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Freitag den 6. Juni 1913 Sächsische Volkszeitung Nr. 128 — Seite 6 8 Werdau. (Cäcilien-Verein.) Montag den v. Juni, nachm. 2 Uhr: Autslug über Schloß SchönselS nach Erl- Mühle. Treffpunkt: VereinSlokal. 8 Katholische Brreiue i« Aue, Schwärzender, und Kibeustock. Sonntag den 8. Juni, früh 6.42 ab Aue ge meinsamer Ausflug nach Werdau. 8 Laiiiicsverl'andstag sächsischer Esperantisten in Jrankenbrrg an, l. Juni. „b'orw „i ntnrn kratoj amu tu j" «Brüder, lasst »nS fest zusrmimenstchen), so tönte uns der stimmungsvolle Erössnniigsgruß aus dem dicht gefüllten Fesisaale des Lehrerseminars entgegen. Gesungen wurde das Lied Nom Seminarchor unter Leitung des K. Musikdirektors Bormann. Nach herzlichen Begrüßungs- Worten des Berbandsvorsitzcnden Dr. Arnhold-Tresden, des Ehreiivoriitzendcn Bürgermeister Dr. Jriner-Jrankenberg, des Seminardirektors Schulrat Hözel, des 2. Vorsitzenden p. Frenckell-Trcsden usw., hielt Herr Pastor Lösche- Wnrzeii eine gedankenreiche Festrede über „Esperantos An teil an unserer große» Zeit". Stürmischer, nicht enden wollender Beifall lösten die Worte des Festredners bei den Festtcilnchmern aus, von denen welche sogar aus Sester- reich, Frankreich, einer aus Stockholm und — Jamaika hcc- keigeeilt waren. Herr Lehrer Hahn aus Chemnitz- Schönau führte uns dann seine vollständige, in Esperanto unterrichtete Volksschulklasse in einer höchst interessanten Unterrichtsstunde vor. Die Prüfung wurde nur in Espre- ranto gehalten. Tie Kinder antworteten flott und geschickt, sie sangen zum Schlüsse noch einige hübsche, in Esperanto übersetzte Volkslieder. Nach der Schlußansprache des Vor sitzenden. Herrn Dr. Arnhold, wurde an Se. Majestät den König ein Telegramm abgeschickt, das noch im Lanfö d"s Nachmittags Erwiderung fand. Den sächsischen Landtags abgeordneten Dr. Steche, Dr. Schanz und Neutsch wurde in einer Resolution der Dank des Verbandes für ihr warmes Eintreten für Esperanto gelegentlich der Beratung des VolksschulgcsetzeS ausgesprochen. Zum Schlüsse sang die Festvcrsammlung die klangvolle, begeisternde Esperanto- Hymne. Nachmittags fanden die geschäftlichen Verbands- teratungen statt. Ter Zweigverein der -7. K. 77. 77. hielt eine Sondersitzung im Eafä Schillergarten ab, wo besonders die hencr im September stattfindcnde Pilgerfahrt katholi scher Esperantisten nach Non, besprochen wurde. Abends fand im sinnig geschmückten Kaisersaale ein Festabend statt, der bei stattlichem Besuche einen in jeder Hinsicht gelunge nen Verlauf nahm. Deklamationen und Lieder in Espe ranto, Reigen und Theater wechselten in bunter Reihen folge einander ab. Die Festrede hielt Herr Dr. Arnhold. Uneingeschränkte, Helle Bewunderung rief der von Herrn Seminaroberlehrer Lohse einstudierde Tamcnreigen „Früh lingserwachen" mit Esperantogesang hervor. Nicht minder Anklang fand auch das in Esperanto übertragene Sudcr- mannsche Lustspiel „Tie ferne Prinzessin". Kirche und Unterricht k Bamberg, 4. Juni. Erzbischof Hanck erläßt einen Hirtenbrief über den Bonifatiusverein, der in der Erzdiözese Bamberg neu organisiert werden soll. Ein Diö- zesankoinitee ist bereits gebildet. ir BreSlau, 3.Juni. Dompropst und