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V«»ag»P»«t»i «»«gab» 1 mit illultr. Beilage diert-IISHrttch ».88 F». In Dresden und ganz Deutschland frei Hau« 8.S0 — «uS-ab« » vterteijithrlich ».L8 In Dresden und gan« Deutschland frei Hau« ».«8» X. — Die ESchsische Volts,ettm»- erscheint an allen Wochentagen nachmittag«. — Sprechstunde der Redaktton: LI bis L» Uhr vormittag». Anzeigen > kimahme van GeschhftSanzeigen bl» 10 Nbr. von Familicnanzeigen dis I I Uhr vorm. — Preis sür di» Petit-Lpaitzeile 40 g, im Reklamcteil 1 -X. Familien-Sin,eigen 30 g — Für widcullich geschriebene, sowie durch gern- sprecher ausgegebene Anzeigen tbnncn wir die VerantworNichkeit sür die Liichtigkeil deS Textes nicht übernehmen, o Die ChristenuersolMntt vvn I9l4-k^t8 ^ Mit einem Worte: Es kst fürchterlich. Wir haben in den Kriegsjahrcn ein« Christenverfolgling erlebt, ivelcke die Verfolgungen in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt weit in den Schatten stellt. Wir haben sie erlebt, ohne es zu wissen, ohne es zu ahnen. Alle Welt hat non ibr gewußt, nur das deutsche Volk war ahnungslos. Eine Million Menschen, darunter eine halbe Million Frauen und minder, sind einfach hingemordet worden. Es ist schon vor einigen Wochen einmal an dieser Stelle ans die Greuel der Türken gegen die Ar m enie r hingewiesen worden. Tr. Johannes Lepsius hat das große Verdienst, die diplomatischen Aktenstücke gesam- mell zu haben. Es sind nicht weniger als lick. Ein statt liches Buch. Ter Tempel Verlag in Potsdam batte die Liebenswürdigkeit, uns das wertvolle Wer? Ge bunden 16 M.) zuznstellen. Wenn man es liest, sträuben sich einem wörtlich die -Haare. Leidenschaftslos gibt Lcp- sius in der 72 Leiten umfassenden Einleitung eine klare llebersicht über die Geschehnisse. Die Türkei hat sich durch diese Greuel schwer besudelt. Tie sind ein Schandfleck in der Geschichte der Menschheit. Tie Geschichte der Deportation des armenischen Volkes in der Türkei durchläuft die folgenden Perioden: I. Vom Ein tritt der Türkei in den Krieg. 1. November 1911 bis zu. Erhebung von Wan 20. August 1916. 11. Vom Beschluß der allgemeinen Deportation 20./21. April 1916 bis zu ihrem vorläufigen Abschluß Dezember 1916. III. Vom Ein setzen der systematischen Jslamisierung der Neste des arme- niichen Volkes Dezember 1916 bis zu den Ansgängen ihrer Vernichtung Oktober 1918. IV. Kaukasischer Schauplatz. Vom Frieden von Brcst-Litowsk. 3. März 1918 bis zur Einnahme von Baku 16./17. September 1918. Schon aus dieser llebersicht geht hervor, daß die H a u p t v e r f o l g u n g der armeni s chen C h risten u m das Jahr 1916 gespielt hat. Bei unseren Feinde» ist nun die Beschuldigung erhoben und verbreitet worden. Teutschland hätte die Vernichtungsmaßregeln gegen die Armenier inspiriert und inszeniert. Davon kann aber nicht im geringsten die Rede sein. Ganz im Gegenteil! Das Werk von Lepsius bringt den schlagenden Nachweis, daß von den deutschen Behörden alles getan worden ist, um dem furchtbaren Morden Einhalt zu tun. Erfolg haben dies« Bemühungen allerdings so gut wie gar keinen gehabt. Tie deutsche Botschaft in Konstantinopel hat einen Protest nach dem anderen losgelassen. Nichtssagende Antworten. Ausreden, kühle Ablehnung waren das, was die Pforte da> für übrig hatte. Die Berichte der deutschen Konsuln über die Gewalttaten an den Armeniern, über das Hi »schlachten der Frauen und Kinder, über diesen Massenmord, der i>. der Geschichte wie gesagt, einzig daisteht, wurden von der türkischen Regierung zumeist mit kalter Stirn als unrichtig bezeichnet, während sie tatsächlich auf Wahrheit beruhten. Die ganze Welt