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Aie Wonarchenöegegnung in Weapet und die Winisterzufammenkunst in Aövazia. Der Mittelmeerfahrt des Deutschen Kaisers lag von Haus auS gewiß kein politischer Zweck zugrunde, und doch hat sie durch die Begegnung des Kaisers mit dem König von Italien und namentlich durch die bei dieser Gelegenheit ausgetauschten Toaste das solidarische Verhältnis der Drei bundstaaten zu einander wie durch einen lichtkräftigen Scheinwerfer derart hell beleuchtet, daß dadurch der ganz anderen Zwecken dienenden Reise doch auch ein entschieden Politischer Stempel aufgedrückt wurde. Und das umsomehr, als man in Italien den nahe bevorstehenden Besuch des Präsidenten der französischen Republik erwartet, den man in der französischen und nicht weniger auch in der englischen Presse gar zu gerne als Demonstrationsobjekt benutzt hätte, um auf das angebliche innere Absterben und die Hinfälligkeit des Dreibundes hinzuweisen. Fast könnte man meinen, Kaiser Wilhelm und König Viktor Emanuel hätten in über einstimmender Absicht gehandelt, als sie schon in den vor der Begegnung ausgetauschten Begrüßungstelegrammen sich nicht nur als Freunde, sondern auch als „treue Bundes genossen" bezeichneten und dieses politische Verhältnis in den nachfolgenden Trinksprüchen mit einer Ausführlichkeit und Geflissentlichkeit betonten, die angesichts des privaten Charakters der ganzen Entrevue unbedingt auffallen mußte. Und man wird in der Tat nicht fehlgehen, wenn man anninnnt, daß die beiden befreundeten und verbündeten Monarchen Wert darauf legten, gerade in dem gegenwärtigen Augenblick durch die ganze Art ihrer Begegnung allen jenen Gerüchten den Boden zu entziehen, welche den Dreibund als nur noch dem Namen nach fortbestehend hinzustellen sich be mühen. Sehr zu bemerken ist es auch, daß Kaiser Wil helm am 7. April bei der Frühstückstafcl an Bord der „Hohenzollern" mit dem Präfekten von Palermo ans das Wohl des Ministerpräsidenten Giolitti anstieß, von diesen: in schmeichelhaften Ausdrücken sprach und die Hoffnung äußerte, daß Giolitti zum Wöhle Italiens noch lange an: Ruder bleiben möge; den: Ersuchen des Kaisers, den: in Cavour weilenden Ministerpräsidenten seine Grüße zu über mitteln, ist der Präfekt sofort nachgekonnnen. Die in dieser Form etwas ungewöhnliche Ehrung Giolittis wird erst in das rechte Licht gerückt, wenn man sich daran er innert, daß der gegenwärtige italienische Ministerpräsident von jeher ein überzeugter Anhänger und Verteidiger der Dreibundpolitik, außerdem aber auch der bevorzugte Ver trauensmann seines Königs ist. Als eine Ergänzung der Monarchenbegegnung in Ne- apel nun konnte man die soeben ii: Abbazia stattgefundene Zusammenkunft der verantwortlichen Leiter der auswärtigen Politik Oesterreich-Ungarns und Italiens bezeichnen. Dieser Zusammenkunft kommt auch dann eine hohe politische Be- deutung zu, wenn es sich dabei um bestimmte Abmachungen garnicht gedreht hat. Das Ministerium Zanardelli hat an der Innigkeit des Dreibundverhältnisses und speziell der Beziehungen zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien mancherlei gesündigt und es dadurch ermöglicht, daß von gewisser Seite in die öffentliche Meinung Italiens aller- Hand Argwohn und Verstimmung getragen wurde, und man da und dort ans der apenninischen Halbinsel nicht Übel Lust hatte, den Dreibund als eine Fessel zu betrachten, welche nur anderen nütze, das aufstrebende Italien aber an seiner Bewegungsfreiheit hindere. Besonders scharf aber hatten sich in Italien antiösterreichische Tendenzen geltend geinacht. Der Ausgangspunkt derselben lag diesmal auf dem Balkan, wo ja die Gärung sich nicht nur auf die türkisch gewesenen Teile der Halbinsel beschränkte, sondern auch die Stämme des österreichischen Kronlandes Dalmatien in bei: Strudel der nationalen Leidenschaften Hineinriß und so die Kluft zwischen den slawischen und den italienischen Be wohnern des genannten Küstenlandes mehr