Universttätsprofcssor Dr. theol. Artur König in BreSlau, infulierter Prälat und apostolischerProtonotar. vollendete am 4.Juni da» 70.Lebens jahr. Dr. König ist der Verfasser der bekannten Königschen Lehr- und Handbücher für den katholischen Religionsunter richt, er schrieb zahlreiche andere Bücher und viele Abhand lungen in Zeitschriften. Sr ist Generalpräse» der Vinzenz- veretne, Mitglied der Schuldeputation, der Pfarrer-PrüfungS- Kommisston und besitzt verschiedene OrdenSauSzeichnungen. Ir Aus dem Batika«. In den katholischen c egenden Deutschlands, besonders auf dem Lande grüßt man sich mit dem schönen Gruße: „Gelobt sei JesuS Christus —in Ewigkeit, Amen." Der Hl. Vater hat nun zur Erinnerung an da» Konstantinische Zentenarium einen Ablaß von 100 Tagen allen jenen verliehen, die sich dieses katholischen GrußeS bedienen. Der Ablaß ist auch den armen Seelen im Feg feuer zuwendbar. Dieses Privileg ist erteilt worden, damit der fromme Gebrauch diese» Grußes beibehalten, verbreitet und dort, wo er in Vergessenheit geraten ist, wieder aus genommen werde. K Der »SchstjShrige Eucharistische Weltkeugreß wird, wie schon gemeldet, in LourdeS abgehalten, und zwar vor- aussichtlich im Monat September. Gerichlssaal k Berlin, 4. Juni. Das Schöffengericht Charlottcnbnrg Verurteilte heute nach viclstündiger Verhandlung den Re dakteur des „Pan", Schriftsteller Dr. Alfred Kcrr, wegen öffentlicher Beleidigung des nationalliberalcn Reichstags- abgeordneten Held zu 150 Mark Geldstrafe, Tragung der Kosten und Publikationsbefugnis des Beleidigten auf Kesten des Privatangeklagten im Aushange des Gerichtsgcbäude-s. g Straszburg, 5. Juni. Der verantwortliche Redakteur des Journals wurde heute wegen Beleidigung der einge- wunderten Alldeutschen, die er u. a. als Parasiten bezeichnet hatte, von der Straßburger Strafkammer zu 1 Monat Gefängnis verurteilt. (N. Z.) Vermischtes V Der deutsche Borromäusverein, der 240800 Mitglieder zählt und mit Jahresbeiträgen von über 700000 Mark rechnen kann, hat sich In Bonn ein eigenes herrliches Helm erbaut mit einem Kostenaufwand von einer Viertel million Mark. Verleger Herder betonte bei der Einweihung: „Wenn der katholische Buchhandel sich seit den 40er Jahren deS vorigen Jahrhunderts so bedeutend emporgearbeitet hat. so verdankt er dies nicht zuletzt auch der Tätigkeit deS VorromäuSvereinS." v Paul Neuenborn, der hervorragende Tiermaler, ist plötzlich in München gestorben. Er war am 7. Februar 1866 zu Stollberg im Rheinland geboren und hatte in Düsseldorf und Pari» studiert. v Englands künftiger poota lauroatus wird voraussichtlich an Stelle des nun verstorbenen Alfred Austin Nudjard Kipling werden, der jetzt im 48. Lebensjahre steht und neben seinem literarischen Namen auch die besten Be ziehungen zu den hier maßgebenden Stellen hat. v Große F e u e r s b r u n st. Aus Köln wird unter dem 4. Juni gemeldet: Vergangene Nacht brannte in den Farbwerken W. A. Hospelt G. m. b. H. infolge Explosion einer Petroleumlampe ein Naphthalinschuppen mit etwa 15 Waggonladungen Naphthalin nieder. — In der Kalker Werkzeugmaschinenfabrik Aktiengesellschaft verbrannte ein Modellschlippen mit einem Teil Modellen. v Das schwere Unwetter im Taunus