war in Aufruhr über das, was sich dort ereignete. In Deutschland wußte man so gut wie nichts davon. Tie Zensur sperrte uns von allem Wissen ab. Trotzdem nahmen Angehörige beider christlicher Kon fessionen im Oktober 1916 dazu Stellung. Von katho lischer Seite erhob der M iss i o n s a u s s ch u ß des Zentralkomitees für die G e u c ral Versamm lungen der Katholiken Deutschlands — ge zeichnet Prälat Dr. Werth mann, Justizrat Tr. j»r. Earl Bachem und Erzberger, M. d. N. — in einer Eingabe an den Reichskanzler von Bethmann Hollweg Stel lung. -In dieser Eingabe hieß es u. a.: „Die türkische Negierung wird begreifen müssen, daß die christliche Bevölkerung Deutschlands trotz ihrer politischen Bundesfreudigkeit zur Türkei in Aufregung geraten muß, wenn ihre Glaubensge nossen iu der Türkei so schwer bedrückt werden. Dies um so mehr, als alle deutschen Katholiken, wie es sich aus den Besprechungen des Missionsausschusscs als sprin gender Punkt ergab, auf dem Standpunkt stehen, von allen christlichen Völkern der Türkei volle Lot-alität gegen- über dem türkischen Staate zu verlangen, sie auch ihrer seits bereit sind, in dieser Richtung auf die orientalischen Christen cinzuwirken und bei ihnen -das Verständnis für staatsbürgerliche Gesinnung zu wecken." Der Reichskanzler von Bethmann Hollweg antwortet.: nach einigen Wochen auf diese Eingabe, die kaiserliche Regierung werde, „wie bisher, io auch in Ankunft es stets als eine ihrer vornehmsten Pflichten ansehen, ihren Einfluß dahin geltervd zu machen, daß christliche Völker nicht ihres Glau bens wegen verfolgt werden. Die deutschen Christen i können darauf vertrauen, daß ich, von diesem Grundsatz ! geleitet, alles, was in meiner Macht steht, tun werde, um ' den wir von Ihnen vorgetragenen Sorgen und Wün- j seien Rechnung zu tragen. Tie kaiserliche Botschaft in i Kcnstantinopel habe ich von der Entschließung der Mij- i sionskonserenz unterrichtet". Gefruchtet hat die ganze Sache nichts. Die türtische ! Regierung — Enver Pasckza allen voran'— hat ins die i : deutsche Negierung — mit Verlaub zu sagen — gepfiffen. ' ! Die Türkei hat ven ihrem Bnndesverhältnis einen >ehr ein- ! s seitigen Gebrauch gemacht, es weidlich zu ihren Gnnsien i ansgenntzt und so nebenbei die größte Etzristenv.'.'solonwi i . der Geschichte c-cm.it vennüpst. So wie damals die Ver- i i hält nsie lagen, war ja die Macht, die Herr ton Beihmai": ! ! gegenüber der Türkei zur Verfügung hatte, nicht 'ehr „in- ! fanareick u-e es ist, wie schon ansgeführt, von den A'i.t- s 'üben Behörden Abhilfe verlangt worden. lind doch muß mit tiefem Bedauern festacstellt re-den, s daß Herr von Bethmann nicht entschieden genug aufgetre ten ist — ni'im'rch im eigenen Lande. E. sagt in seinen. . Schreiben vom 12 November 19l6 an Crz-berger, er wolle ! alles tim, was in seiner Macht stehe. Dasselbe erklärte ec i ebenfalls am 12. November 1916 dem Direktor der Dent- s ichcn E v a n g c! i s ch e u M i s s i a n s h i l f e, Hrri n A. s W. Schreiber. Hat nun Herr von Bethmann in ankere, ' Hinsicht auch n:i. den Versuch gemacht, wirklich in diese»' ! Sinne tätig zu sein? Als alles nicht mehr half, machte s die deutsche Botschaft in Konstantinopcl den sch: aernüns- ! Ligen Vorschlag, nie deutsche Presse gegen die ! Giene! an die Armenier mobil zu machen. Die - Militär zensnr aber verbot das. Kein Wort durste die ceniüpe P'esie de,iüber b'.ingen. Di Johnines L e p 'n s hatte iw Jahre 1910 einen „Bericht über die Lage des armenischen Volkes in der Türkei" heraus segebe i. Er teilt über das Schicksal dieses Berichtes folgendes .mit: „Eine Verbreitung durch den Buchhandel