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Stchstjche LoNSzeitung Nr. 296. Seite 2 Freitag de» 28. Dezember 1921 neue Grundlage gestellt werden. Verhandlungen über derartige Lebensfragen kann aber nur das Reich bezw. die Neichsregierung führen. Deshalb wollen wir neben aller Pflege der Stammes- eigcnart festhalten am Neichsgedanken, jede Bedrohung der Reichseinheit zurückweisen und an der Sicherung der politischen und wirtschaftliche» Zukunft Deutschlands regsten Anteil nehmen. Die Zentrumspartei hat sich seit dem Zusammenbruch im November 1918 bemüht, das Reich zu retten. Wir glauben an den Erfolg dieser Politik. Einberufung einer Konstituante in Rutzland? Paris, 21. Dez. Nach der „Chicago Tribüne" liegen ui Paris zuverlässige Nachrichten vor, das; die russische Sowjetregie rung vor dem 1. Februar 1922 eine verfassunggebende Versamm lung einberufen werde, in der alle politischen Parteien vertreten sein sollen. Die Einberufung werde von den Vereinigten Staaten und Frankreich als conditio sine qua non für die Anerkennung der Oowjelrcgierniig gefordert. Unmittelbar nach dein Zusammen tritt der Versammlung würden die alliierten und assoziierten Mächte eine Konferenz zur Erörterung der formellen Friedens- bedii>gu»gen der Sowjets abhallen. Die führende Rolle bei der Beeinflussung der bolschewistischen Führer hätten nach dem Blatte Briand und Hoover gespielt. Rathenau Ausjcnm'nistor? (Ei gelier Draht bericht der „Sachs. P o l k s z e i t g.") Berlin, 22 Dezember. Zn hüsiaeii iiiiten»hüten Kreisen ist da? Gerücht vertue tel, daß der Pollen des Münsters des Aus, wärtigen, dir bekanntlich teil der Neubildung der Negierung »ickeßtzt blieb, deinuächll be'ctzt werden soll und zwar durch den früheren Wiedeuiuibaumiiiister Dr. Walter Rathen au. Siurmszcnsr» im bayerischen Landtag München, 21. Dez. Im Landtage kam es heute abend im Laufe der Beratung über die Anträge der Unabhängigen und Kommunisten auf A m n e st i e für politische Gefangene zu erregten Auftritten. Als der frühere Justizminister Dr. Müller (Dem.) sich gegen die Ausführungen eines unab hängigen Redners wandte, gab es eine heftige Auseinander setzung zuuschen ihm und dem Unabhängigen Blumtritt. Dieser rief Müller zu: Sie trauriger Mensch! Elender Hetzer! Dieser Kerl ist Justizminister gewesen! Auch fiel der Ruf: Haut ihm eine runter! Mittler rief Blumtritt zu: Wenn Sie noch Ehre im Leibe hätten, würden Sie überhaupt nicht mehr sprechen. Bluin- tritt wurde zweimal zur Ordnung gerufen. Auch Müller wurde gerügt. Die Anträge der Unabhängigen und Kommunisten wur den abgelehnt. Ter Antrag der Unabhängigen ans Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in Niederschönenfeld wurde dem VerfassungSanSschus; zur weiteren Behandlung überwiesen. Einheitliche Regelung aller Gehälter und Löhne? V rlin, 22. Dez. Von einem als zuverlässig bekannten Gewährsmann erhast der „Berliner Lokalanzcigcr" Mitteilungen von einem Plan der Regierung, die Gehälter und Löhne nicht nur der Staaisbedieiistetcn, sondern auch der Privatwirtschaft einheitlich zu regeln. Der NeichSfinanzininister werden schon m kürzester Zeit die Vertreter der Kommunen zu einer Konferenz znsammenberufen, um Grundlagen zu einer möglichsten