Volltext Seite (XML)
Nr. 18 18° Iahrg Donnerstag, de» 23. Jan. 1919 abends vez«-sp»«t<, AaSaa»« X »8 wustr. Bktlaa» vlertepührltlt 8.88 A I» x ^ l»nt frei « «» X. ».»o F» m vefterrrich s dint-YL-rlich S.L8^. In Lr«»»«n und ,an, Deutichlan» frei Haus F»: t» O«I»e»euh L.8O X. An,,l-«umm«r 1« » D«i «2 ichstsch« «o»»,.ituna er,«»iiü vochen«a,en nachmtllagk. an allen Geschäftsstelle und Redaktion Dresden»A. 16, Hokbeinftraste 4» Fernsprecher LI 366 Postscheckkonto Leipzig Nr. 117S7 Anzeigen, Annahme von Geschdflsanzc^en b!t l „ lu,, va» FainUtenanzelgen bis 11 Uh> bo,n> Preis sül die Petit-SPaltzeUe SS ^. in> s < klo. meleU 8« 4- FamiUen-Änzeigen So .« Für undeuilich geschriebene, sowie durch sseru spreche! aiisgegedenc slnzctgen ILnuen ^ u die LeraiUwortlichkeU sür die Richiigkeir des Lejiee nicht übernehinen. Sprechsttinde der Redaktion: »I-1S Uhr vorm. K. Einzige Katholische Tageszeitung in GckhseL ^ »««gab« tt mit illustrierter waerhaltuugrbeilage »ud relig. Wocheubeilag« Organ der Zentrumspanep Ausgade V mir mit der WochenbeUagr^ Pariser Beratungen. In der Hoffnung, daß unsere Feinde bereit sein würden, einen Frieden der Verständigung zu schließen und auf der Zusage unserer Gegner fußend, daß der Weltfrieden auf der Grundlage des Wilsonschen Friedensprogramins zustande kommen solle, hat die Negierung des Prinzen Max von Baden im ersten Novembecdrittel des vorigen Jahres unsere Waffenstillstan'dskommission in den Wald von Compiegne entsandt. Der Waffenstillstandsvertrag wurde unterzeichnet, als über Deutschland bereits die Wogen der Revolution zu- sammengeschlagen waren. Ter Vertrag war hart und grau sam, grausamer und härter aber -war seine Durchführung. Nie hat ein großes und starkes Volk einen Zusammenbruch erlebt, «ine Niederlage erlitten, wie das deutsche, nie aber haben siegreiche Feinde auch so im Gefühl ihrer Macht und Ueberlegenheit geschwelgt, wie unsere Feinde; nie ist einem großen Volk voni siegreichen Gegner mit solcher Nichtachtung, ja Verachtung begegnet worden, wie dem deutschen. Bis zuletzt haben sich unsere Feinde vor dem sieggewohnten deut schen Volk gefürchtet und es hat lange gedauert, ehe sie zu glauben wagten, daß die innere Zevstörung und der Zu sammenbruch des deutschen Volkes wirklich so groß waren, daß sie ungestraft ihren Haß an uns auslassen konnten. Je ohnmächtiger das deutsche Volk wurde, um so mehr trumpften unsere Feinde auf und je tiefer unser Fall wurde, um so übermütiger zeigten sich uns unsere Gegner. Pflegte sonst der Abschluß eines Waffenstillstandes der Beginn der Er nüchterung und der Versöhnung der sich bekämpfenden Völker zu sein, so scheint das Geschick, das über Deutschland und feinen Gegnern waltet, den entgegengesetzten Verlauf nehemn zu wollen. Als das deutsche Volk in tiefer Entmutigung und Verbitterung die Waffe aus der Hanb legte und die und die Gegner um Frieden bat, da war in ihm nur ein Gefühl und ein Wille, möglichst bald wieder zu friedfertiger Arbeit zurückzukohren und in fördernder Gemeinsamkeit ohne Groll und .Hader über Vergangenes mit allen Völkern in Eintracht zu leben. Das deutsche Volk sehnte sich nach Frie- den und- wenn es Groll sin Herzen trug, so war es kein Groll gegen die siegreichen Feinde, sondern gegen sich selbst. Es wollte Frieden haben