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Sächsische Volkszeitung : 24.08.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-08-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192208245
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220824
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220824
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-08
- Tag 1922-08-24
-
Monat
1922-08
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 24.08.1922
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Rr.LVS 21. Jahrg. Fernsprecher: Redaktion 32723 — Geschäftsstelle 32722 Postscheckkonto: Dresden Rr. 14797 SiicklWe Dönnelstag, 24. August 1922 Redaktion und Geschäftsstelle: Dresden - A. 16, ,-H,olbeinsi!iab^4« Dolfszelmng ^ ... ° - Oiserlenaebübc: Mc Selbslabholer 2 bei IIor>.r^'»)m!j, durch vorichtt t «>!k °b>»° 2S droieut Zuschlam Z ^im -i„.,b,oiben d-r Pavie«>nemu,,eu „i>u. cclljchi di« P°l- °"°e-d°m P^-wzu^^. ^„.Auj-rSg-., .mü L-isl.mg von -ch°d-u-r>ai-. Für imdsullich geschrieben« sowie durch Fernsprecher ausgegebene Sin»,gen mu Rückporto nicht versehene iriiis-noimg-n an oiebieoamonwer-ennichi-uioewayri. lönnen wir die Verantwortlichkeit ^ Texte-uichi, ^ ^ An der Pelrlllrch- i «»nahm« don Skschüfiranzeigen bi» IN Uhr. von Famtlienmizeigen bis 1t Uhr dormUtagS. - Aimahm-slell-ii in TreSden, Schmideiche Buchhandlung. Inhaber b. Le «ch in ll- , . «eingSVrei», Monat August Einzelnummer 1.5« Die Sächsisch-Vollszeitung erlchetnt wöchentlich s-chSmal. StnzetgruPreiS, Die enigespaltcne PelitzcNe « sür Familien- und «ereiiiSanzeigen. Stellen- und Mtelgesuche S Dt« Peiil-Rellamezeil- im ».-dattioncllen Teil. SS mm breit. 25 Für Jnseraie mit besonderer PiaziernngS- Sprechstunde der Redaktion: 5—» Uhr nachm. Nicht ausdrücklich zurückverlangle »nd mu Rückporto nicht versehene Einsendungen an dieRedaktion werden nicht ausbewahri Tagesschau SÄic „Tcmps" meldet, Huben sich auch die -Handelskammern von Kvlmar und Meh gegen die Beschlagnahme deutscher Fonds und Werte bei ctslissisch-tothringischen Banken ausgesprochen. Der frühere uorwi'gischc Ministerpräsident Jörgen Lövland ist im Alter von 74 Jahren gestorben. ^ In dem Internationalen Telegraphistcnwcttstreit in Berlin ist der Meisierschnftspreis an Oskar Schindler-Wien gefallen, Die Königin von Holland wird Dänemark, Schweden und Norwegen einen offiziellen Besuch machen. Moskauer Blüttermeldnngen zufolge soll laut Beschluß des Allrussischen Exekutivkomitees der 1v. Kongreß der Sowjets zum 20. Sepetmber einbernfen werden. Schwedische Blätter melden, daß Deutschland genötigt sei, seine früher getätigten Weizenkäufe in Nord- und Südamerika zu annullieren, da die hierfür vorgesehenen Zahlungen für die Entente dringend gebraucht werden. Dr. Seipel in Berlin Deutschland braucht zumindest ein langfristiges Morato rium und eine vernünftige Zusammenarbeit der europäischen Völker, Oesterreich aber ist in seiner Lebensfähigkeit ganz und gar auf Unterstützungen durch das Ausland angewiesen, bittet und bettelt schon lange um Kredit, um überhaupt leben zu können. Das deutsche Volk hätte schon noch die Kraft in seinen wirtschaftlichen Adern, um sich vom Krankenlager der letzten Jahre wiederaufzurichten und im Nahmen der europäische» Vö.