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fahren, wenn da» geplante Bündnis der Nationalisten mit den Katholiken an Boden gewinnt. Die itailtenische Politik wird jedenfalls an diesen Tatsachen nicht achtlos vorüber- gehen können, die auch auf da» internationale religiöse Gebiet einen Rückschlag ausüben dürfte, besonders wa» die Protektoratsfrage im Orient betrifft. k Rom. 25. Mai. Im heutigen geheimen Konsistorium ernannte Papst PiuS X. u. a. die Erzbischöfe von Har?- wann (Köln), Dr. von Bettinger (München), Czernoch (Graz) und Fürsterzbischof Dr. Piffl (Wien) zu KardinSlen. Der bisher in pstto reservierte Kardinal ist Msgr. Bella, Patriarch von Lissabon. Um 11 Uhr 45 Min. erschien Msgr. Damico mit zwei Begleitern in der Animawohnung des Kölner Erzbischofs, um ihm das Ernennungsbillett zu überreichen. Erzbischof von Hartmann händigte es General vikar Dr. Kreutzwald aus, der es vorlaS. Darauf fand grobe Gratulationscour statt, zu der die deutsche Prälatur, der österreichische Botschafter beim Vatikan, der Preußische Gesandte Baron von Mühlberg, der bayerische Gesandte Baron Ritter, Fürst Salm, Graf Arco-Zinneberg und viele Herren der deutschen Kolonie erschienen. Im seiner Ansprache im geheimen Konsistorium gedachte der Pap st der Kardinale, die seit dem letzten Kon sistorium in die Ewigkeit gegangen sind, um dort den Lohn für ihr Wirken zu empfangen. Nachdem wir somit, so fuhr er fort, deren ergebener Mitarbeit beraubt sind, haben., wir euch znsammenbcrufen, nicht nur, um den verwaisten Kirchen neue Oberhirten zu geben, sondern auch, um das Heilige Kollegium zu ergänzen. Es ist billig, daß wir euch neue tüchtige Kräfte an die Seite geben, um eure Ar beitslast zu teilen, zumal in diesen schwierigen Zeitverhält- nissen der Kirche andauernd gefährliche Lehren und Wesen entstehen, welche die christlichen Sitten des Kreuzes verderben wollen, und auch das Bestreben besteht, das Reich Gottes ans den Angelegenheiten der menschlichen Gesellschaft ansznschalten. Doch fehlt es auch nicht an Tröstungen. Der Papst erinnerte an die Konstantin- Gedenkfeier des vergangenen Jahres, an die vielen Beweise der Liebe der Katholiken des Erdkreises. Viel mehr als sonst sehne man sich nach Frieden, da man weithin Gesellschaftsklassen gegen Gesellschaftsklassen, Stände gegen Stände, Völker gegen Völker sich erheben sehe, diese Rivalität, die Tag um Tag bitterer werde und oft und plötzlich in schreckliche Kämpfe ausartc. Es seien angesehene, sehr ernste Männer an der Arbeit, welche die Sack>e der Nationen und der menschlichen Gesellschaft im Auge hätten und gemeinsam an Ideen und Mitteln arbei- teten, um das Unglück der inneren Unruhen und die Kriegs- grenel zu vermeiden und sowohl im Innern, wie nach außen andauernd die Wohltaten des Friedens zu fördern. Die Friedenskonferenzen verfolgten gewiß ein hohes Ziel, würden aber wenig fruchtbar sein, so lange nicht Ge- rechtigkeit und christliche Liebe in den Men- schenherzen Wurzel schlagen. Wenn die Friedensbcstrebun- gen keinen Erfolg hätten, so liege das heute nicht so sehr an denen, die die Geschicke der Völker leiten, sondern an all den Massen, die des göttlichen Lichtes der christlichen Ucber- liefernngen beraubt, nicht mehr gewohnt seien, sich zu be herrschen. Sollte es nicht Sache der Regierenden sein, der Kirche die Hände freizugeben, damit sie ihre Friedensmission erfüllen kann? Anstatt dessen geschieht das Gegenteil. Man behandelt sie als Feindin der menschlichen Gesellschaft. Diese Tatsachen dürfen uns nicht erschüttern, denn wir wissen durch das Beispiel Christi, daß