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-VE Rr. T Iovitz Freitag, de» 3 Jan 1»1S abends Sach fische Geschäftsstelle «a» »trdaklto, Dresden-A. 1«, Holbetnsteatze Fernsprecher LI SS« Voftscheckkont« Leipzig Nr. 147V7 ilnietgei», Annahme»on GelchüItKa,»eigenbir IVUHr. von gamiUenanzeige» d»S II Uhr dorm Preis für die Pelit-SpaltzeUe SS ^ In, Rcki«. mrieil hi» ganin -n>il»zcig>» SO g Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fern- spreche: ausgegebene Anzeigen können wir die LeraiUwortiichkett slir die Richtigkeit de» LepeS nicht übernehmen EprechsNmd» der Redaktion: II—lS Uhr vorm. > «I Einzige Katholische Tageszeitung in Sachsen. Organ der Zentrumspurrel. Ausgabe ^ mit illustrierter Uuterhalwngsbellage uub reug Wochenbetlage Feteradend Ausgabe 8 nur mit der Wochenbeilage. Zur Trennung von Kirche und Staat. Ein geistvoller Priester, früherer Lehrer, kennzeichnet« jüngst das Verhältnis von Kirche und Schule, indem er sagte' „Die Kirche ist wie die Linde, di« bei dem Schul- hau'e fieht, ihre Zweig« darüber ausbreitet, es beschattet und ihren milden Duft darüber ergießt." — Diese Linde soll nun abgeiägt, dem Schulhaus Schatten und Duft genom men werden. Unsere katholischen Schulen sollen aufhören, zu bestehen, die Kinder und Lehrer verteilt werden. Ein Stück Heimat geht verloren, wo leise das Zlveglöckchen er klang in frommen Stunden der Erbauung und seelischen Erhebung, wo gütig das Bild des Welterlösers herabblickte auf die kleine Gemeinde, an dessen Bild der Lehrer sich tmme: und immer wieder Geduld und neue Kraft holte. Da war der Name Gottes kein leerer Schall — in jeder Stunde durchdrang das Walten seiner Liebe und Güte, seiner All macht r>nd Weisheit den Unterricht. Hinaus in die Fremde sollen wir und unsere Kinder gehen, wo kein Wegkreuz. ker^Muttergottesbild zu stiller Andacht ruft, wo kein lieber, frommer Mutterlaut ertönt und das Herz mitklingen läßt inmitten reale» Verstandeswerte. — Ein Bild vom lehren Schultage vor den Weihnachtsferien: Meine Mädels, eine recht lebhafte, aber liebe Gesellschaft, lassen mich früh nicht tn tie Klasse. „Bitte, bitte, jetzt noch nichtl" Doch die Zeit ist «m. Ich trete ein. Ta stehen sie mit heißen Wangen und glänzenden Augen um einen kleinen, reichgeschmückten Tamrenbaum und singen ^Stille Nacht . . ." Kleine Ge schenke, wie sie nur ein Kinderherz ersinnen kann, liegen dar unter. An der Tafel steht: Wir wünschen unserein Herrn Lehrer rin recht frohes Weihnachten. Ihre lieben Schüle rinnen. — Und das soll nun wegfallen? So etwas rührt tief und läßt mit neuem Frohsinn die oft so schwere Berufs, «rt ausüben. Und wenn die Linde nicht mehr neben dem Schulhause steht, wer schützt es dann vor rauhen Stürmen? Wenn der Religionsunterricht, der konfessionelle, der Schule genommen wird, wer führt dann noch die Kinderherzen im materiellen Treiben empo, zum Himmel, wer gibt ihnen den milden Duft, der des Tages Plage und Mühe leise und versöhnend überweht? Tut's vielleicht ein kalter sogenannter Moral- unterricht, der jeder tieferen Einwirkung entbehrt und ent- behren muß, weil er nicht dem Glauben entspringt, sondern nur der Bernnunft? Wir sollen unsere katholischen Schulen, wohl meist aus mühseligen Stencrgroschen errichtet und auSgebaut, so mir nichts dir nichts verlieren? Ist das nicht Raub? Staatlich konzessionierter Raub? Und noch mehr als das. Uns Lehrern nimmt man ein Stück vom Herzen weg. unseren Kindern aber will man die Seele rauben. Das dürfen wir nie und nimmer zr'.ssen. Oder ließe sich ein Privatmann sein Einfamilienhaus mit dem kleinen blmnen- geschmückten Gärtchen wegnehmen und sich in eine Miets- kaserne stecken? Niemals! Dcwum ihr alle, die es angeh:, katholisck!