- ker fruchtbringend mitzuwirken, wenn nur die Welt und vor allem Frankreich zur Vernunft käme und aufhörte, den deut schen Wirtschaftskörper durch immer neue Aderlässe immer mehr zu schädigen und dem Untergänge zuzutreiben. Vielleicht wäre es heute noch nicht zu spät, wenn die Vernunft doch iwch Sie gerin würdet — Wie steht es aber mit Oesterreich, dem zur Unkenntlichkeit verstümmelten Ueberbleibsel der alten Donau monarchie? Wenn unsere Wirtschaft zerrüttet, unsere Währung ruiniert, unser Schicksal hoffnungslos ist, was soll inan dann für Maßstäbe au die österreichischen w'r'schastnchen Zustände anlegen? Gibt es noch eine größere Steigerung als „hoffnungs los"? Ein Musterbeispiel des Unverstandes und der Blindheit, die heute die Welt regiert, die den Griffel geführt hat, um mit jenen jammervollen FriedcnSdokumenten von Versailles und St. Germaiu — vielleicht unbewußt, dann nennt man es Dumm heit — das Todesurteil für ganze Länder Europas zu schrei ben, und das alles, obwohl man ganz genau weiß, daß die Völker Europas, ja fast der ganzen Welt auch in wirtschaftlicher Be ziehung eine Familie bilde», daß alle zivilisierten Nationen un tereinander durch zahllose Fäden verbunden sind, und eine wun derbare, gottgewollte harmonische Einheit darstellen. Oesterreich kann von sich aus nicht leben und nicht sterben, das war jedem Einsichtigen von vornherein klar, und wer es von vornherein nicht sehen wollte, dem mußte zumindest dm wirk- schaftliche uird besonders die währungspolitische Entwicklung der letzten Zeit eine deutliche und unübersehbare Lehre gewesen sein. Glauben denn diese „Herren der Welt", Pmn ars. Llozd George und Genossen wirklich, mit Federstrichen so kunstvolle uird fein differenzierte Gebilde, wie sie ein moderner Kulturstaat darstellt, rns Leben rufen zu können? Diese wirtschaftliche Mißgeburt Deutsch-Oesterreich hat bis heute gegen diese,, Unverstand anz»- kampfen gesucht uird es ist bekannt, was die letzte Zeit an Elend und Not über seine Hauptstadt Wien gebracht hat. Die äußerste """ Hu einem letzten Schritt gezwungen. Der österrei chische Bundeskanzler Prälat Dr. Seipel, der mit großer Energie das wackelige Staatsschiff vor den, Untergänge "zu bewahren sucht, hat sich jetzt Hilfe suchend an die Nachbarstaaten der Do- rmumonarchle geivondt, nachdem auch die lehten Versuche neschei- fert sind vom Ausland Unterstützung durch Kredite zu erlangen. Ueber dem österreichischen Staatsschiff flattert das Notsignal die Maschinen sind gestoppt, der wirtschaftliche Kreislauf steht! Und die Verzweiflung treibt zu einem letzten Versuch, die Ka tastrophe abznwenden! Der Bundeskanzler hat sich au Italien gewandt, ist selbst nach Prag gereist und weilt gegenwärtig in Berlin, um auch mit der deutschen Regierung zu verhanoeln. Ob es überhaupt noch eine Rettung gibt, ist zweifelhaft. Sieht doch Frankreich schon dieser Fühlungnahme eines hilfesuchenden Landes mit dem üblichen Mißtraue» gegenüber. Das „Echo de Paris" hält es sogar schon für wahrscheinlich, daß dem öster reichischen Kanzler Dr. Seipel wegen seiner Berliner Reise eine tadelnde Bemerkung zugehen werde. Und ein anderes Blatt schreibt: „Wegen des geheimen Einverständ nisses zwischen bayerischen, österreichischen und ungarischen Monarchisten müsse diese Reise bei den Alliierten Verdacht er regen. Man habe genug daran, daß der österreichische Kanzler sich entschlossen habe, in Berlin Hilfe zu erbitten!" Als ob inan von halbtoten Völkern noch etwas zu befürchte» hätte! Oester reich