und Freiheit und Brot und dachte nicht daran, daß die siegreichen Gegner von anderen Gefühlen und anderen Wünschen beseelt sein könnten. Aber Woche um Woche und Monat um Monat vergingen, ohne daß wir dem Frieden auch nur einen Schritt näher kamen, ohne daß wir ein Stück Brot zur Stillung unseres Hungers erhielten Und ohne daß wir die Möglichkeit gehabt hätten, wahre Freiheit im Innern zu gewinnen. Wo Hunger herrscht, pflegen die Ideale der Freiheit und Gleichheit nur auf Irrwege, zu führen. Weil ihm der Frieden vorenthaltcn wind«, ist Deutschland tiefer und tiefer gesunken und wer null seine Zukunft schildern, wenn ihm noch länger die unerträgliche Ungewißheit des Zustandes zwischen Krieg und Frieden auf gezwungen wird! Jetzt haben sich die Feinde in Paris zu sammengesetzt und beraten über den Frieden, den sie Deutsch land auferlegen wollen. Kein Vertreter Deutschlands und seiner ehemaligen Verbündeten wird zngezogen; man will über das Schicksal des deutschen 70-MillionenvolkeS be schließen, ohne daß man seine Stimme hört und seine For- derungen «ntgegenniinmt. Man berät und beschließt und läßt Deutschland weiter hungern; man besteht mit äußerster Rücksichtslosigkeit auf der Erfüllung unerfüllbarer Be- dingnngen und denkt nicht daran, auch das Los der 800 000 deutschen Kriegsgefangenen zu erleichtern, 800 000 deutschen Müttern und Frauen ihre Söhne und Männer, die Er nährer ihrer Kinder wiederzugeben. Wer kann denn noch glauben, daß aus solcher Gesinnung, aus solchen Verband- lun-gen ein Frieden der Verständigung und Versöhnung der Völker hervorgehen kann? Bei Gott, die furchtbare Gefahr besteht, daß in Paris nicht der Weltfrieden, sondern die Weltrevolution geboren wird. Dann aber war dieser Welt krieg nicht das Ende menschlicher Verirrungen, sondern nur der furchtbare Anfang eines unermeßlichen allgemeinen Jammers, einer unermeßlichen, allgemeinen Weltver- Wüstung. O. Die Sozialisierung des Bergbaues. k. Zur Sozialisierung der Bergbaubetriebe wird uns aus Essen geschrieben: Tie Frage der Sozialisierung des Bergbaues beschäftigt die Oeffentlichkeit aus ganz natürlichen Gründen außerordentlich; denn die Verstaatlichung der Roh- stofindustrien in Verbindung mit der Vertcucrung des Ver kehrs auf der Eisenbahn birgt die große Gefahr in sich, daß die Fertigindustrie, besonders die Industrien, welche für den , Export arbeiten, in ihrer Konkurrenzfähigkeit schwer behijr- > dert werden. Die Lage hier im rheinisch-westfälischen In- dustriegebiet läßt sich, soweit die Bergarbeiter selbst in Frage kommen, wie folgt skizzieren: Grundsätzlici)e Gegner der Sozialisierung des Bergbaues sind die Bergarbeiter nur zum geringen Teil. Die Mehrheit, auch die geiverkschaftlichen Organisationen, betrachten die Sozialisierung als eine Frage der Zweckmäßigkeit, niü?t des Prinzips, lieber die Form der Sozialisierung besteht noch keine eiih'ieitlicdc Auf fassung, — ob sie erfolgen soll durch vollständige Verstaat lichung oder Vergcsellschaftliclmng des Bergbaues und seiner Nebei'.betriebe oder durch ein« znxckmäßige Kontrolle des Staates in Verbindung mit den organisierten Arbeitern in bezug auf die Höbe der Gewinne, Festsetzung der Löhne nsw. Tie treibenden Kräfte sür die Sozialisierung hier im In dustriegebiet sind nicht die