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-tr. IW — v Jahrgang Tonnabend de» Mai IViv MslscheUMsmIlllm »rschelnt täglich «ach«, mit Ausnahme der Sonn, und Festtage. «nsaabe l.r Mit .Die Zeit «n Wort und Bild- dterteljLhrlich- 8,10 In Dresden durch Boten 8,40 X. In gang Dcutlchland wei HauS 8,88 Anabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die Kgeipaltenc Petitzeile oder deren Raum mtt 18 ^.Reklamen mtt 80 1 die Zeile berechnet, bet Wiederholungen entsprechenden Rabatt, Bnchdruckerei, Redaktton und Geschäftsstelle, Dresden, Ptllnitzrr Strafte 4». — Fernsprecher 1306 Für Rückgabe unverlangt. Schriftstück« keI»eiv«rbtndltchk«U Redaktions-Sprechstunde: 11—18 Uhr, feierlicher Schluh des 33. Landtages. Dresden, den 13 Mat 1SI0. Feierlich, wie der Landtag durch den Monarchen er öffnet wurde, ist er auch geschlossen worden. Zur eigent lichen Schlußfeier versammelten sich heute nachm. 2 Uhr die Mitglieder beider Kammern im großen Ballsaale des Nesidcnzschlosses. Von dort wurden durch den Ober zeremonienmeister die Kammermitglieder, das diplo matische Korps und die fremden, am Hofe angestellten Herren in den Thronsaal eingeführt und nahmen dort Aus stellung, die Herren der Ersten Kammer rechts, die Herren der Zweiten Kammer links vom Throne, die Herren der dritten bis fünften Klasse der Hofrangordnung neben und hinter den beiden Kammern auf einer Estrade. Das diplo matische Korps und die fremden Herren stellten sich links vom Throne auf. Nachdem die Erschienenen ihre Plätze eingenommen hatten, begab sich Se. Majestät der König mit Ihren König lichen Hoheiten dem Kronprinzen und dem Prinzen Johann Georg unter Vortritt der Herren Staatsminister, der Herren der ersten und zweiten Klasse der Hofrangordnung, sowie der nicht im Dienst befindlichen Königlichen Kammer- Herren und des Königlichen Großen und des Prinzlichen Dienstes in feierlichem Zuge, dem die Leibpagen voraus- ichritten, nach deni Thronsaale. Beim Erscheinen Sr. Majestät brachte der Präsident der Ersten Kammer ein drei maliges Hoch auf Se. Majestät aus. Der Monarch bestieg den Thron, und ließ sich, das Haupt niit dem Helme bedeckend, auf den Thronsessel nieder. Hierauf überreichte der Vorsitzende Minister ini Gesamtministerium, Staatsminister Dr. v. Rüger, Erzellenz, Sr. Majestät die Thronrede, die derselbe sodann vorlas; sie lautet: „Meine Herren Stände! Indem Ich Sie nach einer arbeitsreichen Tagung nochmals um Mich versammele, stelle Ich mit Befriedigung fest, datz trotz aller bei den Beratungen zutage getretenen politischen und wirtschaftlichen Gegen sätzen Meine Negierung bei Ihnen dem ernsten Willen be gegnet ist, sich mit ihr über die Lösung der Aufgaben zum Wohle des Landes zu verständigen. Als das Ergebnis Ihrer Arbeit begrüße Ich es, daß die Mehrheit der Stände versammlung Meiner Regierung diejenigen Mittel unver kürzt bewilligt hat, die im Staatshaushaltsetat zur Er füllung der staatlichen Bedürfnisse angefordert waren. Ebenso gereicht es Mir zur Genugtuung, daß auch von den übrigen Vorlagen Meiner Negierung insbesondere die wich tigen Gesetze über das Bergwesen, über die Reform der Brandversicherungsanstalt, über die Bildung von Gemeinde verbänden sowie die das Schulwesen angehenden und einige andere Gesetzentwürfe nach eingehender Beratung eine Fassung gefunden haben, welche den Absichten Meiner Negierung entspricht. Tie Einführung von Sicherheits männern beim Bergbau soll, so hoffe Ich, dazu beitragen, die dem Leben und der Gesundheit der Bergarbeiter drohen den Gefahren wirksam zu bekämpfen. Das neue Berg schadenrecht wird den Grundeigentümern einen stärkeren Rechtsschutz gegen die nachteiligen Einwirkungen des Berg baubetriebes auf die Oberfläche uud deren Anlagen ge währen als bisher, und die einheitliche Fassung der ge samten Berggesetzgebung wird allen, die dieses eigenartige Sonderrecht anzuwenden haben, seine Handhabung wesent lich erleichtern. Das Gesetz, das die Landes-Brandversiche- rungsanstalt auf