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Nr. SA HA. Iahrg. Mittwoch, bea 12. März ittlS «' . abends Sächsische «ezuaSvret«, AuSaabe X mit Illullr. Beilage vtertellührNch ».88^«. In Dresden und ganz Deullch. land frei HauS !t.!t» m Oesterreich «.4« X. rluSnabe s MerlestShrttch ».88 >«. In Dresden und ganz Deulichland frei Haus in Oenerreich 8.8U X. Linzel-Summier lv z. Di« küchflsche «oilSzetrung erscheint an allen Wochentagen nai O- >a,nftStzsNe ur»v viedatleMr» e, Ui < 'i. > i, ^' l'xinstr-,»» » Ae?;'!>'! LI 8Üt» t.» LechHg At». L4WI - —»W — t lUt » -.«l- ^ t t Uki r»»nu 'i.. L5 «< »t». 2«, z 1 ...» »»ch ^err». 4 - , -- :r Ne i '> .'«i ün r»' "!'!it 1 der-! ^'2r^!m.iiikc d.r !li» ^ »ftimi 11 —i'L Nkr r-'nnl. Einzige kacholische Tageszeitung m GuMert. Organ -er ZentruMsoarier Ausgabe ^ mit illustrierter NmerhaltuugsdeUage uud reug WocheubeUag» Ausgabe b nur mu ber WochenbeUagL Das interuaiionale chrifttiche Arbeiter Programm. Für die Tage vom »8. bis 21. März d. Is. ist nach Lnze:,r ein Internationaler christliche r 1>I r - v e i t c r k o n g r e ß einberufcn, der zu den Fragen des In ternationalen Arbeiterschntzes, die ini Weltfriedensvertrag eine Nolle spielen sollen, Stellung zu nebmen berufen ist. Das Schweizer Organisationskomitee versendet ein grund sätzliches Programm, das als Antrag an den Kon greß kommt und eine Entschließung, betreffend die Regelung des Arbeiterrechtes. Das erstere besagt über die politischen (Grundsätze: 1. Die bom ertremen Sozialismus (Bolschelvismus) vrotloinierte Diktatur des Proletariates ist ge nau so Vernunft- und rechtswidrig, wie die ausschließliche Herrschaft des Kapitals oder bevorrechteter Stände, lieber- stäupt in jede ausschließliche Herrschaft einer einzelne» gesellschaftlichen Klasse z n r ü ckz » weise n. 2. Die für die Zukunft in allen Ländern anznstrebcnde Rcgicinngsform ist die Ausübung der öffentlichen Gewalt durch die gesellschaftlichen Stände. Jeder gc- elljchaftliche Stand soll in der Staatsregiernng- im Ver- biitnis zu seiner sozialen und kulturellen Bedeutung ver- t! eien sein. t ' 3. Der Tendenz zur absolutistischen oder imperialisti schen Alleinherrschaft der zentralen Staatsgewalt ist ent gegenzuwirten durch das föderative P r i n z i p. * So wohl die städtischen wie die ländlichen Gemeinwesen, dazu stie beruflichen Organisationen, sowie die provinzialen oder einzelstaatlichen historischen Gebilde sollen im Rahmen des Gesamtstaates ihr angestammtes Eigenleben mit entsprecl-cn- den, unantastbaren Sonderrechten bewahren. 4. Die D e m o k r a t i e oder Volksherrschaft im wahren Sinne besteht keineswegs in der Diktatur des Proletariats, sondern i n d c r T e i l n a h m e a l I e r V o l k s g e n o s s e n und Volksstände an der Staatsregiernng und den Kultur werten der Gegenwart. A 2ll-: Weg zur Verwirklichung der Demokratie im ge nannten Sinuc ist e i n W abls v st c m zu schaffen, welches nwem der gesellschaftlichen Volksstände die ihm gebührende Vertretung in der Negierung und Verwaltung des Gesamt- skaates, i'owie der kleineren politischen und wirtschaftlichen Gruppierungen sichert." TKs „Soziale Progra m m " stellt an die Spitz: der Prinzipien: „Zur Beseitigung der sozialen Hebel der Gegenwart und zum Wiederaufbau der Gesellschaft auf fester Grundlage sollen die drei große» gesellschaftlichen Gewalten baniwnnch znsa»imenwirken: Kirche, Staat und Arbeits gemeinschaft." Als Arbeitsgemeinschaft versteht der Antrag „die Organisationen der Arbeiter einerseits, der Arbeitgeber andererseits, die gemeinschaftlich dafür zu sorgen baben, daß die staatlichen und religiösen Reformpostulat: zweckmäßig und konsequent verwirklich werden, und daß die Arbeiter auch persönlich zur Verbesserung ihrer Lage euer- gisch Mitwirken. 