die Kirche dazu da ist, wohlzutun und Ungerechtigkeit als Lohn für Wohltaten zu empfangen. Wir wissen noch immer, daß auch in den Schwierigkeiten die göttliche Hilfe ihr nicht fehlen werde. Dafür hätten wir Christus als Bürgen, die Ge schichte als Zeugen. Der Papst erinnerte schließlich an die Gefangennahme Pius VII. Ohne Gottes Beistand wäre es dem schwachen Greise unmöglich gewesen, am 24. Mai 1814 nach Nom zurückzukehren. Der Papst schloß, indem er die neuen Kardinäle verkündigte. Gemeinde- und Vereinsnachrichlen * Crimmitschau. Um den Katholiken von Crimmitschau und Umgebung die Teilnahme am Rositzer Katholiken tage zu erleichtern, ist der Gottesdienst am zweiten Pfingst- feiertag in der Aula der Handelsschule von 9 Uyr auf 8 Uhr vormittags verlegt. 10 Uhr 54 Min. fährt der Personen zug von Crimmitschau nach Altenburg. Die Ankunft in Altenburg erfolgt 11 Uhr 31 Min. Dort ist Gelegenheit, die Residenz zu bsstchtigen, und dann entweder zu Fuß oder 1 Uhr 66 Min. mit der Bahn nach Rositz. Die Glaubens- genossen, die mit den Katholiken aus Werdau an dem feierlichen Hochamte in Rositz (vormittags 11 Uhr) teil- nehmen wollen, benutzen am besten den Personenzug. der 7 Uhr 14 Min. vormittags aus Werdau fährt, 7 Uhr 31 Min. in Crimmitschau und 8 Uhr 10 Min. in Altenburg ankommt. t! * Hohndorf. In Anwesenheit des hochw. Herrn Pfarrer Gottfried aus Oelsnitz i. E. wurde am Sonntag nach Be endigung des MissionsgotteSdtensteS Hierselbst im Gasthof zum deutschen HauS ein katholischer Kirchenbau-Verein ge- gründet. Den Vorstand bilden Herr Pfarrer Gottfried, 1. Vorsitzender, Berginvalide Möckel, 2. Vorsitzender, Kassierer für den oberen OrtSteil Andreas Schütz, für den unteren Ortsteil Baptist Schirmer. Schriftführer ist Herr Palant. Möge der liebe Gott die Mühe de» Herrn Pfarrers Gott fried lohnen und segnen. Die Hohndorfer Katholiken werden gebeten, sich recht zahlreich dem Verein anzuschließen. Der Ort zählt 700 Katholiken. A. Sch. * Schmölln A.-A., 26. Mai. Stille Freuden und stiller Jubel herrschte am Sonntag Exaudi in den Herzen der Mitglieder von der katholischen Diaspora in dem industrie reichen Städtchen Schmölln — eS war nämlich Glocken weihe in diesem malerisch im Sprottentale, am Fuße des PfeffereigebirgeS gelegenen schönen Ort, auf dessen Höhe einstens fromme Mönche gehaust und ihre Demut durch GeM bekundet haben. Die in einem früheren Artikel in Nr. 116 der „Sächs. Volksztg." schon erwähnten drei neuen Glocken sind rechtzeitig genug eingetroffen, daß deren Weihe am vergangenen Sonntag vorgenommen werden konnte. Somit können schon zu den Pfingstfeiertagen die' Gläubigen durch ein schönes Geläute zur Andacht gerufen werden. Aus Pietät gegen den vor einigen Monaten verstorbenen edlen /ter und au» Rücksicht gegen seine noch um ihren lieben ^°*ten tiestrauernde Witwe wurde von jeglicher Festlichkeit und von Prunk abgesehen — demnach ist nur eine schlichte, stille Feier bedacht gewesen. Die Weihe wurde im Anschluß an den 9-Uhr-GotteSdienst durch den hochw. Herrn Pfarrer Albert Kruse aus Altenburg dem katholischen RtttuS ge- mäß vorgenommen. Dann wurden die neuen Glocken der Obhut des Allmächtigen anvertraut und ancmpsohlen. Als durch die schwungvollen, schönen und zu Herzen gehen den Worten de» berühmten Herrn Predigers die Erinne- rung an den seligen Stifter, sowie dem noch lebenden Wohltäter, gebührenden herzlichen Dank erwähnt und wach gerufen wurde, schimmerten Perlen der Dankbarkeit in aller Augen, und als zuletzt, beim Anstimmen der Jubel- Hymne: des JedeumS, die drei Taufpatinnen die Glocken zum Tönen