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Montag den 26. April 1916 Sächsische BolkSzettung Nr. 94 — Seite 2 Wien. (W. T. B.) Amtlich wird verlautbart den 25. April mittags: An der Karpathenfront wurde im Orawatale bei Koziowa ein neuer Erfolg erzielt. Nach tage langem, mit großer Zähigkeit durchgeführtem Sappen- nugriss stürmten gestern unsere Truppen die Höhe Ostry südlich Koziowa. Gleichzeitig gelang es den an schließenden deutsche» Truppen, an und westlich der Straße Raum nach vorwärts zu gewinnen. In Summa wurden K 5 2 Nüssen gefangen. Durch die Erstürmung der Höhr Ostry und durch die Eroberung des Zwininrückens Ansang April ist nunmehr der Feind von den ver- bündele n Truppen auf der ganzen seit Monaten zäh verteidigten Stellung beiderseits des Orawatales ge- worsc n. In den übrigen Abschnitten der Karpathcnfront ver einzelt Gcschübkamps. In Galizien und Polen zumeist Ruhe. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: v. Hofer, Frlomarschall-Leutnant. Papst Benedikt XV. und der Krieg Papst Benedikt XV., dessen Mahnworte zum Frieden und zur ausgleichenden Versöhnung bekannt sind, hat viel zur Milderung der Kriegshärten getan. Besonders bat er sich große Verdienste erworben bei dem Abschluß des Ab kommens zur Auswechselung der schwerverwundeten und kriegsinvaliden Gefangenen. Diese hochherzige Anregung des Papstes hat überall dankbare Gefühle ausgelöst. Die Schriftleitung der «Köln. VolkSztg." erklärt sich nun bereit, eine gemeinsame DankeSkundgebung für den Papst in die Wege zu leiten. Sie bittet daher die gewesenen KriegS- gesangenen, ihre genauen Namen und Adressen mitzuteilen, die dann in Köln zu einer gemeinsamen List« vereinigt werden. Erzbischof Kardinal v. Hartmann wird dann die Kundgebung nach Rom übermitteln. Der Kaiser an die Stadt Köln Köln. 24. April. Von dem Kaiser ist auf ein Hul- digungStelegramm des Oberbürgermeisters aus Anlaß der 100jährigen Zugehörigkeit Köln« zu Preußen nach stehendes Telegramm eingetroffen: «Großes Hauptquartier. Für treues Gedenken der 100jährigen Zugehörigkeit Kölns zur Krone Preußens meinen wärmsten Dank. Die Stadt kann stolz sein auf die Ruhmestaten ihrer Männer und Jünglinge, deren Kraft und Heldenmut zum Schutze des Vaterlandes gegen den Ansturm der Feinde hervorragend beigetragen haben. Möge die rheinische Metropole sich auch im kommenden Jahrhundert als festes Bollwerk am deut- schsn Strom erweisen, der Kölner Bürgerschaft unter dem Schutze des deutschen Aars Glück und Wohlergehen in reichem Maße beschieden sein. Wilhelm." Erneute Auszeichnung des Grafen Zeppelin Stuttgart. 24. April. Wie das „Württembergische Militär-Verordnungsblatt" meldet, hat Gras Zeppelin das Eiserne Kreuz 1. Klasse erhalten. Asquith kündigt den neuen Tardancllcnangriff an Kopenhagen, 21. April. Lord Bcresford fragte Asquith in der gestrigen Unterhaussitzung, wer die Ver- aniwortnng für die Operationen bei den Dardanellen trage, ob es babsichtigt sei, einen gleichzeitigen Angriff von der i See und vom Land ans vorzunehmcn, ob der schlietzliche Sieg dadurch verzögert werde, daß Seeangriffe unter nommen seien, ohne daß vorher Truppen gelandet wären. ASquith erwiderte, ein neuer gemeinsamer Angriff von j Heer und Flotte unter Verantwortung der Regierung würde j vorgenommen. Ter türkische Bericht Ä o n st a n t i n v p e l. (W. T. B.) Meldung aus dem ' Hauptquartier vom 25. April: Heute vormittag eröffnetc die russische Flotte zu Temonstrationszwecken ein Feuer außerhalb der Fcuerlinie unserer Bosporus- Befestigungen, das eine halbe Stunde dauerte, und zog sich unmittelbar darauf in nördlicher Richtung zurück. Unsere Befestigungen hielten es nicht für notwendig, das Feuer zu erwidern. Bon den übrigen Kriegsschau plätzen liegen noch keine wichtigeren Meldungen vor. Die Entspannung zwischen Japan und China Kopenhagen, 25. April. Die Petersburger Tcle- graphen-Agentur hat am Mittwoch ein Tokioer Telegramm ausgegebcn, das sie als amtlich bezeichnet. Es lautet: All- i gemein wird eine Entspannung der japanisch. chinesischen Beziehungen festgestellt. Der Kriegs- j minister hat die cinbcrufcncn Reserven der Jahrgänge 1890 und 1889 vorübergehend entlassen. (Nat.