1. Organi'ation der Arbeit in Arbeiter- und Artzeiterinncnvcreinen niit den allgemeinen Zwecken: Förderung der Religion und guten Sitte: allgemeine und berufliche Bildung: wirtschaftliche Hilfe durch Anleitung zur Sparsamkeit, Häuslichkeit und zu den wichtigsten sozialen Timmd-m. 2. B e rn f s ve r b ä n d e der Arbeiter — die Gcwerkschasten, deren Zweck der Zusammenschluß der Ar- beiter eines und desselben Gewerbes zur Wahrung ihrer bernslickien Interessen, "insbesondere zur Erringung eines größeren Einflusses auf die Gestaltung und Sicherung des Aibeilsvertrages ist. 3. Produktions- » n d Kon sum r i o n s g o n o sstc n s ch a f t e n , als vollkommenste Forin der Arbeitsgemeinschaft. Der internationalen Organisation der revolutionären Gruppen stellt der Kongreß die internationale Ver einigung derjenigen Organisationen entgegen, die den Schutz und die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen und der fittlicixm und knltiirellen Rechte der Gesellschaft und die zur Erreichung dieser Zweck erforderlichen Reformen an streben. ans dem Boden des Natur recht es und der dnnch die Geschichte und Herkommen sanktionierten poli- tischen und religiösen Institutionen. Die Entschließung zur Regelung des internationalen Arbeiterrechtes beantragt die allgemeine Garantie der Ke Ki'tionSfrcibeit des Arbeiters und die Gleichstellung des ausländischen Arbeiters hierin, die gemeinsame Einfüh- rnng der Sozialversicherung, gemeinsames Verbot der Kin- dcrarbeit und der Nachtarbeit für Jugendliche, sowie die Einführung der wöchentliche Ruhepause von anderthalb Tagen. In bezug ans die Stellung des Arbeiters zum Unternehmen bier offenbart sich der Gegensatz zn den: S o z i a t i s i e r nn g s p r o g r a in in der Sozial- r e m o k rati e -- sagt die Entschließung: In allen Otaatc» sind Lohnämtcr ein:»richten und inii der Befugnis ansznrüstcn, ans Beschwerden der Arbeiter schaft verbindliche Lobnminima seslznseben. Den A t t i e n - r, c s e l l s ch a s t e n und den ans gesellschaftlicher oder ge nossenschaftlicher Grundlage kapitalistisch organisierten Er- werbsgesettichasten, sowie den staatlichen, kommu nalen, auf Erwerb gerichteten Betrieben ist die Verpflich tung anfznerlegen, der Gemeinschaft ihr« Angestellten und Arbeiter außer dein ordentlichen Lob» einen zur Erricli tnii'g eigener Wohnstätten und Pilanzgärten und sonstiger gemeinschaftlicher sozialer Einrichtungen dienenden A »teil a m G e s ch äftsge w i n n 'znznweiien. Tie Staaten werden zur Verhütung kollektiver Dtrei tigteitcn zwischen Arbeitgebern und Arbeitern das Zustande kommen vo» Tarifverträgen ans gewerkschaftlicher Grund lage, die Gründung vo» Bernfsgenossenschaften und die Ein richtung vo» paritätisch tonstitnrerten Einignngs- und Schiedsäintern zur Schlichtung, eventuell schiedsrichterlicben Entscheidung kollektiver Streitigkeiten fördern." Religion und Republik. S t i in m n n g s b i l d a u s der 4t a t i o n a l v e r - s a in m l n n g von unserem Weimarer parlamentarischen Vertreter. Eine R e t i g r o n s d e b a t t e entwickelte sich in der Dienstagsitzung der deutschen Nationalversammlung im An schluß an eine von dem deiitschnationalen Abg. Pastor und Lic. M u in in eingebrachte Interpellation an die Negierung , über Eingriffe der NevolntionSbehörden in die Rechte von Kirche und Schule. Die Rcgiernngsbänke sind zu Beginn der Sitzung völlig leer. -Rach Erledigung einiger kleiner R»fragen erhält sofort der