for- derte auch Menschenleben. Am Dienstagniorgen fand man in einem Waldtekle zwischen dem Roten Kreuz und den Glashütten die Leichen zweier junger Männer, die durch vom Sturme gefällte Bäume erschlagen worden sind. v Schlagende Wetter. Auf der Eisengliib,' Ober-Roßbach bei Friedberg in Hessen sind am Dienstag morgen vier Bergleute in einem 70 Meter tiefen Schacht durch schlagende Wetter verunglückt. Bis znm Mittag war es den herbeigeeilten Rettungsmannschaften nicht gelungen, die Verunglückten zu bergen. v Verhaftung einer Gift m ischerin. In Rom wurde eine bekannte Kartenlegerin Genoveva Nistri verhaftet. Ihre „Liebestranke" haben mehreren Personen das Leben gekostet. Zu ihrer Klientel gehörte auch die römische Aristokratie. Das Geschäft muß sehr einträglich gewesen sein, denn die Nistri besaß eine Villa in Rom, Pisa und Florenz und außerdem ausgedehnten Landbesitz. Kirchlicher Wochentalender. 4. Sonntag nach Pfingsten. Adorf (Kapelle in der Elfterstrahc, neben der neuen Schule, Feruspr. 144.) Borm. 0-10 Udr Hochamt mit Predigt, vorher Beichtgelegenheit, nachm. ^,8 Uhr SegenSandacht. — Wochentags früh 7 Uhr heil. Melle. Montag früh 8 Uhr heil. Mell« für die Schulkinder. Am ersten Freitag tm Monat abends 0,8 Uhr Kreuz- wegandacht. Im Juni jeden Freitag abends 0»8 Uhr Herz-Jesu- AndaLt Nnnaberg. (Fernsvr. 462) Vorm. 9 Uhr Predigt und Hochamt, abends 7 Uhr Herz-Jesu-Andacht. — Wochentag« früh 7 Uhr bl. Mess-, Mit'woch und Sonnabend Schulmesie. Aue. (Feruspr- 868.) In Aue kein BotleSdienst. «Siehe Eibenstock) — Wochentags hl. Melle früh 7 Uhr in der HauS- kop.'lle. Eoethettraße 3. II. Auerbach i. B. (Kapelle am RempeSgrüner Weg 4, Kern sprecher 488.» Sonn- und Festtags 7 Uhr Frühmesse, vorher und naher Beichtgelegenheit, vorm. 0,10 Uhr Hochamt und Predigt. — Jeden dritten Sonntag fällt das Hochamt in Auerbach aus und wird dafür in Falkenstein «SLützeobau») gehalten. Bad Elster (Kathol. Kirche. Jeden Sonntag vorm. 9 Uhr Hk. Messe mit Predigt. — Wochentags hl. Messe früh 0«9 Uhr. Hl. Beichte auf Wunsch jederzeit. Nachmittagsandachten werden jeweilig buch Anschlag an der Kirchtüre bskannigegeben. — Die Wohnung deS Geistlich n befindet sich in der Villa Fürst Bismarck Brand (Hotel Stadt Dresden). Borm. 11 Uhr Predigt und hl. Melle. Chemnitz I (Kath. Pfarrkirche, Roßwarkt 9. Feruspr. 1609) Sonn- und Festtags früh 0«7 Uhr dl. Melle, 0,8 Uhr deutsche Singmeffe, vorm. S Uhr Predigt dann Hochamt, 0.11 Uhr Schul- gotteSdtenst, nachm. 2 Uhr Herz-Jesu-Andacht. — Wochentags hl. Messen früh 6, 7 und 8 Uhr. Im Juni jeden Freitag abends 0,8 Uhr Herz-Jesu-Andacht. Sonnabend abends von 6 Uhr und Sonn tag früh von 6 Uhr an Beichtqelegenheit. Sonntag nachm. 0,8 Uhr und Donnerstag nachm. 3 Uhr Taufen. Chemnitz ll (Dt.-JosephS-Pfarrkirch«, Feruspr. 8)87) Sonn- und Festtags 0,8 Uhr Frühmesse, vorm. 0«10 Uhr Hochamt mit Predigt, nachm. >/,3 Uhr SegenSandacht, 3 Uhr Taufen. — Wochen tags beilige Melle Montag und Donnerstag früh 0,8 Uhr, an den übrigen Tagen früh 8 Uhr. Mittwoch nachm. 