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Sächsische Volkszeitung : 28.08.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190408284
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19040828
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19040828
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-08
- Tag 1904-08-28
-
Monat
1904-08
-
Jahr
1904
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 28.08.1904
- Autor
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Innerhalb der letzten drei Jahre wurden grobe Opfer gebracht, um die gründliche und mit der Zeit mehr als not- wendig gewordene Erneuerung wenigstens im Innern durch- zusetzen. Wenn man bedenkt, dab die Renovation des Saa le- allein an 3200 Mark Kosten beanspruchte, wird man er- messen können, welche Mühen und Sorgen dem Vereine er wuchsen. Der Saal in seiner jetzigen Ausführung ist ein Werk des Herrn Malermeisters Paul Rother; die Bühne, welche vollständig neu errichtet wurde, ging aus dem Atelier der bühnentechnischen Anstalt „Zum Stern" von Arthur Steglich in Dresden hervor. Am 8. August 1904 wurde das Haus zum ersten Male seit seinem Bestehen von Brandunglück heimgesucht. Die Ursache ist nicht zu ermitteln. Zum Glück brach das Feuer am Tage ans und wurde rechtzeitig bemerkt, so daß größeres Unheil durch das energische Eingreifen der Feuerwehren ab gewendet wurde. Das Interesse für den Verein ist in den weitesten Krei sen stets ein reges gewesen, und Persönlichkeiten besonders höherer jfreise haben in friiherer Zeit dem Verein durch werktätige Unterstützung wertvolle Dienste geleistet und die soziale Wirksamkeit des Vereins bedeutend erleichtert. Wenn nun auch diese Beihilfen fast ganz in Wegfall gekommen sind, so gereicht cs dem Verein doch zu besonderem Stolze, daß in der Reihe der wenigen Wohltäter als erster Se. Ma jestät unser geliebter Laudesvater König Georg steht, der bereits als Prinz dem Vereine in klarer, gerechter Wür digung von dessen Bedeutung jederzeit hilfreich zur Seite gestanden hat. Ihm sei in dieser Jubelzeit besonderer Tank dargebracht, wie er auch in dankbarster Erinnerung dem hochseligen König Albert in die Ewigkeit »achgerufen sei. Auch Se. Bischöfl. Gnaden Dr. Georg W uschanski hat vom ersten Tage seines Amtsantritts sein Wohl wollen für den Verein nicht nur in den liebevollsten Worten zum Ausdruck gebracht, sondern durch Uebernahme des Pro tektorats über den Verein auch tatkräftig bewiesen. Als ständige Wohltäter des Vereins müssen die ehrwürdigen Grauen Schwestern genannt werden, welche in guten und schlechten Zeiten dem Gesellenverein nicht nur durch die Be reitung des Mittagstisches, sondern anch durch unmittelbare Unterstützung jederzeit treu zur Seite standen. Möge ihre werktätige Liebe uns erhalten bleiben! Am 1. Januar 1899 fand der Verein Gelegenheit, gegen den ui» ihn so hochver dienten hochwürdigen Herrn Progmnnasialdirektor Rich ter eine Dankesschuld abtragen zu können, indem der hoch- würdige Herr zum Ehrenpräses des Vereins erhoben ward. Aus der Liste der verstorbenen Wohltäter seien ge nannt: Erzellenz Freifrau von Zedlitz, Privatus Wobsa, Polizeisckretär Knoch, Sekretär Saring. Eine besondere Dankesschuld hat der Verein der katholischen Geistlichkeit und der katholischen Lehrerschaft Dresdens abzustatten. Viele von ihnen haben oft jahrelang in uneigennützigster Weise dem Verein durch Uebernahme von Vorträgen, besonders aber durch Erteilung von Unterricht ihre Kräfte gewidmet. Endlich sei erwähnt, daß, mit dem Verein aufs innigste verbunden, eine Sparkasse und eine .Krankenkasse (St. Jo- sephskassc) besteht. Die Sparkasse, gegründet 1880 am 10. Februar, lag erst in den Händen des um die Gesellensache hochverdien ten Herrn Polizeisekretärs Knoch, dann vom 10. September 1895 an in denen des Herrn Lehrer Hcntrich, der sie noch verwaltet. Wie gut diese Kasse sich eingeführt, beweist