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Erklärung" handelt, denn die Gesamtfraktion hat völlig frei und e i n st i m m i g und ohne jede Debatte die sen Beschluß gegenüber den Ableugnungs- und Verdunke- tungsversuchen des „Elsässer" gefaßt. Daß man vollends diese Kundgebung als eine Art von „Vertrauensvotum" be zeichnen will, ist eine „aufgelegte Unwahrheit". In dem Artikel aber wird mir noch im Anschlüsse an eine unzutref fende Notiz der „Schles. Volkszeitg." der Vorwurf der In diskretion gemacht und bezweifelt, ob seine Angaben zu treffend sind. Es genügt gegenüber diesen unwahren Be- haupuingen auf die eine Tatsache hinzuweisen, daß der Vor sitzende der Zentrumsfraktion, Exzellenz Freiherr v. Hert- ling, in einem Schreiben vom 20. Januar 1911, gerichtet an die Redaktion der „Schles. Volkszeitg.", die betreffenden Angaben des Abgeordneten Erzberger durchaus bestätigt. Die Abschrift dieses Briefes liegt mir vor. Diese unbestrit tenen Tatsachen mußten hier festgestellt werden, nachdem ein einstimmiger Beschluß der Zentrumsfraktion in einem Schweizer Blatte in nie dagewesener Weise ins Gegenteil zu drehen versucht worden ist und nachdem der Urheber die ser Unwahrheit gegen mich eine Kampfesweise beliebt, die dem Gebote der Wahrhaftigkeit ins Gesicht schlägt. Es lei aber nochmals eigens festgestellt, das; die gesamten Presse erörterungen über den Fall Spahn seit dessen Aufnahme in die Fraktion nur von dessen Freunden geführt worden sind, auf deren Konto es zu schreiben ist, wenn nun die gesamte Angelegenheit weiter besprochen wird, um die Katholiken Oesterreichs und der Schweiz nicht täuschen zu lassen." — Ter Vorstand des katholischen Lehrcrverbandcs des Deutschen Reiches hielt im katholischen Dereinshanse zu Berlin eine bedeutsame Tagung ab, zu der sämtliche 17 Zweigverbände eine» Vertreter entsandt hatten. Aus der reichen Fülle der Beratungen und Beschlüsse sei einiges her vorgehoben. Unter dem Titel „Pädagogisch)« Chronik" soll alljährlich zu Ostern eine pädagogische Jahresrundschau er- icheinen. Nach eingehender Beratung werden für 1911/12 folgende Verbandsthemen gestellt: 1. Konfessionelle Schule und nationale Erziehung. 2. Schule und Lehrerschaft im Dienste der Fürsorge für die schulentlassene Jugend. 3. Die soziale Stellung des Volksschullehrers in der Gegenwart. Eine längere Denkschrift des gesrhäftsführeuden Ausschusses erörtert ausführlich die Frage der Haftpflichtversicherung und kommt zu dem Ergebnisse: Von einer Selbstversicherung ist Abstand zu nehmen. Es erscheint die Form der Kollek- tivversicheruug bei einer bedeutende» Versiä>erungsgesell- llhaft als der gangbarste Weg. Der Vorstand ermächtigt den geschästsführenden Ausschuß zum endgültigen N>- schlusse eines Versicherungsvertrages, überträgt ihm auch das Recht, kleinere Versicherungen im Namen dos Verban des abzuschließen. Ter 15. Verbandstag wird in Erfurt slattfindeu. Die Veranstaltung eines internationalen Kon gresses für christliche Pädagogik, der 1911 in Wien durch den katholischen pädagogischen Weltverbaud eiuberufeu wer den soll, wird mit Freuden begrüßt. Zur Errichtung eines Lehrerheims wird beschlossen, in der Ansammlung des Fonds so lauge fortzufahreu, bis finanzielle Schwierigkeiten bei dem Vau oder dem Ankauf eines Heims nicht zu befürch ten sind. Auch die Gründung eines Lehrerheims an der See wird im Auge behalten. Um der Schundliteratur wirksam entgegentreten zu können, sollen die Ortsvereine durch die Zweigverbände erneut ersucht werden, Jngendschriften- kommissiouen zu bilden. Die Teilnahme an den Kursen des Vereins wird allen Mitgliedern auf das wärmste emp fohlen. Bisher fanden Kurse in Köln und Dortmund statt. Den Verbandsmitgliedern wird der