8 Uhr Taufen. Hl. Beichte Sonnabends und an den Vorabenden von 6 Uhr an, sowie Sonntag früh von 6 Uhr au- Ltzrimmiifchau (Aula der Handelsschule). Jeden letzten Sonn tag !m Monat fcüb von 0,8 Uhr an Beichtgelegenheit, vorm. 9 Nftr HocSf-n'« mN Prebet, 0,1 > Uhr Taufen. — Sprechstunde des Dlenktag abenkS 7 Uhr. — 166 — „Wo ist Hordy? Ist Hcirdy zu Hause?" rief der alte Herr, dessen ganzes Wesen vor Erregung glühte. „Nein, Popo. Hordy ist nicht zu Honsel" erwiderte Au,ne. „Ach, dos ist schade! Denke dir nur, Kind: sein Plan zu», Opernh.iuse «st nüt dein ersten Preise gekrönt worden!" „Ah! —" »Ja, sog nur, Aiinie — freust du dich nicht darüber?" „O doch!" „Hm — ich merke nicht viel davon! Dn bist so bloß und so still!" Er klopfte ibr die Wange. „Heimweb, Kindl, was? No, wird sich schon »rochenI Mußt dir eben Mühe geben, dich hier emzugewöhneu. Ist doch schön hier, nicht? lind überhaupt — Berlin! No. d». Vorüber geht einfach nichts! Also de» Kopf hoch, jo! Und loch ein bisselchen, du kannst so herzig lochen! Freu dich dock,, Annie, dein Gotte ist über Nacht ein berühmter Monn geworden! Alle Zeitungen nennen morgen seinen Nomen, die ganze Welt erföhn es, daß er Siegrr ist! Sieger! Sieger! — Und er trögt meinen Nomen, ist mein Schüler, mein Sol,»! Ach, Annie, dos ist der stolzeste Tag in meinem Leben! Wenn ich nur wüßte, wo er steckt, der Junge! Ich will mol rin Klub ontele- pbonicren,'— oder bei Dressel. Adieu, Kind, — »nd rüste dich, den Sieger würdig zu empfangen!" Mrt der Behendigkeit eines Jünglings eilte er die Treppe hinab. Annie sank auf einen Stuhl. Dieser Sieg ihres Gotten bedeutete für sie eine Niederlage. Jetzt war er ihr erst recht verloren! Jetzt gehörte er ganz den anderen, die ihm zn diesem Siege verholfen hotten, gehörte der großen Weit, der Kunst! Sie, dos arme, bescheidene Veilchen, rrinßtr vor so viel Gl,»z znrücktreten rn den Schotten. U.-.d so sing sie denn an. in oller Stille ihre Sachen zu Pocken, »nr sich zur Reite in die Heimat zu rüsten. Sie konnte cS ungestört tnn, denn nie mand kümmerte sich um sie, sie war anSgesckxsttet aus dem Leben dieser gro ßen Strcber, die noch dem Höchsten griffen, was iin Leben zrr holen war: noch der Kn ne des Erkoloes, des Ruhmes, des Reichtums. Hordy von Sondow fuhr im snusenden Auto vom Klub weg nach Hanse lind wurde von seinen Eitern mit lontem Jubel empfangen. Leo von San- dow umormte ib» „nd rief: „Mein Junge, wie bin ich stolz auf dickst" Und seine sclHne vornehme Mutter küßte ihn nnf Stirn und Wangen und sagte, ganz ibre Würde vergessend: „Du Goldjunge! Du Glückskind! Dn Liebling, Liebling!" — und dachte daran, welches glänzende Relief dieser S> ,1 ihrer Familie verleihen würde. Sie waren so stolz auf ihn, als ob er in den Fürstenstand erhoben oder znm König gekrönt worden sei. Dieser Sieg mußte selbstverständlich entsprechend gefeiert werden. La» »vor man dem Nonien Sandow, der nachgerade anfing, weltberühmt zu wer den, das war man der Kunst schuldig. Demgemäß sollte das Fest durchweg künstlerisches Gepräge tragen. Das sah selbst Fron von Sandow ein. die am liebsten die Aristokratie, die hohen Militärs und die Hofkrcisc um sich gesehen hätte. Aber so exklusiv und feudal durfte dieses Fest nicht sein, denn es galt jo nickt der Nristokratenfannlie von Sandow, hatte nicht den Zweck, ihre ge sellschaftliche Stellung ins rechte Licht ->« rücken, sondern es galt dem