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Beilage zu Nr. der „Sächsischen Dolkszeitung^ Aus Stadt und Land. —* Das Sächsische Telegraphen- und Nachrichten- Bureau meldet: Auch der Dresdner Rat scheint davon über zeugt zu sein, daß die indirekten städtischen Ab gaben ans Lebensmittel nicht mehr zeitgemäß sind, denn der Rat trifft bereits Vorkehrungen, welche deutlich er kennen lassen, daß die Einnahmestellen für indirekte städtische Abgaben bald an der Stadtgrenze verschwinden werden. So ist man beispielsweise bemüht, eine Anzahl dieser Be amten. meist jüngere, schon jetzt in anderen städtisck)en Ressorts unterznbringen, so daß man bei der Aushebung der städtischen Einnahmestellen mir noch mit den älteren Beamten zu rechnen hat. Diese Aufhebung bedeutet für die Stadt Dresden bekanntlich eine jährliche Minder-Ein nahme von rund 2 Millionen Mark. Die Dresdner Stadtverordneten - mahlen sind bis zum 0. Dezember verschoben worden. Die Verschiebung der Wahl erfolgt angeblich deshalb, weil vor den Neuwahlen noch die Ergänzungswahlen zum Rats- kollegium vollzogen werden sollen. Die unbesoldeten Stadt räte werden bekanntlich aus dem Stadtverordneteukollegium gewählt. Jedenfalls ist diese Verschiebung sehr auffällig und es liegt der Verdacht nahe, daß die in Aussicht stehende Verschlechterung des Dresdner Stadtverordnetenwahlrechts doch noch vor de» Wahlen vorgenommen werden soll. Alle Gegner der Wahleutrechtuug der Dresdner Bürgerschaft werden gut tu», ans der Hut zu sein. L u s t b o l l o u - M o d e l l - A u s st ell » u g. Die Lustschifser Beckert und Lämmel in Dresden habe» im Restaurant ..Stadt Kilchberg", Große Frohngasse Nr. 5». eine großartige, sehenswerte Ausstellung von Luftballon- Modellen aller (Haltungen arrangiert und sind dieselben vollständig kostenlos zu jedermanns Ansicht ausgestellt. Zirka 25 plastische Modelle, diverse Photographien (vom Luftballon ans während der Fahrt ausgenommen), Er klärungen der verschiedenen Ballonsysteme, zun, Beispiel: Kriegsballons verschiedener Nationalitäten, Fesselballons, lenkbares Luftschiff-Modell nsw., sowie selbsterlebte Luft- ballonsahrtenschilderungen, und jede gewünschte Auskunft finden für Interessenten bereitwilligst jederzeit gern direkt vom Lustschisfer statt. * In einer unserer bedeutendsten Verkehrsstraßen, der Wilsdruffer Straße, hat sich seit einigen Tagen ein ganz dein modernen (heiße unserer Zeit entsprechendes, dem raschen Verkehrsbedürfnis unserer Tage Rechnung tragen des Restaurant anfgetan, nämlich das O. Sta m m s ch e A n t o m a t e n r e st a u r a n t. Unsere jetzigen Bedürf nisse kommen immer mehr auf ans die Verwircklichung des Wortes „Zeit iß Geld" zu. Dementsprechend hat das Kon- sortnm, welches das neue Automatenrestaurant finanziert bat. das Bestreben gehabt:, den Verkehr in dem neuen Restaurant ans Schnelligkeit nnd rasclie Erledigung der Anforderungen z^iziispitzen. Es. sind verschiedene Abtei lungen eingerichtet, für deren jede ein besonderer Apparat i . vorhanden ist. Ta werden Biere, Liköre. Weine, Kon ditoreiwaren, belegte Brötchen, Stück für Stück Ul Pfennig, alles in vorzüglichster und stets frischer Ware, wie es das Prinzip der Inhaber ist, geboten. Auch warme Speisen sind zu sehr billigen Preisen, wenn auch naturgemäß nur in geringer Auswahl, vorhanden. Man sieht: „Es ist ja alles da!" Der Hanptvorzug des Lokals besteht aber nicht allein in der Gediegenheit der dargebotenen materiellen Genüsse. Ter gute Fundus, den das ganze Unternehmen hat, hat auch eine durchaus künstlerische, im Stil streng ein heitliche, äußere Ausführung des Unternehmens ins Werk zu setzen ermöglicht. Es ist jedenfalls den Unternehmern als ein hohes Verdienst anzurechnen, daß sie hierbei so wenig wie möglich zu sparen bestrebt gewesen sind. So konnte sich der künstlerische