Beitritt zur Kranken kasse deutscher Lehrer (Sitz Dortmund) angelegentlichst empfohlen Es soll ein Werbeblatt heransgegeben werden, das die Frage beantwortet: „Was bietet der Katholische Lehrerverein des Deutschen Reiches seinen Mitgliedern in ideeller und materieller Hinsicht?" Für das Jahr 1911 wird ein außerordentlicher Beitrag von 50 Pfennig für das Mitglied zur Erhebung kommen. — Kandidat Thümiiirl nbgrlkhnt. Im Wahlkreise Jena spielen sich eigenartige Vorgänge ab. Ter Kreis ist durch die Sozialdemokratie stark gefährdet; er ist bisher im Besitze des ehemaligen Nationalliberalen Lehmann Im Mai des vergangenen Jahres fanden Verhandlungen einer Anzahl Vertrauensmänner statt, in denen die Bereitwilligkeit der rechtsstehenden Parteien erklärt wurde, auch diesmal »nieder einen »atioualliberalen Kandidaten zn unterstütze», voraus gesetzt. daß ihnen die betreffende Persönlichkeit genehm wäre. Im November ließ der Vorsitzende des nationalliberalea Reichsvereins in Jena. Herr Professor Dr. Thümmel, einige rechtsstehende Herren wissen, daß man ihn als Kandidaten aufzustellen beabsichtige, aber daß er die Kandidatur nur dann annehmen würde, wenn die Konservativen und der Bund der Landwirte sich vorher zu seiner Unterstützung be reit erklärten. Daraufhin wurde nach mehreren Besprechun gen mit Vertrauensmännern und nach eingehender Be ratung im Verein konservativer und sonstiger rechtsstehen der Wähler für Jena und Umgegend den Nationalliberalen in einem Schreiben vom 21. November mitgeteilt, daß die Kandidatur Thümmel als aussichtslos abgelehnt werden müsse, und daß eine weitere zur Sprache gebrachte Kan didatur eines den industriellen Kreisen Oberschlesiens an gehörenden nationalliberalen Herrn für ungeeignet gehal ten würde. Daraufhin wurde, ohne jede Antwort auf die ses Schreiben, in einer uationalliberalen Versammlung in Jena, am 1. Dezember Professor Thümmel als Reichstags- kandidat anfgestellt. Ernst nach dieser vollzogenen Tatsache richtete, laut der ,.De»tscl>en Tageszeitg.", der nationallibe- rale Neichsverei» in einem Schreiben vom 5. Dezember an die rechtsstehenden Parteien die Aufforderung, die Kan didatur Thümmel zu unterstützen. Am 11. Dezember nahm in Jena eine Vertrauensmännerversammlung der rechts stehenden Parteien ans dem ganzen Wahlkreise zn dieser Sachlage Stellung. Die Kandidatur Thümmel wurde end gültig abgelelmt, aber zugleich beschlossen, trotz der Brus- kierung seitens der Natioualliberalen eine versöhnliche Hal tung anznnelmie», um doch noch eine Einigung ans einen geeigneten nationalliberalen Kandidaten zn erzielen. Die Konservativen des Kreises wollen also von dem bekannten Thümmel nichts wissen. Neben Everling auch noch Thüm mel im Reichstage, das könnte ja nett werden! — Der Evangelische Bund und Abg. v. Bieberstein. Das Präsidium des Evangelischen Bundes hat an den Abge ordneten v. Vieberstein-Bosomb einen Brief gerichtet wegen seines Auftretens gegen den Evangelischen Bund in der Provinzialversammlung des Bundes der Landwirte in Königsberg. Das Präsidium fordert in dem Schreiben den Abgeordneten auf, den Beweis für seine Behauptung, daß der Evangelische Bund in den Dienst der natioualliberalen Partei sich gestellt habe, beizubringen oder die Behauptung öffentlich zurückzunehmen. Abg. v. Bieberstein hat keine Antwort auf den Brief gegeben, er hat es auch nicht nötig allbekannte Tatsachen noch zu beweisen. — Tie Prozesiberichterstattung hat bei jenen Prozessen eine Grenze, die unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt- finden. Dennoch wurden oft Mitteilungen darüber in der Presse gebracht. Nun hat die Strafprozeßkommission des Reichstages beschlossen, mit Geldstrafe bis zu 300 Mark oder mit Gefängnis bis zu 6 