« Gemeinden, Eltern und Lehrer — protestiert und protestiert immer u.w immer wieder gegen die Trennung von Kirche und Schule, protestiert gegen die Aufhebung der konfessionellen Volksschule! Wehrt euch dagegen! Steter Tropfen höhlt den Stein. Es hat Zweck und Erfolg! Da» fieht man aus dem Einlcnken dt? preußischen Kultus ministers! — Damit die Linde beim Schulhause stehen bleibe und ihr süßer Tust die Herzen der Kinder mit reiner i Gesinnung erfülle und hin ustegieite zur ewigen Heimat' -Zwickau. Wischek. Der Protest der katholisch-geistlichen Behörden Sachsens. Die katholisch-gevstlichen Behörden Sachsens legen gegen Id^e Verordnung deS KultSministeriumS, Einschränkung bezw. ! Unterdrückung deS Religionsunterrichte» in den sächsischen Ivolksschulen betreffend» als eine Verletzung von Recht und ! Gewissensfreiheit, sowie auch gegen die Entfernung der Geist lichen au» dem Schulvorstande entschieden Verwahrung «in. Ke'rNe, auch vom Volke anerkannte, Regierung besitzt die Vollmacht, ein. von den gesetzgebenden Gespalten ordnungs gemäß verabschiedetes Gesetz, wie es das Sächsische Schulgesetz ist, einseitig aufzuheben. In diesem ist aber der Religions- unterricht nicht nur als erster und vornehmster Unterrichts- gegenständ, sondern auch als Grundlage der Schulerziehung klar und deutlich anerkannt. Als Gesetz kann ein sogenannter Monaluntcrricht, an dem keine Konfession Anstoß nehmen soll, keineswegs angesehen werden. Ein solcher Unterricht, der nicht auf christlicher Weltanschauung aufgebaut ist, muß von allen christlichen Konfessionen im vornhinein abgclehnt werden. Die Verordnung bedeutet auch einen rauhen Eingriff in -ie Gewissensfreiheit christlicher Eltern. Diese fühlen sich streng verpflichtet, ihren Kindern auch in der Schule eine christliche Erziehung, die die häusliche nur zu ergänzen hat. angedeihen zu lassen. Dann kann aber der Religionsunter richt nach dem jeweiligen Bekenntnisse der Kinder gar nicht entbehrt werden. Die Schule ist der Kinder wegen da und nicht umgekehrt. Ein« religionslose Schule ist nur allzusehr geeignet. Gleichgültigkeit und Feindschaft gegen Christentum und Kirche groß zu ziehen und Früchte zn zeitigen, die auch dem Staate und der menschlichen Gesellschaft zum größten Scha den gereichen. < Darum ist es»heilige Pflicht der geistlichen Behörden, gegen die Entchristlichung der Schule feierlich Einspruch zu erheben. , Die katholisch-geistlichen Behörden Sachsens. Wählerlisten prüfen. Mit dem 30. Dezember hat nach der Bestimmung des ReichSomt» deS Innern tm ganzen Reiche die öffentliche Auslegung der Wählerlisten begonnen. Eie dauert n> r acht Tage. ES ist döchste Pfl cht oller, vor dem 20 Jan. 1899 geborenen männlichen und weiblichen Personen, sich in dieser Zeit davon zu überzeugen, ob sie auch in die Wähleil'ste ausgenommen sind. 8er nicht in der Wählerliste steht, kann am 19 Januar sein Wahl