die Grundlage einer weitergehenden Selbstverwaltung gestellt hat, wird hoffentlich dazu dienen, die fernere günstige Entwickelung der Anstalt zum Nutzen des Landes zu fördern und in dieser Beziehung die mannigfachen Wünsche der Bevölkerung zu befriedigen. Von dem Gesetze über Gemeindeverbände darf erwartet werden, daß es —dem Geiste unserer Zeit Rechnung tragend — den Zusammenschluß insbesondere der wirtschaftlich schwächeren Gemeinden fördern und die Gemeindeselbstverwaltung stärken wird. Das Gesetz über das höhere Mädchenbildungs wesen stellt auch die höheren Mädck)enschulen auf gesetzliche Grundlage und eröffnet in einem den Bedürfnissen der Gegenwart entsprechenden Umfange neue Wege zur Aus bildung des weiblichen Geschlechtes. Das Gesetz über die Nadelarbeits- und sonstigen Fachlehrerinnen an Volks schulen bringt diesen Lehrerinnen eine wesentliche Verbesse rung ihrer Anstellungsverhältnisse und bedeutet einen all gemein begrüßten Fortschritt in der Ausgestaltung dieses wichtigen Unterrichtszweiges. Das unter erfreulicher Zu rückstellung mancher örtlicher Interessen einmütig ange nommene Gesetz über die veränderten Schuldotationen stellt weitere erhebliche Mittel zur Milderung der Belastung der weniger leistungsfähigen Gemeinden bereit und wird, wie Ich hoffe, überall die rechte Würdigung seitens der Schul gemeinden finden. Daß ungeachtet der Spannung des Etats Mittel für eine erneute Erhöhung der Löhne des größten Teiles der Arbeiter bei der Staatseisenbahnverwaltung bereit gestellt werden konnten, erfüllt Mich mit Genug tuung. Durch die Bewilligung des Aufwandes für den Umbau der Bühne des Hofopernhauses haben Sie diesem Kunstinstitute seine hervorragende Stellung in Deutschland auch in bühnentechnischer Hinsicht für die Zukunft gesichert. Der Wunsch, den unbemittelten Schichten der Bevölkerung den Besuch der Oper durch Veranstaltung von Volksvor stellungen zu erleichtern, entspricht Meiner eigenen Willens meinung. Alle aus der Mitte des Landtages in großer Fülle hervorgegangenen Anregungen in beiden Stände kammern zur Durchberatung zu bringen, ist nicht möglich gewesen. Meine Negierung wird in Erwägung ziehen, in wieweit diese Anregungen für spätere gesetzgeberische Ar beiten verwertbar sind. Nach der allgemeinen Anspannung, die Ihre Be ratungen namentlich in der letzten Zeit zur Folge gehabt haben, werden Sie das berechtigte Bedürfnis empfinden, an den heimischen Herd zurückzukehren und Ihren eigenen Geschäften in Industrie und Landwirtschaft, Handel und Gewerbe nachzugehen. So entlasse Ich Sie denn mit dem aufrichtigen Wunsche, daß die Ergebnisse Ihrer Arbeit den: Lande zum Segen gereichen möchten." Nach Verlesung gab der König die Thronrede an den Finanzminister zurück, und der Vortragende Rat im Gesamt ministerium, Wirkt. Geheimer Rat Waentig, verlas nun den Landtagsabschied, der die endgültigen Resultate des Landtages zusammenfaßt. Alsdann trat Minister Dr. v. Rüger an die Stufen des Thrones und erklärte auf Be fehl des Königs den 33. ordentlichen Landtag der Monarchie für geschlossen. Der König erhob sich vom Throne und ver ließ im selben Zuge wie beim Eintritt den Saal, während die Versammlung in das vom Präsidenten der Zweiten Kammer ausgebrachte dreimalige Hoch auf den König ein stimmte. Verbandstage der deutschen katholischen Lehrerschaft. Zu Pfingsten dieses Jahres tagen zwei große katholische Lehrerverbände: in Bochu m hält der deutsche katho lische L e h r e r v e r b a n d die 21. Generalversammlung ab und in Cob! enz am Rhein feiert der Verein katho lischer deutscher Lehrerinnen die 25. Wieder kehr seiner Gründung. Ter Verein katholischer Lehrerinnen ist unter den großen Berufsorganisationen der Lehrerschaft Deutschlands eine der ältesten und seiner Mitgliederzahl nach einer der bedeutendsten. Ter Verein umfaßt rund 13 000 Mitglieder. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, die geistigen und mate riellen Interessen der Lehrerinnen zu fördern und die Schule nach den Grundsätzen der katholischen Kirche zu pflegen. Ter Verein hat zahlreiche Wohltätigkeitsanstaltcn für seine Mitglieder ins Leben gerufen, u. a. eine Kranken kasse, die seit ihren: Bestehen bereits über 63 000 Mark an Unterstützungen gezahlt hat, ferner eine Unterstützungskasse für dienstunfähig gewordene Mitglieder, eine Stellen vermittelung, ferner ein Kurheim in Pyrmont und endlich Vereinshäuser in Boppard am Rhein, in Paris und in London. Wenn der katholische Lehrcrverband mitte» in dem Herzen des Industriegebietes Zusammentritt und einen Rückblick wirft auf den Weg, den er seit mehr als 20 Jahren gewandert, so darf er sich mit Stolz der geleisteten Arbeit freuen und mit Zuversicht in die Zukunft blicken. Er hat gezeigt, daß die katholische Lehrerschaft nicht, wie man es von anderer Seite so oft und so gern hinzustelleu sich be müht, rückständig ist, daß sie die Fortschritte der Zeit sich zu eigen zu machen weiß, daß sie in dem geistigen Wettbewerb auf dem Gebiete des Volksschulwesens, in Erziehung und Kenntnis hinter anderen nicht zurückbleibt und daß sie nicht nur von der Wahrheit des Christentums überzeugt ist, son dern auch den Mut des Bekenntnisses hat. Trotz aller An feindungen hat die katholische Lehrerschaft es verstanden, sich mit ihrer Organisation in der Leffentlichkeit eine Achtung gebietende Stellung zu erobern. Tie Mehrheit des deutschen Volkes setzt bei dem immer schärfer hervor- tretcnden Kampfe um die Schule ihre Hoffnung auf die christlichen und speziell die katholischen Lehrer, denn nichts ist mehr imstande den monarchischen Gedanken zu festigen und das christliche Staatswesen zu erhalten, als ein von der christlichen Weltanschauung getragener Lehrerstand, der seinerseits selbst in der Schule ein Träger des christlichen Gedankens sein will. Es ist leider eine Tatsache, daß nicht nur in Sachsen, sondern in der gesamten Lehrerschaft Bewegungen im Spiele sind, die auf eine völlige Loslösung der Schule von der Kirche Hinzielen, die die Religion aus der Schule ent fernen und sie nach dem Rezepte der Sozialdemokratie zu einer Privatsache machen wollen. Da der Boden für eine derartige Saat noch nicht geeignet ist, ist man natürlich be strebt, dieses Endziel zu verschleiern. Man will es nicht zugeben, daß man sich mit derartigen Absichten trägt, und bemüht sich, sie als Entgleisungen einzelner Personen hin- znstellen. Das darf uns aber nicht sorglos machen, im Gegenteil, Eltern und Lehrer, welche sich zum Christentum bekennen, haben allen Anlaß, auf der Hut zu sein und die Zeichen der Zeit zu verstehen. Die katholische Bevölkerung Deutschlands darf sich daher freuen, daß sie an deni deutschen katholischen Lehrerverbande einen tatkräftigen Bundes- genossen und einen unermüdlichen Vorkämpfer für ihre christliche Ueberzeugung hat, und wenn in den Pfingsttagen die katholischen Lehrer sich in Bochum versammeln, uni ihre Marschroute für die Zukunft zu bestimmen, so wird die katholische Bevölkerung von ganz Deutschland innigen An teil an ihren Beratungen nehmen und den: Verbände einen glücklichen Verlauf der Tagung, einen reichen Erfolg seiner Mühe und ein „Glückauf" für die Zukunft aus innerstem Herzen wünschen. Nach Stratzburg oder Bochum? (ZwK vädiqog sve Einladu.men.) „Wonnig ist's, in Frühlingstagen nach dem Wander- siabe zu greifen", singt der Dichter und mancher Pädagoge dürfte dem Zuge seines Herzens, wie auch obigen päda- gogischen Einladungen folgen und so das Gute mit dem Nützlichen verbinden. Aber zwei Einladungen auf eiumal an verschiedenen Orten und zu gleicher Zeit! Wahrlich, wo die Wahl, da die Oual. Doch glücklicherweise beseitigt die Art der Einladungen jegliche Oual und erleichtert die Wahl. Beide Einladungen sind pädagogisch, weil beide von Pädagogen ausgehen, sich zunächst an Pädagogen richten und auf pädagogische Beratungen sich beziehen. Wohl wer den auch die Versammlungen auf ihre jeweiligen Teil nehmer pädagogisch einwirken, natürlich jede in ihrer