Oleich- stellnng der Beamtenschaft in Staat und Gemeinden fest.zustcllen. Gleichlaufend mit dieser Aktion werde eine Konferenz init der Industrie geplant, um auch in der Privatwirtschaft eine Anleh nung der Gehälter und Löhne an die der SlaatSbedicnstctcn hec- beiz» führen. Die Beamienbt'soldmrg (Eigener D c a h t b e r i ch t der „S ii ch s. Bolkszekr g/ch Berlin, 22. Dezember. Die für gestern festgesetzten Ver handlungen in, Reichsfuinnzministerüim mit den Spitzenorgani sationen fand nicht statt. Hingegen werden heute um 10 Uhr nochmals die Vertreter der Spitzenorganisationen zu einer Vor besprechung und um II Uhr mit dem Neichssinanzministerinm zusainmcntreten. Ter gesamte Verband der Beamten und Staats- angcstelltcngewerkschaften, der sich mit dem bisherigen Motus der Vorschußzahlung nicht einverstanden erklären konnte, unter nahm Schritte, um eine einheitliche Vorschußzahlung snr sämt liche Beamte, Angestellte und Aebeitce zu erwirken. Die Frage der Regelung des Börsenverkehrs Berlin, 21. Dez. Der finanzpolitische Ausschuß d c s R e i ch s w l r t sch a ft s r a t e s beschäftigte sich in seiner gestrige» und heutigen Sitzung u. a. mit der Frage der Regelung des Börsenverkehrs. Sachverständige waren über die Maßnahmen des Berliner Börseuvorslandes hinsichtlich der Kleinaufträge ge hört worden. Als Ergebnis seiner Beratungen faßte der Aus schuß einen Beschluß, in dem er u. a. der Ansicht Ausdruck gibt, daß tägliche Abhaltung von Börsen Ver sammlungen der Aufgabe und dem Wesen der deutschen Zentralbörse entsprechen, Gegen die Beschränkung des amtlichen Sächsische Volkszestiing — Nr. 296 — 28. Dezember 1921 Das Rosenhaus Originalroman von Felix Nabor (4. Fortsetzung.) Olten saß an dem Lager der Kranken und sprach ihr Trost zu. „Nicht verzagen," sagic er mit seiner milden, weichen Stimme, die sich wie Balsam auf eine brennende Wunde legte, „für de» Gerechten hat der Tod keine Schrecken, sondern ist nur die Pforte zu einem neuen Leben. Dort werden die Armen er quickt, die Hungrigen gespeist, die Niedrigen erhöht. Ihr seid stets ein frommes Weib gewesen, treu Eurem Gott und Eurem Veiten, und voll Liebe und Zärtlichkeit für Eure Kinder. Darum braucht Ihr nicht zu bangen — Euer Lohn wird groß sein im Himmel. . . Bald Hab! Ihr alle irdische Not überstanden und werdet eingehen in die Freude des Herrn. Ach, welche Wonne harret Euer! Kein Auge hat es gesehen und kein Ohr vernom men, was Gott denen bereitet, die ihn lieben. Er wird abwischen alle Tränen, und es wird nicht Klage mehr sein noch Trauer und Schmerz. . . ." Die Kranke hustete, und wie ein Hauch kam es von ihren Lippen: „Ja, . . . ja . . . aber die Kinderchen, die anneu Kin derchen ... die Waislein . . ." lind in ihrem brechenden Auge stand eine große, bange, stumme Frage. Aber der junge Tröster wußte auch da Rai. „Gott, der das Schreien der iungen Naben hört, wird auch ihrer nicht vergessen," sagte er. „Gute Menschen werden sich der Waisen erbarmen und Engel sie geleüen, daß sie nicht vom rechten Pfade weichen . . ." Da hob die Kranke die müden Arme, um die schon der Tod seine Fesseln gelegt hatte, und sagte mit erstickter Stimme: «Seid gesegnet! . . . Ter Mutter Segen . . . geleite euch . . . auf allen