Monaten diejenigen zu bestrafen, die aus Gerichtsverhandlungen, für welche Ivegen Ge fährdung der Sittlichkeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder aus den diesen Verhandlungen zugrunde liegenden amtlichen Schriftstücken öffentlich Mitteilungen machen. Die Negierung hat diesem Antrag zugestimmt mit der Begrün dung, daß in der Tat neuerdings die Berichte über Ver handlungen. in denen die Öffentlichkeit wegen Gefährdung der Sittlichkeit ausgeschlossen war, so überhand genommen habe, daß in weiten Kreisen der Bevölkerung daran Anstoß genommen worden sei. Ter 8 1310 des Strafgesetzbuches, der solchen Mißständen habe Vorbeugen wollen, habe sich als unzureichend erwiesen. Ter Gesetzgeber habe als Voraus setzung der Strafbarkeit hingestellt, daß die öffentlicltzm Mitteilungen geeignet sein müßten. Aergernis zu erregen, und die Praxis habe daraus gefolgert, daß sich der Täter dieser Eigenschaft auch bewußt gewesen sein müsse. Bei der Schwierigkeit eines solchen Nachweises sei die Vorschrift aber fast gar nicht zur Anwendung gekommen. Es sei deshalb zu begrüßen, wenn jetzt den hervorgetretenen Uebelständen cutgegengetreten werde. Gewisse Prozesse seien in sexueller Beziehung von einem Teile der Presse ausgenutzt worden, die auf die niedrigen Instinkte des Publikums spekuliert habe. Wen» man derartige Berichte beschränkte, so handle man im Interesse einer anständige» Presse, dw jetzt bis weilen aus Konkurrenzrücksichten gezwungen werde, Dinge initzumachen, die sie selbst mißbillige. Oetterretch — Da- argentinische Fleisch hat. wie im Ackerbau ministerium eingelaufene Berichte besagen, nur wenig An klang gefunden. Die letzte nach Oesterreich gekommene Sendung ist zum großen Teil überhaupt liegen geblieben. Das Publikum zeigt gegen das Fleisch, das vier Wochen lang transportiert wird, einen Widerwillen und findet es auch zu hart. Serbien. — Prinz Georg von Serbien. Die „Voss. Zeitg." ver öffentlicht ausführliche Mitteilungen über ein gegen den österreichischen Thronfolger bei seinem Besuche in Rumänien im Juni 1909 von serbischer Seite durch einen gewissen De- selize geplantes Attentat. Dieser wurde am 13. Juli 1909 bei Sinaia, dem Schlosse des Königs von Rumänien, un schädlich gemacht. Bei der Untersuchung gelang es, in Do kumente Einblick zu erhalten, die Ratschläge des Prinzen Georg von Serbien an den Franzesko Defelize aus Bari enthielten, wonach dieser nach vollendeter Tat den Weg nach Ungarn lenken sollte. Gleichzeitig überwies der Prinz De felize 600 Napoleondor. In einem der aufgfangenen Briefe heißt es unter Bezugnahme auf die Kaisermanöver im Sep tember 1909, denen auch der deutsche Kaiser beiwohnte: „Im September werden mehrere solche deutsche Schweine versammelt sein Desto besser! Einen werden wir sicher treffen, hoffentlich den richtigen. Die Kanaillen'" Weitere Dokumente, deren man habhaft wurde, sollen den Prinzen Georg noch mehr belasten. Türkei. — Die Lage im Jemen ist beunruhigend. Die Ver bindung mit Sana und Umgegend ist noch unterbrochen. Tie leitenden Kreise sind über die eigentliche Lage der türki schen Truppen im unklaren. Der Kriegsminister hat die so fortige Einberufung der Nediefs erster Klasse von Monastir, Perlepe, Kröpruelue und ferner von zwölf Bataillonen aus Kossowo verfügt. Japan. — Die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses, das am Freitag zusammentrat, wurden vom Ministerpräsidenten Marquis Katsura mit einer Rede eröffnet, in der er be tonte. daß die Beziehungen zu den auswärtigen Mächten herzlich seien. DaS Bündnis mit England werde fester mit seinem zunehmenden Alter. Er hoffe, neue Verträge mit allen Mächten ohne Scbwierigkeiteu zum Abschluß zu bringen. China. — Unruhen. Die englische