kanu wohl nur das eine noch helfen: ein wirtschaftlicher Zu sammenschluß mit den Nachbarstaaten. Es muß zu einer ver nünftigen Staatcnbildung in Mitteleuropa kommen, will man wirklich lebensfähige Staatengebilde schaffen. Die wirtschaft lichen Notwendigkeiten verlangen ja doch unerbittlich ihr Recht und es geht nicht an, daß auf die Dauer politischer Unverstand über Wirtschaftsfragen siegt. Auf der Grundlage der in S>. Germain geschaffenen' österreichischen Staatenwelt wird sich eine Konsolidierung der wirtschaftlichen Vcrhältniss: niemals errei chen lassen. Der romantische Zauber ist längst dahin, der früher über dem Land an der Donau lag, und er wird in dieser alten Herrlichkeit nicht wiederkommen. Heute ist Oesterreich der Ver zweiflung nal>e. Und die Welt müßte einsehen, daß man hwr nicht mit Liebesgaben und Bcttlergeschenken das äußerst.- ab wenden kann, sondern nur durch eine konsequente Abkehr von dem Wege des Hasses, des Mißtrauens und der Rache, der ganz Europa schon nahe an den Abgrund gebracht hat und schließlich Noch ganz zu verderben droht. . WM MW M Wt Rltkl Während zwei Vertreter der Neparatiouskommisston in Berlin weilen, um mit der deutschen Regierung über die Be dingungen zu verhandeln, unter denen ein Moratorium gewahrt Werve» kann, hat der französische Ministerpräsident bei erster bester Gelegenheit wieder eine von seinen bekannten Drohreden gehalten. Sie soll gewissermaßen die Begleitmusik zu den Ber liner Verhandlungen sein. Er hat sein altes Lied von der plan mäßigen Entwertung der deutschen Mark durch Deutschland von neuem gesungen, ohne daß die unwahren Anschuldigungen, die er gegen Deutschland in diese», Punkte erhebt, durch die Wieder holung wahr werden. In seiner Rede stellt Poincarü auch die Behauptung auf, Frankreich habe im Laufe der letzte» drei Jahre ungefähr 20 Milliarden Papiermark an das Ausland mehr be zahlt als Deutschland. Selbst die Nichtigkeit dieser Ziffern an. genommen, so beweisen sie doch gar nichts, denn es besteht ein großer Unterschied zwischen einem Staate, wie Deutschland, dessen Wirtschaftskraft durch den Verlust wertvollster Grenzge biete und durch die Folge» von Krieg und Revolution geschwächt ist, und einem Laude, das durch den Krieg neue Wirtschaftskraft, Macht und Kredit gewonnen hat. Die Rede Poincarvs ist auch reich au Spitzen gegen England, den, der französische Minister präsident eine ganze Reihe von Vorwürfen macht. Vor allen Dingen kehrt in der Rede die Anklage wieder, daß die britische Regierung, ohne Frankreich zu befragen, öffentlich erklärt habe, inan müsse Deutschland das Moratorium bewilligen. Auch das Problem der Verschuldung der Alliierten untereinander behan delt Poincarü, -und er wehet sich dagegen, daß England von Frankreich das geliehene Geld zurück haben wolle, wenn es zu gleicher Zeit die Bezahlung der Reparation verzögere. Das eins beweisen jedenfalls diese Ausführungen wieder auf das deut lichste. daß das Problem der Verschuldung ein internationales ist, und daß man ihm nicht zu Leibe rücken kann, che es in sei nem internationalen Charakter richtig verstanden und dement sprechend behandelt wird. Nachdrücklich betonte Poincarü, daß Frankreich nicht daran denke, auf seine Forderung nach produk tiven Pfändern zu verzichten. Diese Ankündigung macht d-e Aussichten auf einen ersprießlichen AuSgaug der Berliner Nc- parationsverhaudlungen sehr