oder auch nur eine Verwertung der Tatsachen, die er enthüllte, in der Presse war damals nicht möglich. Tie Zensur hätte das Buch beschlagnahmt', der Presse war durch offizielle Instruktionen Schweigepflicht über die Arineniergrenel anferlegt. Ich konnte daher meinen „Bericht" nur ver traulich versenden. Tie Zensur ist erst auf ihn aufmerk sam geworden, nachdem 20 000 Ereinplare in Teutschland verbreitet worden waren. Die weitere Trncklegnng und Verbreitung wurde verboten." Immerhin, die meisten Deutschen hatten von den Ar- meniergrcncln, nxmigstens in diesem Umfange, keine Ahnung; es war verboten, etwas davon zu wissen. Tie Halbgötter im Kriegspresseamt, diesem famosen Instru ment der Obersten Heeresleitung, brachten damit Tentsch- land in der ganzen Welt in den Verdacht der Miitäter- mindestens aber der Hehlerschast. Und das ganz zu Un recht, da ja von den Zivilinstanzen und auch von Lima» von Sanders Einspruch erhoben und ständig ans Abhilfe gedrängt wurde. Die Zensur-gewaltigen aber mach ten dieses Instrument stumpf, indem sie auch hier der deut schen Presse einen dreimal gepanzerten Maulkorb »m legten. Ter deutsche Botschafter hatte das einzig richtige Gefühl, als er bat, daß die deutsche Presse mobil gemacht werden möge. Einmal wäre das voraussichtlich auch bei der türkischen Regierung nicht ohne Einidrnck gewesen, wenn hinter den deutschen Maßnahmen auch die ganze Wucht d-er öffentlichen Meinung Deutsch lands gestanden hätte. Aber selbst, wenn das nicht der Fall gewesen wäre, so hätte wenigstens im neu- tralen Auslande nicht der peinliche, schädliche und dazu noch falsche Eindruck entstehen können, als ob Teutschland den Avmeniergreueln mindestens stillschweigend gegenüber stehen würde. Da ja angesichts der einwandfreien Berichte der den?- schcn Konsuln die Deportationen nickst ganz und nur die entsetzlichen Greuel völlig abgestritten winde», führten Enver Pascha und KvnT-rten in ihren Entaearnngen aus die deutschen Bericht ist,ts die .. milit ä r i i ch e u Notwendigkeiten" :ns Feld. Wi: sehen daraus, daß dunes Schlagwort auch audertvärts gang und gebe ge wesen zu sein scheint Man darf annehmen, daß wohl auch d.e Gewaltigen der Nachrichtenabteilung der Obersten -Heeresleitung solche „militärische Notwendigkeiten" ins Feld geführt haben, als Herr iwn Bethmann die Behandlung der Angelegenheit in der deutschen Presse empfahl. lieber diese militärischen Notwendigkeiten hat man in den Kriegs- jahren leider sehr oft die politischen und auch die moralischen Notwendigkeiten völlig vergessen. Niemals das ist der Eindruck, deck chstnmnes Lepsius hinter-- dn-'alige Reichskanzler i! äste», n es in 'einer -Mach- im Falle der Arineniergrenel die Lektüre de-: Bucke - non ' läßt. Nn'-eres El letztens bä!t vor allem hier wirtlich tun stand, selbst ans die Gei.-!n- ! in. daß e: itzni letztemckändeS sein Amt gekostet ITuie. Die T.stchst-? und de,- Zi<Ä> de? Herrn von Bethwann Hollweg ist hier zur KalastrSlwo ge worden. Mit R'At R. ! ein B> ie t des Herr» A. Ehrt- srosfel, Verstelier des ev e g'e I r s cv e n - lind-enl'eiwck Malat.a, er ;ei über war!, wenn man die .. st lirheit ir-'ste. irnrae cm einziger rcci ui kc: gehen: ,,t st ist lstn' stwesse! st Bens! ' i du ch unser st alt Rri ar-neiii'sth-'ir ist das grchste i >!' e r,0 n , e 'e-'n.o -ees !e er anri ' ' -!t. -st st - ich ins be sten-gnis ierharcu nid und eiilist, cnl die deutsche Botsaast dez'.n. den waen". Tie dei-' n e Presse aber Volke cu:getan wurde und weh angetan Verbrechen der Weltgeschichte " Der deutsche Botst.-e t-l-gf M dem Ncichstanzter unterm 30. Fnni s i e re n heißt, alles ma l s i , ist e ' e töten, vernichten und sich, gewest Besitz aneignen." wierm h.