euren Wegen . . ." Die Kinder weinten leise, und selbst der trotzige Mann wandte sich ab, um eine Rührung zu verbergen. Die Arme der Kranken sanken kraftlos ans die Decke, inüde schloß üe die Lider. Alle schwiegen, und es war eine große, hei lige Stille . . . Plötzlich öffnete die Kranke weit die Augen, als blickte sie im ein ferne? schönes Land, und sagte leise: „Nun kann ich ruhig sterben; meine Kinder sind in cmier Hut . . . Und nun habe ich nur noch eine Bitte: Lieber Mann, gib mir die Hand, geleite mich durch die dunkle Pforte und bete mit mir . . ." Der Mann, der sich in seinem Trotz längst von seniem Gotte abgcwandt hatte, erzitterte, als ob ihn ein Blitzstrahl getroffen Umsätze» in Kleinaufträgen beständen keine Bedenken, wofern auch Kleinaufträge in vollem Umfange bei der Kursfest» setzung berücksichtigt würden. Besonders erscheine «S notwendig, für Kleincrusträge die Möglichkeit der Limitierung zu erhalten. Strafunterbrechungen Berlin, 21. Dez. Wie wir erfahren, wird auf Wunsch des Reichspräsidenten der Neichsjustizminister noch vor den Festtagen einer größeren Zahl von Verurteilten, die auf Grund ondergerichtlicherUrteileStrafenbiSzueinem ahr zu verbüßen haben, Strafunterbrechungen zuteil werden lassen mit Aussicht auf bedingten Straferlaß nach Prüfung der einzelnen Urteile. Das Urteil im Jagow-Prozch Leipzig, 21. Dez. Im Jnqow-Prozeß wurde heute Mitt woch, nachmittags halb 5 Uhr, im Reichsgericht das Urteil gefällt Der Angeklagte v. Iagow wurde zu ö Jahre Festungshaft und Tragen der Kosten verurteilt. Gegen die Angeklagten v. Wnngcnheim »nd Dr. Schiele wurde das Verfahren eingestellt. Die Kosten werden der Staatskasse anserlcgt. Leipzig, 2l. Dezember. In der Begründung des Neichs-- gerichtsurteils im Jagowprozesse wird ». a. nusgestihrt: Alle drei Angeklagten Hütten einsehen miisien und Hütten nach der Ueberzeugnng des Gerichtes auch eingesebe», daß es sich bei dem Unternehme» Kapps nm ein hochverräterisches Unternehme» han delte. Indem sic ihre Kenntnisse und Erfahrungen zur Verfügung stellten, hätten sie sich nicht nur äußerlich, sondern auch den Fortgang fördernd an den: Unternehmen beteiligt. Für ihre Mittäterschaft fehlten ausreichende Anhaltspunkte. Sic hätten den beiden Führern nur durch Rat und Tat wissentlich Beihilfe geleistet. Die höchste Gewalt sei in Wirklichkeit nie auf Kapp und Lnttwitz übccgegangen; sie hätten sie sich nur angemaßt. Ter Einwand, daß das hochverräterische Unternehmen schon be endet gewesen sei, schlage durchaus nicht durch. Ter Angeklagte von Jagviv sei nicht znm unverantwortlichen Werkzeuge gewor den, wenn er das ihm von Kapp angelwtenc Ministeramt an nahm. Nach dem Amnesttegcsetz vom 4. August 1920 sei er als einer der Führer anzuschen. Da er aber aus selbstloser Vater landsliebe gehandelt habe, seien ihm mildernde Umstände zuge billigt worden. Andererseits erscheine mit Rücksicht auf die schweren Folgen, die das Unternehmen Kapps nach sich gezogen habe, eine nicht zu gering bemessene Strafe angebracht. Die beiden anderen Angeklagte» hätten nur eine nebensächliche Nolle gespielt. Deshalb sei aus Grund des Amnestiegesetzes das Ver fahre» gegen sic eingestellt worden. Beendigung der oberschlesischen Grenzfestsetzung