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Partei spielen, sei genugsam bekannt. „Wer nicht sozia listisch wäblt, begebt politiiche» Selbstmord", ans diesen Ton ist in Mahlzeiten die „freie" Gewerkschaftspresse gestimmt. Die finanzieue Unterstützung der Sozialdemokratie aus den Kassen der einzelnen „freien" Verbände haben 1906/07 »neit über lOOuOO Mark betragen, und alle Verbände tvaren daran beteiligt. Vach der Wahl st-llte die Sozialdemokratie den „freien" Gewerkschaften das Zeugnis ans, „daß sie sich in glänzender Weise am Wahlkampfe beteiligt hätten", mit der Er'.uartung. „das, die Idee der gewerkschaftlichen Neu- tralität nun Wohl für immer beseitigt fei!!" Sozialdemo- kratiscl-e GewerlschastSkartelle beschlössen Ertrabeiträge zur Unterstützung der Partei und kein Mitglied dürfe sich murksen, nur zahlen! Die „freien" Gewerkschaften duldeten keine andere Anschauung als die sozialistische. Das treffe auch auf die Beteiligung am kirchlict>-religivsen Leben zu. Es läge» Fälle bar, das, „freie" Gewerkschaftsmitglieder ob ihrer Zugehörigkeit zu konfessionellen Arbeitervereinen glatt hinausgeschmissen wurden. Die Stettiner „frei"orga- nisierten Hafenarbeiter zum Beispiel verweigerten den Hinterbliebenen derjenigen Mitglieder, die sich den Kranz mit roter Schleife beim Begräbnis verbeten, die statut- gemäße Unterstützung. Die Bildungsmittel der „freien" Gewerkscl>aften würden nicht selten gemeinsam mit der so- zialistisclum Partei geführt und von religionsfeiudlichec Tendenz bestimmt. Dasselbe treffe auf das Vertragswesen zu. Immer und überall liehen tich die „freien" Gewerk- Schäften vom Geiste der Sozialdemokratie le'ten. Der So zialdemokrat und Akademiker ErdmanwKöln habe in der freien" Holzarbeiterzeitnng Nr. 41, 1908 selbst geschrieben- ..Wir haben kein Recht mehr, von „freien" Gewerkscl>aften zu reden. Man solle lieber gleich Farbe bekennen und die jenige Bezeichnung wählen, die erstens der Sackte entspricht und sodann einen für jedermann erkennbaren Sinn hat: nämlich sozialistische Gewerkscl)asten." In fanatischem Haß gegen Kirche und Priestertum wetteiferte ein „freier" Ver band mit dem anderen. Dieser sozialistische Fanatismus stei gere sich nicht selten zum Terrorismus. Tie von den so zialistischen Gewerkschasten in der letzten Zeit so sehr be liebten Arbeitsmvnopole bezweckten nichts weiter, als alle Andersdenkenden von der Arbeit auszuschliehen und zu vergewaltigen. Heute schon seien auf grund dieser Ent wickelung seitens der sozialistischen Arbeiter grobe Diszi plinbrüche nichts Seltenes. Nicht genügend radikale „freie" Gewerkschaftsführer würden sortgejagt. Das, dies alles nur zum Schaden und Nachteile der deutschen Arbeiter geschehe und einen geordneten, sicheren Ausstieg der Arbeiterwelt unterbinde sei unschwer z» erkennen. Daher müsse für jede» rechtdenkenden Arbeiter die Parole lauten: Hinein in die christlich nationale Gewerkschaftsbewegung, die ernst lich und entschieden unter praktischer Respektierung der christlichen und nationalen lleberzeugung des Einzelne» die wirtsclhrstlichen und rechtlichen Interessen ihrer Anhänger vertritt. Nach einer regen Diskussion, die sich im Sinne der Referenten bewegte, fand die interessante Versammlung ihr Ende. tz Leipziß jVolksverein s. d. kutb. Deutschland.) Am nächsten Freitag, de» 15, September, abend; 8 Uhr findet tm katholischen Geleltenhause, Wieset!stc>'ß:, eine allgemeine Vertrau-nsinä'il'erversammkung sür alle Bezirke statt- Vollzählig»« Erscheinen ist drinaend , ötiq. Kirche und Unterricht. k Der verstorbene Fürstbischof von Krakau, Kardinal Puzyna, entstammte einer alten polnischen Adelsfamilie und war 1842 geboren. Ursprünglich widmete sich Puzyna dem juristischen Studium und erhielt nach Erlangung des Jnristendokvrats eine Stelle in der Provinzinlsteuerdirek- tion zu Lemberg. 