als je zuvor vertiefte. Von Dalmatien setzten sich die Streitigkeiten zwischen Jtalienertum und österreichischen: Serbentnm in die Gebiete von Fiume, Istrien und Triest fort, und auch das zwischen Italienern und Deutschen geteilte Tirol ist der Schauplatz nationaler Konflikte geworden. An der Universität zu Innsbruck platzten dann die Geister mit be sonderer Heftigkeit aufeinander, nnd die dortigen Zusammen stöße sind es in erster Linie gewesen, welche eii: Wieder- ausleben der irredentistischen Bewegung in Italien ver anlaßt haben. Damit war ein günstiger Bodei: geschaffen für die autiösterreichische und dreibundfeindliche Agitation, durch welche Oesterreich bei den Italienern in dei: Ver dacht gebracht wurde, die Verwickelungeu Rußlands in Ost asien durch territoriale Erwerbungen auf den: Balkan ans- nntzen zu wollen. Das Ministerium Giolitti und speziell der Minister des Auswärtigen, Tittoni, ist gleich von Anfang an sowohl der irredentistischen Bewegung, wie auch der Verdächtigung Oesterreich-Ungarns bezüglich seiner Pläne ans den: Balkan mit anerkennenswerter Energie entgegen getreten. Und wenn Graf Golnchowski seinen: italienischen Kollegen in Abbazia jetzt persönlich und mündlich wiederholt, was in Form diplomatischer Noten ja längst schon gesagt ist: daß nämlich Oesterreich-Ungarn auf den: Balkan nur den: Werke der Reformen nnd des Friedens diene nnd an Land- erwerbnngen nicht denke, so ist das für Herrn Tittoni ja nichts neues, aber doch eine willkommene Bestätigung der fortdauernden treuen Bundesgenossenschast der Habsbnrgi- schen Monarchie. Schon der Umstand, daß die Leiter der auswärtigen Politik der beiden Verbündete,: Nachbarreiche sich in Abbazia zur freundschaftlichen gegenseitigen Begrüßung begegneten, ist eine Garantie dafür, daß zwischen ihnen keinerlei ernste Differenzpnnkte existieren nnd daß der Drei bund gerade nach der Seite hin, die von dessen Gegnern als seine schwächste bezeichnet wurde, mit aller nur wünschenswerten Festigkeit stmdamentiert ist. Und es muß als ein erfreulicher Fortschritt bezeichnet werden, daß nicht nur die österreichisch ungarische, sondern auch die italienische Presse der Minister-Zusammenkunft mit warmen Worten ge dachte. und dadurch die Spekulationen derjenigen vereitelte, die eifrig daran waren, gerade nach dieser Richtung hin Un kraut unter den Weizen des Dreibundes zu säen. Wie die Monarchcnbegegnnng in Neapel, so wird auch die Zu sammenkunft Golnchowskis nnd Tittoins in den: Seebad an: Ouarnerobnsen fast unmittelbar vor der Romrcise Lonbets gar manchem das Konzept verdorben haben, der schon die Feder zu einen: Nekrolog ans den Dreibund ge spitzt hatte. Derartige Federhelden gibt cs nicht nur in Paris, sondern auch in London, wo z. B. die „Times" es sich nicht versagen konnte, die ihr so unbequeme Minister- begegnnng nur als eine durch die deutsche Politik erzwungene hinzustellen. Daß auch der österreichische Handelsminister, Baron Eall, bei der Entrevue in Abbazia zugegen war, dürfte da für sprechen, daß sich der rein Politischen Aussprache auch eine solche über den neuen Handelsvertrag angeschlossen wäre ja der sicherste Beweis der Auferstehung gewesen! Daß er nichts davon erzählt, läßt darauf schließen, daß er auch noch nichts von solchen Erzählungen gewußt hat. Damit aber sind alle Anstnstehmigsgeschichten in den Evangelien als Produkte der zweiten nnd dritten Gene ration erwiesen; denn Paulus hat, wie ans anderen Stellen hervorgeht, diese und ähnliche Kunde über das Leben Jesu direkt von Petrus selbst, dem Hanptbeteiligten. erhalten." Der Gang der Sache ist kurz der: Nach dem Tode Jesu haben die Jünger nach Galiläa sich zerstreut. Dort hatte Petrus eine Vision <„also nicht in Jerusalem, nicht an: leeren Grab"). „Dieses Ereignis ist für Petrus und die Zwölfe" lnochmalö zwölf!» so erschütternd ge wesen, daß sie die Heimat verließen, nach Jerusalem zogen und dort eine Gemeinde sammelten ans den Glauben, Jesus lebt." Man