Preußische Beamte als polnische Ratgeber »nd Sachverständige. — Entscheidung gegen die deutschen — »nd polnischen Stimmen. — Dir für Deutschland geretteten Kohlenfclder im Werte von mehreren Milliarden (Von unserem o b e r s ch l e s i sch e n Mitarbeiter) Königshütte, 20. Dezember. Während die Verhandlungen der deutsch-polnischen Wirt- schafisjemmiinon in Beuche» i» mehreren Unierkommissioncn auf einem toten Punkt augelangt scheinen, ist es der internationalen Gr'»zfeslsetzungskvi»migiou inzlMjchen möglich gewesen, die am 24. Oktober begonnenen Arbeiten zum vorläujigen Abschluß zu bringen. Am gestrigen Sonntag hat eine Art Schlußsitzung stati- gefanden, in der die endgültige Grcnzsestsctzung für den ober- schlesischen Jndnstciebezirk erfolgte. Zufriedengestellt sind natür lich beide Teile nicht und dementsprechend haben auch die deut schen wie die polnischen Vertreter in der Kommission gegen dir Annahme der Beschlüsse gestimmt, die darauf durch die Mehrheit der englischen, französischen, italienischen und japanischen Stim. men, also mit vier gegen zwei Stimme», zur Annahme kamen. Es sei daran erinnert, daß die oberschlesische Nordgrenze be reits vorher sestgelegt worden war. Dabei hatten die deutschen Delegierten insofern einen Erfolg zu verzeichnen, als die um strittene Kruppamühle bei Deutschland blieb. Der zweite Teil der nunmehr abgeschlossene Arbeiten galt der Festsetzung der Grenze im Süden, wo e bei den Genfer Beschlüssen blieb. Dort hat die Stadt Natibor eine ungünstige Stellung erfahren da durch, daß das Gut Hohcnbirken, auf dem rechten Oderufer ge legen, bei Polen geblieben ist. Dieses Gut gehört der Stadl Ratibor und es liegt auf weithin beherrschenden Hügeln, so daß dort die Grenze eine für Deutschland außerordentlich ungünstige geworden ist. Ob eS bei künfiigen Verhandlungen möglich sein wird, hier eine Verbesserung der Grenze zu erzielen, steht noch dahin. Der Haupttcil der schwierigen Arbeit war dann der dritte Teil, nämlich die Festlegung der Grenze im eigentlichen Jndu- stricbczirk. Hier mar die Arbeit aus mannigfachen Gründen außerordentlich erschwert. Einmal war durch den Genfer B» l «WM,««,»I»,!> ,»! »II» ,„>SS hätte. Er wollte sich sträuben, aber die Augen der Sterbenden waren so zwingend und mit solcher Macht auf ihn gerichtcr, daß er sich ihr beugen mußte; er legte die Hände zusammen und sprach mit rauher, träiienerstickier Stimme: „Vater unser . , . der du bist in dem Himmel . . . geheiligt werde dein Name . , » Zu uns komme dein Reich . . . Dein Wille geschehe . . ." Da durchschnitt der Helle Klang eines Glöckle>nS die Luft; cs klang wie ein süßer Ruf aus heiligen Höhen . . < Jmma prallte zurück, floh um die Hausecke und verbarg sich hinter einein dichten Busche. Der Priester kam mit dem Ministranten, der ein Glöcklein und die große Kirchenlaterne trug. Beide betraten das kleine Haus. Wie von einer geheimnisvollen Macht ange» zogen, trat Jmma wieder an das Fenster und bstckle in die Stube . . . Cie war von einem überirdischen Glanze erfüllt. Olten hatte eine Kerze entzündet und auf einen gläsernen Leuch ter gestellt. Der weißhaarige Priester, um dessen hagere Ge stalt sich der weile Chorrock in weiche Falten schmiegte, entnahm