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KWsche AolksMung r^iäieint täglich «achm. mit Ausnahme der Sonn- u. Festtage. d^g-preiS: Vierteljahr!. 1 Mk. SV Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 8888. Bei außerdeutschen Postanstalten laut ZeitungS-PreiSliste. Einzelnummer 10 Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit. vuclxlriicllerel, lkHalttloi» und krrcbättrrieller Dresden, Pilluitzer Straße 43. Inserate werden die 6 gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 18 Pf. berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Uhr. Fernsprecher: Amt l. Nr. 1800. Ak. 137. Katholiken: Herz Jesu-Fest. Freitag, den 19. Juni 1903. Protestiknten: Silverius. A. JühVAMlA. Juin Tobestage unseres unvergeszlichen Königs Albert. ^ Ein Jahr ist in das Meer der Zeit dahingegangen, Seit, König Albert, Du das Zeitliche gesegnet; Doch unentwegt lebt heute noch in unfern Herzen Dein hehres Angedenken, allgeliebter König, Der uns die schönste Tugend stets, die Treue, lehrte Und mit ihr allzeit wahre Gottesfurcht verbunden. So werden immer wir in echter Sachsentreue, Don Dank erfüllt, bis in die fernsten Zeiten An diesem Tage jenes großen Königs denken, Der in Betätigung der hohen Herrscherpflichten Sein teures Oolk stets über alles liebte; Der aber auch, wenn's galt, den heim'schen Herd zu schützen, Zu kämpfen für des ganzen deutschen Oolkes Rechte, Als tapfrer Kriegesheld das treue Schwert geschwungen. Dein dankerfülltes Volk in Sachsens weiten Gauen Erhebet heut zu Gott den Mick, zum Herrn der Melten. G segne jene Saat, die einst Albertus säte, Sie sprieße ewig zu des Sachsenvolkes wohle, Dir, Gott, zur Ehre und der Menschheit stets zum Heile! Is. Nach der Schlacht. Tie Würfel sind gefallen. Das dentsche Nalk hat für fünf Jahre über seine größte gesetzgebende Körperschaft die Entscheidung getroffen. Sie ist für das Zentrum ausgefallen, wie es zu erwarten war. Aengstliche Gemüter fürchteten einen starken Rückgang der Zentrnmsst'minen. unsere Gegner wünschten ihn, und noch nach dem Wahl- resultat hat der „Vorwärts" die Kühnheit, zu behaupten, die Sozialdemokratie sei in die Burgen des Zentrums stürmisch «ungebrochen; ein übrigens sehr ungeschicktes Manöver, denn 30 Zeilen hinterher giebt das Sozialisten- Llatt in einem „Das Volksgewitter" überschriebenen Artikel gemütlich zu: „Tas Zentrum wird wohl seinen Besitzstand ziemlich behaupten." Tas ist ja äußerst gnädig in einem Moment, wo die Wahlen beweise», das; das Zentrum in keiner entscheidenden Stelle von den Sozialdemokraten gestürzt ist, weder in Mainz, »och in Köln, noch in Düsseldorf. Trei Hanptmomente sind beim Wahlergebnis in die Angen springend. 1. Tas riesige Anwachsen der sozialdemokratischen Stimmen. 2. Tie Zerreibnng des Bundes der Landwirte und des Freisinns. ü. Ter unerschütterliche Bestand des Zentrums. Es sind im Besitze des Zentrums Lücken entstanden durch die Eigenwilligkeit der Polen, die bisher vom ,-jentrnni in der selbstlosesten Weise unterstützt worden sind. Einige schlesische Wahlkreise — aber längst nicht so viele, als man befürchten durfte — gehen verloren. Dazu Frausladt-Lissa, wo der Eentrmnsmann I)r. Tasch durch die Schuld der Polen ans der Stichwahl gedrängt wird. Dafür hat das Zentrum andere Sitze gewonnen, darunter dcn Jahrzehnte lang beiß umstrittenen Kreis Ott weil er- St. Wendel-Meisen heim im Königreiche Stumm, wo der Abgeordnete Fuchs gewählt ist. Die zahl reichen Stichwahlen, wie 1303 ein Charakteristikum der Wahl, werden noch mehr Gewinne bringen. Aber viel schwerer als im Osten, ist den Polen