Interpellant das Wort. Er be dauert die Abwesenheit der Regiernngsvertreter, und daraus entwickelt sich eine Gcschästsoidnnngsdebatte. Man unter, hält sich dabei über die Frage, ob man trotz der Abwesenheit der Negierung weiter verhandeln solle oder nicht. Erst die Erklärung des Kotonialministers Bell, daß eine Erklä rung vom Negiernngstische erfolgen werde, beschwichtigt die hochgchenden Wogen der Erregung. Der Abg. Mumm fesselt mit seiner Rede das ganze Hans. Er hält allerdings mir seiner Polemik gegen die Religionsfeindlichkcit der Sozial demokratie die Abgeordneten der Linken in fortgesetzter Be wegung. Seine Brandmarkiing des Geistes der preußischen Regierung, welche einen Adolf Hossinaim an die Spitze dcs Kultlisiiiinisteriiims setzte und damit das ganze gläubige Volk beleidigte, findet lebhafte Zustimmung bei der Mehr heit. Mumm greift als verantwortlich hierfür die Regie rung Ebert-Scheideiiiann heftig an. Während dieser Ans- -führungen erscheint Scheideinann, der zunächst ganz über rascht ist. Er sammelt seine Mitarbeiter um sich und berät längere Zeit mit ihnen, dann verläßt er den Saal wieder. Ter Interpellant bringt Schilderung über Eingriffe, vo» Revoliltionsbehörden namentlich in Hamburg und Brann- schweig, welche die trübsten Bilder der französischen Nevo lution hinter sich lassen. Tie sozialdemokratischen Abgeord neten ergehen sich in fortgesetzten Zwischenrufen, die be weisen, wie peinlich sie diele Angriffe und Feststellungen empfinden. Namentlich tun sich bei diesen Ritten und Unter brechungen die weiblichen Abgeordneten auf den iozialdemo- kla'.ischcn Bänken hervor, die von ihren männlichen Kollege» vergeblich zn beschwichtigen versucht werden. Fehrenbach bittet wiederholt die Linke, die Zwischenrufe zn unterlassen, da sie nicht dem Ernste der Sache entsprechen. Schließlich rnst ein sozialdemokratischer Abgeordneter: „Was ist denn Religion? Sagen Sic uns das doch einmalI" Mumm be zeichnet die Beziehungen zum lebendigen Gott als Religion, was spöttische Bemerkungen links erweckt. Als Mumm fest- stcllt, daß die Sozialdemokraten gemäß dem Erfurter Pro gramm die Kinder in religionslose Schulen zwingen wollen und als links daraufhin: Sehr richtig! gerufen wird, nagelt Mumm dies unter Entrüstungskundgebiingen des Hanfes fest, auch die Mehrhciissozialisten Protestieren zum großen Teile erregt. Inzwischen gibt's iw Saale eine heitere Szene. Ein Abgeordneter ist dnrchgcbrochen: das ist nun zwar nickst das erstemal der Fall, aber es gibt jedenfalls immer eine ulkige Abwechslung. Die deutsche Nationalversammlung bat eben so gewichtige Persönlichkeiten, daß die für zarte ästhetische Theaterbesucher geschaffenen Parkettsitze sich als nicht ge nügend widerstandsfähig erwcisen. Es tostet schon einig«' Müde, um den betreffenden Deputierten aus seiner „Zwangs-, tage" zu befreie». Ter Neichsmiiiistee Bell beantwortet die Interpellation mit einer Erklärung der Regierung. Zunächst wird d'e Ab- wcsenbeit des zuständigen Ministers des Innern m t den unleidlichen Reiieichwierigteiten entschuldigt, da dringend-? Amtsgeschäfte den Minister in Berlin festgelialtcn bätten. Zur Sache selbst wird bemerkt, daß die Angelcgeiilwnt nützt zur Ziiständiotctzt des Reiches gehört und daß gegen Ein griffe in den Einzelstaaten das Reich von sich ans nichts ansrichten könne. Nachdem der Abg. S ch ulk- Bromberg die Besprechung der Interpellation beantragt hat, erbält der Mchrlieitssozia- list H c l l m a n n das Mort. Als Poltsschiillelircr und noch dazu ans Hamburg erscheint er seiner Fraktion wohl geeig net als Diskussionsredner. Er kann aber nicht fesseln, ev