dem goldenen Gefäß, daß er an weißer Schnur auf der Brust trug, die'kleine silberweiße Hostie, sprach leise Gebet« und reichte der Sterbenden das heilige Mahl . . . Als der Priester znrücktrat, erblickte Jmma ein schneeweißes Gesicht, auf dem der Schimmer seliger Verklärung lag. Die Angen sahen noch einmal groß und staunend ,n dir Welt, dann schlossen sie sich zum letzten Schlummer . . . D'e Seele erhob sich mit mattem Flügelschlage und flog himmelwärts „ . . Ein Totengesicht ruhte auf den ärmlichen Kissen, hehre Majestät thronte ans der weißen Stirn der armen Duldern, . . . Jmma sah zum ersten Male dem Tod ins Angesicht und fühlte ein kaltes Erschauern. Sie preßte die Hand ans ihr zucken des Herz, das in wilden, raschen Schläge» pochte, und eilte da von. Erst am Nheinstrom fa»d sie sich wieder, dort setzte sie sich auf eine Bank und fing zu weinen an, ohne daß sie wußte, warum . . . Gegen Mittag sah sie Olten des Weges kommen und trat auf ihn zu. „Den ganzen Morgen Hobe ich auf S»e gewartet," sprach sic. «nun müssen Sie mit zum RoscuhauS. ich habe etwas zu fragen." „Dazu habe ich jetzt keine Zeit," erwiderte Olten, ..eS gibt so diel zu tun. Frau Kaller ist tot, der Man» wie zerschmettert. Ich muß den Sarg bestellen und für die Kinder Brot beschaffen, denn sie hunacrn. Und daß ick eS nicht bergest:, ich muß den Arzt zu den Kindern schicken. Verzeihen Sie als», Jmma —" Jmma suchte ihn umzustimmen, aber er b'ieb bei seinem Entschluß. „Die Not der Armen macht mir rasche Hille zur Pflicht," sagte er. „Die Kinder sollen nicht Hunger», lieber will schluß die Kleinbahn Nauden-Gleiwitz sechsmal von polnischen Gebietsstreisen durchschnitten, andere VerbindungSstraßen. Chausseen, waren gleichsalls durch polnische „Korridore" unter, bunven, wichtige Bergwerksanlagen waren schwer durch die Gen. fer Grenzziehung in Mitleidenschaft gezogen usw. Zu diesen Schwierigkeiten, wie sie sich aus dem Genfer Diktat ergeben, kamen Schwierigkeiten anderer Art. Die polnischen Delegier'cn arbeiteten teilweise mit Sachverständigen und Ratgebern, die noch heute preußische Beamte sind und noch heute von dem preußischen Staate ihr Gehalt empfangen. Ohne Name» zu nennen, s:> hier an die Arbeit eines deutscken Sachverständigen bei de» Vec- Handlungen über die Delbriickschächte erinnert. Trotzdem kann heule nach dem vorläufigen Abschluß der Arbeite» gesagt werden, daß sie mit einigermaßen befriedigenden Erfolgen für Deutsch, land ausgelaufen sind. Einer der sichtbarsten Erfolge war, wie bekannt geworden ist, daß die Kleinbahn Rauden-Gleiwih »»»inchr ganz ans den!- schein Gebiet liegt. In der Gegend Nieborowitzer Hammer kn», es zu kleinen deutsch-polnischen GebictSaustanschcn. Für deutsche Wünsche an sieben verschiedenen Stellen der oberschlesischen Mit- telgrenze war hier von den deutschen Delegierten eine größere Fläche als Komvensatlon den Polen angebotcn worden. Die Polen lehnten dies Anerbieten ab, so daß es dort bei den kleineren Aenderungen verblieb. Schwierig war der Kampf um die Tel- brückschüchte, die die Polen für sich beanspruchten, womit sie aber unterlegen sind. Die genannten Schächte verbleiben bei Dcnsth land, ebenso die zur Grubenanlage gehörigen Banlichkeiicn bis zur Bahnlinie