trübe. Keine Antwort Lloyd Georges aufPoineares Rebe Paris, 20. August. Eine Meldung aus London dementiert offiziell das Gerücht, wonach Lloyd George heute bei seiner Rede in Ericcicth irgend welche Antwort auf die Rede Poiucarös in Sar le Duc erteilen werde. Die Ansprache des englischen Ministerpräsidenten werde entgegen verschiedenen Presse»:.stdun gen keinen politischen Charakter haben. Ae «timiilWii IMWisultii I» seiner letzten Wochenrundschan bo», 20. August setzt sich Gras Westarp i» der Kreuzzeitnng mit den Angriffen und Kritiken auseinander, die gegen seine Partei Wege» der Haltung in der Vergangenheit gerichtet werde». Er knüpft an an die „Hetze", die »ach dem Rathcnaumord gegen die Deutschnatwnale Parte, eingesetzt babc. Was Graf Westarp auf die Angriffe, die gegen die Dcutschnationale Partei gerichtet sind, erwidert, läuft in, Wesentlichei, auf eine Neinwaschiing seiner Partei und aus die Erklärung hinaus, daß in, großen und ganzen alles beim aiten bleiben werde. Allerdings geht er nicht soweit, keinerlei Vor behalte zu machen. Er betont z. B., daß der Trcnnnngöst! ich zwischen der Teutschnntionalci, ßärrtei »nd einzelnen Persönlich keiten oder etwa bestehenden Organisationen, die den Kampf gegen die Republik mit unerlaubten Mitteln führen wolle», stets vorhanden gewesen sei, und er gibt weiter z», daß jenseits des sogenannten Trennungsstriches alle persönlichen Angriffe stehen müßten, die nicht tatsächlich, voll begründet und hinsichtlich des Nachweises hieb- und stichfest seien, ebenso did leichtfertige Ver allgemeinerung einzelner Vorwürfe und die Form der Gehässig keit. Er gibt weiter zu, daß in dieser Beziehung auch in den rechtsstehenden Kreisen „Entgleisungen" vorgckommcn seien. Dieses Zugeständnis ist sehr erfreulich; cs verliert an tatsach- lichein Wert nur durch die Behauptung, daß die von dem Grafen Westarp gerügten Dinge Ausnahme», „Entgleisungen" sewn. So kommt er in seinem Gedankengangc logisch dazu, daß er de» Gegnern der Deutschnationalen Unehrlichkcit vorwirst, weil man den Deutschnationalen jede noch so sachliche Kritik mit dem Vor wurf aus drr Hand schlagen wolle, sie fördere dadurch die Mord atmosphäre. Mit Verlaub, so liegen die Dinge nicht, wie Graf Westarp sic „ns hier durch seine Brille zeigt. Leider ist es nicln angängig, von den Ausartungen des politischen Kampfes, die aus dcutschnationalcr Seite zu verzeichnen sind, nnr als von Ent gleisungen zu sprechen. Diese Ausartungen sind vielmehr bisher das Wcscnselenicnt des deutschnationalcn Kampfes gegen die Republik und ihre Vertreter gewesen, »nd es sollte dem Gräle» Westarp z» denken geben, daß in diesem Urteil das ganze de, tsthe Volk bis in die Reihe» der Deutschen Volkspartei und der Dciitschnationalcn hinein einig ist. Die Gegner der Deutschnatio. »ale» sind nicht so einsichtslos, so gehässig und lo verblendet, daß sic nicht eine ruhige, sachliche Kritik, die den Dcutschnationale,, nicht verwehrt werde» soll, nicht zu unterscheiden wüßten von den Vcrlenindiingen und persönlichen Verunglimpfungen, denen die Republik und ihre Vertreter in der Regierung »nd in, Par lament nun schon seit über drei Jahren ausgesetzt sind. Eine wahre Schlammflut hat sich ans den rechtsradikalen Kreisen g-ger das neue System hernngcwälzt, »nd man steht verständnislos einer Mentalität gegenüber, die dafür kein Einsehen hat. und die bcstcnfalls statt