brachten und denselben herrliche, harmonisch klingende Akkorde entlockten, fand das überschäumende hochwogende Herz der andächtig Lauschenden keinen Halt mehr — es quoll über in Freuden- und DankeStränen und der Gesang verstummte vor Rührung für Augenblicke ob dieser imposanten Melodie und gewaltigen Szenerie, um erst nach einer Weile in eine um so jubelvollere Finale überzugehen. — Das schöne Weiter hatte eine große Menge Zuschauer um den Garten deS Kirchleins angelockt, die sich durch ein musterhaftes, ruhiges Betragen auSzeichnete. — Heute beginnt das Ausziehen und die Montage des Glocken- stuhleS und, so Gott will, kann das Probeläuten in einigen Tagen stattfinden. § Rrichenbach i. B. (St. Josephsverein.) Mittwoch abend 8 Uhr: Versammlung. Spielpl«« der Theater i« Dresden KStttgl. Opernhaus TonnerStag: Tcska (Scarpia: George Baklanoff a. G.). Aufa,-.i 8 Uhr. Freitag: Carmen. Anfang V^8 Uhr- Königl. Schauspielhaus (Ostra-Allee) Donnerstag, zum ersten Malei Der Marquis von Keith. Anfang V-« Uhr. Freitag: Kater Lampe Anfang V28 Uhr. Reftdeuztbeater Donnerstag und Freitag: Als ich noch im FlügeMeide. Anfang 8 Uhr. Zentraltheater Täglich abeudS: Gastspiel Lud. MerteuS Original Parifianar Wotans Abschied, Schwank in einem Akt: Ein wenig Musik, Sketch in einem Akt; Das starke Stück. Lustspiel in einem Akt; Der Herr ohne Wohnung, Possrnsketch in einem Akt. Anfang 8 Uhr. Konzerte 4 Uhr. s Zoologischer Garten Ans. 6 Uhr. Große Wirschaft Anfang BartetsS Biktoria-Salon Anfang 8 Uhr. > Musenhalle Löbtau Auf. 8 Uhr Flora-Theater Augsburger Str. 8. I U-«T.-Lichtsp., WaisenhauSst.3-11 Königshof Strehlen Ans. 8 Uhr. I Spielpl«« der Lhe«ter i« Leipzig Neues Theater. Donnerstag: Schürzenmanöver. Frei« ag: Mignon. — Altes Tbeater. Geschlossen. Operetten- ,Thea!er. Donnerstag: Polenblut. Freitag: Der keusche Joseph. — Schauspielhaus. Donnerstag und Freitag: AIS ich noch im Flügelkleide. — 34 — Auch Freddy von Donners Schritte lenkte besagtes Gefühl schon am frühen Morgen des nächsten Tages nach der Villa in der Rosaurenstraße. Niemand öffnete. Er fühlte Herzklopfen, während seine Finger wiederholt an die Scheiben der Eutrectür pochten. Zniii Glück stand diese offen. Um in das Paradies zu gelangen, war also nur ein moralisches Hindernis zu beseitigen, und das gelang dem Fähn- rich vo» Donner. Abgerissene Worte ans den Küchcnregionen drangen dabei an sein Ohr: ..Ne Wilde solle das sein? Nee, Karlineken, wenn die wild ist, dann siud s wir beede ooch. Kiecken Sie mal diese Stiebelnl Seitdem ich die sichern aber'« jcputzt, habe ick die janze Nacht davon jeträumt." Freddy errötete, während er einen verstohlenen Seitenblick nach der Stiefelaeaend riskierte. Tann tänzlte er den Korridor entlang, bis zu einer Tür, welche ihm wolichubenähnlich däuchte. Vorsichtig klinkte er sie auf. Erwartungsvoll lugte sein von Friseurs« Hand poiuadenduftig und lockcnkraus hergestelltes Haupt durch die Falten der Portiere. Wunderbar, welche Wandlungen doch die Zeit mit sich bringtl Vor einem Jahre — ach, tvas sage ich! Vor vier Wochen noch hätte das, waS Freddy sah, all sein Blut in fiebernde Extase gebracht, heute wünschte er es in die schöne Gegend, wo der Pfeffer wächst. Das „es" war nämlich Frau von Sporenfels. Neugierde, oder, wie sie selbst glaubte, der Wunsch, Frau von Heller zu helfen, hatte sie aus ihrem heimatlichen Parterre in die erste Etage hinauf- getrieben. Jetzt blickte sie schelmisch lächelnd dem zweiten Hilfsbereiten ent- gegen. „Herr Fähnrich von Donner, ei, ei, was wollen Sie denn hier zu so früher Stunde?" rief sie ihm neckend zu. „Gewiß