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Wohl des Vaterlandes, des Standes und der Gesellschaft verlangt ein einmütiges Zusammenarbeiten der Ange hörigen aller KonfessionenI Tie sich stets wiederholenden, die stets dringender und kühner erfolgenden Angriffe des Unglaubens gegen Christenglauben schlechthin erfordern einen festen, auf gegenseitigem Vertrauen gegründeten Zusammenschluß aller' auf dem Boden des christlichen Bekenntnisses stehen den Männer! Wenn sich der Notwendigkeit der Aus führung dieser Gedanken kein Einsichtiger verschließen kann, dann darf es nicht weiter geschehen, daß man die 23 Millionen Katholiken Deutschlands in ihren berech tigten religiösen Gefühlen verletzt, in ihren staatlichen Rechten beeinträchtigt! Tann geht cs nicht an, einem so starken, lebenskräftigen Bevölkerungsteile die Beteiligung au nationaler Arbeit zu unterbinden oder zu verbittern! (Lebhafte Zustimmung.)" Gegen die Behauptung der Inferiorität deS Katholi zismus führt Redner an: „Hast scheint es allzu große Kühnheit, wenn man gegen dieses Schlagwort, dazu ist es allmählich geworden, auch nur den mindesten Zweifel hegt. Und doch kann auch der ehrliche Gegner nicht leug nen. daß gerade die Offenheit, die Entschiedenheit, mit der wir an die Prüfung der Frage, ob wir tatsächlich inferior seien, heraugetreten sind. — der beste und schlagendste Be weis für die innere Stärke, für das Vorhandensein un gebrochener Kräfte im Katholizismus darstellt. Nur wer stark ist. kann so offen an die Erörterung der Frage, ob Mängel vorhanden sind, und welche Mittel zur Abstellung derselben angewandt werden sollen, herantreten! Wie sollte denn die katholische Kirche, die so vieler Jahrhunderte Stürme siegreich i-berstanden. die die Prophezeiung des Welterlösers für sich hat: portnu inkuri non prnavrUa- Hanl!, sie tollte im 20. Jahrhundert nicht mehr die Kraft haben, ihre Angehörigen zu starken, tatkräftigen nnd taten- lnstigen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft heran zubilden? (Lebhafter Beifall.) — Wenn trotz mancher Hemmnisse nnd Schwierigkeiten, wenn trotz des wider fahrenen Unrechtes der katholische Volksteil, wie wir mit Stolz feststellen können, so viele Erfolge auf staatlichem, wirtschaftlichem Gebiete, ans dem Felde der Wissenschaft und Kunst errungen hat, so ist das ein weiterer Beweis seiner Ztärke und Kraft. (Bravo!) Bezüglich der Tätig keit der Katholiken bei der Lösung der sozialen Frage er wähnt Redner: „Ich brauche nur den einen Namen zn nennen: Volksverein für das katholische Deutschland! (Bravo!) Eine kulturelle, soziale Tat ersteil Ranges! . . . Neben der Gnadenwirkung der katholischen Kirche ist es seinem Einflüsse znznschreiben, daß sich die hauptsächlich von Katholiken bewohnten Landesteile am widerstands fähigsten gegen die Versuche sozialer und staatlicher Um- sturzbestrebnngen gezeigt habeil. (Lebhafte Zustimmung!) Nur ein friedlicher Wettkampf, das Veste und Höchste für daS Gesamtwohl und den Mitmenschen zu leisten, werde fürderhin zwischen den Konfessionen geführt . . . Lassen