1870 verlies; er den staatlichen Dienst und trat in das Priesterseminar zu Przemhsl, lvo er 1878 ordiniert wurde. Tank seiner ungewöhnlichen Begabung durcheilte er rasch die Stufen der Hierarchie und wurde 1880 zu Nom vom Kardinal Ledochowski zum Bischof kon- sekriert. 1l)02 erhielt er das Kardinalsbarctt. Anläßlich des letzten Konklaves ist sein Name dadurch nicht ange nehm bekannt geworden, das; er die Aufgabe übernahm, dein Heiligen Kollegium das österreichische Veto gegen den Kardinal Ranipolln initznteilen. — Bekanntlich hat Papst Pins X. in einer Bulle für die Zukunft die Uebernahwe einer derartigen Ungehörigkeit unmöglich gemacht. Kar dinal v. Puzyna bewahrte über den Vorgang gegen jeder mann strengstes Stillschweigen und lies, sich auch auf kei nerlei Preßfehden ein. Soziales. « Dos Sekretariat Sozialer Studentenarbrit schreibt uns: Vom 17. bis 29. September findet eine größere Stu- denten-Stndienfahrt durch das Aachener Industriegebiet statt. Diese nnisaßt 20 Veranstaltungen und Besichtigungen, die den Teilnehmern einen Einblick in daß wirtschaftlich- soziale Leben eines modernen Industriegebietes verschaffen sollen. Auslagen für Wohnung, Kost und Bahnfahrten 15, 20 Mark. Den BesichtigungSplnn versendet daS Sekre tariat Sozialer Studentenarbeit Mnnchen-Gladbach, Kurze Straße 10. Literatur. Meßbnchlein für fromme Kinder. Bon Gustav Mey. Mit Bildern von Ludwig Glötzle. Mit Approbation des Erzbischofs von Freiburg und Empfehlung der Bischöfe von Eichstätt, St. Gallen, Leitmeritz, St. Pölten, Rotten- bnrg, Speier, Trier »nd Würzbnrg. sowie des Fürst bischofs von Seckan. 90., verbesserte Auflage. Herausge geben von einem Priester der Erzdiözese Freibnrg. 24°. Freibnrg I9ll, Herdersche Verlagshnndlnng. Gebunden 40 Pfennig und höher. Dasselbe. Ausgabe mit Einlei- lnng. Gebunden 75, Pfennige. Einleitung z»m Meßbüch lein allein. Fünfte Auflage. 2k, Pfennig. Der Svldetrnsrcund. Geleitbiichcein sür katholische Soldaten. Bon Tilniann Pesch 8. ,)., neu heransgegeben von einem Divisivnspfarrer. Mit Approbation des hvchw. Herrn Erzbischofs von Freibnrg. Mit einem Titelbilde. Zweite Auflage 48° (XVI und 208). Freibnrg 1911, Her- bersche Verlag-Zhandlung. Gebunden in biegsamem Kunst- lederband 05, Pfennig. Ein Garnisonpfarrer schreibt Uber Peschs „Soldatenfreund": „DaS Buch ist sür seinen Zweck in hohem Grade geeignet. Ich Hobe auf der Pastoralkon- ferenz Veranlassung genommen, daS Büchlein den Pastora- tionsgeistlichen als Geschenk an die Rekruten zu empfehlen." Der Alkoholismiis und die Trinkerfürsorge spielen auf der Internationalen Hygiene-Ausstellung zu Dresden eine bedeutende Rolle. So stellt die wissenschaftliche Abietlunß der Halle 55 ein anschaulick)es Bild von den Wirkungen de» Alkohols auf die Volksgesundheit dar. Wer sich näher Uber dieses Thema unterrichten möchte, der nehme die neueste Nummer (50) der „Dresdner Hausfrau" zur Hand, in der er eine fesselnd geschriebene Abhandlung Uber den gewinn- ten Zweig der Ausstellung findet mit einer HUbschen Illu stration der Trinkerheilstätte „Seesrieden" bei Moritzburg^ Kunst. Wissenschaft und Vorträge. I Irr»»»». Fünf große Philharmonische Konzert» Der erste Teil de? am 7. Oktober stalifüdeiiden ersten Philhar monischen Konzertes ist eine edenkkeier z» IUa« z LlsztS 1(0. Geburtstag Der Lilz>° Schüler ffrädörlc Lamvnb spielt rin Kluvirikonzert mit Och ster „nd Kammer änger Felix Senlu» singt die zwei Peircuca. Sonette, welche Buloni sür Tenor mit Orchcsterbeglritung