-Ztg.) Zu den Kämpfen bei sljpcrn Berlin, 26. April., Während die Oberste Heeres leitung neue deutsche Siege bei Apern meldet, verdreht der amtliche französische Bericht von Sonnabend abend die Tatsachen, welche den vorausgegangenen heftigen Kämpfen um das Torf Lizerne zugrunde liegen. Die „Kreuzzeitung" bemerkt dazu: Die drei st e Ableugnung des deut schen Erfolges durch Joffre wagt French nicht mitzu- niachen und gesteht in seinem Bericht die e n a r m c n V e r - lnste der kanadischen Division zu. Es ist nicht ohne Interesse, daß French die Franzosen für die Nieder lage verantwortlich zu machen sucht. Ein hervorragender kirchlicher Führer der Lutheraner Amerikas schrieb laut „Tägl. Rundschau" dieser Tage an Professor Seeberg in Berlin: Mit aufrichtiger Freude dürfen wir sagen, daß die lutherische Kirche Amerikas in dem gegen wärtigen Ringen der Völker ans deutscher Seite steht. In Springfield z. B. haben wir durch Eingaben den Kongres bestürmt, die Waffenzufuhr an die Feinde Deutsch lands zu verbieten. Jni ganzen Lande haben die Deutschen gewaltige Sammlungen für das Rote Kreuz veranstaltet. In Nenyork allein sind nahezu 500000 Dollars beigcsteuert worden. Zur Stimmung in Italic» wird verschiedenen Morgcnblattern aus Nom berichtet, daß der amerikanische Krieg plötzlich ein neues Gesicht erhalten hat. Die philosophische Fakultät der Universität beschloß einstimmig eine Tagesordnung, durch die der Rektor aufgefordert wird, eine Untersuchung gegen die Studenten einzuleiten, die die Kollegien eines als Deut schenfreunde beschimpften Professors störten und dem Pro fessor sein Lehrrecht zurückzugeben. Ein vatikanisches Dementi N o »i, 25. April. (W. T. B.) „Osservatore Romano" schreibt: Mit Ueberraschung lasen wir im „Matin" von einem Beschlüsse, den der Heilige Stuhl hinsichtlich des bei ihm beglaubigten diplomatischen Korps gefaßt hat, falls Italien mit den Zentralmächten brechen sollte. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß alle diese Nachrichten durchaus falsch sind und jeder Begründung entbehren. (Notiz! Das Dementi des „Osservatore Romano" betrifft die Mitteilung des „Matin", wonach im Falle einer Teilnahme Italiens am Kriege der Heilige Stuhl beschlossen habe, auch die Abberufung der in den Konflikt nicht verwickelten Diplomaten beim Heiligen Stuhl zu fordern, um die vollständige Neutralität zu bewahren.) Zur ungarischen Wchrvvrlage Budapest, 25. April. (W. T. B. Nichtamtlich.) Die nationale Arbeiterpartei hielt gestern eine Konferenz ab, auf der die W e h r g e se tz v o r l a g e besprochen wurde. Ministerpräsident Graf Tisza führte aus: Die Opposition werde Abänderungen beantragen, und er glaube, mit der Partei-übereinzustimmen, wenn er erkläre, daß wichtige Anträge wohlwollend entgegengenommen würden. Der Honvcdminister v. Hazai erklärte unter Beifall, er beab sichtige, in der morgigen Plenarsitzung über den Krieg Er- klärnngen abzugeben. Zum chinesisch-japanischen Streit Lyon, 25. April. Der „Progräs" erführt aus Shang hai, daß der japanische Gesandte in Peking dein chinesischen Minister des Aeußeren eine dringliche Mitteilung überreichte, welche auf der gestrigen Annahme der letzten revidierten