Künstler, dem Genie Hardys. - 167 — Dieser fand denn auch die richtige Lösung der schwierigen Frage; es sollte er» Atel'erfest »och den berühmten Münchner Vorbildern abgehalten und alle Freunde des Hauses, Künstler, Gelehrte, Hochfinanz und Adel geladen wer den. Man konnte dabei nicht nur seinen Reichtum entfalten, sondern auch seinen Kunstsinn und die Kunstschähe zeigen, die das Haus barg. Hordy und sein Vater machten sich mit Eifer ans Werk. Während Frau von Sandow die Einladungen schrieb, verwandelten sie das Atelier in einen Tempel der Kunst. Das Bild des preisgekrönten Werkes war der Altar, vor dein sich die Gäste beugen sollten. Ter Boden wurde mit kostbaren Teppichen belegt, von den Wänden her ab wallten schwere Samtstoffe, mit Goldborten durchsetzt, zwei elektrische Sonnen überstrahlten den Raum mit ihrem weißen, grellen Lichte, Blumen unikranztcn die Staffelei und aus ihren Kelchen hervor brach rosiges Lickt, das das Bild wie ein märchenhafter Rahmen mit riesengroßen Rubinen unstpaiillte. In ähnlicher Weise waren auch die Bureauzimmer geschmückt. Weiche Sessel und Diwans, die im Schatten von hochragenden Palmen aufgestellt waren, Inden zur Ruhe, zum Genießen ein. Wenn man die Festräume durch schritt. glaubte man im Elysium zu wandeln, und in der Tat war dem ganzen Feste die Idee zugrunde gelegt, daß die Künstler bei den Olympiern zu Gasts geladen waren, getreu nach dem Schillerschen Worte: „Willst du in meinem Himmel mit mir leben. So oft du konlmst, er soll dir offen sein!" Und die Gäste kamen und füllten die glänzenden Räume, setzten sich c.n die prangende Tafel und genossen Nektar und Ambrosia . . . Sphären musik erklang, in blendendem Lichte erstrahlten die Räume, schöngeschmückte Menschen durchschritten die Gefilde der Seligen — aber die dyonisische Stim mung wollte sich nicht cinstellen Amor und Venus schwangen hier nicht ihr Szepter, die Götter und Göttinnen fanden sich in ihren Rollen nicht zurecht, und toi» der Herrscherin des Festes, von Frau von Sandow, ging ein majestä tischer. eisiger Hauch aus. Berlin ist nicht Mü»'ck>en, und die Freude läßt sich nicht importieren wie eine seltene Blume: hier in diesem aristokratischen Hanse, in diesen feudalen Kreisen und in dieser parfümierten Luft gedieh sie nicht. Es fehlte das Ge mütvolle und Herzliche, das Warme und Sonnige des Südens, und die hete rogenen Elemente, die Frau von Sandow um ihren Thron versammelt hatte, konnten keinen Znsammenklang finden. Der künstlerische Grnndton wurde zwar angeschlagen, aber er fand keinen Widerhall, verhallte ungehört, und die freie, ungebundene Münchner Note, die eben nur an der Isar erklingt, drang nicht durch. Die Gesellschaft zersplitterte sich, sie teilte sich in Standes- und Inter- csscnkreise, die sich zusammenschlosscn. Dadurch wurde ein heimlicher Miß- tvn in das Fest hineingetragen, eine grelle Dissonanz, die keine harmonische Auslösung fand. Ans ganz besonderen Wunsch Frau von Sandows, der schon mehr einem Befehle glich, hatte Annie an dem Feste teilnehnicn müssen. Als sie die Wei- ßen Prunkgewänder onlegte, dachte sie an ein geschmücktes Opferlamm. — Und als sie, einer Marmorstatue gleich, durch die festlichen Räume ging, tat