recht nicht ouSüben Die Nachprüfung ist um so not wendiger, als die Wählerlisten m 1 größter Beschleunigung und sicherlich vieliach mit ungeschultem Hilstpersonal auf- gestellt worden sind. Wege« des «ngrhenrrn Andrangt« könne« die Behörde» vielfach nicht zvlaffe», daß die Ei«ficht der Wöh erlisten wie beabsichtig' war, d«rch Helfer »»d Helferinnen erfolgt. Jede Familie «nntz daher fr bst die L ste einsrhen. >«Ni!NS V Die polnischen Wirren Ueber die allgemeine Lage in der Provinz Posen gab Minister Ernst der Telegraphenunion folgende Darstellung: In Deutschland müsse man sich darüber unbedingt klar wer- den, daß sich di« Machtverhältnisse in der Provinz Posen in den letzten Tagen zugunsten der Polen von Grund aus ver schoben hätten. Selbst wenn eine ganze Division Truppen nach Posen gesandt würde, was der Berliner Regierung kaum möglich sei, würde sich die Lage nicht mehr verändern lassen. Es sei «in Unsinn, auch nur zu glauben. Laß man heute noch mit Gewalt etivas ausrichten könnte. Bei dem Fanatis mus der Polen würde dadurch lediglich ein Bruderkrieg ent fesselt werden, dessen furchtbare Wirkungen gar nicht ab?,»- sehen sind. Jedenfalls könne heute kein Zweifel mehr dar- über bestehen, daß Posen und der östliche Teil der Provinz Posen sich völlig in den Händen der Polen befinden. In der Stadt Posen hätte der polnisch« Stadt- kommandant all« Macht uneingeschränkt in der Hand. Unter diesen Umständen muß man, so bemerkte Ernst weiter, in Deutschland vor allen Dingen von dem Gedanken auSgehen, eine Verständigung mit den Polen aus gütlichem Wege zu erreichen. Die Polen hätten ihm gegenüber aus- gesprochen, daß sie zwar die feste Absicht haben, die Provinz Posen von Deutschland abzutrennen, und mit Russisch- und Oesterreichilch-Polen zu vereinigen, um den großvolniscben Staat wieder inS Leben zu rufen. Die deutsche Regierung aber solle dabei keineswegs vor vollendete Tatsachen gestellt werden, die polnische Regierung würde vielmehr mit ihrem Vorgehen die Entscheidung der Friedenskonferenz abwarten. Einigung in Posen. Von Polnischer Seite wird mitgeteilt, daß in der gemein samen Sitzung des Arbeiter- und Soldatenrats, des Obersten polnischen Volksrats, des Kommandierenden Generals und des Oberpräsidenten zwischen den Parteien eine Einigung er-zielt wurde, die eine Gewähr dafür bietet, daß in Zukunft Ruhe und Ordnung herrschen werden. Die Besetzung Gnesrns durch die Polen. In Gnesen haben die Polen, wie aus Polnischer Quell« gemeldet wird, die Infanterie- und Dragonerkaserne besetzt und die Verwaltung der Stadt übernommen. Am Sonntag kam eine Abteilung des Heimatschntzes aus Bromberg au, die die Uebergab« der Stadt Gnesen forderte. Es entspann sich ein kurzer Feuerkampf, bei dem es einige Tote auf beiden Seiten gab. Daraus wurden Verhandlungen ein- geleitet, die damit endeten, daß die Deutschen sich verpflich teten, Gnesen und Umgebung zu verlassen, während die Polen das eroberte Kriegsmaterial Herausgaben. Die Ge- fangenen wurden freigelassen. Verschiedene kleine Städte, wie Schrimm, Czempin, Grätz usw. wurden auf Grund fried licher Vereinbarung in polnisch Verwaltung übernommen. Der deutsche Bolksrat an die Wasfenstillstandskommission. Abreise der Engländer und Pnderewskiö nach Warschau. Berlin, 2. Januar . Ter Vcr sitzende