bringt nur stoß- »nd stückweise die Worte hervor, er sucht nach dem Ausdruck und er vergreist sich auch oft dabei. Tie- Schwächen seiner Rede werden von der Rechten scharf unter strichen. Im Lause der über eine Stunde dauernden Rede lehrt sich der Saal beträchtlich. Hellmann schiebt unter er regtem Widerspruch der Rechten gerade der evangelisch- lntberischen Kirche die Schuld an der feindseligen Haltung großer Volksteile gegenüber der Kirche zu. Diese Kirche hatte bätte sich selbst aufs äußerste kompromittiert. Fehrenbach schreitet energisch gegen diese Ausführungen ein und er setzt sich zur Wehr gegen die scbon wieder beginnende llserlosigkeik der Debatte. Dee Präsident sieht sich mehrfach gezwungen, nach diesen Gesichtspunkten gegen Hellmann vorzugehen. Als der letztere von der versimpelten Kirche spricht, braust eiw Entrüstiingdstnrm durch das 'Haus, Pfnienfe schallen ik»nr entgegen und Jchrenbach ruft ihn zur Ordnung. Aus dem Stenogramm ergibt sich später, daß er von der versinkenden Kirche aesprock'eii bat, weshalb der Ordnungsruf znrück- genommen wird. So sprudelt Heümanns Rede weiter, ob wohl nach Verlauf einer Stunde Fehrenbach ihn darauf aufmerksam macht, daß mit den weitschweifigen Ausfüh rungen nur Zeit verloren »nd nichts gewonnen wird. Hell mann fordert zum Schlüsse unbedingte Trennung von Staat und Kirche. Nach ihm kommt als Redner des Zentrums der Uni- sit itsprcstessor P r ä l a t M a u s b a ch ans Münster znnr Wor» Die oiatorisciien Feinheiten seiner Ausführungen fesseln das ganze Hans. Er teilt den Standpunkt der Inter pellanten in alle:» Wesentlichen. Eine Schulpolitik nach L-em Muster Adolf Hoffinanns würde Millionen von Bürgern in ihren heiligsten Gefühlen verletzen. Religion sei nicht nur P r iv atsache, sondern auch eine w i ch t i g c 'Ange legenheit des öffentlichen Lebens. Mansbach weist darauf hin, daß andere Länder, namentlich England, es viel besser verstünden, die religiösen Interessen ihrer Völker wahrzunebmcn. Besonders beinerkenswcist sei, daß England, Frankreich und Japan jetzt eine Vertretung ibrer Li »der beim Vatikan in Nom »nterbalten. Mausbach tritt für fieien Wettbewerb in allen erzieherischen und reli giösen Angelegenheiten ein. In der Nachmittagssihnng- wird die Debatte fortgesetzt, man hat das Gefühl, daß sich in diesen knltiirellen Fragen trotz allem viel stärkere Gegen sätze geltend machen, als in allgemein wirtscl-aftliche» und politischen Dingen. Und man hat lveiter den Eindruck, daß an diesen Knlti.rfragen und den Meiniingspeischiedenheiten ihrer Lösung mühsam eingeleitetc politisckze G<> inümchafts- arbeit wieder zerschlagen werden kann. Tie Tinge, die sich nach dieser Rickstima bin in Preußen vor- bereiten, sind von allergrößt e m E r n st c. Wahrschein lich wird es dort gerade infolae der Haltung der Sozialdemo kraten in allaemeinen Schul- und religiöse» Fraacn zu einwn völlig einseitig zusammengesetzten Ministerium kommen, da das Zentrum zur Mitarbeit unter den obwaltenden Um- stände» sich n i cb t bereitiinden läßt. Das aber würde wiedriim nickst obne cinickmeidende Politische Rückwirkungen ans die Verhältnisse ini Reiche sein können. Verwaltunassraaei, in der sächsischen Volkskammer Dresden, 1l. März. Ans der Tagesordnung der heutigen U>. Sitzung der 'ächstschen Volkskammer standen zwei Anträge der Mehr- heitssozicckisten, vertreten dmch den Abg. Arzt, betreffend die N e n g e st a l t ii n g der Kreis- und Bezirks- v eiwaIt » nric n n v d Vertretungen ans demokra tischer Grundlage und die Zusammensetzung der Gemeinde- v'.stret»ngen »nd der Ratskollegien, sowie ein Antrag der