wir uns doch nicht durch den unhaltbaren und lächerlichen Einwurf: Religion und Politik verquicken, betören: Wenn die Gegner des Christentums sich der politischen Waffe be dienen, nm dem Christen- und Offenbarungsglaliben Wunden zu schlagen, dann wäre es unverantwortlich von uns, diese Waffen aus der Hand zu legen, um was an uns liegt, unseren Glauben mannhaft zu verteidigen. (Leb hafter Beifall.)" Schließlich mahnt der Redner, daß wir der hehren Pflichten eingedenk sein sollen, welche uns die Zugehörig keit zur christlichen Kirche auferlegt: „Jede Verletzung der Ebre dieser Gemeinschaft sollen wir als eine Kränkung unserer persönlichen Ehre ansehen, ja mehr als dieses! Wenn »vir über persönliche Beleidigungen ans höheren edleren Rücksichten gegebenenfalls stillschweigend hinweg sehen dürfen: Der Beschimpfung unseres Glaubens und unserer Kirche sollen »vir stets und immerdar mit Ent schlossenheit nnd Mut entgegentreten. (Stürmischer Bei fall.)" Soweit die Darlegungen des Oberlandesgerichtsrates Marx. Wenn die „B. N" in ihren periodischen Friedens artikeln gegen die bösen Ultramontanen so offen wären wie die „Tägl. Rundsch." in Nr. 393 „Der Zentrumstag in Düsseldorf", »vo behauptet wird: „Ultramvntanismus ist gleichbedeutend mit Katholiszismus" und die „Katho liken, lies Zentrumsanhänger", dann müßten die einge stehen, daß sie unter dem Deckmantel Ultramontanismus nur den Katholizismus bekämpfen wollen. Das wäre wenigstens eine gerechte Kampfesweise. Eine offene Stirn verträgt keine irreführende Maske. Wie unser Kaiser über die sogenannten ultramon tanen Katholikenversammlungen urteilt, das bezeugt wie die vorangehenden Jahre, so auch diesinal sein treffendes Tanktelegramn.. „Ich spreche den dort versammelten Katholiken Deutschlands für den treuen Gruß und die patriotische Kungebung meinen besten Dank aus. Wil helm. I. U." Vermischte» V Versuche mit dem geräuschlosen Gelvehr. Auü Neuyork wird belichtet: In Springfield. Massachusetts, sind soeben in Gegenwart einer Anzahl delegierter Offiziere die ersien praktischen Versuche mit dem geräuschlosen Militär- geivehr veranstaltet worden, daS Hiram Maxim erfunden hat. Die bekannt gewordenen Belichte lassen erkennen, daß die Proben einen sehr günstigen Erfolg gehabt haben; jedoch werden noch weitere Versuche stattfinden. Bei einer Entfernung von luOONarkS — 1350 Meter hört man den Schliß nur als ein leichtes T'cken nnd die feuernden Truppen erklärten, daß sie beim Abfeuern des Gewehres kaum ein Geräusch gehört hätten. Bei 2000 A »rdö konnten Schalllvahrnehmungkn in der Tat nicht g»macht werden. Wie groß der Einfluß der neuen Vorrichtungen auf die Flugbahn der Geschosse und auf die Geschwindig- keit ist, wird bei den nächsten Versuchen festgestillt werden; Sir Hiiam Maxim schätzt die Nasa, zmrlufie auf nicht mehr als 6 Prozent. Literatur. Die christlichen Gcwerkschastcn. Arbeiterbibliothek 2. Heft. 1. bis 10. Tausend. M.-Gladbach, 1008. Verlag der Westdeutschen Arbeiterzeitung, G. in. b. H. Preis 40 Pfennig. Inhalt: Vorbcmerkung. 