Polizei ließ einen Kuli, den sie todkrank auffand, nach der Polizcistation bringen; der Kuli starb unterwegs. Die Chinesen behaupten nun, die Polizei habe den Kuli getötet, und es brachen infolgedessen Unruhen ans. Von dem englischen Kanonenboote „Thistle" und dem deutschen Kanonenboote „Jaguar" wurden Frei willige aufgernfen und ein Detachement gelandet, das von der Menge mit Steinen beworfen wurde. Der Vizckönig entsandte darauf chinesische Truppen zur Wiederherstellung der Ordnung. Tie Lage war zuerst ernst, wurde aber bald »nieder ruhiger. — Militärnnrnhcn sind in China im Gange. Die Offi ziere der mandschurischen Armee haben dem Throne tele- graphisch mitgeteilt, daß sie sich mit dem Volke solidarisch erklären werden, falls das Parlament nicht sofort einbe rufen werden wird. In Peking befürchtet man infolgedessen tatsächlich eine Revolte der mandschurischen Truppen. Amerika. — Unter Anklage gestellt wurden im Staate Illinois über 3000 Wähler. Sie werden beschuldigt, bei den letzten Wahlen ihre Stimmen verkauft zu haben. Unter den An- geklagten befinden sich sowohl Republikaner, wie Demo- kraten. Die für eine Stimme gezahlte Summe schwankt zwischen 1 und 20 Dollars. Aus Stadt und Land. Dresden, den 28. Jarun l»lt —' Le. Majestät der König besuchte So> ntag vor mittag den Gottesdienst in der katholischen Hofkirche und erteilte später im Restdenzschlosse zahlreiche Audienzen. —' Dernatisnalltbrrale Rrtqstagsabgeorduete Dr.Heiuze- Dresden ist mit dem preußischen Kronenorden 3. Klaffe ausgezeichnet worden. —' Lehrerüberfluß — Lehrermangel. Gleich der Re gierung deS Großherzogtums Sachsen wird auch die Re gierung deS Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt nächste Ostern eine Anzahl SchulamtSkandidaten aus dem König reich Sachsen übernehmen. Die Uebertretenüen sind, sofern sie in Sachsen kein Stellenangebot erhalten, von den beim Seminareintritt s. Z durch Revers übernommenen Ver- Pflichtungen befreit. —* RetchstagSkaudidatureu. Neueren Meldungen zu folge hält der Bund der Landwirte an der Kandidatur deS sächsischen Landtagsabgeordneten Hauff Dahlen fest. Demnach werden sich bei den kommenden Reichstagswahlen tm Kreise Grimma Oschatz zwei konservative Kandidaten: Dr. Giese und Hauffs gegenüberstehen. Dr. Jahn in Leipzig kandiotert bekanntlich namens der fortschr. Volks- Partei und der Nationalliberalen. Im Falle einer Stich- wähl werden die Sozialdemokraten für den liberalen Kandidaten stimmen. —* Zu den Neichstagswahlen in Sachsen. Verschiede nen Meldungen zufolge schweben zur Zeit zwischen dem Landesverein der Fortschrittlichen Volkspartei und dein Nationalliberalen Landesverein im Königreich Sachsen Ver handlungen wegen einer Einigung in der Frage der Auf stellung der Reichstagskandidaten, dort, wo solche Kandida turen in Betracht kommen. Diese Parteien beabsichtigen sich gegenseitig zu unterstützen. Ob die Verhandlungen zu einem befriedigenden Ergebnisse führen werden, steht noch nicht fest, da auch die lokalen Organisationen bei derartigen Vereinbarungen gehört werden müssen. In den drei Dresd ner Neichstagswahlkreisen Altstadt, Neustadt und Land schweben außerdem noch private Verhandlungen, deren Ab schluß noch nicht abznsehen ist. Wesentlich anders lauten demgegenüber die Nachrichten aus dem ersten und dem zwei ten sächsischen Wahlkreise. Da heißt es: Für die kommen den Reichstagswahlen bereitet sich in. Zittau, dem ersten, und Löbnu, dem zweiten sächsischen Wahlkreise, ein Kamps zwischen Fortschrittlicher Volkspartsi und Nationalliberalen vor. Der Nationalliberale Verein für den ersten sächsischen Reichstagswahlkreis hat schon im Frühjahre vorigen Jah res beschlossen, einen eigenen Kandidaten aufzustellen, ob wohl dieser