der Schlammflut nur ein paar harmlose Spritzer zu entdecken behauptet. Gras Westarp lehnt cs mit aller Entschiedenheit ab. den Rat zu befolgen bczw. zu befürworte», den die Gegner der Tcutschnalionalen den letzteren gegeben habe», nämlich den Trennungsstrich gegenüber den .Dcutschvölkischen" zu ziehen, da mit die Partei, wie er sich ausdrückt. koatitionsfähig werde. Wir ürchten sehr, daß die Dcutschnationale Partei nach wie vor der politische tlnterschlnpfaiichderjeiiigen vom Grafen'Westarp per- borreszierten Elciiiente sein wird, die in ihrem Kampfe gegen die Republik auch von der Anwcndnng unerlaubter Mittel nicht abschen wollen. Sehr entschieden lehnt Graf Westarp cs weiter ab, sich auf die insbesondere oon volköparteiücher Seite emp fohlene Acnderung der deutschnationalen Politik einzulassen. Graf Westarp ist der Ansicht, die Doutschnationalen würden nie die anderen Parteien auf jeden Fall solange koalitionSnnfähig bleiben, als die Teutschnationaten sich der Vorherrschaft der marristischen Parteien midcrsctzcn, und solange sie nicht zun, »lindesten der MchrheitSsozialdemokratie das Stecht einräuinte», unter allen Umständen zu. den Regierungsparteien zu gehören, so lange sie deshalb Kritik an der Erfüllungspolitik und an der Sozialdemokratie übten. Koalitionsfähig würden vielmehr die Deutschnationalcn erst dann werden, wenn sic durch die Zahl ihrer Wähler »nid Abgeordnrten zu einer Macht geworden seien, aus die man sich gegen den Marxismus stützen könne. Sehr stolz dreht dann Graf Westarp drn Spieß um. indem er sagt, die Frage müsse so gestellt werden, wen die Dcnlschnaiionatcn ihrer- ncn Arbeitsgemeinschaft der Mitte im Nahmen des Negierungs- bündnisses lirit den Sozialdemokraten liege, entspräche cs den eigensten Notwendigkeiten der Deutschnationalen, wenn sie von dieser Arbeitsgemeinschaft abgelehnt würden. Schließlich will Graf Westarp von eine», Verzicht ans monarchistische Agitation nichts wissen, weil nnr ans dem Boden der Monarchie ein Wiederaufbau Deutschlands möglich sei. Die monarchistische Agitation auch im gegenwärtigen Augenblick sei notwendig im Interesse des Wiederaufbaus. Mau sicht, Graf Westarp hat sich selbst ei» Bild der Situa tion zurecht gemacht, das au Klarheit auch sür den Außeiistrheu- deu nichts zu wünschen übrig läßt. Seine Darlegungen beweisen das eine mit voller Deutlichkeit, daß die Dcutschuationalen für eine Mitarbeit i» irgend einer Koalition, die nicht ausgesprochen rechts orientiert ist, nicht zu habe» sind. Das muß man sich für den Fall merken, daß von deutschnatwualcr Seite wieder ein mal Klage geführt wird, daß man die Mitarbeit der Deutsch- nationalen brüsk zurüctstoße. Jetzt liegt die Erklärung vor, daß eine derartige Hcranzirhung auch von den Tentschnationale» nicht gewünscht wird, solange andere Parteien der Meinung sind daß die Sozialdemokratie mit zur Regierung gehören müsse. Allerdings bedarf die Formulierung, deren Graf Westarp sich zur Präzisierung seines Standpunktes bedient, einer Korrektur. Der Unterschied zwischen den Mittelparteien und den Deutsch- nationalen besteht nicht darin, daß die crsteren der Meinung sind, die Sozialdemokratie müsse unter allen Ilinständen zu den Regie rungsparteien gehören, sondern darin, daß ein ansgesprochenes Regieren gegen die Sozialdemokratie von den Mittelpartcien als gcfährlich und katastrophal abgetchnt, von den Deutschnationalen