1. Kapitel: Die Vorge schichte der christlichen Gewerkschaften. I. Die sozialen Be strebungen auf katholischer Seite. II. Die sozialen Bestre bungen ans evangelischer Seite. 2. Kapitel: Die Ent stehung der christlichen Gewerkschaften. I. Entstehungs gründe. II. Ansätze gewerkschaftlicher Organisationen im Lager der christlichen Arbeiter. III. Die ersten gewerk schaftlicheil Gründungen im Lager der christlichen Arbeiter. 3. Kapitel: Tie Klärung des Programms der christlichen Gewerkschaften in ihrer geschichtlichen Entwickelung. I. Tie Mainzer Leitsätze. II. Ter sogenannte Nentralitätsstreit. III. Tie katholischen Fachabteilungen. IV. Der sogenannte „Zollstreit". 4. Kavitel: Die grundlegenden Prinzipien der christlicheil Gewerkschaftsbewegung. 5. Kapitel: Die Orga nisation der christlichen Gewerkschaften. 6. Kapitel: Die Leistungen der christliche»' Gewerkschaften. 7. Kapitel: Er folge und Aussichtei» der christlichen Gewerkschafts- bewegnng. Anhang (Tabellen). Literatur. Arbeitgeberverbände. Arbeitcrbibliothek 11. Heft. 1. bis 10. Tausend. M.-Gladbach, 1908. Verlag der Westdeut schen Arbeiterzeitung, G. in. b. H. Preis 20 Pfennig. In halt: Vorbemerkung. I. Geschichte, Stand und Organisa tion der Arbeitgeberverbände. 1. Entwickelung der Arbeit geberorganisation. 2. Gegenwärtiger Stand der Arbeit geberorganisation. 3. Innere Organisation der Arbeit- geberverbände. II. Ans der Praxis der Arbeitgeberver bände. I. Die Stellung der Verbände gegenüber den ein zelnen Arbeitgebern. 2. Die Stellungnahme der Arbeit geberverbände zu den Gewerkschaften. 3. Die Tätigkeit der Arbeitgeberverbände als Kampforganisationen (schwarze Listen, Streiklisten, koalitionsfeindlicher Revers, unpari tätischer Arbeitsnachweis, Beschaffung von Streikbrechern, die sogenannten „Arbeitswilligen*, „Gelbe" Gewerkschaf ten, Streikarbeil u. Streikklausel, Aussperrungen). Schluß. Zahlungseinstellungen ufw. An« Sachsen. Handelsgesellschaft Gebrüder Kloß in Kameaz. — L. O Hahn. Hiegeteibefiyer in Althirschstein. — Jda AM. «luge geb. Uuldaui, «Lchuinwarenhäadlerlv in Reustädiel. — F. W. L »a-ölfer. tta.j- mann (Nachlaß) in «e auyen. — Karl Otto Schuster, Fahrravhand er (Nachlaß, m Seisreuueisdorf. Aus dem Reiche Peter Lundbe,g. Kaufmann m Gjenner. — Paul Himidt, Installateur tu Bleiche,ode. — Eagea tzchlumderger. Inhaber der Firma Lammbraurrel in Schnattheun - KaushuuS Hugo Stern in Holzmtnden. — Frstdrich Ripp, K.ufmann in Grüawlnkei — Josef Bloch, Pferdehändler in Dörnach. — Firma O to Dhckhoff tu Quakenbrück. ipvadnttenvvr, e. DreSd«, 81 August. VroduEleuHroKe in Dresden Preise in Ma^. Lew». Trübe. Stimmung: Ruhig. Wrizea, weißer, 200 —205, tzv de. brauner, neuer (75—78 kx) 1S4-L00. da. feuch'er (70—184-1V2. russ, rot 287-242, LansaS 230—236, Argentinier 280—235, amenkan., weiß und gelb 224—2^8. Roggen sächs. (70—73 kx) 170—178. do. neuer (70 bi« 74 kg) 170—17S, russischer ISO—IV4. Gerste, pro 1000 k^ netto- sächsische 180-1S5. schlesische 195-21', pvsener lvü-205, böhmische 215—225, Futtergerste 141—147 Hasel, pro 1000 Kx sächs. at er 156—163, neuer 15V—15V, schlesischer und posener 154 —l6l, Mais, Luiqua-rtine 172—178. Laplata, gelber. 