroffheit nnd Verbitte rung seines Wesin? eine liefe Zuneigung zn seiner gütigen Nachbarin gefaßt, die sich so selbstlos bemühte, einen Schimmer von Behage» und Wohnlichkeit in sein ungemütliches Heim zu bringe». Leider scheiterten ihre guten Absichten vielfach »ichr nur am Mangel eines geschulten Personals, sonder» auch an seiner eigene» Gleichgültigkeit. Er fühlte sich krank und lebens müde. Irgend ein schwerer Kummer bedrückte ihn, das halt« Frau von Degen längst bemerkt, wenn er auch nie direkt dar über sprach. Und sie bemühte sich, mit linder Hand die geheime Wunde zu schonen, wenn eS ihr zuweilen gelang, ein Lächeln auf seine verwitterten strengen Züge, einen weicheren Schimmel; in seinen für gewöhnlich harten Blick zu locken. Seit Frau Baumann erkrankt war nnd Albert, der Kam merdiener, seine» Herrn allein betreuen mußte, empfand Nons- pcrg die Fürsorge der gütigen Nachbarin doppelt dankbar. 2>« brachte ihm immer eine kleine Aufmerksamkeit mit, wen» sie kam, laS ihm zuweilen ein Stündchen vor oder plauderie mit ihm. „Es ist immer wie ein Sonnenstrahl, der in dies düster« Gemäuer fällt, wenn Sie kommen I" sagte RonSperg auch heute, nachdem sic einander begrüßt hatten. Er saß im Rollstuhl am Kamin des großen Eßzimmers, das hoch und düster wie alle Räume von Osterloh in seiner verblichenen Pracht einen frosti gen Eindruck machte. Die alte Dame lächelte, schob mit der Feuerzange die Buchenklötze im Kamin etwas zusammen, daß die Flammen Heller aufflackerten und sagte schelmisch: „Ach, Ne dürfen mich nicht eitel machen, lieber Graf! Aber heute komme ich wirklich mit einem ganzen Sack voll Sonnenstrahlen, und es liegt »ne an Ihnen, daß wir sie loslassen über ganz Osterloh!" Auf sei nen fragenden Blick begann sie sogleich eifrig ihren Plan aus» kinanderzusehen. «Das junge Mädchen ist eine Waise und außer gewöhnlich sympathisch. Sie würden aufleben neben ihr. Und denken Sie nur, wie rasch Ihnen die Zeit verginge, wenn ein warmherziges, junges Menschenkind beständig um Sie wäre, Ihnen vorläse, mit Ihnen Schach spielte oder plauderte!" „Sie würde zugrunde gehen neben nie: ' warf er kopfschüt telnd ein. denn der Gedanke, durch ein fremdes Wesen bestäntvß geniert zu sein, war ihm durchaus unsympathisch. „DaS glaube ich nicht. Sie fühlt sich sehr vereinsamt im Leben — was zwischen Ihnen beiden schon ein Band bilden würde — und wäre dankbar, wenn sie ein Heim fände. Ich bin überzeugt, sie würde ausgezeichnet bierher paffen. Außerdem wird der Baumann ihr Rheumatismus so bald nicht gut werdem Sie haben ja keinen Menschen, der fähig wäre, Ihnen Ihrch Einsamkeit auch nur halbwegs erträglich zu machen." (Fortsetzung folgt.)
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