Vater dieser Schöpfung, Herr Architekt Reimer, in seinen künstlerischen Ideen saß voll ßändig ansleben, und man muß gestehen, daß das, was er gei'cliaffen, die höchste Anerkennung verdient. Es iß in dem ganzen Lokal, vielleicht mit alleiniger Ausnahme der von der Berliner Automatenfabrik Sielafs gelieferten Apparate, die etwas herkömmlichere Dekorationen zeigen, ein einbeit lickier Stil gewahrt worden, der in jeder Beziehung aus Originalität nnd Vornehmheit Anspruch machen kann. Natürlich iß die Dekoration durchaus modern gehalten, in weiß, gold und braun. Das ganze Restaurant macht, zu mal auch in Zukunft die Anbringung von Reklameplatäten und sonstigen Aushängeschildern vermieden werde» soll, vielmehr den Eindruck eines vornehmen Klubhauses, als den eines viel sreguentierten Restaurants. Damit soll na türlich nicht die Hoffnung ausgeschlossen werden, daß die Frequenz nicht derjenigen eines modernen Welt nnd Ver- khersreßanrnnts entsprechend wird. Sonnabend nachmittag 2 Uhr wurde nun dieses zweifellos sehr weltstädtische Etablissement im kleinen Kreise durch eine Feier eröffnet, wobei die Anwesenden Gelegenheit batten, bei einem Glase „Henkell trocken" den Unternehmern die Glückwünsche für das Gedeihen des Lokals entgegenzubringen. * Deutscher Radfahrer b und. Ga » 2 l I», Dresde n. Die ganz hervorragenden, von keinem Bunde der Welt übertroffenen Leistungen des „Deutschen Nad- falirerbnndes" und des Gaues 21 I>. Dresden, ans sport lichem und wirtschaftlichem Gebiete (z. B. kostenlose Haft pflichtversicherung bis zu 1(10 000 Mark nnd eine sehn segensreiche Unfallversicherung gegen eine geringe Entschä digung. Lieferung von ausgezeichneten Kartenmaterial und Tonrenbüchcili usiv.) machen die Mitgliedschaft bei ihm ganz besonders wertvoll und empfehlenswert. Jahresbei trag nur 0 Mark, Eintrittsgeld 3 Mark. Familienange hörige (Damen) die Hälfte. Anmeldungen für 1005 neh men entgegen die GeWiftsstelle: Herr Theodor Machsmnth (Dreßlers Nachf.), Dresden-Altstadt. Schloßstraße. —* Die in Loschwitz verhaftete Schrift- ßellerin Heine hat Betrügereien in Höhe von 00 000 Mark verübt. Sie erweckte durch Depeschen nnd Briefe den Anschein, als ob sie in den höchsten Kreisen verkehre. * Der seiteinerWocheslüchtigeLchrer Siegcrt aus Ullersdorf, der wegen schwerer Delikte sein Amt verließ, wurde in Hamburg verhaftet. Man fand eine ttebersahrtkarte nach Amerika in seinem Besitz. Schandau. Die seit langer Zeit zwischen dem sächsischen Staat und den beteiligten Usergemeinden geführten Ver handlungen betreffend den Bau einer Straße am rechts seitigen Elbeuser von Schandau bis Schmilka (Fortsetzung Herruskretschen) sind nun soweit gediehe», daß mit dem Baue im nächsten Frühjahr begonnen werden wird. Meißen. <T o t a l h a v e r i e) erlitt bei Neu-Hirschstein ein mit Kohlen befrachteter Kalm der Vereinigten Elbschiff- falirts-Gesellichaste». DaS Fahrzeug fuhr auf einen in der Fahrrinne liegenden großen Stein mit solcher Gewalt auf, daß in den Schifssboden ein großes Loch gerissen wurde. Schnell wurde das Schiff nach dem jenseitigen seichten User bugsiert, wo es alsbald aus Grund ging. Ten Schiffsmann schaften gelang es nur, ihre notwendigsten Habseligkeiten zu bergen. Ladung nnd Fahrzeug sind versichert. Dohna. Seit längerer Zeit wurde der hiesige Schützen hauswirt Karl Materni) vermißt. Vor einigen Tagen traf nun ans Basel die Meldung ein. daß der Verschwundene dortselbß wegen Betrugs verhaftet wurde und sich in der Gefängniszelle erhängt hat. Radebiirg. Znm Bürgermeister ivnrde gestern Herr Bürgermeister a. D. Moritz Richter, früher in Lnnzenau, jetzt in Leipzig wohnhaft, gewählt. Leipzig. Freitag abend feuerte in dem Hause Zscliocher- ßraße Nr. 20 in Leipzig-Plagwitz der 27 jährige Mechaniker Job. Gottlieb Müller drei Revolverschüsse auf die 