162 dis l67, amerikan. mixed 180—183, neuer , Ruredmatö, gelb 182—16S, neuer —,—,—. Erbsen, Futlerwme: 188—ISS. Wicken sächsische 170—180. Buchweizen, inländischer und fremder 215—225. ONsaat-en, Winterrap«, trocken 265—270, Leinsaat, feine 250—260, mittlere 235—250, La Plata 230—235 Bombay - ,—,—. Rüböl, pro 100 mit Faß, raffinierte» 71,00. Rapskuchen (Dresd. Marken), lang» 18,00 Leinkuchen, pro 100 k); (Dresdner Marken), I. 17,50, U. 17,00. Weizenmehl, I. Marken, pro 100 lr^r netto ohne Sack (Dresd.Marken»: KaisecauSzuz 34.50—35,00, GrieslerauSzug 83.50 bis »4.00. Semmelmehl 32.50-83.00. B.ickecmulwmehi 3t.00—81,50 GrieSlermundmeh» 35,00—25,50, Pohlmehl 19,00—20,50. Roggen mehl pro 100 kz; netto ohne Sack (Dresdner Marken): Nr. 0 27.50—28.00. Nr. 0/1 26.50 -27.00. Nr. 1 25.00-28.00. Nr. 2 28.00—24.00. Nr.3 lS.OO—»0.51. Futtermehl 14.40—14.60. Wetzen- kleie grobe 11.60—1»,80, feine 11,60—11,80. Roggenkleie 12,40 di< 12,80. Die für Artikel pro 100 kg notierten Preise verstehen sich für Geschäfte unter 5000 kg. Alle andern Notierungen gelten für Geschäfte von nrindestenS 10000 kx;. Feinste Ware über Notiz. Mehstweise verstehen sich exklusive der städtischen Abgabe. * Echlachrvtehpretse aus dem vtebhofe zu Dresden am >1 August 1908 nach amtlicher Feststellung. Lier- gatiung «uk- trieb Stück Ochsen 25') »-1 Kalben und Kühe . . S') »es Salle» .... -27») 226 Kälber.... 208 Schake. . . S5>») »34 Schwei"e . . 5», 1426 - lleber- ständer. tliOnnmen ^ .4292 Bezeichnung l. ». Bullfletschige, ilnchtwerr nuSgemästete höchsten bis zu S Jahren . . >S gleichen hi auSgemüstct«, — ScülachtnrerreS d. Oesierreicher de« 2. Jung- fleisch»«-, nick ältere aiisgernästete 3. Mäßig genährte junge. — gut genährte ältere 4. Gering genährte jeden alter» . . . . I. Bollstenchige, auSgcmästete Kalbe» höch sten 2. Bollflei! ^ sie» SchlachtwertcS bis zu 7 Jahren Küyc ui chlnchtwerte» ischiae, auSgemästeie Nähe HSa,- Kü( jüngere unb Kühe 3. Äcllere auSgemäsiete wenig aut entwickelte und «alben 4. Mäßig genährie Kühe nnd «alben . . 5. «Bering genährte Kühe und Kalben . . 1. BaNNctschigc höchsten SchlachiwerteS . 2. Mäßig genährte jüngere und gut ge- nährte attere 8. Gering genährte t. Feinste Mast- (Ballmilchmast) und beste Saugkälber 2. Mittlere Masi- und gute Saugkälber . S. Geringe Saugkälber 4. Aeltere gering gnrährte (Fresser). . . 1. MasULmmer 2. Jüngere Masthammel 3. «eitere Mattbamrnel 4. Mäßig genährte Hammel und Schase (MarAlyake)...» Vollfleischige der feineren Rassen und «ren Kreuzungen t« Alter bis zu l. a. nrzunae einundeinviertel Jahren d. Fettschwetne 2. Fleischig« S. Gering entwickelte, sowie Sauen 4. kuSländtsche Marktpretk für Lebend-sSastacht- Gewicht Mt. ! Mt. 40-43 42-45 3«-8« 32— 35 28-31 39-41 33- 38 3l-35 27-30 39— 42 35-3« 30—34 öl -54 47-50 40— 4« 43-45 41— 43 66-39 53- 54 54- 65 51-52 46-50 76 7« 78-«l «-7b Se—71 58-63 7t—73 «7-70 «!