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Für alle Zeiten hat Jesus die Arbeit durch sein eigenes Beispiel geheiligt; die Schweißtropfen, die er dabei vergossen, waren wie ein fruchtbringender Tan, der den Fluch Gottes von der Erde nahm und die Arbeit zum gottgefälligen Werke machte, das des himmlischen Lohnes würdig ist. Wie schön und ansprechend sind die Gleichnisse, die der Herr in seinen Predigten gerade der Arbeit entnahm. Er spricht von den Talenten, die ein Herr seinen Knechten je nach ihrer Leistungsfähigkeit anverirante mit der Weisung: „Wirtschaftet, indes ich aus dem Wege bin", er belobt den getreuen Knecht: „Wohlan du guter und getreuer Knecht, weil du über Weniges getreu gewesen bist, will ich dich über Vieles setzen, gehe ein in die Freude deines Herrn." (Luk. 18.) Die wichtigste Aufgabe, die dem Menschen obliegt, nämlich sein Seelenheil zu wirken, um einst des ewigen Lohnes würdig zu werden, stellt unser Er löser unter dem ansprechenden Gleichnis von den Arbeitern im Weinberge dar, wie zu verschiedenen Stunden des Tages der Herr nusgeht und Arbeiter in seinen Weinberg dingt mit den Worten: „Gehet auch ihr in meinen Weinberg, und was recht ist, werde ich euch geben." „Rufe die Arbeiter und gib ihnen den Lohn" (Matth. 20) spricht er zu seinem Verwalter. So sehr schätzt unser göttlicher Heiland die Arbeit, daß er zu seinen Vertrauten, die er zur Würde des Apostolates erwählen wollte, vornehm lich Männer, die von ihrer Hände Arbeit lebten berief. Im Geiste unseres Herrn und Meisters ist daher innerhalb seines Reiches auf Erden, der Kirche, die Arbeit von Anfang an als wesentliche und heilige Pflicht erkannt und stets geübt worden. Selbst der heilige Apostel Paulus, der von dem Herrn selbst als besonderes Gefäß der Gnade wunderbar berufen worden war und angesichts der rastlosen apostolischen Arbeit, die er unter unsäglichen Mühen innerhalb nahezu 15 Jahren geleistet hatte, voll Dank gegen Gott sagen konnte: „Ich habe reichlicher als sie alle gearbeitet, nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir ist" (1. Kor. 15, 10), selbst Paulus verrichtete bei seiner umfassenden Wirksamkeit auch fernerhin körperliche Arbeit und konnte erklären: „Ihr selbst wisset, daß für meine und die Bedürf nisse derer, die mit mir sind, gesorgt haben diese meine Hände." (Apost. 20, 84.) Wie freudig nahmen die Christen diese Lehren und leuchtenden Beispiele der Apostel auf. Viele gaben alles, was sie ihr Eigen nannten, dahin, um den Armen zu Hilfe zu kommen, und sorgten fortan durch ihrer Hände Arbeit für ihren eigenen Unter halt. Nicht Reichtum war es, den sie suchten, sondern sie handelten nach des Apostels Worten: „Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, so wollen wir uns daran genügen lassen." (1. Tim. 6, 8.) Nur durch diesen Geist der gottgefälligen Arbeit war es möglich, jene staunenswerten Werke zu schaf fen: die Kulturgüter der Zivilisation. Was hcchen nicht die Orden der Kirche geleistet in den Jahr hunderten ihrer Blüte! Wie haben sie mit ihrer durch Gebet befruchteten Arbeit das Angesicht der Erde erneuert, wie haben sie mit rastloser Geistes arbeit Bildung und Gesittung der Menschheit ver mittelt! Und dieses Verdienst wird wahrlich nicht geringer dadurch, daß die Nachwelt all die Früchte jener fleißigen Arbeiten als etwas Selbstverständ liches genießt, ohne ihrer Urheber zu gedenken, ohne sich dessen bewußt zu sein, daß sie die Kulturgüter auch ihrerseits, um mich eines bekannten Ausspruches zu bedienen, erwerben müssen, um sie zu besitzen. In dem herrlichen 108. Psalm, der die Werke Gottes in der Natur preist und sie als den Schau platz der Tätigkeit dem Menschen zuweist, heißt es von diesem: „Es geht der Mensch aus an sein Werk und an seine Arbeit bis zum Abend." (Ps. 103, 23.) Wie alles dem Willen Gottes gemäß seine Bestim mung erfüllt, so ist der Mensch berufen, tätig zu sein, um die Stelle auszufüllen, die Gottes Vor sehung ihm angewiesen hat, seine Arbeit zu ver richten, die nicht ängstlich nach Stunden abgemessen und abgewogen ist nach Lohn. Gewiß ist die Arbeit ihres Lohnes wert, er soll ihr nicht vorenthalten werden. Die katholische Kirche ist soweit entfernt, dies zu tun, daß sie die Entziehung und Vorent haltung des verdienten Lohnes unter die himmel schreienden Sünden zählt. Hingegen die Arbeit nur als Last und Bürde zu betrachte«, sie zu fliehen, wo man kann, als Drohne der menschlichen Gesell schaft durch den Schweiß anderer sich erhalten zu lassen, oder einzig auf den Lohn bedacht zu sein und nur um diesen zu kämpfen, ohne der Würde und Pflicht der Arbeit zu achten, widerspricht den weisen Absichten Gottes. Darum, Geliebte im Herrn, ist das erste Wort, das ich an euch richte, die Mahnung: Ehret die Arbeit! Wie vieles liegt darnieder, was ehemals zu hoher Blüte gelangt war, wie vieles muß unser Voll entbehren, was zu seinem Leben und ehren vollen Fortbestände unumgänglich notwendig ist: