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Sächsische Volkszeitung : 08.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192304088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19230408
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19230408
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-08
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 08.04.1923
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Sendboten des Frühlings Weiter Sonntaft! Die Somie webt weiter nn dem wunder bare» Teppich der Natur. Die Sendboten des Frühlings sind jes, die am meisten Glück und Freude spenden. Die ersten Früh- ltngsblitten unserer deutschen Erde kommen an Wert der üppig sten Prachtentsaltung der anderen Jahreszeiten gleich. Früh ling ist Jugend, ihr Reichtum und ihr Glück. I» den meisten Orten Deutschlands feiern heute die Kinder ihre erste he ilig« Kommunion! Jungen Frühlingsblüten gleichen sie, die am Altäre blühen, wenn sie heute feierlich widersagen allem Bösen, dem Satan, der die Welt zum Narrenhaus machte. Unschuldig Und ungetrübt leuchtet das Glück au» ihren Äugen. Schau hinein! Sie wissen noch nichts von dem zehrende» Gift, dem Hast, der Lieblosigkeit und Unzufriedenheit, die unsere Welt verpesten. Sie- wissen ebensowenig von dem Ringen um ihre Kinderscclen, das heute im politischen Leben eine so graste Rolle spielt. Mochten die Vertreter der konfessiouslo en Schule in den Augen der E r st k o m in u n i ka n t en zu lesen verstehen! Tann würden sie einsehen, dast Kind und Gott, und demgemäst Kirche Und Schule znsammengehören. Das Kind hat ein feineres Ge fühl und Verstehen für Göttliches und Religiöses als viele ahnen. E r st t o m in n n i o n t a g i st's. — Ich blickte vom hohe» Chore des Domes hinab aus die glückliche Schar der jugendliche» Streiter, die am Altäre knieten, um das Taufgelübde feierlich zu erneuern. Man bringt ein brennendes Licht. Die Ersten ent- ünden daran ihre Kommunionkerzen und damit wieder die Kerzen «er Nächststehenden. Jeder nimmt und gibt weiter. Im Nu erstrahlt ein «leistendes Lichtmeer. Ein so natürlicher Vorgang. — Und doch zum NachsinnenI Was in der physischen Natur so selbstverständlich ist, sollte es nicht auch für das Zusammen leben der Menschen Geltung haben? Freilich, hundert- und tausendmal kannst du diesen Vorgang im Verkehr von Mensch zu Mensch beobachten. Aber leider mehr im schlechten als tm guten Sinne. Unrecht, Haß, Rache, Verbitterung, Feind schaft geht heute von Mensch zu Mensch. Unwahrhaftigleit, Lug und Trug wird überall verbreitet. Wo sind die Massen, die die Flamme der Liebe Hochhalten und immer neue Seelen entzünde» und entflammen? Wo sind die Apostel der Wahrheit, die das Gleiche tun? Wo bleibt die Unter stützung unserer katholischen Presse? Nicht nur weiter geben! Die Welt 2 empfangen — sondern auch bedarf des Lichtes, der Liebe und sie zugrunde gehen. Ein Lichtermeer müßte um uns erstrahlen, wenn wir von dein Licht unseres Glaubens den rechten Ge brauch machten, die Flamme der Liebe und der Wahrheit ver breiteten. Dann würde von unserer Kraftquelle des Glaubens «in so lebensweckender Hauch ausgehcn über Volk und Staat, Wie von der Welten sonne im Frühltngsmond. Das ist die Stimme des Weißen Sonntags. Der Freudentag der Zugend In ihren weißen Taufkleidern durchlebten die Neugetaufteu der alten Kirche die Osterwoche und erst am Weißen Sonntage, dem Tage ihrer ersten innigen Vereinigung mit dem „AqnuS Dei". legten sie sie ab. Der Tag aber behielt seinen Namen durch die Jahrunderte. und in den meisten Ländern sind dir feierlichen Erstkommunionen noch heute am Weißen Sonntag. NnschuldSweiße Kinder drängen sich heute mit Hellen Augen zum Tisch de» Gottessohnes, um innigste Kommunion mit ihm zu feiern und ihm den Treuschwur der Tugend für ein ganzes Leben zu geben. „Wir widersagen," so klingt es au» jugendlichem Mund«, ..der Sünde und dem Teufel, wir glauben an Gott und seine Kirche". Ihr Wille ist gestärkt durch ernste Erziehungsarbeit der Eltern, der Lehrer und Seelsorger, und sie wollen der Tu gend leben, in engstem Anschlüsse an Christus und seine Kirche. Erheb-nde Feiern sind so um den Abschluß der Kinderzeit ge legt, ihr Eindruck ist unauslöschlich, weil sie in Beziehung ge- seht sind zu dem Schöpfer alle» Seins und zu der endlichen Bestimmung, die jenseits der Erde und in der Ewigkeit liegt. Wie gedankenlos muten gegenüber diesen tiefgegründete» Feiern die sogenannten Jugendweihen an, die die gottlose Moderne als Ersah bieten mochte. In glücklichen Tagen war eS einst den deutschen Eltern möglich, ihren Kindern zu den Gottesgnaden noch reiche äußere Geschenke zu geben. Doch wie anders ist das geworden. Die Feiern des Weißen Sonntags bringen nicht mehr ungetrübte Freuden weder den Kindern noch den Eltern noch der Gesamt heit. Wenn man den reichen inneren Gewinn vergessen könnte, würden sie mehr Mitleid als Mitfreude erwecken. Denn, welch eine arme Jugend feiert unter den traurigsten Verhältnissen ihren schönsten Ehrentag. In die frühesten Jahre ihre» Le- ben? fiel der furchtbare Krieg mit all seinen Entbehrungen, und Revolution und Diktatfrieden haben nichts gebessert. Wie viele unter den Erstkommunikanten am heutigen Tage tragen den Keim der langsam schleichenden Krankheit in sich, bei ihrer chronischen Unterernährung gibt eS für sie keine Heilung. Wie viele Waisen sind unter ihnen, die durch Krieg und Not ihre Eltern verloren, wie viele aus der Heiinat durch grausame Maßregeln der Sieger vertrieben. Dazu kommt der furchtbarste Schade», den die Nachkriegszeit den deutschen Kindern gebracht hat, die bis in» Ungeheuerliche gesteigerte Verführung durch zügellose Ausländer und gewissenlose inländische Helfer. An diesem Areudentlrg der Jugend drängt sich das ganze Elend unsere» Volke» und der Jammer um unsere Zukunft zu sammen. Die Kinder sind die Zukunft des deutsche»! Volke», sind als nächste Generation die Träger von Religion und Va terlandsliebe. von Tugend und fleißigem Bestreben. Darum steht unS die Pflicht bevor, für diese Kinder, für ihre Heilung von Not und Leid, für ihre religiöse und vaterländische Er ziehung alles zu opfern. Wir wollen, in Erinnerung an unsere eigene glückliche Jugend, traurig blickende Kinderaugen wieder fröhlich machen. „Schaffet die Tränen der Kinder weg, denn das viele Regnen schadet den Blü- Falsche Mystik Ein erregte» Zeitalter wie das unsrige ist regelmäßig auch religiös stark erregt. Besonders die Jugend fühlt sich von dem nüchtern-platten Materialismus der Alten abgestoßen un» a»- geekelt. Sie sucht wiederum nach neuen Werten des Leben?, die sich nicht ans eine Rechensormel bringen lassen. Sie sehnt sich nach Ahnungen, nach Wundern. Sie möchte wiederum Hin gabe- lind opferfreudig sein. So kehrt denn die Jugend zurück zum Wunderbaren, zur Liebe, zur Mvstik. Aber das Mhstische ist ein gefährliches Gebiet. Da gibt e» nicht bloß Göttliches, sondern auch Dämonisches. Neben der echte», tiefen Mhstik der Gottschauer und Gottschauerinnen ist immer die falsche Mystik einhergegangen. Einbildungen. Selbsttäuschungen, hysterische Krankheitserscheinungen, süßliche Frömmelei, ja selbst tiefe Verlogenheit und schnöde Sucht nach dem Sensationellen, kurz: die ganze Stufenfolge des Dämoni schen hat in erregten Zeiten auf dem Boden der Mystik ihr Spiel getrieben, und schier in jede», Menschen steckt eine Nei gung zur Schwarnigeisterei. So dürfen wir uns nicht wundern, daß heute die bersch»'- densten Formen der Schwarmgeistcrei wieder aufiauchen: hyst-e. rische Frauen haben allerhand Erscheinungen, der AdoentiSmuS verkündigt das nahe bevorstehende Ende der Welt, und die Anthroposophen behaupten sogar, eine Methode entdeckt zu ha ben, mittels der man ins Jenseits schauen und die unglaublich sten Dinge aus Vergangenheit. Gegenwart und Zukunft erfahren kenn. Mystik ist der AuSgaug und Kern aller Religion, aber d'e sogrnannte Aftermystik ist, genau besehen, immer lebenSfeind- lich. Man kann fast immer beobachten, daß oberflächliche, mü ßige, berufslose Menschen die Verbreiter der Astermystik sind; selten wird man in ihren Reihen eine Mutter finden, die sich ehrlich um Familie und Kinder müht, selten auch einen Mann, der in seinem Berufe wirklich etwas leistet. Die Astermvstik führt auch von der Erfüllung der Lebens, aufgaben ab. Sie verleitet zu einer Schwärmerei, die den Weg zur sittlichen Tat nicht findet, weil sie sich in Träumen und Luftqcbilden erschöpft und nicht miS Leben herankommt. Darum ist sie eine Feindin der christlichen Lebensgestaltung und von der Kirche immer wieder aufs entschiedenste abgelehnt und be kämpft worden. Das Christentum hat seine Bekenner vor der Aftermhstik dadurch besonders zu bewahren gesucht, daß eS sie zur sittlichen Tat drängte. Darin hat eS die einzige Möglichkeit gesehen, zum Schauen des andern Lebens und zum Himmelreich zu gelangen, daß man die Wahrheit tut, ge mäß dem Worte Christi: „Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt bat. Wenn jemand dessen Willen tun will, so wird er inne werden, ob diese Lehre von Gott sei." (Joh. 7. 10—17.) Ein Zentralbüro der KM. Oroani^ationen Kürzlich ist in der Hauvtstadt Italiens. !n Rom, ein Zen- tralbttro für die katholischen Organisationen der ganzen katholischen Welt ins Leben gerufen worden. Es handelt sich dabei nicht um eine internatio nale Liga oder ein allgemeines Büro der Organisationen der katholischen Aktion. Das Zentralbüro, dem der Priester Dr. Jo seph Monti als Direktor vorsteht, ist weit entfernt davon, sich eine Leitung oder irgendwelche Kontrolle anmmaßen: es stellt sich voll kommen in den Dienst aller katholischen Organisationen der verschiedenen Länder, die unabhängig von jeglicher politischen Partei und in voller und ständiger Unterwürfigkeit unter die An weisungen de» Hs. Stuhles und des katholische» Episkopates auf geistigem, moralischem und sozialem Gebiete arbeiten zur Verteidi gung der Prinzipien und der religiösen Freiheiten für die Wieder aufrichtung der Ordnung und des Friedens Christi tm Reiche Christi. Genauer gesagt, stellt sich da» gesamte Zentralbüro folgende Aufgaben: a) es will ein gentrnm freien aber in christlichem Geiste brüderlichen Zusammenschlusses der katholischen Organi sationen aller Nationen sei» z»,»i Zweck, ihre gegenseitige Bekanntschaft zu erleichtern, ihre gegenseitigen Beziehungen z» kräftigen »nd ihren Geist i»Ieriiatio»aie> Mitarbeiter zu entwickeln. l>) cs will ein Zentrum für I n i o r m a t t o u c n und D o k u m e u t e ii s a »i ui l u i» g sei», um die Siudten und die Er fahrungen einer ledeu Organisation znin Besten der Gesamtheit allen nuicbar zu machen c) es will ein Pr o pn g a n t> a ze n t > n m >ein, um Werte und katholische Vereine in jenen Ländern cinzuregen und zu för dern, ivo bis jetzt noch keine bestehen. d) es will ferner ei» Zentrum sein snr Studien »md Forschungen aus dem Gebiete internationaler Fragen die die katholischen Orgnniiaüönen de» veiichiereaen Lände« iui:r- essieren. e) sodann will es endlich rin Zcuii am > n l e r n a t i o n a I e r Aktion sei», wenn die Gemeiiisaniteit der latl,mischen Jnlec- essen es erfordert, immer >edoch unter Vor>e.,alt rec tirch'ckchen Aniorität und der vollständigen Autonomie der ein zelnen freiwillig beipflichlenden Organi.alioneu. Papst Beneditt XV. war das erste Grande.mag'«ed mit einer Spende von 25 00i» Lire Pins XI. freute sich, der neuen Einrichtung sein gan.; defonde er Wohlwollen zu bez-s'su durch seinen Segen und seine Aasmunleruiig. wobei er g eich- zeitig sür das Werk einen ersten Beitrag von >0 000 Fr. stiftete. In den verschiedenen Ländern wurde ein Vrßho? erjucht, das Patronat des Werkes übernehmen zu wotlen. Dieie Patrone bilden den Ehrenrat des Wertes, der heute aus zehn Kardi- nüleu besteht, die zehn verschiedenen Nationen angehören, sowie ans 16 Erzbischöfen und Bischöfen ebenso vieler verschiedener Nationen. Der Präsident de? leitenden Ausschusses de? Wertes selbst ist ein Bischof Joseph Schrembs von Cleveland (Ohio). Das Zentralbureau hat seinen Sih i» Rom (via Pietro Gavallini 38, unweit der Brücke Cavoc). Die Lokale sind ge räumig, würdig und sür die Zwecke der Institution überaus ge eignet, Bibliothek und Archiv entlmlten bereits ein seehr wertvolles dokumentarisches Material: grundlegende Werke über allgemeine und besondere Probleme der katholischen Organisationen; sodann mehr als 200 Zeitschriften und Zeitungen, offizielle Organe der genannten Organisationen; ferner eine systematische Sammlung von wichtigen Broschüren und Artikeln aus Zeitschriften und Zeitungen; eine vielleicht in der ganzen Welt einzigartige Sammlung von Statuten, Kongreßverhandlungen, Iah res berich ten von mehr als 500 nationalen katholischen Vereinsverbänden aller Länder. Dieses gesamte dokumentarische Material ist nach Kategorien der Organisationen und nach Ländern verteilt und geordnet nach einem neuen und überaus praktischen Klastisizie- rungssystem, das dessen Benützung sehr leicht und bequem wacht. Beizuzählen sind ferner große Zettelkataloge mit reichen biblio graphischen Angaben, mit ben Namen und Adressen katholischer Organisationen, sowie der bekanntesten Persönlichkeiten der ver schiedenen Länder, der wissenschaftlichen Institute und der höheren Schulen sür soziale Kultur, der katholischen Zeitschriften und Zeitungen, der Verleger und der katholischen Buchhandlungen usw. Tagung de» evangelischen Sreichselterndundes Braunschweis, 5. April. Auf dem heutigen l. Vertreter tag des evangelischen NeichSelternbundes in Braunschweig wurde einstimmig eine Erklärung zur schulpotitischen Lage beschlossen, tvorin der Reichselternbund von neuem die Forderung nach be schleunigter Verabschiedung des ReichSschulgesetzoS er- hebt. Er erklärt, daß für die evangelischen Eltern nur ein Reichsschulgesetz annehmbar »st, das der evangelischen Schule völlige Sicherheit und Entfaltungsfreiheit gewährt. Die evan gelische Elternschaft wird mit allen gesetzlichen uird versassungS- mäßigen Mitteln weiterkciinpfen, bis der Volkswille zur christ- lichen Erziehung sein Ziel erreicht hat. Das Ergebnis der Verhandlungen über die Lehrerbildung ist daß der Reichs» elternbund die Bestrebungen der Lehrerschaft nach einer zeitge mäßen Ausgestaltung der Lehrerbildung begrüßt und unterstützt in der Erwartung, daß dabei die bessere Ausgestaltung der christlichen Erziehungsarbeit Berücksichtigung findet. Mit der Vorführung von SchönherrS „Glaube und Heimat" im „Wan del-Lichtbild" und einem öffentlichen Erziehungsabend mit einem Vortrage des ObersludiendirektorS BrrinS. Magdeburg, und des Lehrers Diesemer, Berlin, fand die bedeutsame T-»«ng ihren Abschluß. f Internationale Kunstausstellung in Rom. Die un näch sten Herbst im KunstauSstellungSpaiaste an der Via Naziouale wiederum stattfindende römische G e m ä ld e-A u S st e l l » n g soll einen ausgeprägteren internationalen Charakter erhalte» al» ihre Vorgängerin vom Jahre 192l. Für die deutsche Kunst ist ein großer, sehr günstiger Saal Vorbehalten worden. Da die italienisch« Künstlerschast die erste war. die nach dein Kriege die unterbrochenen Beziehungen mit Deutschland wieder anknüpfte, so ist mit einer starken und repräsentativen Betritt- gung Deutschlands zu rechnen. Lobe laut, nur die Mädchen nicht, die reif genug waren, sein Neige» mit unwillkürlichem Erröten zu erwidern; die sind stil ler als sonst, und die Sonne, die hont so viel Heller scheint, als vn andern Tagen, bringt die seltsamsten Wirkungen ans sic hervor. Zunächst einen eigenen Drang der Füße, in der Rich tung nach den Fenstern sich zu bewegen; dann ein ebenso wun derbar plötzliches Wiedererwachen längst entschlafener Freund schaften, deren Gegenstände in der Nähe de» Nettenmairschen Hauses wohnen, und die man besuchen muß; endlich merkwür dig oft wiederkehrenden Andrang de» Blute» nach dem Kopfe, den man für ein Erröten angesehen hätte, wäre nur irgend «in Grund vorhanden. Ob die Veränderung, die mit unser«, Wanderer in der Fremde vorgegangen, seinen Bruder eben so erstellen wird, äls die Nachbarn? Er ist an der Tür de» Vaterhaus«» angekommen. Ver geblich hat er an den Fenstern nach einem bekannten Antlitz gesucht. Jetzt kommt ein untersetzter Herr im schwarzen Frack herauSgestürzt. So hastig kommt er gestürzt, so wild umschlingt ier ihn. so fest drückt er ihn an seine weiße Weste, so nahe drängt «r Wange gegen Wange, so lange läßt er sie da ruhen, daß man die Wahl hat zu glanben, er liebt den Bruder außer ordentlich, oder — er will sich nicht gern in die Augen sehen lassen von' ihm. Aber er muß ihn doch endlich einmal anS den Dlrmen lassen; er nimmt ihn unter den rechten und zieht ihn in die Türe. „Schön, daß du kommst! herrlich, daß du kommst! ES war eigentlich nicht nötig — ein Einfall von dem im blauen Rock, und der hat nichts mehr zu befehlen im Geschäft. Aber «S ist wirklich schön von dir; eS tut mir nur le'd. daß du deiner Braut unnütz die Augen rot mackst." Deiner Braut, das sprach er so deutlich und mit so erhöhter Stimme, daß mm, eS in der Wohnstube vernehmen und verstehen konnte. Der Ankömmling suchte mit stuckten Augen in deS Bru» der» Angesicht, wie um Zug für Zug durchzugehen, ob auch alle» noch darin sei, was ihm so lieb »nd teuer gewesen. Der Bruder tat nichts dazu, ihm da» Geschäft zu erleichtern. WaS ihn auch hindern mochte; er sah nur, was sich zwischen Apollo- niuS Kinn und Fußspitzen befand. Er hatte vielleicht gedacht, sich mit der alten Wendung auf den Fersen an die Spitze de» Zuges zu stellen. Aber nach dem wenigen, da» er gesehen, paßte „der Träumer" nicht mehr und die Wendung unterblieb. i „Der Vater hat eS haben wollen," sagte der Ankömmling I,Mef««igen. „Und was du da von einer tzraut sagst Der Bruder unterbrach ihn; er lachte laut in seiner alten I Weise, so daß man, sprach ApolloniuS auch weiter, ihn nicht mehr verstanden hätte. „Schon gut! Schon gut! Noch ein mal, ist eS prächtig, daß du un» besuchst, und vierzehn Tage wenigstens wirst du festgehalten, magst du wollen oder nicht. Kehr dich nicht an die," setzte er leiser hinzu und zeigte mit der Rechten durch die Türe, die er eben mit der Linken öffnete. Die junge Frau stand mit dem Rücken gegen die Tür an einem Schrank, in welchem sie kramte. Verlegen und nicht eben freundlich wandte sie sich, und nur nach dem Manne. Noch sah der Schwager nichts als einen Teil ihrer rechten Wange »nd eine brennende Röte darauf. WaS man sonst an ihrem Benehmen auSzusetzen fände, eS zeigte sich darin eine unverkennbare Ehrlichkeit ein Unvermögen, sich anders zu ge ben. als sie war. Sie stand da. als mache sie sich gefaßt, eine Beleidigung hören zu müssen. Der Ankömmling ging auf sie zu »nd ergriff ihre .Hand, die sie ihm erst schien entziehen zu wollen »nd dann regungslos in der seinen liegen ließ. Er freute sich, seine werte Schwägerin zu begrüßen. Er bat ihr ab, daß er durch sein Kommen sie erzürne, »nd hoffte, durch redliches Bemühen den unverkennbaren Widerwillen zu besiegen, den sie gegen ihn trage.... In so schonende und artige Wendung er Bitte und Hots- nung kleidete, er sprach beide bloß in Gedanken a»S. Daß alle» so war, wie er eS sich gedacht, »nd doch wieder so ganz anders, nahm ihm Unbefangenheit und Mut. Der Bruder machte der peinlichen Pause — denn seine Frau antwortete mit keinem Laute — ein willkommenes Ende. Er zeigte auf die Kinder. Sie drängten sich noch immer, un beirrt von allem, WaS die Erwachsenen bedrängte und sie nicht bemerkten und verstanden, um den neuen Onkel; und dieser Nnir stob über den Anlaß, sich zu ihnen herabznbeugen und tausenderlei Fragen beantworten zu müssen. „Die Brut ist aufdringlich," sagte der Bruder. Er zeigte ans die Kinder, aber er sah verstohlen nach der Frau. „Bei alledem wundert eS mich, wie ihr bekannt geworden seid. Und 'o schnell so vertrant." fügte er hinzu. Er mochte in Gedanken eine letzt« Bemerkung weiter spinnen: „eS scheint, du verstehst chnell vertraut zu werden und zu machen." Ein Schatten wie von Besorgnis legte sich über sein roteS Gesicht. Aber den Kin dern galt die Besorgnis nicht; er hätte sonst dabei nach den Kindern gesehen izich nicht ngch stmy; Fra^, Der Ankömmling sprach immer eifriger mit den Kindern Er hatte die Frage überhört oder er wollte vor der zürnenden Frau nicht merken lassen, wessen Bild er so lebend:« in sich trage. Die Ähnlichkeit mit der Mutter hatte ihn die Kleinen, die ihm zufällig begegnet, als seine? Bruders Kinder erkennen lassen. Die Frage aber, wie sie so schnell mit ihm vertraut werden konnten, hätte man an den alten Valentin tun müsse». War er eS doch gewesen, der ihnen immer von dein Onkel er zählt, der bald zu ihnen komme. Vielleicht nur. ni» mit je- wand von dem sprechen zu können, von dem er so gern sprach. Der Binder und die Schwägerin wichen solchen Gesprächen m><-, und der alte Herr machte sich nickt so gemein mit dem alten Gesellen, über Dinge mit ibm zu sprechen die ihm den Vor wand bieten konnten, in irgend eine Art Vertraulichkeit gegen ihn zu verfallen. Der alte Valentin hätte auch sagen können die Kinder waren nicht zusällig dem Onkel begegnet Sie wa ren gegangen, um ihn zu finden Der alte Valentin Hille daran gedacht, wie tausend Heimkchrenden die harrende Liebe enl- gegeneilt; e» batte ihm weh getan, daß nur seinem Li bling kein Gruß enlgegenkäme. ehe er vockte an des Vaters Tür ApolloniuS verstummte plötzlich Er erschrak daß die Ver legenheit ihn deS VaterS vergessen gemacht. Der Bruder ver stand seine Bewegung und sagte erleichtert. .Er ist iw Gärt chen." ApolloniuS svrana ans und eilte hinaus. Da unter seinen Beeten kauerte die Gestalt des alten Herrn. Er folgte der Schere des alten P<Penti>i der auf den Kniecn vor »hm herrntschte. noch immer m«t den prüstndui Händen. Er fand manche Ungleichheit, die der Geselle s»lart entfernen inußte. Ein Wunder mar eS nicht Der alte Va lentin dachte jede Minute zweimal: letzt kommt er! „nd wenn er so dachte, fuhr die Schere aner in den Buchsbaum hinein Und der alte Herr würde noch ander? gebrninint haben, halte nicht derselbe Gedanke die Hand unsicher gemacht, die nun sein Auge war. ApolloniuS stand vor dem Vater und konnte vor Schmerz nickt sprechen. Er hatte lang gewußt, der Vater war blind, er batte sich chn oft in schmerzlichen Gedanken vorgemalt. Da war er gewesen wie sonst, nur mit einem Schirm vor de» An gen. Er hatte sich ihn sitzend oder auf de» alten Valentin sich lehnend gedockt, aber nie, wie er ihn setzt sah, die hohe Gestalt hilflos wie ein Kind, die kauernde Stellung, die zitternd und ungewiß vor sich lnngreisenden Hände. Nun wußte er erst, was blind sein heißt. (Fortsetzung folgt.)
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