—86 57-60 49—54 71-74 «7-70 i>2-6» 81-83 77- »0 76 78 84-86 86- 83 76-76 «»—«9 «S--70 «7-«8 6l—-88 Ausnahmepreise über Notiz. — Geschäftsgang: Bei Ochsen. Kalben. Kühen. Bullen und Kälbern langsam, bet Schaken und Schweine« mittel. Bon dem Auftrieb find 143 Rinder österreichts k>- ungarischer Herkunft. Und zürnet ihr auch lange noch, Franzosen! Mürbe »verd't ihr doch. Und seht am Ende kläglich ein: Paris, Paris muß unser sein! Der Feind, er nsw." Am fünften Tirge löste uns endlich die 2. Kompagnie ab. Beim Sonticn konnten »vir uns nach den schweren Tagen ii» den verlassenen Zelten der Franzosen erholen. Am 5. Oktober wurden »vir weiter vorgeschoben nnd kamen in das Schloß Bellevue zn liegen, »vo »vir bis zum It. blieben. In dem Schlosse verlebte ich mit die schönste Zeit des ganzen Feldzuges. In den prunkvollen Zimmern richteten »vir uns hänslich ein. Die goldenen Salons muß ten es über sich ergehen lassen, daß an Stelle der feinen Pariser Welt deutsche Krieger mit von Staub nnd Schmutz bedeckten Schuhen ans den kostbaren Teppichen und in den seidenen Divans sich ansbrciteten. An Proviant war Ileberflnß. Fiel er wirklich einmal knapp aus, suchten »vir Ersatz in den reichen Obstgärten. Fehlte es an Holz znm Fenermachen, so war man nicht gerade sehr skrnpelhaft und zerhackte einige Stühle. In dem feenhafte»» Schlosse machte sich in letzter Zeit ein unliebsamer Gast in Gestalt eines sechsfüßigen Tierchens bemerkbar. Irgendwo mnßte ich mir so etwas anfgelcsen haben. Auch andere Kamera- ! den nnd sogar Offiziere fielen dem aufdringlichen Wesen znm Opfer. Um mir Ruhe zu schaffen, blieb mir nichts anderes übrig, als nach Wäsche im Schlosse zu fahnden. Nach langen» Suchen entdeckte ich einen Wäscheschrank, defien Inhalt schon tüchtig dnrchtvühlt war. Natürlich ge rade die Herrenwäsche hatte starke Abnahme gefunden. Cs blieb mir nichts anderes übrig, als mit der übrig ge bliebenen Damenwäsche fürlicb zu nehmen. Ich suchte mir Hemd nnd Hose»» mit den. Namenszug der Fürstin Borcecm de Borgeanr ans. Hätte dies die adlige Danie gesehen, würde sie Wohl nicht gerade über den Träger ihrer Wäsche entzückt gewesen sein. Ich schlüpfte stolz in meine frische Kleidung und merkte erst jetzt, daß das Hemd zu lang und die Hose zu kurz war. Als meine Kameraden mich in dein Aufzuge sahen, haben sie sich halb tot gelacht. Bei all die sen Fahrten, die »vir dort unternahmen, durfte natürlich der Dienst nicht versäumt werden. Tag und Nacht gingen »vir »ms ablösend über die Vorpostenkette auf Patrouille. Die Herren Pariser schienen uns vom Fort Jssy aus um unsere hübsche Wohnung zu beneiden. Bald hagelte es der artig mit Granaten, daß cs anfing, recht unheimlich zu werden. Am 11. mußten »vir einer Division vom 11. Armee korps Platz machen. Wir rückten mehr nach Ville d'Avray, dem Mont Val6rien gegenüber. Der Patrouillengang er streckte sich mir durch den Park von St. Clond. Das herr liche Schloß konnte ich noch vor dem Brande in seiner gan zen Pracht besichtigen. Am 16. schlug eine Granate in das kaiserliche Schlafzimmer nnd zündete. Alle unsere Bemühungen, das Feuer zu löschen, waren vergeblich. Im Verein »nit der 2. .Kompagnie