der englischen Dele gation irr Lpaa General Hakiug hat an den englischen Oberstleutnant Wade, zurzeit in Posen, folgendes Telegramm gerichtet: Ich habe vom englischen auswärtigen Amte Auftrag erhalten, Sie auzunxisen, Ihre Reise nach Warschau ohne Aufschub tortzusetzen. Bestätigen Sie den Empfang. General Hakiug. britische Delegation in So»». Dem Oberstleutnant Wade war deutscherseits gemein sam nrit Padcrcwskr freies Geleit ausdrücklich nur für die Reise Danzig- -Warschau gewährt worden. Beide hatten sich aber trotz deutschen Einspruchs nach Posen begeben und hatten dort, wie die deutsche Regierung es dem Verband unter Ablehnung der Verantwortung vorausgesagt halt«, deutschfeindliche Kundgebungen veranlaßt, indem sie unter bewußter Entstellung der Latwchen dem stellvertretenden Generalkommando rn Posen mitteilten, ihr Aufenthalt in Posen vollziehe sich inr Einverständnis mit der deutschen Wasfenstillstandskomniiss'.on. Mn dem strikten Befehl zur Weiterreise ist endlich der deutschen Forderung Genüge ge tan worden, daß Wade und Paderewski das deutsche Reichs- gebiet unverzüglich verlassen sollen. 'Posen, 2. Januar. In der Nacht zum 1. Januar um 3 Uhr sind Padercwiki, sowie die beiden Mitglieder der eng lischen Kommission Oberstleutnant Wade und Leutnant Langwvrd, sowie Major Jwanowsk! von der Hallerschen aol- nischen Armee aus Posen in der R'chtung nach Warschau ad- gereist. Der Kommandeur Rawlings, das dritte Mitglied der Kommission, fuhr über Berlin nach Spaa mit einem Bericht für die Wasfeiistillstandsk, mmission. In Ostrowo sind Bahnhof, Post. Polizei, Banken und alle öffentlichen Ge bäude irr polnischer Hand. Heute tra: eine Spezialkommis'ia.r zusammen, die das gesamte militärische Inventar übernahm. Auch in Skolmierzuce ist alles in polnischen Händen. Kroto» schirr ist ebenfalls von den Pole» bewtzt. Auch der Trupp-m- übungsplatz Warthelagce ist ton polnischen Abteilungen be seht worden. In der Stadt Posen treten allmählichere d- uete Zustände ein. Ter Post- und Fernsprechbetrieb ist in vollem Umfange wieder ausgenommen worden. Das „Polmer Tageblatt" und die „Ostdeutsche Worte" dürfen vom Sonn- abend früh ab wieder erscheinen. Der »rutsche Bolttrat Westposen hat an die deutsche Waffenstillstandskommission folgende Bitte gerichtet: 800 090 Deutsche bitten die Waffenstillstandskommission mit allem Nack>dr»ck darauf hinzuwirken, daß bis zur Entscheidung der Friedenskonferenz die Grenzen des Deutschen Reiches vom 1. August 1914 respektiert und aufrechterhalten bleiben und daß unter keinen Umständen einer Besetzung der Ostprovinzen durch polnische oder Verbandstruppen zugestimmt wird. Dafür, daß der Friede im Osten nicht gestört wird, kann der deutsche Volksrat für die Deutschen garantieren. Alle gegenteiligen Meldungen sind erfunden. Es kann auch keine Rede i«in von irgendwelcher Geh- oder Unterdrückungs- Politik in der Provinz Posen. Die neue Negierung verwirft sie im Prinzip und die im Volksrat zuiammengeschlossenen Deutschen sind ebenso ehrlich gewillt, beiden Nationalitäten gerecht zu werden, d. h. auch den Polen reelles nationale? Eigenleben zuznbilligen. Aber eben deshalb fordert er auch ebenso energstch die Anerkennung der deutschen Rechte und erklärt, daß Ruhe und Ordnung ohne jede fremd« Beihilfe gewahrt bleiben.