Wahlkreis gegenwärtig durch den volkspartei lichen Abgeordneten Buddeberg in» Reichstage vertreken wird. Der Kreisverein der Fortschrittlichen Volkspartei für den durch den nationalliberalen Reichstagsabgeordneten Dr. Weber vertretenen zweiten sächsischen Wahlkreis hat jetzt gleichfalls beschlossen, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Die Konservativen haben hier bekanntlich den früheren Ab geordneten Förster-Spreinberg anfgestellt. Von national- liberaler Seite war erwartet »vorbei», daß die Fortschritt liche Volkspartei für Dr. Weber eintreten werde, wenn erst eine endgültige Entscheidung darüber vorliege, daß er wie der kandidieren wolle. Von maßgebender Seite der Fort schrittlichen Volkpartei wird jedoch darauf hingewiesen, daß die Konservativen die Kandidatur Förster, wenn überhaupt, mir gegen Zugeständnisse zurückziehen würden, die es der Dolkspartei nnmöglich machten, für Dr. Weber zu stimmen. Man verweist ferner auf den ersten sächsischen Wahlkreis, wo die Nationalliberalen mit Hilfe der Konservativen die Fortschrittliche Volkspartei aus der Stichwahl milchen So zialdemokraten zn verdrängen suchten. Im Wahlkreise Annaberg haben die Konservativen Stellung zur Kan didatur Streseinann gcnoininen. Sie erklären u. a.: „Er- »ingt Herr Dr. Streseinann im ersten Wahlganye den Sieg, soll cS »ms recht sein. Kommt es zur Stichlvahl, werden »vir wissen, was »vir zu tun haben." Aus dieser Erklärung darf mit einiger Gewißheit herausgelescn werden, daß die Konservativen des 21. sächsischen Wahlkreises Herrn Dr. Streseinann einen konservativen Kandidaten noch gegen- übcrstellen werden. — * Der Revolver spielt heute geradezu eine unheim liche Nolle. Es gereicht »ms zum Vergnügen, mitteilen zu können, wie die „Leipz. Neuest. Nachr.", ein liberales Blatt diese betrübende Zeilerscheinnng zugeben. Sie schreiben: „Wenn die Nowdies von Moabit cder vom Wedding ans die Straße ziehen, dann trugen sie den Revolver mit der Schnapsflasche zugleich in der Tasche; wenn die Zuhälter sich ein fröhliches Viertelstündchen gönnen »vollen, dann schießen sie ans Passanten oder auf Schutzleute; wenn ein Tertianer mit einer schlechten Zensur den Heimweg an- treten muß, so liebäugelt er bereits mit „seinem" Revolver. Und das Kapitel der Schülerselbstmorde wird immer reich haltiger. Wie die Gedankenfreiheit und das Neckst der freien Rede zum verfassungsmäßigen Eigentum der Mensch heit geworden sind, so scheint auch das Reckst auf den Revol ver allmählich zur eisernen Nation der Jungen wie der Alten, der Männlein wie der Weiblein zu gehören. Herr Koppins hatte ans ihn ebenso ein Anrecht, wie jetzt die Fra» des Nürnberger Professors, die vor den Schranken des Ge richtes steht, »veil sic sich verkannt fühlte und »veil sie in ihrem ehelichen Leben die letzten Ideale der Frauenemanzi pation noch nickst erfüllt sah, und die jetzt vielleicht an der Hand des Buches von Karin Michaelis die Triebe des „ge fährlichen Alters" als Rechtfertigung für ihre Tat anführcn wird. Nur in Italien, in dem Lande der Zitronen und Banditen, der Orangen, der Komorra und der Eisenbahn- dicbstähle, erkennt man dieses Neckst nickst an; »vor dort im Besitze einer Schnßwaffe befunden wird, der wandert ans Monate hinter die Mauern des Kerkers. In Berlin aber schießt man fröhlich herab von den Balkons auf die Polizisten, und in Paris müssen die gequälten Volksver treter Schutz hinter Pultdeckeln suchen, wenn ein Irrsinni ger seine Jagdgründe in ihre heiligen Hallen verlegt und einen Minister als Beute zur Strecke zu bringen sucht. Nur ein VerkaufSrcckst oder doch die gründliche Prüfung des Käufers, die für die Erteilung eines Waffenscheines die Voraussetzung bildet, vermag das Uebel an der Wurzel zu