Vorschläge besteht: andernfalls würden die Ver- Handlungen sofort abgebrochen werden. Spenden der deutsch-amerikanischen Katholiken Köln, 26. April. Die deutsch-amerikanischen Katholiken haben dem Kardinal v. Hartniann den Be trag von 33800 Mark übersandt zur Linderung der Kriegsnot in Deutschland. Gleiche Beträge sind an die Erz bischöfe von München und Breslau gesandt worden. Nach Wien gingen 128 617 Kronen. Die Summen sollen zu einer Hälfte an die Witwen und Waisen der gefallenen Krieger, vornehmlich in erster Linie denen katholischer Konfession, zur anderen Hälfte dem Roten Kreuz über wiesen werden. Ter Kaiser an den Großadmiral v. Tirpitz Berlin, 26. April. Der Kaiser ließ dcni Groß admiral v. Tirpitz anläßlich dessen 50jährigen Dienstjubi- länms folgende Order zugehen: „Großes Hauptquartier. Ich spreche Ihnen zu dem heutigen Gedenktage Ihres vor 50 Jahren erfolgten Eintritts in den Marinedienst meinen herzlichsten Glückwunsch aus und gebe gleichzeitig meiner Freude darüber Ausdruck, daß es Ihnen mit Gottes Hilfe vergönnt ist, diesen Tag noch im aktiven Dienste und voller Rüstigkeit zu begehen. Ich benutze gern auch diesen Anlaß. Sie meiner wärmsten Dankbarkeit für Ihre dem Vater lande durch den erfolgreichen Ausbau der Ma rine geleisteten großen Dienste zu versichern. Mit berech tigtem Stolze können Sie heute auf dieses Ihr Lebenswerk blicken, dessen Bedeutung der gegenwärtige Krieg in das hellste Licht gesetzt hat. Als äußeres Zeichen meiner dank baren Gesinnung verleihe ich Ihnen hiermit die Schwerter zum Kreuz der Großkomture des Königlichen Hausordens von Hohenzollern. Gez. Wilhelm, I. U." (W. T. B.) Ein neuer Skandal in der französischen Armee Genf, 23. April. Die Anzeige eines Sergeanten in Cherbourg führte zur Aufdeckung von Durchstechereien des Personals der Militärintendantur mit Fleischlieferanten des Heeres. Offiziere, die zum Teil sehr bekannten Familien angehören, Unteroffiziere und Mann schaften, insgesamt 15 Personen, wurden verhaftet. General Hamilton übernimmt das Kommando vor den Dardanellen Mailand, 23. April. „Corriera della Sera" meldet ans London: Es bestätigt sich, daß General Jan Hamilton zum Oberbefehlshafer der neuen Expedition gegen die Dardanellen ernannt wurde. Während einer Truppenschau in Alexandrien wandte sich General d'Amade an General Hamilton mit den Worten: ,Mon ekek." Der Grund der enqlrsHeu SchtffahrtSsperre Haag, 24. April. Die Unterbrechung deS Schiff- fohrtsverkehrs mit England hält an, doch werden nach diesigen Meldungen bis auf weiteres RegierungSdamPser zweimal wöchentlich die Post au« England bringen, was heute zum ersten Male seit der Sperre geschah. Verschie denen Mitteilungen zufolge, die jedoch aus Furcht vor dem Zensor nicht deutlich genug gehalten sind, sei die englische Regierung gegenwärtig mit größeren Truppen-, Der Erbherr von Hohenau Roman von H. v. Remagen <28. Fortsetzung) Nachdruck verboten „Kein Gesellenstück, Junge," rief er dann, „ein Meisterstück hast du gemacht." Er ging rasch aus der Werkstatt. „Ich werde Euch bei Gelegenheit an dieses Wort er innern!" sagte Florian. „Vielleicht werde ich ihn bald benützen," murmelte der ichwarze Peter, als er den Schlüssel sorgfältig in ein Stück Leinwand wickelte und in den Wandschrank einschloß. Es war der fünfte Tag seit dem Besuche des Grafen Wenzel. Der Meister ließ eine Stunde früher Feierabend machen als gewöhnlich und schickte den Lehrling in die Wohnstube: er wollte nicht, daß der Graf gesehen würde, wenn er käme. Aber seine Vorsicht war überflüssig; erst als die Nacht hereingebrochcn war, kam Wenzel tief vermummt in die Schmiede, wo Peter seiner wartete. „Fertig?" fragte er kurz. „Fertig!" war die ebenso kurze Antwort. „Es ist alles bezahlt, wohlverstanden alles, oder nicht so. Meister?" „Es ist alles bezahlt, Herr Graf." Schnellen Schrittes verließ Wenzel -die Höhle. Der Schmied trat in die Türe und sah ihm nach, so lange er den flatternden Mantel durch die Schatten der Nacht sehen konnte. „Ich will mich hängen lassen," lachte er dann, „wenn der Graf nicht irgend ein Bubenstück im Schilde führt: er hat mich zu seinem Helfer gemacht, er soll mich nicht umsonst dazu gemacht haben." 