15>F. Jahre alte Marie Krauße ab. Zwei Schüsse, die aus den Rücken abgegeben waren, prallten an der Korsettßange ab. während der dritte Schuß daS Mädchen an der Backe leicht verletzte. Müller war von dem Mädchen znrückgewiesen worden und hatte schon vorher geäußert, er werde die Kranße erschießen, wen» er sie nicht bekäme. Nach der Tat ergriff er die Flucht, stellte sich aber Sonnabend früh selbst der Polizei. Leipzig. In den Parterreräninen des ..Kristallpalastes" ist die vom Leipziger Gärtnereiverein veranstaltete Jubi länms - Ausstellung (12. bis 20. November» eröffnet worden. Die Ausstellung iß äußerst interessant. 125 Aus steller baden sich beteiligt. Ehcmnitr. Außer enormem Schaden hat der letzte Sturm hier auch Unglück angerichtet. Am Schloßteich an der Matthes-Straße wurde der 07 Jahre alte Privatier Kaufmann vom Sturm an einer abschüssigen Stelle in den Teich geschleudert und ertrank. In der Voigt-Straße wurde ein größerer Schnlknabe von einem vom Wind herab- gcworsenen Essenteil so schwer am Hinterkopse getroffen, daß er neben anderen Verletzungen einen Sckiädelbruch erlitt. Chemnitz. Die hiesige Gcwerbekainmer hat an eine große Anzahl Obermeister und Jnnungsausschüsse der Städte des Kammerbezirks Anfragen wegen Errichtung von — >22 — das Teebrett zurechtmachte, und ich erzählte ihr von dem kleinen Besuch und was Sie alles dazu vorbereitet hätten. Es wäre für sie ein großes Vergnügen, wenn sie die Prackst sehen dürfte." „Natürlich soll sie kommen," erwiderte Holdsworth, den die Einfachheit dev Leute rührte. Bald wurde leise geklopft und Frau Parrot erschien in der Tür, die mit dem Eintritt zögernde Mutter ermunternd: ..Komm nur, komm, Mutter. Herr Hampden freut sich, deine Bekannt- ickiaft zu machen." Tie alte Frau trippelte nunmehr herein nnd machte eine altmodische Verbeugung. „Na. Mutter, was sagst du dazu?" „Habe nie was AehnlichcS gesehen," stimmte die Matrone zu, indem sie unruhig an ihrer Brille rückte und den zitternden Kopf bald da-, bald dorthin wandte, bis endlich ihre Blicke an dem Tische lxrften blieben. „Aber Sahra, das sind ja unsere besten Tassen!" „Gewiß, ich habe dir ja gesagt, daß ich sie nehmen wollte. Siehst du denn nicht das kleine Mädchen, Mutter ?" „Sie sehen? -- Natürlich sehe ich sie. -- Na, mein Püppchen, dir ge- sällt's wohl hier? Solch schönes Spielzeug möchte ich selber noch haben! Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr ,Hampden," fuhr sie dann mit einer wieder um sehr komisck>en Verbeugung gegen diesen fort, „daß Sie mir erlaubt haben, cinzittreten und alles anzusehcn." „Bitte, bitte," entgegnete Holdsworth freundlich. „Nun müssen Sic aber auch von dem Kuclien kosten. Wollen Sic nicht znlangen? Sie selxm, es iß genug für uns alle da." „O, Sie sind sehr gütig, ich esse gern einmal ein Stückclien. ES gab eine Zeit, da buk ich selbst Kuchen, der sehr viel Beifall fand, wenn meine Herr schaft Besuch hatte: ich war nämlich, bevor ich heiratete. Wirtschafterin bei Ba ron -Harowdon. Das ist freilich schon lange her. aber meine Tochter kann cs mir bestätigen, wie ihr Vater immer mein Backwerk lobte. Ja, ja, wenn ich an die Zeiten denke! Doch ich will nicht länger stören. Sarah komm, wir niollcu gehen! Herr Hampden wird wohl erlauben, daß ich ihn mir mit nehme. Gib der alten Großmutter noch ein Patschhändckien." fuhr sie, an das >lind herantretend, fort, indem sic ihm ihre zitternde runzelige .Hand ent gegenstreckte. — „So — du bist ein liebes kleines Ding. Nun spiele auch recht artig mit deinen schönen Sachen, damit Herr Hampden sich über dich freut." Hierauf dankte das alte Mütterchen Holdsworth noch einmal umständ licki und verließ dann am Anne der Tochter das Zimmer. Die Kleine hatte inzwischen jede Scheu gegen Holdsworth verloren. In Hellem Vergnügen biß sie abwechselnd in ein Stück Kuchen