das Vermögen der Kasse, das am 1. Januar 1904 sich auf 10 581,01 Mart bezifferte. Auf jedes Einlagebuch entfielen im Durchschnitt 239,21 Mark. Von gleich hoher Bedeutung ist die St. Josephs- K rankenkass e. Sie besteht fast ebenso lange als der Verein: erst als eine Zuschußtasse, seit 1897 aber, nach dem Inkrafttreten der Krankenkassennovelle, als freie Hilfskasse. Am 1. Januar 1904 gehörten der Kasse 144 Mitglieder an: sie verfügte über 2804,01 Mark Vermögen. Außer den Mit gliedern des Gesellenvereins können auch Mitglieder (männ liche) anderer katholischer Vereine Dresdens beitreten. Der Monatsbeitrag ist 1,20 Mark, die Gegenleistung der Kasse im Krankheitsfalle aber in manchem besser als durch andere ähnliche Kassen. Es wird bis 9 Mark wöchentlich gezahlt. Wenn es nach diesen Darlegungen noch eines Wortes bedürfte, um den Gesellenverein und das Feld seiner Wirk samkeit recht zu fördern, so kann es nur eine Bitte sein, da hingehend, eine so wichtige Institution zu unterstützen, so weit nur möglich. Das Gescllenhaus, im Zentrum der Stadt so schön gelegen, soll nicht nur dem Gesellenverein für seine Zwecke dienen, sondern mehr zu einem katholischen Vereins haus werden. Gibt es doch so viele Vereine in der Ge meinde. welche hier und da ihre Tagung abhalten. Möchten dieselben doch auf das Gesellenhaus aufmerksam werden, und wie in früheren Tagen zur Hebung des Gesellenvereins beitragen. Jetzt halten außer dem Gesellenverein ihre stän- digcn Versammlungen im Hause ab: Das katholische Kasino zu Dresden, der katholische Meisterverein, der katholische Jünglingsverein, der katholische Arbeiterverein. Ferner be nutzen regelmäßig den Saal: die Theaterschule von Direktor Scnff-Georgi, sowie der Dresdner Lchrcrgescmgvcrein. An dere Vereine, wie der Volksverein für das katholische Deutsch land, Katholischer Lehrerverciu tagen nur ab und zu in den Räumen des Hauses. Mit Gottes Hilfe und seinem Segen möge die kom mende Zeit dem Gesellenverein zu rechtem Blühen verhelfen, damit er in der Zeit schweren Ringens seine schwierige Stellung voll und ganz ausfülle und so seiner sozialen Auf gabe allzeit gerecht werde! Gott segne das ehrbare Handwerk! Deutsche KathOlitenversammlungeu »der Hentrumsp«rteiversammluusten. Die sächsische Presse hat den Katholikentag im heuri- gen Jahre unter einem anderen Gesichtswinkel betrachtet. Wir konstatierten schon einmal die Tatsache, daß im vorigen Jahre die Kölner Jubelversammlung mit der größten Ruhe hingenommen wurde. Man glaubte dafür, durch vorher gehende Angriffe die Reklametrommel zu rühren. Daß der Kölner Tag großartig werde, wußte man im Voraus. Heuer lag die Sache anders. Don Bayern wurde die Parole aus- gegeben, den Katholikentag im Adel und dem Klerus zu verdächtigen, um sie zum Fernbleiben zu bewegen. Daher hieß es. der Katholikentag sei eine Zentrumsparade. Und auf das bayrische Zentrum sind viele Adlige nicht gut zu sprechen, weil es in den Geruch der Regierungsstürzerei ge bracht worden war. So ging denn auch durch Sachsens Presse die Behauptung, der Katholikentag sei eine ..Zen trumsparade", ein „ZentrumStag". eine ..ZentrumSrevue" usw. Aber der Trick half nicht, im Gegenteil, er bewirkte, daß sich Episkopat und Adel demonstrativ an der Tagung beteiligten. Das ist freilich sehr ärgerlich für hie katholiken feindliche Presse und sie wird vielleicht durch diese Niederlage gewitzigt, im nächsten Jahre mäuschenstill sein, außer es müßte der Ort der Tagung, Straßburg, eine Handhabe bie ten. um dasselbe Feldgefchrei wie Heuer zu erheben, hoffent lich aber mit demselben Mißerfolg. Es ist wohl kauni ein vernünftig denkender Katholik, der bei einiger Kenntnis des Urspungs der Katholikentage glauben dürfte, daß sie Versammlungen des Zentrums sind. Die gegenteilige Behauptung entspricht im Grunde genom men dem bodenlosen Zorn der Gegner über die Macht des Zentrums: gerade in