7. Das Verbrechen. Die Gräfin saß in ihrem Gemache am Stickrahmen. Ihr gegenüber hatte Waldemar Platz genommen. Sein Auge ruhte mit zärtlichem Stolz auf seiner anmutigen Ge mahlin. „Willst du die Stickerei nicht ruhen lassen, liebe Hilde gard und aufmerksam anhören, was ich dir zu sagen habe?" „Ich höre dir ja immer zu, Waldemar, mir entgeht keines deiner Worte." „Heute wünsche ich deine besondere Aufmerksamkeit, weil auch meine Mitteilung von besonderer Art ist." „Du machst mich neugierig, mein Lieber." „Ich bin es längst, bin längst neugierig, wie du die Mitteilung anfnehmen wirst. Ich hoffe, daß du dich durch dieselbe nicht aufregst." „Aber, was ist denn geschehen? Du ängstigst mich!" „Ist diese Aufregung schon da? Sei ruhig, Hildegard, es ist nichts, worüber du zu erschrecken brauchst, es ist nur Ungewohntes. Ich muß dich auf einige Tage verlassen!" „O mein Gott!" rief die Gräfin erbleichend. „Aber, Hildegard, liebes Kind." „Waldemar, du weißt nicht, wie sehr ich dich liebe, welche Angst mich ergreift, wenn ich nur daran denke, nicht in deiner Nähe sein zu dürfen." „Es dauert ja nur wenige Tage, vielleicht zwei Wochen, und ich bin wieder bei dir!" „Nur wenige Tage! In einer Stunde kann viel ge- schehen, und um zu sterben, braucht man ja nur einen Augenblick!" Der Graf war betroffen, das hatte er nicht erwartet. „Welche Gedanken, Hildegard, Wenzel und Michael würden über dich spötteln, wenn sic dich so reden hörten." „Sic würden aber auch gewiß nicht trauern, wenn sie mich tot sähen!" „Das war ein hartes Wort von dir, Hildegard I Sie sind meine Brüder." „Verzeihung, Waldemar, ich wollte dir nicht wehe tun, cs ist nur Angst, waS aus mir spricht." „Und Angst, die keinen Grund hat." „Das gebe Gott! Waldemar, mußt du reisen?" „Die Pflicht gebietet es mir. Es gilt den Interessen des Landes. Der Herzog hat eine Anzahl von Grafen und edlen Herren zu sich beschieden, um mit ihnen über sehr wichtige Dinge Rats zu pflegen." „So will ich dich deiner Pflicht nicht zu entziehen suchen." „Das war ein Wort, wie es meiner Hildegard, wie es einer Gräfin Hohenau geziemt." „Aber ich habe eine Bitte, Waldemar!" „Wenn es in meiner Macht steht, sie zu erfüllen, so ist sie erfüllt, ehe du sie noch ausgesprochen hast." „Nimm mich mit." „Das ist unmöglich, Hildegard!" „Du willst es nicht?" „Ich kann es nicht!" „Und darf ich wissen, warum du cs nicht kannst?" „Ich hätte dir selbst den Vorschlag gemacht, mich zu be gleiten, wenn der Arzt auf meine Anfrage nicht mit aller Entschiedenheit erklärt hätte, daß du den Beschwerden der Reise auf keinen Fall ausgcsetzt werden dürftest." Die Wangen der Gräfin färbten sich mit Hellem Rot, ein Lächeln spielte um ihre Lippen, aber nur für einen kürzen Augenblick. „Du mußt also das Opfer schon bringen, du weißt ja, wem du cs bringst." Hildegard preßte die Hand aufs Herz. „Ich werde es bringen, aber da hinein hat es mich ge troffen." „Du bist nervös, Hildegard, deine eigenen Gedanken erschrecken dich. Was könnte denn passieren? Ich reise mit sicherem Geleit und lasse dich unter dem Schutze meiner Brüder!" „Nimm deine Brüder lieber mit — Waldemar — ich fürchte mich vor ihnen." (Fortsetzung folgt.) ,