bearbeitet hat. Im zweiten Teile kommen andere Komponinen nim Worte Anmeldnnge» und Kartenverkauf bei ff. Rietz, Srestraße 2t, u d Ad Brauer, Hauptstruge 2 Gptelplan »er Theater tn Dresden. Kvntgt. Over«har>S. Mlittvoiib: Larmen. Ans. '/,8 11 ,r. Donnerstag: Der Stosenkanoli'r Ans >/,8 Nhr. Kttitg«. Schauspielhaus. Mititvoch: Der Herr ?enalo>. Ans U,8 Uhr Donnerstag: Der g'oße o<». Anfang >/,8 Uhr. St estde«,idealer. Mittwoch und Dar »er « ag Polnische Wirtschaft. Auf 8 Ahr. tanzet«» Körigl. Belvedere (k Ilen> Aiif. '/,b Nbr Internat. Hy,lene - AntzsteNiinq s icchönbeig, H mmter) 4 Ubr We. LUrychnf» < lemdachj /,» Renetz Dompslchifftw el Blosewty lgcleret.) : »>f 7 ttbr. Sariers». Zentral Theater Ans. 8 Uhr. Mkcmio.Gawn '(Ins. 8 !tor. 5wn,I.P,u!>k?u'-l Ans. >./» Ohr. Reichshof-tlk.l Amben hautzt>r.)>/,l> »in,,Leat1> hten)Ae >/,ü st Masenhakle Löbtnn. Ans. 8 Uhr. Tpielplan »er Theater in Leipzig. N/uetz Tdeater Mittwoch Toiquatv Tnsto. Donnerstag: Damsvn und DcOIIa — Ali-S Tdeater Mittwoch: Die rnman- 0 che ffinu Don» i-tc-g: De, G,at von v x mburg — i?-cha»- spielicnntz. Mittwoch Hannele« Hcmmeäcilirt. Doaoeretag: M y-rtz — Neues Operetten - Theater (Zentral - Theater). Mitiwoch unb Tonne,tz>ng: De kevswe Suinnne ßath. Arbkitrrsrkrktaruit, Drrsdrii-L., Florastraße 17.1. St. Uner tg-Mlche Autzlustt und 4ibe XnnchweiS. Spiechstunden vo» i i —t Uhr unv von ä ->/z7 Uvr. — Fernsprecher Das Lekretariat bleibt b s ans weiteres beschlösse*. Sojialr» öurrull und Drrkin Kalif, rrnirrbstiitigkr Frauen »atz Mädchen Dresdens. Sekretariat Fntanfiraße 7, pari. Autzktinft -n j der Zeit über alle ei- schingtzen Fragen. - Kosten lose' AibeUtznachwe'S. — Fe nspreche, 8188. Dresden. Sesamtverdand der christlich. Aewerkschasten Deatscht. Sekretariat für da? KSntg'elch Lachsen, Dresd'N-N., Dammweg 4. Meißen, Soriale Avskuastsflrllr der christlich. Sewerkschastr». Kath. Mesellenhau-, Hlrichbergltraße 7. — Gpcrchstunde jede« Sonntag von l/,I1 d'tz '/.12 Ohr. Jittaa. Sachs. Sekretariat des christl Sertilarbeiterverdtide» Bautzner Straße lb, S. — 100 — S»tzr er nicht seine Bequemlichkeit, seine Ruhe, seinen Beruf — alles hintenan, um ihr und Ingeborg zu dienen? Aus wetck-em anderen Grunde, als weil er kurze Zeit IngeborgS Lehrer war? Also aus Pflichtgefühl, aus i.delsten, '.eiusten, selbstlosesten Motiven? . . . Und in Sigrids Sorge um die Nichte beginnt sich noch die Sorge um Erik Niels zu misck)en. Lorcnz Jespersen verlebt inzwischen an der Seite seiner nichts Böses ahnenden Gattin einige fürchterliche Tage. All das Gute, das eine liebende Mutter in frühester Jugend in das kindlich" Herz gepflanzt und das schon lange verdorrt und vertrocknet war, beginnt nach einmal zu sprossen und Wurzel zu schlagen. Scheu guckt er seitwärts, wenn ein fragender Blick aus Jngeborgs gro ßen unschuldsvollen Angen ihn trifft; er scl-auert zusammen, sobald einmal zufällig ihre .Hand die seine berührt; er schreckt zurück, wenn sie ihn bittet, ihr seine Gesellscl-aft etwas mehr zu gönnen, sie fühle sich so allein und ver einsamt ... Dabei zögert und zögert er, das geplante Verbrechen zur Ausführung zu bringen. . . . Und Jakob drängt und drängt und treibt ihn in die Enge und fängt sogar an, ihm zu drohen. Lorenz ist der Verzweiflung nahe. Wieder greift er nach dem Schnaps, dem Vertilger aller Seelenkämpfe, aller Gewissensbisse. Und mit dem Trinken wächst auch wieder sein Mut. Ja, er muß seinen Plan zur Ausführung bringen — und sei es auch nur, um wieder herauszu kommen aus diesem schrecklichen Hause, dessen Wände ihn zu erdrücken drohen. . . . Und dann, wenn er das viele Geld in den Händen hat — dann verschwin det er ans Christiania; dann