Bayern ist dieser Beweggrund hand greiflich. So lange es eine Katholikenhebe in Deutschland gibt, gibt es Katholikentage: aber auch nebenher gehend die politische Organisation der Katholiken, welche allmählich das Zentrum bildeten. Ein Blick auf die Geschichte der Katho likentage weist das nach. Der Märzbeginu des Jahres 1848 inachte bekanntlich das Vereinsrecht frei. Während die Gegner alles Katholi schen sofort von dieser Freigabe den ausgibigsten Gebrauch machten, standen die Katholiken schüchtern zur Seite. Auch kein Wunder: Die Gefängniserinnerungen wirkten in Mil lionen noch nach. Da trat aber der Mainzer Domherr Franz Adam Lennig als Rufer im Streite auf: er rief zur Gründung von Piusvereinen auf, sein Wort fand Gehör und schon am 24. März 1848 ward in Mainz der erste Pius verein gegründet. Dieser Erstgründung folgten rasch zahl reiche andere, so daß schon in wenigen Monaten ein kleines Netz solcher Vereine vom Rhein bis ins Alpengebiet hinein geschaffen war. Sodann wurde im Sommer bei dem Dom baufeste in Köln angeregt, zur moralischen Unterstützung der bevorstehenden Versammlung des deutschen Episkopats, die bereits bestehenden Piusvereine auf einer eigenen großen Versammlung zu einem großen Bunde zusammenzufassen. Das gescl-ah denn auch, und zwar vom 3. bis 5. Oktober 1848 in Mainz, und das war eigentlich der erste deutsche Katholikentag, der damalige Delegiertentag der Piusvereinc. So hatten die Katholikentage das Ansehen von Vereins- dclegiertentagen bis zum Jahre 1871. Erst da wurden sie zu Massenversammlungen, wie sie Regensburg Heuler wieder geboten hat und wo die Besucherzahl weit über 30 000 be trug. Damals trat die Erscheinung zum ersten Male zu tage, daß man die Katholiken, welche mit dem neuen Kaiser tum in die Minderheit gekommen waren, aus der politischen Konstellation hinausdrängeu wollte. In allen deutschen Ländern bildeten sie die Mehrheit, nach dem Ausscheiden Oesterreichs aus demselben wurden sie zur Minderheit. Wie es den Katholiken gleich zu Anfang im neuen deutschen Reiche ging, zeigte der Berliner Moabiterklostersturm und die gleichzeitige Petition des Berliner Arbeitervereins um Aufhebung sämtlicher Klöster als „Stätten der Faulheit und der Unzucht". Das war das erste Zeichen, daß in Zukunft das ganze katholische Volk an Bord notwendig sei, und daß für ferner die Delegiertenvereine der Piusvereine nicht mehr genügen. So kam es, so mußte es kommen, daß aus den Telegiertentagen Massenversammlungeil wurden. Aber diese Massenversammlungen fielen mit der Grün dung des Zentrums zusammen, wenngleich sie vom General vorstand der Vereine und nicht von Abgeordneten ausging. So wurde denn von den Gegnern die Behauptung aufgestellt, daß die Katholikentage zur Ausdehnung der Zentrumsmacht alljährlich organisiert werden. Ein besonderer Aerger er füllte die Gegner des Zentrums, daß auf diesen Katholiken tagen die soziale Frage aufgerollt und besprochen wurde. Auf Grund der sozialen Ziele des Christentunis und be sonders der katholischen Kirche im Speziellen fanden Agrar-, Arbeiter- und Handwerkerfragen einen breiten Platz in dem Programm. So wurden die Katholiken nicht nur durch das Band ihres Glaubens zusammengeführt, sondern auch sozial geschult und gebildet. Man ist sich einig darüber, daß die wirtschaftliche Freiheit der deutschen Katholiken die Verwirk lichung der kirchlichen Freiheit zur Folge haben muß. Die deutschen Katholiken bedürfen aber ganz besonders der wirt- sckmftlichen Freiheit, da sie an Wohlstand hinter den Pro testanten ganz erheblich zurückstehen, die soziale Frage ist aber die Befreiung des deutschen Volkes vom Joche des Großkapitalismus, Diese wenigen Zeilen aus der Geschichte der Katholiken tage, die anfangs auch in österreichischen Städten tagten, zeigen, wie grundlos die Behauptung ist, daß die Katholiken tage Zentrumsparteiversammlungen seien. Sic sind auch heute