das Vorgehen m Westen anznrechncn. Hier sind die drei Niesenkreise Dortmund, Bochum und Duisburg lediglich durch die Lmiderbündelei der Polen dem Zentrum verloren, weil es i» allen drei Kreisen aus der Stichwahl ansscheidet, die jedesmal die denkbar anssichtsvollste gewesen wäre. Das wird man sich merken! Im Uebrigen hat das Zentrum bei der Hanptwahl die meisten Sitze von allen Parteien be hauptet bezw. gewonnen. Wir können also zufrieden sein, besonders, weil nirgendwo ein Nachlassen, überall eine Annahme der Zentrumsstimmen zu verzeichnen ist. Die Wühler haben ihre Schuldigkeit getan: Schwarz ist noch ebenso und mehr Trumpf als Rot! Daß die Sozialdemokratie bei der entsetzlichen Zer splitterung der Parteien gewinnen mußte, war ziemlich klar. Sie besitzt jetzt ziemlich alle großen Städte, wo nicht die Katholiken die Mehrheit haben. Sachsen ist noch roter als vorher. Nun mögen sich doch die Kartellparteien gefälligst wieder einmal auf das Empfinden des sächsischen Volkes in- bezug ans die Jesuitenfrage und den Tolcranzantrag be rufen! Wir werden ihnen das Wahlresnltat vor Augen halten und betonen können, daß die große Masse des sächsischen Volkes am 10. Juni für die Aufhebung des Ausnahmegesetzes und für den Toleranzantrag gestimmt hat. Man hat Sachsen bislang als die Domäne des Evan gelischen Bundes ausgegeben. Die Vnndespastoren haben die Politik des Landes geleitet und die Massen für kon fessionelle Objekte zu fanatisieren gesucht. Nun ist in den Besitzstand des Evangelischen Bundes die Sozialdemokratie eingetreten. Die Schuld hat einzig und allein die Kurz sichtigkeit der Führer inbezng ans das Volksempfinden. Aber wenn man den Balken im eigenen Auge nicht sieht, dagegen nur immer ans den Splitter im Auge des Bruders aufmerksam macht, so kann es nicht anders kommen. Wäre es nicht besser gewesen,' wenn die Torwarte in Zwickau und anderswo vor der evangelischen Burg gründlich Kehr aus gemacht hätte, statt sich fortgesetzt um Rom und „Los von Nom" Abfälle zu kümmern? Möge die furcht bare Niederlage der konfessionellen Hetzpolitik die nötige Einsicht bringen. Berlin ist die Hochburg der Sozialdemokratie ge worden. Ein einziges Mandat im ersten Wahlkreise haben die Liberalen in die Stichwahl gebracht. Aber hier sind Belehrungen nutzlos. Nur für uns liegt eine Lehre, auch für die Stichwahlen, darin, was bei der Uneinigkeit und Zersplitterung heranskommt. Erfreulich ist das Anwachsen der Berliner Zentrnms- stimmen. Sie haben sich verdoppelt und es würden noch mehr gewesen sein, »venu die Organisation der Berliner Katholiken nicht noch so jung wäre. Freilich ist die Ziffer noch klein im Verhältnis zur Gesamtzahl der Katholiken in Berlin. Da sprechen mehrere Umstände mit: die Groß stadt, die Kirchennot und die Schwierigkeit der Agitation bei den großen Entfernungen. Aber die Probe ans die Versammlung im Zirkus Busch ist geglückt; es sind in Groß-Berlin rund 10 000 Zentrnmsstimmen abgegeben worden. Auch die Konservativen wahren ihren Besitzstand. Sehr übel aber ist es dem Bunde der Landwirte er gangen. Er hat zunächst mir ein einziges Mandat gerettet. Hahn und Rösicke sind dnrchgefallen und der Parteiführer I)r. Oertel muß sich einer Stichwahl unterziehen. Die Herren Bündler haben jetzt wirklichen Grund znm „Schreien", aber nicht über andere Leute. Die Nationalliberalen sind noch mit einein blauen Auge davongekommen. Schlimm stehts mit dem männlichen und weib lichen Freisinn! Er hat Verluste über Verluste, die Folge seines unentschiedenen Schwankens in wichtigen Fragen. Nun gilt es noch einmal den Kampf bei den