wirft er den Namen von sich, unter dem er eine ruchlose Tat begangen; dann wird er versuchen, in einem anderen Teile der Welt, drüben in Amerika oder drunten jenseits des Aeguators. unter anderem Namen ein anderes, besseres Leben zu beginnen . . . Ein — besseres Leben? Ein Leben, das auf einem schweren Verbrechen aufgebant ist? . . . Ihn schaudert. Gleichviel — es muß geschehen! Es muß!! Wenn etwa das Mädel, die Karin Lewis, plötzlich wieder hier auftauchte und man hinter d>e Namensfälschung käme — was dann? . . . Oder wenn dort oben die Herrin von Schloß Sandsgcwrd, diese unangenehme Frau mit dem un heimlich klaren Blick, der einem bis auf den Grund der Seele dringt, durch irgend einen Zufall Wind davon bekommt, wo ihre Nichte steckt? . . . Wenn Erik Niels, dieser Tugendfex, der sich für jene beiden Weiber opfern wollte, eines Tages vor ihn hinträte und ihn bah. wozu weiter grübeln I Es muß eben sein! Bastall — Jetzt, da er fest entschlossen ist. geht er auch schnell und mit aller Energie an» Werk. Noch an demselben Abend erhält Ingeborg eine Limonade mit einer größeren Dosis jener Tropfen, die bereits einmal LorenzenS Plänen solch guten Dienst geleistet. — 107 — Der Erfolg ist über Erwarten groß. Ingeborg fühlt sich danach schwach, daß sie nicht imstande ist. daS Bett zu verlassen. Ein in der Nähe wohnender Arzt wird gerufen. Die Wahl fiel aul einen Dr. Seehns — erstens, weil er weit und breit als Ignorant bekannt ist, und zweitens, weil er im Begriff steht, für längere Zeit zu Verwandten nach Italien zu fahren. Schon ganz mit seinen Reisevorbereitungen beschäftigt, nimmt Dr. Sev- hus nur eine ganz oberflächlich'. Untersuchung der Patientin vor. Er kon- statiert Herzschwäche und verordnet Ruhe und eine anregende Arznei. „Leider bin ich morgen schon auf dem Wege nach Rom," bemerkt er zer streut zu dem sck>einbar tiefbetrübten Gatten; „aber ich hoffe, e» wird bal» besser werden." „Und wenn nicht, Herr Doktor?" So rufen Sie einen anderen Arztl Adieul" Lorenz fahrt sich mit der Hand über die Augen, wie uin aufquellende Tränen wegzuwischen. Dann wendet er sich zu der mit besorgter Miene neben ibm stehenden Haushälterin. „Schläft sie?" „Ja, Herr Jespersen. Sie hat sich kaum gerührt, fett sie vor einer Stunde ihre Bouillon erhielt." „Dann will ich sie nicht stören, das arme. liebe Herz. Wollen Sie so gut sein und bei ihr wachen?" „Natürlich, Herr Jespersen." „Und wenn irgend etwas passieren sollte —" „ES wird doch nicht!" Lorenz macht eine ungeduldige Bewegung. „Sie scheinen mich nicht zu verstehen, Frau Wiborg. Meine arme Fra« ist kränker, als Sie glauben. Ihr Leiden ist durchaus nicht unbedenklich Vielleicht kann sie morgen imstande sein, das Bett zu verlassen, ebenso leicht aber auch —" „Was, Herr Jespersen? Großer Gott —" > „Ebenso leicht aber auch kann sie jeden Augenblick —" „Sterben?" „Sterben," wiederholt Lorenz wie resigniert. Stützesuchend greift die alte Haushälterin um sich . Ihr ist, als känn« sie sich nicht mehr auf den Beinen halten vor Schreck. „Wenn es — wenn eS — wirklich so schlimm steht - " stammelt sie fassungslos „sollten wir nicht lieber noch einen anderen Arzt —" „Nein. Die Nähe eines Arztes beunruhigt meine Frau stets und der* schlimmert ihren Zustand. Geben Sie ihr die Arznei, die Doktor SeehuS ihr verschrieben hat, nach Vorschrift! Seien Sie sehr vorsichtig und rufen Sie mich, sobald Sie die geringste Veränderung bemerken. Auch »venn eS mitten in der Nacht sein sollte! . . . Sorgen Sie für sie, als wäre sie Ihre leibhaf tige Tochter, Frau Wiborg I" „Ganz gewiß, Herr JespersenI" Und niit dem Schürzenzipfel sich die Augen trocknend, geht die alte Fnm hinaus. —