gelang es uns, die halbe Bibliothek und viele kostbare Gemälde zu retten. Auch den historischen Tisch, auf dem Napoleon die Kriegserklärung Unterzeichnete, brachten wir in Sicherheit. Gegen Mitter nacht war das Schloß nicdcrgebrannt. Durch Franzosen selbst wurde das historische Vaulverk ein Opfer der Flam men. Nicht »vir waren, wie so oft von feindlicher Seite behauptet wird, die Brandstifter. Gerade bei uns sah inan auf das strengste darauf, daß diesem einer fremden Nation gehörigen Schlosse die größte Schonung zu teil wurde. Natürlich sind in großen Heeresmasscn der Neuzeit trotz strengster Manneszucht Ausschreitungen und Grau samkeiten nicht zu unterdrücken. Das eine aber steht fest nnd hat der Lauf der Geschichte bewiesen, daß bei den Deut schen die Achtung vor dem Privateigentum tiefer ausge prägt ist. als wie bei der Franzosen. Man denke nur an die schrecklichen Verwüstungen in der Pfalz durch Melac und noch andere Beispiele ließen sich anführen. Am 20. ging cS inö Quartier nach Marnes, daS an Ville d'Avray grenzt. Von heute begann für unS der regelmäßige Belagerungsdienst. Wir wurden zu detachier ten Oberjägerposten verwandt, die direkt vor dem Feinde standen. Wir hatten die Aufgabe, den Feind zu beobachten und etwaige feindliche Bewegungen den Feldwachen, die ungefähr 2000 Meter hinter uns waren, zu »neiden. Meistenteils wußten wir auf den Höhen von Garches und Montretout schon vorher den Ansturm der Franzosen abzu schlagen. Die erste eigentliche Verteidigungslinie waren die Feldwachen. Hinter der ersten Feldwache wurde durch Blockhäuser, Verhaue und Drahtgitter eine feste Verteidi gungslinie geschaffen. Insbesondere benutzten wir die ver lassenen und noch von uns verstärkten Schanzen der Fran- zosen. Meine Kompagnie hatte drei detachierte Posten. Der eine Posten — ein Doppelposten — hatte seine Stel lung auf einem Plateau wovon der eine Mann an einen! Kirschbaum stand, der andere mußte stundenlang auf einem Düngerhaufen liegend ausharren. Der zweite Posten war auf der Montretout-Schanze. Der dritte Posten lag 500 Schritte entfernt an einem roten Hause. Der Posten von Montretout und dem roten Hause hatte nicht allein den Mont Valerien vor sich, sondern auch das Boulogner Gehölz und ganz Paris. Tag und Nacht sandten Batterien des Boulogner Gehölzes nnd des Mont Valärien, der den Spitznamen „Onkel Baldrian oder Bullerjahn" erhalten hatte, ihre Grüße. In dem Kreuzfeuer in Ruhe mit der Büchse auszuhalten, wobei die Granaten rechts und links einschlngen, war schrecklicher als eine Schlacht. Die Ab lösung konnte nur mit der größten Lebensgefahr bewerk stelligt werden, denn sobald die Franzosen auf offenen Flächen und Wegen einen von den Unsrigen erblickten, sausten die Granaten dazwischen. Um die Verluste zu verringern, geschah die Ablösung zum großen Teile nur aller vier Stunden und wurde oft auf dem Erdboden krie chend bewerkstelligt. Noch anstrengender wurde der Vor postendienst, als regnerisches Wetter sich einstellte und wir stundenlang in aufgelöstem Boden liegen mußten. (Fortsetzung folgt.)