schreibt den: Tee die Wirkung zu, daß er an regend ans das Gehirn wirke; für die Beantwortung der Frage, wie Bliemchenkaffee ans das Gehirn wirkt, dürfte vorstehende Rabulisterei einen kostbaren Beitrag liefern. Wir wollen nicht näher ciugehen ans die wunder bare Leistung, daß dieses Zeugnis Pauli „bis jetzt über sehen" worden sei; so was schreibt man nur, wem: inan keine Ahnung hat von der scharfen Betonung gerade dieses Zeugnisses schon in der älteste»: Predigt des Christen tums. Die Hauptsache des Artikels ist ja die, das Zeugnis des Apostels Paulus zu beseitigen, indem man als seine Quelle der: Petrus ausgibt. Also von Petrus hat Paulus die Kenutuis von Jesu Auferstehung? Aus andere:: Stellen geht cs hervor? Aber warum hört dem: der Bliemcheukaffeetheologe ii: seiner Wiedergabe des Berichts des Apostels im 1. Korintherbrief 15. Kapitel über die Erscheinungen des Anferstandenen hat, der namentlich durch die Frage einer Erneuerung der Weinzollklausel kompliziert wird. Aber hier wie iu den übrigen ii: de»: Kreis der Besprechungen gezogenen Fragen dürfte eS sich nur um einen prinzipiellen Gedankenaustausch gedreht haben, der nur die Krönung der bereits ii: ihren Grundlinien festgelegten gegenseitigen Abmachungen be deutet. Keichstagswatjten, Karteien und Aonfefstonen. Der frühere Redakteur des „Vorwärts", Or. A. Braun, hat in: Archiv für soziale Gesetzgebung und Statistik einen höchst interessanten Aufsatz über die Verteilung der Parteien ans die einzelnen Gegenden nach den Konfessionen publi ziert; er legt hierbei die Ergebnisse der Reichstagswahlen vor: 1898 nnd 1908 seinen Forschungen zu gründe und findet dabei, daß einzelne Parteien fast ausschließlich in katholischen, andere fast ausschließlich ii: protestantische»: Gegenden zu Hanse sind. Zn den Parteien, welche fast ausschließlich in protestantische»» Gegenden einen Anhang habe»:, gehöre»: die drei linksliberalen Gruppe»:, die frei sinnige, die deutsche Volkspartei nnd die freisinnige Ver einigung. die Nationalliberalen, die Welfen nnd der Bund der Landwirte, ferner die Konservativen und die Reichs- Partei, wenn die beide»: letztere»: auch in katholischen Be- zirkei: eine ansehnliche Zahl von Anhänger»: habe»». Dam: sagt der genannte Sozialdemokrat wörtlich: „In katholischen Bezirken sind fast ausschließlich ver- treten die Elsässer, dann folge»: die Polen, dann erst das Zentrum. Ohne Unterschied der Konfession, wenn auch stärker in den mehr protestantische»: Bezirke»», treten auf die Nationalliberalen nnd die Sozialdemokraten. Eine nur mibedentende Verstärkung der Sozialdemokratie ist ii: den katholische»: Bezirke:: festzustellen nnd zwar auch in den fast reii: katholische»: Bezirken; die rasche Entwickelung der Sozialdemokratie, welche die letzte Reichstagswahl in Erscheinung gebracht hat, koinnn im wesentlichen zun: Aus druck in den i»:ehr protestantischen Bezirken und vor allen: ii: den Wahlkreisen mit überwiegend protestantischer Be völkerung." Wir unterstreichen diese Worte des Sozialdemokraten Brau»: um so kräftiger, als sonst die sozia'demokratische Presse stets behauptet, die letzten Wahlen qättei: gerade auch in katholischen Gegenden große Fortschritte für die Sozialdemokratie gebracht; hier zeigt es sich, daß die Zahlen etwas ganz anderes lehren! Aber auch die anderen Aus führungen Branns sind noch interessant; die deutsche Volks- Partei, die den Krebsgang geht, hat in den katholische»: Gegenden einen stärkeren Rückgang als ii: den protestan tischen. Die freisinnige Volkopartei hat nur in einen: einzigen überwiegenden katholischen Kreise mehr als 80 Proz. der Stimmen anfznweisen. Wäbrend die freisinnige Ver einignng noch 189>> in 5» katholischen Kreisen Stimmen zählen konnte, gelang ihr dies 1908 nur noch in 2. Die Nationalliberalen hatten 1898 mehr wie 40 Proz. der Stimmen in 18 überwiegend katholischen Kreisen, 1908 nur noch in 9. Aber es ist hierbei stets zu beachten, daß diese Stimmen »ncht von Katholiken