Art. Man könnte wohl besser von zweierlei Einladungen sprechen, weil der Geist, der auf den beiden Versammlungen herrschen soll und bereits in den Einladungen klar zum Ausdrucke kommt, himmelweit verschieden ist. Tie Straßburger Einladung, ausgehend vom „Deutschen Lehrerverein", fordert auf zum „großen Protest gegen Be vormundung der katholischen deutschen Lehrer durch die Kirche" und zum „Kampfe gegen die römische Seelenherr schaft". Die Bochumer Einladung, ausgehend vom „Katho lischen Lehrerverbande des Deutschen Reiches", muntert auf zu ernster, positiver Arbeit für „neue Ziele und Wege der Volksbildung", für die „Fortbildungsschule, ihr Ziel und ihre Lehrer". Also kann es nach obiger Tatsache nicht heißen „Straßburg und Bochum", sondern es muß ein ent schiedenes „entweder, oder" hineingefügt werden. Ter Bochumer Haiiptverhandlungstag wird mit- einem feierlichen Festgottesdienste eingeleitet werden, nach alt bewährtem Brauche „mit Gott fang an!". Ein Zeichen, daß man allhier nicht schreien wird nach der nnhistorischen Trennung von Schule und Kirche, welch letztere ja die deutschen Urwälder und des Geistes Felder erst urbar ge macht bat für Leib, Geist und Seele. Mit Fug und Recht und unwidersprochen preißt deshalb der Dichter von Drei zehnlinden diese herrliche Kulturarbeit der ersten Kirchen- und Schulmänner Deutschlands mit folgenden Zeilen: In 61 horsnm, Zuckt und Armut SLnfften still d'e töpfern Streitet: Reuteten deS Urwaw« Niesen, Dorn ur d ffnrn und wüsteK> äuter; Z^g-'n Wall und Zarin und Hecke, Hirsch und Keiler adzuwehren, Dost im D,-le wollumfriedet Grru.ten mcnsckenliolde Achrcn: Au» den braunen Eichenbänken, Saß die Brut der Sachsenrecken Junge Bären; Riesenarbeit War'S, sic bildend zu belecken. schwer und ungelenkig waren Noch der deutschen Zunge Laute, Gleich den ersten S chritten eines Hünenkinds im Heidekraut?. Preis den brcwen schwarzen Mönchen, Preis den wackern Kutter trägcrn, Alles menschlich schönen W siens, Fron men Hütern, treuen Pflegern! Also, wenn Kirche und Schule Zusammenarbeiten, so ist das historisch und rechtlich wohl begründet. Und wenn auf der Bochumer Lehrerversammlung Vorträge gehalten wer den über „Bekämpfung der Schundliteratur, Tierkunde mit reichhaltigem Anschauungsmaterial uud Vorführung neuer Lehrmittel, über Kirchenmusik, Religion und Reli gionsunterricht, über karitative uud soziale Erziehung in der Schule, über neue Ziele und Wege der Volksbildung", so zeigt das wahrlich vom ernsten Strebe» uud fortschritt licher Kultur. Dementsprechend heißt es auch zum Schlüsse dieser sympathischen Einladung: „Jeder Erzieher und Freund der Volksschule wird daher herzlich zur Teilnahme ringelnden." Anmeldungen sind zu richten an Lehrer A. Lcnnig. Bochum, Märkische Straße 6. Neben diesen friedliebenden Worten möchten noch einige schrille Töne aus den Kriegsfanfaren der Straß burger Einladung vernommen werden. Entnommen ist dieser Einladungs-Artikel der „Sächsischen Schnlzeitung", durch ihre katholikenfeindliche Tendenz sattsam bekannt, und gekennzeichnet ist der kampflustige Artikelschreiber nur durch die Buchstaben „bl. 1-."; entweder eine allbekannte und be rühmt sein wollende Persönlichkeit, oder fehlt ihr der Mut, mit vollem Namen zu zeichnen. Nunmehr ein Distel sträußchen aus dieser Gedankenaussaat: „Glänzende Namen zeigt Straßbnrgs Bürgerliste. Sein größter Sohn war Johann Fischart, der geniale Dichter und Sprachen beherrscher und begeisterter Anhänger und Vorkämpfer der Reformation." Letzteres ist gewiß für den Deutschen Lehrer verein wichtig und einladend für dessen katholische Mitglieder. „Ein Maisest ist sie (die Straßburger Tagung) sonderlicher Art." Soll das Wort Maifcst, eine spezifisch sozialdemokratische Erfindung, die anonymen Bebelianer von Bremen in freundliche Erringerung bringen? „Solche Feste (der Einigkeit) haben die Deutschen nickt viele gefeiert. Neben den deutschen Erbfehlern der Zer splitterung, der auf die Rechthaberei und auf dem Eigensinn