noch eine Heerschau über die Organisation und die Massen der katholischen nichtpolitischen Vereine Deutschlands, also in Wahrheit eine Generalversammlung der Katholiken Deutschlands. W. Der irregeleitete Kaiser. Die „Deutsche Wacht" schreibt in ihrer „Politischen Rundschau" vom 25. August: Der Irrtum des Kaiser». Auf das von der großen Zentrumsparade an den Kaiser abgesandte .HuldigungS'-Lelegramm (jedenfalls von den Veranstaltern mit der bekannten jesuitischen „rosorvntin ml>„tnlin" verfaßt) ist zum erstenmal eine direkte Ant wort eingegangen, während sonst Herr v. LucanuS den Dank de« Monarchen auszusprechen hatte. Das ist schon bezeichnend genug filr die irrtümliche Anschauung de« Kaiser«, der nock> immer glaubt, den UltramontaniSmuö .versöhnen" zu können. Und der warme Ton. in dem der Kaiser der Hoffnung Ausdruck gab. daß der Zentrumsparteitag mit seinen Beratungen zum Wähle des deutschen Vaterlandes gereichen möge, ist besonder« beklagenswert, denn sie beweist, daß der deutsche Kaiser noch immer trotz Fameck. Wreschen, Bukowice u. a. nicht erkannt hat. daß der politische Katholizismus, wie ihn da« Zentrum vertritt, stet« auf der deutschfeindlichen Seite steht und die Vernichtung dr« protestantischen Lohenzollernkaiser- tum« bewußt oder unbewußt al« sein Endziel anstreben muß. Wa« der Mttamontani«mu«, da« Zentrum tut, kann nie und nimmer dem deutschen Volk und Vaterland zum Segen gereichen. Da« wird auch Wilhelm H. schon noch einmal etnsehen müssen, aber dann wird « vielleicht zu spät sein. Dieser Artikel reiht sich würdig an das von dieser Zei- tung seinerzeit gelieferte Lügenmachwerk „Kaiser und Bi schof" an und zeigt so recht deutlich den Aerger, den «an in den Kreisen des evangelischen Bundes über die huldvolle Antwort des Kaisers auf die Ergebenheitsadresse der Katho likenversammlung empfindet. Dort hätte man e» allerdings gern gesehen, wenn der Kaiser auf das HuldigungStele- gramm gar nicht geantwortet hätte, dann wäre Kaiser Wil- Helm II. der weiseste Kaiser aller Zeiten gewesen. So be findet er sich in einem tiefen Irrtum und die „Deutsche Wacht" fühlt sich berufen, Se. Majestät darüber aufzuklären. Warum hat auch der Kaiser sich nicht vor Ablaß seines Danktelegramms an die Redaktion der „Deutschen Wacht" gewandt: jetzt hat er den Schaden davon. Wenn das „pro testantische Hohenzollernkaisertum" — ein ziemlich langes Wort — durch das Zentrum und den UltramontanismuS in Trümmer geht, ist die „Deutsche Wacht" schön heraus, sie hat es prophezeit und nur der Kaiser ist in einem so tiefen Irr- tum befangen gewesen und hat dadurch zur Vernichtung des Deutschen Reiches beigetragen. Wenn der ganze Artikel nicht von einer so tiefen Gesinnung zeugte, man könnte ihn für einen Fastnachtsscherz halten. Daß das Telegramm des Kaisers an die Katholikeuver- sammlung überhaupt nicht als unbestellbar an ihn zuriükge- kommen ist. ist zu bewundern, denn nach der Behauptung der „Deutschen Wacht" haben in Regensburg nicht die deut sche n K a t h o l i k e n , sondern nur das Zentrum getagt und das Telegramm war doch an die ersteren gerichtet. Die „Deutsche Wacht" wird gut tun, gegen die Telegraphenver waltung in Regensburg wegen Verstoß gegen die Instruk tion vorzugehen. Geradezu eine Gemeinheit ist es, den deutschen Katho liken zu unterschieben, daß sie es mit ihren Huldigungstele gramm nicht ernst gemeint hätten. Eine andere Zeitung als die „Deutsche Wacht" ist allerdings auf diesen miserablen Gedanken nicht gekommen. Nach der Ansicht der „Deutschen Wacht" befindet sich der Kaiser in der irrtümlichen Auffassung, daß er glaubt, den Ultrainontanismus „versöhnen" zu können. Die Parteigänger der „Deutschen Wacht" werden diesen Satz als höchste Weisheit auffassen und doch enthält er nichts als baren Unsinn. Ein Abstraktum zu „versöhnen" ist noch nicht dagewcscn. Und welche Schwäche würde der Kaiser mit seinem „Versöhnen-wollen" an den Tag legen, wenn man für Ultrainontanismus Katholiken entsetzte? Der Kaiser hat über seine Untertanen gerecht zu herrschen, und wenn er das tut, dann braucht er nicht zu „versöhnen". Gott sei Dank ist Kaiser Wilhelm bis jetzt ein gerechter Herrscher gewesen, der die Liebe seiner katholischen Untertanen im höchsten Maße zu erlangen gewußt hat. Aber auch, wenn Kaiser Wilhelm sich zu den in der „Deutschen Wacht" zutage tretenden Grundsätzen des evange lischen Bundes bekehren sollte, was unbedingt einen zweiten Kulturkampf zur Folge haben würde, so würden die deut schen Katholiken sich auch da nicht in ihren monarchischen Ge fühlen beirren lassen. Das haben wir im ersten Kultur kämpfe, wo die Katholiken trotz der ärgsten Anschuldigungen, trotz Einkerkerungen von Bischöfen und Laien nie gewankt haben, in ihrer Treue zu Kaiser und Reich bewiesen. In welchen katholischen Zeitungen, in welchen Katholikenver- sammlnngen ist je ausgesprochen worden, daß es an der Zeit wäre, seine monarchische Gesinnun gen einer Korrektur zu unterwerfen, wie es in Sachsen geschehen ist, als es gewissen Herren und ihrer Partei nicht nach dem Strich ging? Kann die „Deutsche Wacht" hierauf eine genügende Antwort geben? Die „Deutsche Wacht" führt den Fall Fameck an, um die Vaterlandslosigkeit der Katholiken zu beweisen. Und gerade der Fall Fameck beweist, von welcher hohen Weisheit Kaiser Wilhelm II. erfüllt ist, und wie er eine Sache anzufasten weiß. Nicht durch die geheimrätliche Brille wollte er den Fall, der so viel Staub aufgewirbelt hatte, sehen, sondern sich sein eigenes Urteil bilden. Darum ging er hin und ließ sich von der einzigen Persönlichkeit, die in der Sache kom petent war, den: Bischof, Vortrag halten und bestimmte da nach seine Maßnahmen. Das Ergebnis der Untersuchung ist jetzt zutage getreten. Es zeigt von einer erbärmlichen Gesinnung, wenn die „Deutsche Wacht" die Vorgänge in zwei polnischen Nestern, von denen der eine noch gar nicht abgeschlossen ist, als Be weis für die Vaterlandslosigkeit der Katholiken anführt. Wenn die alldeutschen Los von Rom-Männer in Oesterreich dem Kaiser Franz Josef die schuldige Ehrfurcht versagen wollen, demonstrativ die Wacht am Rhein singen und Bis marck, der in Oesterreich nichts zu sagen, vielmehr zur Ver nichtung dieses Staates sein gut Teil beigetragen hatte, hoch leben lassen, so ist dies nach der Ansicht der „Deutschen Wacht" der höchste Ausfluß der echt deutschen monarchischen Gesinnung. Wir deutsche - Katholiken bedanken uns für eine solche Gesinnung. Zum Schluß möchten wir der „Deutschen Wacht" raten, ihre Weisheit dem Kaiser selbst zu unterbreiten, vielleicht fühlt er sich bewogen, sie zu seinem ständigen Rat zu er nennen. Sie wird dann leicht Gelegenheit finden, den Kaiser von seinem Irrtum zu befreien, indem sie ihm den Unter- schied zwischen den deutschen Katholiken vulgo „Ultramon- tauen" und den Anhängern des Evangelischen Bunde- klar machen läßt. Dabei darf jedoch nicht verschwiegen werden, daß Se. Majestät nach dem Rezepte des „Leipz. Tagebl." gut tun würde, ein Bündnis mit der Sozialdemokratie zur Be- känchfung des „Ultramontanismus", in dessen Wesen er skh doch so gründlich geirrt hatte, einzugehen. Der Traum des Evangelischen Bundes, Vernichtung der katholischen Religion in Deutschland, geht dann in Erfüllung, das ersehnte Bundesministerium von Wintzingerode, Dr. Meyer, von Vollmar, Bebel ist gesichert und das „Hohen- zollernkaisertum" ist gerettet. Und wem haben die Hohen- zollern alsdann ihre Rettung einzig und allein zu ver danken? Der Redaktion der „Deutschen Wacht". Die An- erkennung wird unbedingt nicht auSbleiben. Schade nur, daß eS keinen Orden für höheren Blödsinn gibt; die erste Klasse dieses Ordens erhielt alSdann gewiß der Schreiber des Artikels vom 26. August: „Der Irrtum des Kaiser»."
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