Gewerkschaften, sondern die radi- kal-sozialistischcn Gruppen. Des halb kann die jüngste Streikbewegung auch nicht als eine wirtschaftliche Lolni- bewegung angesehen werden; sie hat vielmehr den Charakter PMkllsW M BMOkW in «W DaS ist die große Frage, die am S. Februar entschieden wird. Keine sozialdemokratische Partclherrschaft, sondern eine Bolksregiernng. Wer gegen die herrschend» Klaffen- and Partei- Herrschaft ist Wer gegen ihre ««demokratische Rrgierrrel ist Wer gegen die Kultnrkämpserei der Herrschenden ist Wer gegen das täglich ärger werdende wirtschaftlich« Chaos ist der Wli Ml WOemlkM Wer für den Ausbau «iae» wirklich demokratischen LolkSstaateS ist - Wer für die Bekämpfung drS Materialismus nnd MammoniSmus unserer Tage ist Wer für die Ausrottung des Wuchers in alle« seinen Formen ist Wer für die denkbar schärfste Erfassung der Kriegs- gewinne ist Wer für Ordnung in der Freiheit ist Wer für die Pflege der ideellen Werte unsere» Volkes ist Wer f ü r Völkerrecht nnd Völkerbund und de« baldigen Abschluß des völkerf icdcus ist — der gibt seine Stimme der Christlichen Volkspartei, dem Zentrum. MMMiZW des politischen Streiks. In der Demonstrationsversamm lung der streikenden Bergleute im Saalban in Essen ka i> dies bei verschiedenen Rednern stark zum Ansdruck. Man i warf der Negierung Ebert-Scheidemann vor, das; sie zwar Zeit fände, die Nationalversammlung vorzubcreiten, nicht aber die Sozialisierung der Betriebes Die sozialistische Ar beiterschaft habe das Recht, daß die Vergescllschastlichnng der Produktionsmittel und des Grundes und Bodens, die man seit 50 Jahren den Arbeitern in Aussicht gestellt habe, nun mehr auch schnell durchgesührt werde. Die Gewerkschaften enthalten sich solcher radikaler Aeußerungen, scheinen aber dem Radikalismus ziemlich ohnmächtig gegenüber zu stehen. Es treten jetzt im Industriegebiet folgende politisch,, Ar- beitelwerbände auf: die kommunistischen Arbeiterverbände, die Arbeiterverbände der unabhängigen Sozialdemokraten und die Syndikalisten. Ein organisatorisches Gefüge haben diese Gruppen nicht. Sic treten meistens hervor durch einige radikale Spreche und stützen sich vielfach auf die Arbeiter- nnd Soldatenräte. In gewerkschaftlichen Kreisen erkennt erkennt man die Schwierigkeit der Sozialisierung vollständig an. Man will diese Frage nicht überstürzt gelöst haben, verlangt deshalb vorerst ordnungsmäßige Arbeit und Anf- rechterbaltnnq der Betriebe, sowie Einsetzung von Fachkom- Missionen, die die Sozialisierung vorbereiten. Die in Essen znsannnengetretene Sozialisiernngskommission, zu dex auch die Gewerkschaftsführer eingeladen waren, wird nicht für zuständig gehalten, weil sie ein Gemisch von politischen Par- 405 550 St. 108 028 „ 120.514 .. — 7 Sitze — 2 — i 00 800 „ --1 40 722 „ ^0 10 400 „ ^0 teien und von Arbeiter- und Soldatenräten darstellt, inner halb deren die Gewerkschaftsvertreter entsprechend der Be deutung ihrer Organisation nicht zur Geltung kommen. Die Gewerkschaften halten nach wie vor die organisierten Arbeiter und Arbeitgeber und die zwischen ihnen errichtete Arbeit's- i gemeinschast sür die einzig znüändige Stelle, die Soziali- i siernngsfrage zu bearbeiten. Gegenwärtig finden in, Rat I der Volksbeaustragten Beratungen mit einer Deputation der j Essener