herrühren müssen, ja ir: der Regel garnicht voi: diese»: stammen. Ein Kreis mit 40 Proz. Protestanten gilt noch überwiegend katholisch nnd so können hier — bei gleichstarker Abstimmung seitens beider Kon fessionell — die Nationalliberalen >0 Proz. der Stimmen erhalten, ohne daß eine einzige katholische unter diese»: ist. lieber das Zentrnm sagt dann Braun: Plötzlich bei Vers 7 ans und führt nicht auch den nächsten Vers 8 an: „und zuletzt aber von allen erschien er auch mir, gleich als den: verkehrt Geborenen?" Da hat er ja den Bescheid, woher Paulus die Auferstehung kennt. AuS ureigenster Erfahrung also weiß Paulus, was ihn: nachher PetrnS und die andern Apostel ebenfalls bestätigen. Hat der Leipziger Schriftgelehrte M. M., mit dem wir noch öfter uns zu befassen haben, vielleicht auch einmal den Anfang des Galaterbriefes gelesen, wo derselbe Paulus, ganz erfüllt von dein Bewußtsein seiner Berufung zum Apostel, mit selbstbewußten Worten beginnt: „Paulus, Apostel nicht von Menschen, noch durch einen Menschen, son dern durch Jesus Christus und Gott den Pater, der ihn voi: den Toten erweckt hat" <Gal. 1. 1)? Diese Stelle sollte doch auch in den: „Hellen" Sachsen so weit ver- standen werden, daß Paulus sich bewußt ist, hinsichtlich der Zentralwahrheit des Christentums der Auferstehung Christi nicht erst die Botschaft von Mensche» erhalten zu haben! <Vgl. überhaupt das ganze erste Kapitel des Galaterbriefes. besonders V. 17 und 1^. »voraus die „Leipziger VolkSztg." entnehmen kann, daß Paulus nach seinem Tag von Damaskus durchaus nicht nach Jerusalem gegangen ist. sondern nach Arabien und erst 8 Jahre später mit Petrus zusainmeiikaiil.» Ter ganze Versuch, daß Zeugnis des Apostels Paulus ansznschalten. ist einfach läppisch; erklärt sich aber ans der Bedentnng, welches eben dieses Zeugnis hat, deshalb »veil die Bekehrung des Saulus als eheinaligcn Hassers des Christentums und Mitgliedes der Pharisäersekte den Beweis enthält, daß die Pharisäer die Aussagen der Apostel mit haltbaren Einwänden nicht bestreiten konnten. Sollen »vir noch etwas bemerken auf die kühne Be hauptung, Paulus habe nichts von den Berichten der Frauen und nichts von: leeren Grab gewußt, »veil er das hier nicht Z>ie Auferstehung Aefu in sozurkdeiiiokratischer Betrachtung. Mit einer Weisheit, die ans Wunderbare grenzt, belehrt die sozialdemokratische Leipziger Volkszeitnng (Nr. 70 von: 2. April 1904) ihre Leser über die Entstehung der Auf- erstehungsgeschichte der Evangelien. Ein. Herr M. M. (Moses Maier? Mehring?» ist hier nnter die Bibelgelehrlci: gegangen und arbeitet da in einer Weise, die deutlich genug verrät, daß ihn: das Nene Testament so unbekannt ist, wie einem Eskimo die höhere Mathematik. Nach eilten: kurzen Bericht über die Kritik des Neiinarns, Lessing. Renan und Strauß, denen bescheinigt wird, daß sie mit der Annahme voi: Visionen zwar ans den: rechten Wege waren, aber doch noch zu sehr die Evangelien als einheitliches Ganze genommen, wird mit ernster Miene bemerkt, daß man erst seit knapp 20 Jahren auf den: richtigen Wege ist. Mit Staunen liest man: „Es ist nämlich bis dahin übersehe»: worden, daß »vir über die „Erscheinungen" des Auferstandencn noch einen ander»: Bericht haben, der älter ist als alles, was in unseren Evangelien steht. Der Apostel stellt einmal zu sammen, was er über solche Erscheinungen gehört und dann selber weiter verbreitet hat (1. Kor. 15). Er führt da an: erste Erscheinung au Petrus, dann eine an die Zwölfe, sin: Text. Herr M. M., steht Elf), dann eine an über 500 Jünger (im Text heißt es dazu. Herr M. M.: „von denen viele noch bis auf den heutigen Tag lebe»:"), dann eine an Jakobus, dann eine an alle Apostel. Es fehlen alle Erscheinungen an die Frauen, an die Emmaus- jünger und jede Spur von allen Erzählungen über das leere Grab. Kein Zweifel, daß Paulus die Tatsache:, «man hätte am dritten Tage das Grab leer gefunden"' erzählt hätte, wenn sie ihm bekannt gewesen wäre; das