Makoschau-Gleiwitz. Eine Reihe von Beamten« Häuser» — auch ein Zeichen für die Schwierigkeiten der Grenz, festsetzung im oberschlesischen Jndustrierevier — bleiben bei Polen und es wird bei den Wirtschafisverhandlungen genau fesizulegen sein, daß den Beamten bei dem täglichen Wege nach ihrer Arbe 's. stätte keinerlei Schwierigkeiten gemacht werden. Die Lebe-S- dauer der bei Deutschland verbleibenden Delbriickschächte Wied auf noch 40 Jahre berechnet. Man rechnet dort mit einem Kohlenvorkommen von insgesamt 23,4 Millionen Tonnen. D>« jährliche Förderung dieser Schächte betrug 600 000 Tonnen. Das Verbleiben der Delbrückschächte bei Deutschland ist wirtscliaft'ich auch deshalb von besonderem Werte, weil sich dort die einzig» große staatliche Kokerei befindet. Ter nächste beachtenswert« Erfolg liegt bei der-Königin Lnisc-Grnbe, um die gleichfalls leb haft gestritten wurde. Lediglich die Kolonie Glückauf, der Kirch hof von Rnda und die Fläche von Nuda-Poremlm kommen dort zu Polen. Auch dieses durch die Arbeit der Kommission bei Deutschland verbleibende Gebiet hat eine große wirtschaftliche Be deutung die schon daraus hervorgeht, daß auf diesen Gruben 3000 Arbeiter über Tage und 6000 Arbeiter unter Tage beschäf tigt werden. Das gesamte Kohlenvorkommen dieses jetzt bei Deutschland verbleibenden Gebietes wird auf 23 Millionen Ton nen geschätzt, während das Kohlenvorkommen des damit znsam» mcnhängenden Gebietes, das jedoch nicht umstritten war. rund 17 Millionen Tonnen beträgt, zusammen also 40 Millionen Ton. nen. Die jährliche Förderung der Königin-Luise-Grnbe beziffert sich aus eine Million Tonnen, so daß diese Felder gleichfalls in etwa 40 Jahren akigebant sein dürften. Auch bei der Königin- Luisc-Grube handelt es sich wie bei den Delbriickschächte» um staailiches Eigentum. Allein die Königin-Luise-Grnbe repräsen tiert einen Wert von etwa zweidrtttel Milliarden. Weitgehende Wünsche hatten die Polen in der Gegend von Benthe». Insbesondere strebte» sie dort danach, die gesamten Zinkerzfelder der Blei-Scharley-Grube in ihren Besitz zu bringen. Sie sind hier gleichfalls unierlegen. Zn den an Polen fallenden Kompensationen gehört u. a. auch Rnda-Hammer, um das sich die deutschen Delegierten lebhaft bemühten, doch war die Arbeit der deutschen Unterhändler schon deshalb eine außerordentlich schwierige, weil die Polen bei der Abstimmung in Ruda-Hamin.'r und nächste Umgebung 8000 Stimmen erhalten haben, die schließ, sich ber den Ansgleichsarbeiten für die ausländischen Mitglieder der Grenzfestsetznn'S - Kommission schwer ins Gewicht sielen. Nördlich von Beuthen wurde ein nennenswerter Erfolg snr Deutschland noch dadurch erreicht, daß der lange „Entenschnabel" von Neuhof, der ziemlich weit in deutsches Gebiet hinein ragt', deutsch geblieben ist mit dem Neste des Zinkbergwerkes Nenhof. Trotz der unifangreichen geleisteten Arbeit ist es nicht ge lungen, den Ausgleich so anszugestaiten, daß Bergwcrksanlagen über und unter Lage zu dein einen oder anderen Staate gs> hören werden. Es kommt vielmehr mehrfach vor, daß die Schachtanlagen in dem einen Lande, die Grnbenfeldcr selbst aber in der» anderen liegen. Ta sich diese Verhältnisse jedoch Wechsel, festig ergeben, nämlich