Stich wahlen! Das Zentrum kann cs dabei gut bis hundert Mandate bringen, denn nach dem Ausfall der Hanptwahl ist das zu hoffen. Auch bei uns in Sachsen werden die Zentrumswähler im 3. Wahlkreis in die Lage kommen, ein entscheidendes Wort zu sprechen. Es handelt sich dort um den Zweikampf zwischen Reformer und Sozialdemokrat. Die Katholiken sind dort das Zünglein an der Wage. Will Gräfe siegen, so hat er sich den Katholiken gegenüber entgegenkommend zu zeigen. Wenn er es nicht tut, so werden die Zentrmns- wähler „Gewehr bei Fuß" stehen bleiben, und den Kampf der beiden Gegner mit ihren eigenen Truppen führen lassen. Die Zentrnmsivählerschast, die trotz der Fahnenflucht einzelner Katholiken stramm die Parteidisziplin in lobenswerter Weise wahrte, hat gar keinen Grund, so leichten Kaufes sichere Vorteile ans der Hand zu geben. Man trete an uns heran und im Bantzner Wahlkreise werden wir mit demselben Eifer für Gräfe eintreten, wie die Katholiken im ersten Wahlkreis für den freisinnigen Kandidaten selbst in Wählerversammlnngen agitiert haben. Nichts macht eine Partei mehr lächerlich, als wenn sie im entscheidenden Augenblick vor dem Feinde den Führern nicht Folge leistet, sondern planlos durcheinander hastet, wie es einzelnen ehrgeizigen Männern gefällt. Da wird durch eine Unglngheit, die an offenen Verrat grenzt, eine wohlerwogene Taktik über den Hansen geworfen und durch wilde Bandenführer dem Gegner das ganze Heer in die Hände geführt, ohne daß er es nötig hat. wegen der Be dingungen zu verhandeln, unter denen es für ihn event. zu haben wäre. Wir hoffen, daß die Wahlgeschichte znm zweiten Mal kein so abstoßendes Bild bieten wird, wie es in den katholischen Zeitungen bei der Hanptwahl im dritten Wahlkreis — ein Wahlkreis gut katholischer Männer — zu deren Beschämung festgenagelt werden mußte. RcichötagSwahl-Ergebnisse. (Fortsetzung.) 3 entr u in : Meinstei»: Hirscliberg. — ^üllichau: Schlüter. — Ellwangen: Prof. Hofinann. — Glatz: Hartinann. — Frankenstein l Schlesien): Gros Praschma. — Ratibor: Pfarrer Frank. — Neissc: Slistsrat Horn. — Hciligenstadt: Strombeck. — Tecklenburg: .Herold. — Münster: Frhr. v. Hertling. — Borkum: Euler. — Lüdinghausen: Wattendors. — Paderborn: v. Sabignh. — Olpe: Fusangel. — Lippstadt: Schwarze. — Montabaur: Dr. Dahlem. — Köln-Land: Pingen. — Bonn: Spahn. — Waldbroel: Becker. — Mors: AmlS- gcrichtSrat Fritzen. — Kempen: Landesrat a. D. Fritzen. -Krefeld: Bachem. — Neuß: am ^ehnthoff. — Neuwied: Stopp. — Eoblcuz: Welkstem. — Prüm: Dasbach. — Wittlich: v. Wolfs-Metternich. — Saarbnrg: Rocren. — Ottweiler: Fuchs. — Enpeu: Nacken. — Nachen: Sittard. — Düren: Graf Hompesch. — Geilenkirchen: Opfcrgelt. — Sigmaringcn: Pfarrer Bumüllcr. — Passau: Dr. Pichler. — Ncgcnsburg: b. Pfetten. — Ambcrg: Six. — Bamberg: Dr- Schädler. — Immenstadt: Schmidt. — Blaubenren: Gröber.— Biberach: Erzbcrger. — Ravensburg: Pfarrer Leser. — Cvnstanz: Hug. — Schopfheim: Pfarrer Schüler. — Lahr: Fchrenbach. — Kehl: Schüler. — Sichern: Dr. Lender. — Adelsheim: Zehnter. — Delmenhorst: Bnrlagc. K o »servative: Rasteiibiirg: v. Rautrr. — Piükallcn: Graf Kanitz. — Johannes burg: Graf Stolberg-Wernigerode. — Prenzlau: v. Winterfeldt. — Königsberg (Frankfurt): Dr. v. Saliern. — Neustettin: v. Bonin. — Rügen: v. Riepenhausen. — Mescritz: v. Geßdorf. — Wohlan: Graf Carmer. — Namslau: v. Spiegel. — Vreslan-Land: Graf Limbnrg-Stirum. — Creutzburg: Fürst Ehr. zu Hoheiilohe-Oehringen. Sozialdemokraten: West-Havelland: PäuS. — Teltow: 3»bcil. — Breslau (West): Bernstein. — Waldenburg: Sachse. — Ncichenbach (Schles.): Kühn.