bringen Sie Blumen?" „Allerdings," verbeugte sich der Enttäuschte, „ich wollte sie natürlich nur draußen abgebcn, aber da mir niemand aufmachte . . ." „Mußten Sie nolens volens hier hereinlugen," vollendete Frau von Sporcnfels. „Kann nur denken, wie peinlich Ihnen das gewesen ist." „O, solch kleine Schleichpatrouille ist gar nicht peinlich," renommierte der Fähnrich, während er keck und dreist in das Zimmer schritt. „Gnädigste gestatten, daß ich Ihnen diese Blumen überreiche," sagte er dann mit galanter Verbeugung. ./Rein, nein, bedenken Sie, heute ist der achtnndzwanzigste." Freddy warf sich in die Brust. „Pah das spielt bei meiner Zulage keine Nolle," erwiderte er mit der Miene eines Großmoguls. Die ganze Garnison wußte ztvar, daß Freddychens Zulage selten bis zum achtzehnten reichte, und daß cs nebenbei auch ein Kunststück gewesen wäre, niit so kleiner Zulage bei so großem Blumenaufwand länger zu reichen. Der — 35 — Kleine aber bildete sich doch ein, daß ihm die Menschen seinen tzermeintlichen Reichtum glaubten, und das war schließlich die Hauptsache. Natürlich jubelte er im stillen Grunde seines Herzens darüber, daß er heute nicht noch einen zweiten Sturm auf die bedenklich reservierte Blumen fee machen mußte, während er seiner Meinung nach äußerst geschickt den Ge- kränkten spielte. Dann lenkte er mit ängstlicher Hast das Gespräch auf ein anderes Thema hinüber. „Schneidig, von Heller, Millionen zu importieren!" näselte er, an seinem Monot'le putzend. „Wünsche, wäre auch erst so weit." „Vorläufig denken Sie an Ihren Examen, Kleiner," riet Frau von Sporenfels. Freddy dachte nun aber gar nicht gern an das Examen. Die Exaniina weigerten sich nämlich wnnderbarerweise stets, von ihm bestanden zu wer den; besonders das Abiturium hatte eine grimmige Konsequenz darin be- wiesen. Er war ja nun zwar eine so großartig angelegte Natur, daß er auf derartigen Humbug keinen weiteren Wert legte. Wer hätte es Cäsar und Alexander dem Großen je nachgetragen, daß sie nie ein Examen bestanden, und mehr wie die brauchte Freddy von Donner doch eigentlich auch nicht zu leisten! Aber die Menschen des sin de siöcle waren nun mal so komisch. Die Erinnerung an diese komischen Examiationsgebräuche hatte ihm seine schöne Morgenlaune wieder total verdorben. Die Sporenfels konnte wirklich recht fade sein, und es war besser, cr beendete dieses tcte-li-tete. Mit steifer Verbeugung zog er sich zurück. Frau von Sporenfels sandte ihm ein Helles Gelächter nach, und davon herbeigelockt, trat Leo in das Zimmer. „Himmclclement, was ist denn hier eigentlich los?" rief er schon von weitem. Frau von Sporcnfels eilte ihm, noch immer lachend, entgegen. „Wie Sie sehen, bin ich los," sagte sie munter. „Ich habe Ihnen näm lich ein kleines Dejeuner heraufgebracht," fügte sie erklärend hinzu;« „denn mir schwante, daß der gute Heinrich doch nicht ganz Herr der Situation sein würde. Und meine Ahnung betrog mich nicht. Als ich mit meiner Karline hier anfzog, war er gerade im Begriff, Ihre Frühstücksteller mit den Rock- zipseln seiner letzten Garnitur abzuwischen." Leo schauderte. „Da sieht man, was es zu bedeuten hat, wenn der Urlaub einen Tag vor dem Ziehtermin der Kammerjungfern ablänft." „Ihre liebe Gattin soll sich halt gleich als gute Soldatenfrau de- währen." „Wie die Bewährung werden wird, ist mir noch etwas unklar," bemerkte Leo. „Meine Edith ist nämlich schrecklich verwöhnt, hat von den deutschen Verhältnissen keinen Begriff, und nun erst vom Militär! In ihrer weitem- legenen Plantage kam dergleichen natürlich nicht vor." fügte er lachend hinzu.