dagegen gewünscht wird, Nach unserer lleberzeugang '» die These von der Vorherrschast der Sozialdemokratie sol.,"ge ein Schreckgespenst sür kleine Kinder, als cS noch Kruste in Deutsch land, tu seinen Parlamenten und in seiner Negierung gibt, die ein nbcrgcbührliches Hervortrcten sozialdemokratischer Grundsätze und Forderungen zurückznweisen verstehen. Diese Vorbedingung ist nach unserer Uebcrzengung erfüllt. Von einer Vorh-rrsthast kann aber nicht die Rede sein, wenn der Einfluß der Sezmidenre- kratie sich in den Grenzen hält, die ihr durch ihre tatsächliche Macht und durch die unverrückbaren Grundsätze anderer Par teien, insbesondere des Zentrums, gezogen >ind. ES b-steht also eil, grundsätzlicher Unterschied zwischen unserer Auffassung und der des Grasen Westarp und seiner Freunde in bezug ans die Kealitionsfäbigkeit der Sozialdemokratie. Diese Kluft kann von niiS nicht überbrückt werde». Das kann nnr durch die Deutsch nationalen geschehen, indem sie ihre Anschauungen in diesem Punkte ändern. Sie waren ja nicht immer so intransigent, wie cS „ach den Ausführungen des Grafen Westarp scheinen könnte. Wir erinnern nur an Herr» Hergt und sein „Ordnnnaspro- gramm", in dem auch die Mitarbeit der Sozialdemokratie eine Nolle spielte. Ader da? sind vergangene Zeiten! Was Graf Wrstarp über die Stellung der Dentichnatianalen zu der in Aussicht genommene» bürgerlichen Arbeits.'eineiuschast der Mitte sagt, verdient festgcbalteu zu werden. Was seine These angelst, daß der Wiederaufbau Deutschlands nur aus monarchischer Grundlage möglich sei, so zweifeln wir nicht daran, daß die geschichtliche Entwicklung ibn Lügen strafen wird. Wenn die Dcutschnationale Partei ans ihre monarchistische Agitation nicht verzichten will, so ist das ihre Sache, solange diese Agita tion nicht Formen airnimmt. die unsere ösfentliehe Sicherheit ge fährden, wie das in der Vergangenheit der Fall war. Znsammenfasscnd ist z» sagen, daß die Dentschnati'onale Partei sich ihre Ideale und Grundsätze so formen kann, wie sie eS für gnt hält. Die übrigen Parteien werden mit ihr leben können, und Deutschland wird keinen Schaden von der deutsch- nationalen Opposition haben, wenn sic mit den Methoden der Vergangenheit bricht und den politischen Kampf mit anständige» Waffen führt. Entgegen der schönfärhertschen, allerdings von seinen: Standpunkt aus begreiflichen, Darstcll-img des Grafen Westarp muß die geschicht liche Tatsache unterstrichen werde», daß sie in der Vergangen- beit nicht anständig gekämpft bat, und daß sie, und insbesondere ihre Presse, die unheilvolle Atmosphäre tatsächlich geschaffen hat, die wir beklagen. Deutsches Reich Abschiedskimdgebunq für von Hindenburg in München München, 22. August. Gestern abend fand beim N gie- vungsprnsidenten von Kahr ein geselliges Beisammensein statt, zu dem etwa 60 Personen geladen waren. Gegen halb 0 Uhr marschierten mehrere tausend Personen mit Fähnchen vor das RegieriingSgcbäude, um Hindenburg eine Abich ebshu-digung zu bereiten. Hindenburg hielt eine kurze Ansprache, ra der er Wie derum zur Einigkeit, Treue und Würde ermahnt:, damit unser Vaterland wieder vorwärts und zu Ehren komme. Die Menge saug das Deutschlandlied und brach in lebhafte Rufe „Auf Ww- dcrscbcn!" aus. Heute vormittag wird Hindentzura seine Reise in das bayerische Oberland fortsetzc».
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