Sozialiucrnngskommiision statt, um ein Provisorium - sür die Sozialisierung zu schaffen, welches wobl darin be- ! sieben wird, daß eine NeichSkontrollc sür den Bergbau cin- j geführt wird. Wcchleu Nlwouawerssmmlrrnt). Endgültiges Wahlergebnis sür Ostsachsen (Dresden) Liste Tr. Gradnaucr (Soz.) . . . „ Nihschkc (Dcmvkr. Partei) . . „ Dr. Költzsch (Dcntschnat. Vp.) „ Dr. Hcinzc (Deutsche Volksp.) „ Fleißner (Unnbh. Soz.) . . . „ B u r I a g e (Z e n t r u m) . Das Endergebnis im Reiche. Berlin, 22. Januar. (Nichtainllich.) Das End ergebnis aus den Wahlen zur deutschen Nationalver- sammlung nach nichtamtlichen Meldungen stellt sich folgen dermaßen: In den 37 Wahlkreisen mit 421 Abgeordneten haben erhalten: Deutschnationale Volkspartei 34 Zentrum 88 Deutsche Volkspartei 23 Deutsche Demokratische Partei 77 Sozialdemokratische Partei 104 Unabhängige sozialdemokratische Partei . 24 Ferner sind 11 Fraktivnslvsc gewählt, die sich zusammcn- setzen nuS 4 Welsen (3 in Hannover, 1 in Stade), 1 Bauern- und Landarbeiter-Demokrat in Schleswig- Holstein, 4 bayrischen Uancrnbündlern, 2 Vertretern des württembcrgischen Bauern- und Bür- gcrbundes. Köln, 21. Januar. In Aache n wurden abgegeben für das Zentrum 43 680, Sozialdemokraten 13131, Deutsche Demokraten 7261, Deutsche Volkp. 4058, Teutschnat. Volksp. 1.520, Unabhängige 636 Stimmen. Die Nationalversammlung in Weimar. Tie Nationalversammlung wird in dem neuen Theater Weimars tagen, das auf dem Platz des alten Theaters aus der klassischen Zeit errichtet ist. Der zweite Nang »nd viel leicht auch Teile des ersten Ranges sollen für die Presse her gerichtet werden. Die Regierung ist der Ansicht, daß die ständige Anwesenheit verschiedener Neichsminister in Weimar nicht nötig sein werde, da sich die Hauptarbeit der National versammlung alsbald in den Konimissionen vollziehen werde. Um den Verkehr zwischen Berlin und Weimar zu erleichtern, sott täglich ein Schnellzug im Tempo normaler Zeiten zwi schen den beiden Städten verkehren, der morgens zwischen 7 und 8 Uhr von Berlin und nachmittags zwilchen 6 und 7 Uhr von Weimar abgehen wird. Große Schwierigkeiten wird die Unterkunft der durch die Nationalversammlung ge bundenen Personen in Weimar verursachen, deren Zahl man in Reaierungskreisen auf rund 1600 schätzt. Ein großer Teil von ihnen wird in Weimar keine Wohnung finden; deshalb sott ein bewnderer Bahn- und Motorwagen'''Zehr nach Erkürt, Jena und Apolda eingerichtet werden, uv, den Personen, di>- in dielen Orten Wohnung nehmen müllen, die Durchführung ihrer Arbeit in Weimar zu ermöglichen. Tine ernste Mahnung des General Groener. Der Rücktritt des Generals Groener von seinem Posten als Leiter des KriegSamtS ist seinerzeit durch eine Denkschrift veranlaßt worden, die GroenerS Adjutant Merton zum Verfasser hatte und von Groener selbst mit einem Vorwort, in dem er seine Solidarität mit den Dar legungen MertonS erklärt, am 2,5 Juli 19l7 dem Reichs kanzler übergeben worden war. Merton hat diese Denk» schrift jetzt der Ocffentlichkeit übergeben. Sie stellt zunächst fest, daß bei den ungeheuren Leistungen der deutschen In- dustrte nur selten Opferünu, Vaterlandsliebe oder andere ethische Motive mitgewielt babe», sondern daß bei dein Schaffensdrang, der sich gezeigt hat, säst ausschließlich der