-stelie „aor. i Wiedergeburt der Tiirlei." st. ir tonnte - g andenteii, um iras es sich bei den Aiiii. 'i.-g!-.-', ^ Wenn man die Alle» durch-mdst-ri, inird e,-- es von dem, iras bis jetzt unverständlich W ien, -st tont, die Berichte der deniiclen .uaninIAe „Ir, davon ab, daß die Konsuln alle wichtiges, ran'. - Vorgänge ihres Amtsbezirkes fortlaufend, ei:gc gewissenhaft, mit Saclienrilnis und gemneew, und sittlictgem tlrteil an Reich-Kanzler berichtet mußte schweigen. Lic durfte nicht gegen d'-- gw-stte Ehristenvcrfolgiing der Geschichte Ltellnng nehw-'n. Viel- leicht hat nun endlich einmal der Ehcf der Nachri.ntena-'tet- Inng, Oberstleutnant Nikolai, die große Liebenswürdig keit, darznlegen, worin damals die „militärischen NwWen digkeiten" bestanden habeil, durch das Stillichivei cn über diese Greuel außer in den mit uns im Kriege ben-ststickeu Staaten auch die Slimmnng in der übrigen W-"! egen »ns anszupeitschen. Das Ende Armeniens 19l-l wohl das allertraiiligstc Kapitel dieses Krieges, rssen- Trgai-k noch nicht eininat ini ganzen Umfange oi'mhar ist. ' -!. Daö dlcm-rote D Berliner Blätter brachten ziieist die Meldung, inc Landkreise Hatiinncn in Westfalen bade die Laz.i!« denivrratie sür die Praoinziai-Landt igswat'icn ein Wahltzüiidnis mit der Deutsche» Valksparl.'i nnv mit den Den.: ch nation a ! e n ei'igcgar.aeii. st-, st und Ziveck: A n s s ch a l > u n g des Zenmiiws. D.e Tei lung der Beute wll solgendeimaßen er: sich gehn. Die Zozialdemok'-atie iw Landkreise Halt:.wen eihäl: z>rer Litze, lie Deutsche Voltspartei einen, die Dculschnationalen keiiicii, sie niüsseii mit der hoben Ehre, an d e ein Bündnis tcilhabeu und ihre Ltiiiimen in diesem Zinne in die Wag- schr.le weilen zu dürsen, vo-.ieb neh,i!r>> Anders tönnen wir es uns nicht erklären, daß die Teiilschnationaleu »ntev den heutigen Verhältnissen an diesem Wahlbündni-.' teil nehmen. Lie dürfen bloß stimmen ohne Vorteil, also müsseri. sü'- sie doch Ehn-npunlkte in Frage ka.'-inen. Die -n-ch-, u-istana.'en irari n doch als Konsec i-live ii'ch-t ia. Als früher z. B. in Schlesien das Zentrum noch gut genug waih ans kulturellen Gründen den Konservativen die Kastanien ans dem Feuer zu holen, waren sie erheblich weniger an spruchslos lind haben stets Anforderungen gestellt, die in« umgekehrten Verhältnis zu ihrer Ltärte standen. Manche Leute haben die Nachricht ans Hattingen zu« erst für eine fette Ente gehalten. Begreiflicherweise, wenn nim an die pol'tischen Ereignisse der , t.ten Monate denkt. Tenn gerade da haben die ehemals Konservativen das nativ-, nale nnd vaterländische Denken und Fühlen wieder sür sich allein gepachtet — nur die Deutsche Voltspartei durste und darf etwas Anteil daran haben — und das Zentrum wnrdii iki der jüngsten Zeit wie vor»! As Windthorst als der „Reichsseind" >n Grund und Boden verdonnert. Uno w :;nm das alles? Weil das Zentrum das Reich vor d-em Chaos bcmwhrt und zu diesem Zwecke im .Kabinett geblieben ist. Und nun schließen sich in Hattingen die Konserva tiven nnd N a t i o n a l I i h-e r a l e n mit den-, selben Sozialdemo traten zusammen. Jetzt ist dasselbe wohl kein Kapitalverbrechen mehr — weil es dis Herrschaften von rechts besorgen und weil es sich „nur" darum handelt, das Zentrum ansznschließen. So ganz ge-, Heuer scheint es allerdings dabei manchen Leuten im Reich« nicht zu sein. L:e fürchte.:, man lönnle dock daraus recht eigenartige Folgerungen ziehen. Wo man aber nichts hat, ober ist das so verhängnisvoll gewesen und geworden als da muß m-au sich eins entlehnen. Die „Tägliche Rund