oder in die mit Marmelade bestrichene Brotschnitte, nahm ab und zu ein Schlückchen von der Milch, die Holdsworth extra in besonderer Güte beschafft hatte, sah zwischen durch nach ihren Puppen, ihrem Baukasten und ob das Pferd auch inztvischen nicht mit dem Wagen durchgegangen wäre, kurz es schwelgte in einem Meer von Seligkeit. Holdsworth »vandte kein Auge von dem vor freudiger Aufregung glü- benden kleinen Gesichtchcn, und wenn er sprach, lag eine Weichlxnt in seiner Stimme, welche ihm daS Vertrauen des Kinde« gewann. — 120 — „Also, Herr Hampden, alles iß bestens besorgt. Frau Konweg läßt sich Ihnen vielmals empfehlen nnd wird mit Vergnügen ihr Töchterchen um lmlb vier Uhr herüberschicken." Holdstvorths Gesicht hatte einen glückstrahlenden Ausdruck angenommen. „Ich danke Ihnen herzlich, Fra» Parrot, daß Sie sich so viel Mühe gemacht haben," ries er, indem er die Uhr aus der Tasche zog. „Es iß jetzt dreiviertel auf drei. Da habe ich gerade noch Zeit, »ach der Hochstraße zu gehen und Kuchen zu kausen. Sie ißt gewiß gern Kuchen Pflaumenkuchen denke ich; und Inas meinen Sie, soll ich nicht auch etwas Marmelade mitbringen? Die wird ilir doch gewiß schmecken, und was vielleicht sonst noch? Sagen Sie mir, liebe Fra» Parrot, was mögen denn kleine Mädchen gern?" „Ack, Gott," lachte nun Frau Parrot hell heraus, „solch kleine Dingel- lieben alle Süßigkeiten. Aber machen Sie sich doch nicht selbst Mühe, ich kann ja lünlausen und entkamen, was Sie wünschen." „Nein, icki danke Ihnen," erwiderte er. eilig Hut und Stock nehmend, „das muß ich selbst tun. Es gibt vielleicht noch mehr Sachen, die ihr Freude machen würden, die mir aber nicht einsallen, wenn ich sie nicht sehe. Bereiten Sie de» Tee aus vier Ulir. In zwanzig Minuten denke ich zurück zu sein." Damit war er schon zur Tür hinaus. Frau Parrot sah ihn kopfschüttelnd nach, als er, jo rasch er nur konnte, die Ltraße entlang lies. „Ist mir mein Lebtag so was vorgekonimen? Ter iß ja wie toll auf das Kind, das er gestern zum ersten Male gesehen lxit. Irgend eine Schraube muß doch bei ihm los sein. Mutter werde ich lieber nichts davon sagen, die möchte sich doch am Ende ängstigen." Die eigenen Nerven der guten Frau waren indessen nicht so zart, daß sie sich wirklich Sorge gemacht hätte, im Gegenteil, sie nahm ganz an seiner Freude teil nnd ging mit Vergnügen daran, alles für den Tee vorzubereiten. Schnell lief sie hinaus und entnahm einem kleinen Glasschrank eine Teekanne, einen Sahnentopf nnd zwei schön gemalte Tassen. Ans einer Kommode holte sie ein prächtiges Teebrett hervor, auf welchem Paradiesvögel von Perlmutter ans roten Bäumen saßen. Sie trug alle diese Sachen in die .Küche, eilte dann in den Garte» und pflückte ein Bouguet duftender Blumen, mit welchen sie das Teebrett aus putzte. Hierauf nahm sie ein Brot und schnitt dünne, appetitliche Sckmittclien. Als sie alles zierlich auf dem Teebrett geordnet hatte, trat sie einen Schritt zurück, um ihr Werk zu bewundern. Um einviertel auf vier kehrte Holdsworth heim, gefolgt von einem Jun gen. der den ganzen Arm voll Pakete trug. Frau Parrot kam eilfertig herbei, nahm dem Jungen die Pakete ab und legte sie auf den Tisch. Es waren noch andere Sachen als Eßwaren darin, obgleich auch diese in so reickier Fülle ver treten waren, daß Holdsworth damit eine ganze Gesellschaft hätte bewirten können. Nach und nach packte Holdsworth Obst, Kuchen. Krausen mit Gelee. Pfeffernüsse, Konfekt, Torte, eine Puppe, ein Pferd mit einem Wagen und einen großen Baukasten ans. Frau Parrot war sprachlos und wurde ganz starr vor Staunen, als sie die Fülle dieser Dinge sah. Auf HoldswortbS Bitte nahm sie die Eßwaren, um sic in der Küche zierlich anzurichten-, Holdsworth verbarg das Spielzeug in einen, Schrank nnd stellte sich dann an das Fenster, um Nellh zu erwarten. i.t