so, das; einmal die Grnbenfelder in Denlschland, ein andermal in Polen liegen, während die Anlagen über Tage sich jeweils in dem anderen Staate befinden, ist a»- zunchinen, daß es bei den wirtschaftliche» Verhandlungen über diese Anlagen zu einen: deutsch-polnischen Einvernehmen kommen wird. In einzelnen Fällen können Kohlen durch Nenanlage von Schächten auf Deutschland verbleibenden Gebieten Wester gefördert werden. Z. B. wird die Donnersmarcksche Ver waltung sich durch Schaffung von neuen Schächten die weitere Förderung von Kohlen in einzelnen Grnbenfelder sichern. Die GrenzfesisetznngS-Kominission beginnt nach den Weih nachtsfeiertagen mit einer gewissen Dctailarbcst, bei der es sich nm eventuellen Austausch kleinerer Parzellen usw. handelt. Dies« Arbeit dürfte die Kommission noch bis Mitte Januar beschäftigen. ich betteln gehen von HauS zu Haus . . Er sah sie mit vor. wurssvollem Blicke an, und sie überlegte bei sich, ob sie ihm nicht Geld geben sollte, aber ihr Stolz »»d ihr Haß gegen die Tors- leutc liehen eine solche Freigebigkeit nicht zu. Verärgert sagte sie: „Dieses Bettelpack steht Ihnen also näher als wir im Rosenhaus? . . . Nun, so gehen Sie eben hin! ... Den Armeleutegeruch tragen Sie ja schon an Ihren Kleidern. Es ist unausstehlich — pfui! Sie müssen sich des infizieren —" Olten blieb stehen und seine sanfien blauen Augen sprühlen Blitze. „Ich werde mich, ehe ich wieder ins BnrghauS komme, erst in den Nesseln wälzen — und dann in eine Rosenhecke wer fe», ans daß ich alle Wohlgcrüche der Welt mstbringe," sagte er. „Mir selber freilich ist der Duft einer einzigen großen Tat lieber als alle Wohlgerüche der Erde. Darum werde ich auch mein Samaritcrwerk vollenden." Mit stummem Gruß «mpfahi er sich und ließ sie stehen. Jmma konnte sich kaum fassen vor Zorn und sah ihm nach, wie er mit einem schaukelnden Gange, als ob er aus Wollen ginge, dem WirtSl«vse znscheitt. „Nun gebt er zum ElSlcin," rief sie höhnisch und eilte zor nig nach Hause. In der großen Wirtsstube, in welche Olten trat, siimmien als- einzige Gäste die Fliege». Osten sah sich um und pfiff leise vor sich hin. Ta öffnete sich die Küchcntür, und ein blondes, fw- schcs, schlankes Mädel trat ein, solch ein herziges Rlieiiilnndskind mit lachenden Augen, rosigem Mund und Grübchen in den Wangen. Dem jungen Dichterkinan» ging bei ihrem Anblick das Herz auf. und er vergaß für einen Augenblick seine Samariterniissioü. „Ach Eislein. liebes Elölein," rief er, „wie schön, daß ich Sie treffe. Mir schien es, als ob Sie sich vor mir versteckten — und das tut mir so wehe! ... In tiefster Seele tut eS mir weh." Das" schöne Mädchen errötete und sagte: „Ach nein, Herr Olten, ich verstecke mich gewiß nicht, ich freue mich immer, so oft ich Sie sehe . . ." „Wirklich? . . . Ach, wie gut Sie sind! Warum sehe ich Sie so selten?" „Der Vater läßt mich nicht mehr in die WiriSstube . . ." er widerte sie. „Er meint, daS sei nichts für ein junges Mädchen." „Da hat er recht," pflichtete ihr Olten bei. „Aber es gibt Ausnahmen, wie jetzt zum Beispiel... Ich wollte Ihnen schon lange ein Geständnis machen, aber ich war nicht so keck . . . Denn Sie sind ein reiches Mädchen und ich nur ein armer Schlucker —" (Fortsetzung jolgt